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Kategorie:
Literaturwissenschaft
Jahr:
1872
Dichter, Kaiser und Papst : Walther von der Vogelweide als politischer Dichter
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Seite 56 von 87
Autor: Thurnwald, Andreas / A. Thurnwald
Ort: Wien
Verlag: Braumüller
Umfang: 80 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: p.Walther <von der Vogelweide> ; s.Politische Literatur
Signatur: II 9.954
Intern-ID: 214081
so Als Walther über Otto und seinen Hof in solcher Weise sang, war damit natürlich dem Welfenkaiser auch der Dienst ge kündet. Wann dieses geschah, lässt sich allenthalben dahin fest stellen, dass es vor Ostern 1213 nicht sein konnte. Um jene Zeit kam die im Jahre 1212 erflossene Verord nung des Papstes, Geld zu sammeln für einen Kreuzzug, in Deutschland zur Durchführung; da nun Walther in geharnischten Sprüchen gegen solche Maßnahmen eifert, so muss er noch auf Ottos Seite

gewesen sein, er konnte unmöglich schon bei dem Pfaffenkaiser Friedrich stehen. Auch im Herbste dieses Jahres war Walther noch bei Otto, wie aus dem Gedichte L- 106, 3 hervorgeht. Er versichert in diesem Spruche, er würde dem Meißner, hätte er ihm seinen Dienst besser gelohnt, wieder in etwas dienen, denn noch könne er Schaden vertreiben. Der Spruch setzt also eine Zeit voraus, in der sich Dietrich von Meißen in übler Lage befand; das war im Herbste 1213, als des Markgrafen Länder nach seinem Uebertritte zu Friedrich

von Otto verwüstet wurden. Wollte man nach einem Zeitpunkte um schauen, in dem inali sich den Abfall von Otto schicklicher Weife könnte geschehen denken, so wären es die Maitage 1214, in welchen Otto zu Aachen mit der brabantischen Marie Hochzeit hielt. Bei einem Ereignisse dieser Art durfte nicht nur Milde gegen das fahrende Volk, sondern auch Belohnung treuer Diener erwartet werden, wie es noch heute die Fürsten lieben, Gnadenerweise an solche Anläße zu knüpfe». 8 ) Doch die üblichen Gnadenacte

mussten unterbleiben, da Otto nicht einmal seine und feiner Gemahlin Schulden zu decken im Stande war und vor seinen Gläubigern nur durch die Flucht sich retten konnte. Zur Zeit des UebertrrtteS zu Friedrich entstand wol der Spruch L. 26, 2 Pf. 137. Wie Walther damals, als er Wien verliess und in der bloßen Hoffnung auf gastliche Aufnahme bei Philipp in die Welt hinauszog, in einem inbrünstigen Gebete seinem Herren und Schöpfer sich empfahl, so wendet er sich auch jetzt

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Kategorie:
Literaturwissenschaft
Jahr:
1872
Dichter, Kaiser und Papst : Walther von der Vogelweide als politischer Dichter
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Seite 43 von 87
Autor: Thurnwald, Andreas / A. Thurnwald
Ort: Wien
Verlag: Braumüller
Umfang: 80 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: p.Walther <von der Vogelweide> ; s.Politische Literatur
Signatur: II 9.954
Intern-ID: 214081
land mit den Baronen gemacht habe, zumal da er von seiner Jugendzeit her an das englische Wesen gewöhnt sei. Ihm, dem Papste, möge man ob seiner früher dem Otto bewiesenen Gunst keine Vorwürfe machen. Habe er dabei, ohne es zu wissen, gefehlt, so habe er auch zuerst dafür büßen müssen. „Und hat doch auch Gott, der alles, was geschieht, vorher weiß, den Saul zum Königtum erhoben und ihn hernach um seiner Sünden willen verworfen und einen Jüngeren und Frommen an seine Stelle ge setzt

, der auch das Reich erhalten und behauptet hat. Und das ist das rechte Bild der bevorstehenden Zeit. Ihr aber gebt Acht, auf dass, wenn ihr itzt, wo ihr könnt, nicht wollt, ihr nicht später, wenn ihr möchtet, nicht mehr könnet.' Und vor dem französischen Könige, der sich von jeher von einer unversöhnlichen Feindschaft gegen Otto leiten ließ, schüttete Jnnocenz folgendermaßen sein Herz aus: — — Otto gehe so weit in seinem Uebermute, dass er es öffentlich ausspreche, er werde noch alle Könige des Erdkreises

unter sein Joch beugen; und wie er, Jnnocenz, bei seiner persönlichen Zusammenkunft ihn zum Frieden mit Frankreich gemahnt, da habe er, von Stolz auf geblasen, zur Antwort gegeben, er könne, so lange König Philipp eine englische Besitzung in den Händen habe, vor Scham die Augen nicht aufschlagen. Die Dolmetsche päpstlicher Gefühle in Deutschland warm die Hetzer Siegfried, Erzbischof von Mainz, und Albrecht, Erz bischof von Magdeburg, die (Feber 1211) vor allem Volke und den Fürsten den Bann über Kaiser Otto

aussprachen. Glaubte der Samuel in Rom noch einigermaßen im Rück halt damit bleiben zu müssen, wen er dem gebannten Otto ent gegen stellen müsse, so bezeichnete der unheilige königliche Sohn von Frankreich unverblümt den jungen König von Sicilien als den David, der den verworfenen Saul ersetzen sollte. Auf einer im Herbste im Jahre 1211 zu Nürnberg ab ge haltenen Versammlung erklärten die Erzbischöfe von Mainz, Magdeburg und Trier, der König von Böhmen, die Herzöge von Baiern und Oesterreich, der Landgraf

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Kategorie:
Literaturwissenschaft
Jahr:
1872
Dichter, Kaiser und Papst : Walther von der Vogelweide als politischer Dichter
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Seite 44 von 87
Autor: Thurnwald, Andreas / A. Thurnwald
Ort: Wien
Verlag: Braumüller
Umfang: 80 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: p.Walther <von der Vogelweide> ; s.Politische Literatur
Signatur: II 9.954
Intern-ID: 214081
und ber Markgraf von Meißen den Ketzer Otto für abgesetzt und erwählten den Sohn Kaiser Heinrichs, Friedrich, zum römischen König. Auf diese schlimme.Zeitung hin kehrte Otto rasch aus Italien in die Heimat zurück und hielt einen Reichstag zu Frank furt (März 1212). Wohl Manchem, der den Nürnberger Tractat in der Seele gut hieß, erschien der Welfe zu rasch in Deutschland; doch in Augenblicke^ war es opportun, gute Miene zum bösen Spiele zu machen. Gegen alles Erwarten fand Otto in Frankfurt

zahlreiche Anhänger, an 80 Fürsten und Herren hatten sich ein ge funden und darunter selbst die Herzoge von Oesterreich und Bmern und der Markgraf von Meißen. Mit dem Meißner war auch Walther v. d. Vogelweide mit nach Frankfurt gekommen, um seine Huld dem Kaiser darzubringen und mit der Macht seines Sanges für Otto einzutreten. Wie in den Tagen Philipps lieh Walther auch jetzt der Volkes stimme den Mund; mit drei kernigen Sprüchen, in denen die ganze Großartigkeit der Kaiseridee zu Tage tritt, begrüßt

er seinen neuen Herren Otto: Herr Kaiser, seid uns hoch willkommen; des Königs Nam' ist euch benommen, und eure Krone glänzt vor allen Kronen. Eure Hand ist stark und reich an Gut, und ob ihr recht, ob übel thut, so mag sie beides, rächen oder lohnen. Auch bring ich euch die Märe: Die Fürsten find euch nnterthan, sie harrten eurer Wiederkunft, geduldig; und Meißens Fürst, der hehre, ist euch ergeben sonder Wahn: Eh blieb ein Engel Gott die Treue schuldig. 0 L. 11, so. Ps. 184 . Herr Kaiser, sagt Walther

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Kategorie:
Literaturwissenschaft
Jahr:
1872
Dichter, Kaiser und Papst : Walther von der Vogelweide als politischer Dichter
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Seite 85 von 87
Autor: Thurnwald, Andreas / A. Thurnwald
Ort: Wien
Verlag: Braumüller
Umfang: 80 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: p.Walther <von der Vogelweide> ; s.Politische Literatur
Signatur: II 9.954
Intern-ID: 214081
und Wert kein anderer gleichkommt, er also der Einsame, Verwaiste ist. ■i) Walther ereifert sich nicht wenig für die gute Gesinnung des Meißner's, und seinen Bemühungen mag eß auch gelungen fein, dass Otto mit stiller Gleichmut den Schleier der Vergessenheit über die Anwesenheit Dietrichs in der Bamberger Versammlung zog. Die Amnestirnng Dietrichs mag auch dem baicrischeu Ludwig zu Gute gekommen sein, der ja in derselben Weise, wie der Meißner, sich vergangen hatte. Die völlige Aussöhnung zwischen Otto

und den um Nachsicht werbenden Dietrich und Ludwig mag erst auf dem zwei Monate nach der Frankfurter Versammlung in Nürnberg abgehaltenen Reichstage erfolgt fein. Bon Nürnberg aus sendet der Baier- herzog durch Dietrich dem Walther von der Vogelweide ein ehrendes Ge schenk, „ein lieht', für dessen Fürsprache bei Otto. Walther spricht dem Geber seinen wärmsten Dank in einem Gedichte aus (L. 18, 15. Pf. 105.). — Fachmann bemerkt zu dem Ansdrucke „Lieht' : Kerzen, etwa geweihte, als Gabe geschickt ziemen weder

den Gebern noch dem Empfänger. Ein symbolischer Gebrauch, dass der Geber zum Zeichen der Begabung eine Kerze bis zu dem Beschenkten gehen lässt, muß der sprichwörtlichen Bezeichnung des Geschenkes zum Grunde liegen, ist aber bis jetzt nicht uachzuweiseu. 5 ) Dass daß Bedürfnifs eines Kreuzznges in der Luft schwebte, beweisen die Kinderkreuzzüge des Jahres 1212. v) Bei seiner Kaiserkrönnng in Rom führte Otto im Schilde einen halben Adler und drei Löwen. Der Dichter deö wälschm Gastes berichtet darüber

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Kategorie:
Literaturwissenschaft
Jahr:
1872
Dichter, Kaiser und Papst : Walther von der Vogelweide als politischer Dichter
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Seite 51 von 87
Autor: Thurnwald, Andreas / A. Thurnwald
Ort: Wien
Verlag: Braumüller
Umfang: 80 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: p.Walther <von der Vogelweide> ; s.Politische Literatur
Signatur: II 9.954
Intern-ID: 214081
Er war doch unv erholen sein Feind und nicht verstohlen, Während die Anderen, die Feigen, heimlich conspirirten; die Zagen hielten Men Rat, sie schwuren hier, sie schwuren dort und sannen ungetreuen Mord. L. 195, IS. Pf. 156. Zum großen Aerger Ottos jedoch wusste der Landgraf neue Zufuhr in die belagerte Burg zu bringen und feuerte seine Leute zum tapfern Widerstande aus mit dem Hinweis, dass der neue König schon nahe sei. Otto bot Alles auf, um so rasch als möglich in den Besitz dieses festen

bedrängt, musste Otto vor Weißensee abziehen und einem neuen, gefährlicheren Feinde sich entgegen stellen. Höret die neue Mare, sagt Otto zu den Herren, der Pfaffenkaiser kommt und will uns vertreiben. Aber gar bald musste er dm traurigen Ernst seiner Sachlage erkennen. Jnnocenz hat sicherlich nicht verkannt, welch ein Wagniss es war, einen Staufer und einen sicilianischen König zum deutschen Throne gelangen zu lassen. Vielleicht wurden seine Befürchtungen zerstreut durch die verschiedenen Zusagen

und Versicherungen, die der „erwählte römische Kaiser' Friedrich, von Gottes und des Papstes Gnaden König von Sicilie», vor seiner Abreise nach Deutschland dem päpstlichen Stuhle machte.- — Als Friedrich II. von den Appenzeller Alpen herab an den Bodensee gelangte, stand auch schon Otto aus der andern Seite des Sees und war eben im Begriffe, auf Con stanz loszurücken,

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Kategorie:
Literaturwissenschaft
Jahr:
1872
Dichter, Kaiser und Papst : Walther von der Vogelweide als politischer Dichter
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Seite 54 von 87
Autor: Thurnwald, Andreas / A. Thurnwald
Ort: Wien
Verlag: Braumüller
Umfang: 80 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: p.Walther <von der Vogelweide> ; s.Politische Literatur
Signatur: II 9.954
Intern-ID: 214081
Doch der Meißner hielt sein Wort nicht. Dem Kaiser Otto hatte Walther mit den gegen Rom gerichteten Sprüchen keinen geringen Dienst erwiesen, er konnte auf Belohnung hoffen. Er säumt nun auch nicht, dem Kaiser einen Wink zu geben, welch Geschenk ihm am liebsten wäre; er thut es mit dem Spruche: „Seid mir gegrüßt, Herr Wirt,' dem Gruße muss ich schweigen; „seid mir gegrüßt, Herr Gast,' da muss ich sprechen und mich neigen- Heimat nnd Wirt, die Namen sind ohn alle Schmach, Herberge, Gast

, dem Versprechen auch die That folgen zu lassen. Eine solche Undankbarkeit musste ihn tief schmerzen. Es war da nur natürlich, wenn er sich die Frage vorlegte: Was ists denn eigentlich, das dich so fest an den Welfen bindet? Er musste sich selbst die Antwort geben, dass seine Freundschaft zu Otto keineswegs auf Seelenharmonie beruhe, sondern nur durch ein Aeußeres veranlaßt worden sei: durch den Hass gegen Rom und die Habsucht der Fürsten, die aus Egoismus den Parteikampf in Deutschland nährten. Denn der Hof

Ottos konnte ihm unmöglich tief ins Herz gewachsen sein: der Herr selber war ein tollköpsiger Kaiser, von dem man nichts rühmen konnte als seine Körpergröße und Stärke, *) Die letzte Zeile des Spruches lässt uns die Zeit der Abfassung ge nauer bestimmen; Friedrich bot Otto Schach seit dem Fürstentage zu Frank furt. Das gebotene Schach dauerte bis zur Schlacht bei Bouvines (Juli 1214), da wurde Otto schachmat.

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Kategorie:
Literaturwissenschaft
Jahr:
1872
Dichter, Kaiser und Papst : Walther von der Vogelweide als politischer Dichter
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Seite 40 von 87
Autor: Thurnwald, Andreas / A. Thurnwald
Ort: Wien
Verlag: Braumüller
Umfang: 80 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: p.Walther <von der Vogelweide> ; s.Politische Literatur
Signatur: II 9.954
Intern-ID: 214081
Walther mochte also ungefähr ein Decennium bei dem Land grafen verweilt haben; ob ohne alle Unterbrechung, darüber ein sicheres Urteil zu fällen, fehlt uns jeder Anhaltspunkt. Nach kurzem Aufenthalte in Meißen wendet sich Walther zu Otto, dem alleinigen Könige nach Philipps Ermordung. Da mit beginnt eine neue Epoche der Walther'schen Spruchdichtung, der Kampf gegen päpstliche Anmaßung und römische Corrupti on. König Philipp wurde am 21. Juni 1208 von dem Pfalz grafen Otto von Wittelsbach

, „das Kind von Apulien', der einzige Stammhalter des staufischen Geschlechtes- Sein Recht auf die Krone war um so weniger fraglich, da er bereits vor 12 Jahren zum dereinstigm Thronfolger in bester Form erkoren war. Allein die kaum überstandenen Schrecknisse eines zehnjährigen BürgerLrieges und -die gleich nach Philipps Ermordung drohende Anarchie bewogen die Fürsten, in Ueber- einstimmung mit dem Papste, auf dem Reichstag zu Frankfurt (November 1208) Otto allgemein als einzig rechtmäßiges Ober haupt

Deutschlands anzuerkcnnen. Um die Anhänger des stau fischen Hauses völlig zu gewinnen, verlobte sich Otto mit der ältesten Tochter des ermordeten Gegners und wurde so Erbe der staufischen Ansprüche, der staufischen Hausgüter und der staufischen Ideen. Jnnocenz gab wol sicherlich auch aus dem Grunde seine Zustimmung zur Wahl Ottos, weil ja durch Außerachtlassung des jungen Staufers Friedrich die Verbindung der sicilischen Krone mit dem deutschen Reiche vereitelt wurde.

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Kategorie:
Literaturwissenschaft
Jahr:
1872
Dichter, Kaiser und Papst : Walther von der Vogelweide als politischer Dichter
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Seite 42 von 87
Autor: Thurnwald, Andreas / A. Thurnwald
Ort: Wien
Verlag: Braumüller
Umfang: 80 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: p.Walther <von der Vogelweide> ; s.Politische Literatur
Signatur: II 9.954
Intern-ID: 214081
Pharao, so in den jüngsten Tagen an Friedrich und seinen Söhnen Heinrich und Philipp, und droht schließlich mit der Excommumcation. Auf dieses ausführliche und in salbungsvollem Tone der römischen Curie gehaltene Schreiben antwortete Otto: Das Geistliche, was eueres Amtes ist, nehmen wir euch nicht, denken auch gar nicht daran, wollen vielmehr, dass es un angetastet bleibe und unter kaiserlichem Schutz sich stärke und er weitere. In weltlichen Dingen aber, wie ihr wisst, haben wir volle Gewalt

und es kommt euch darüber keine Entscheidung zu; denn die, welche die kirchlichen Sacramente verwalten, sollen sich nicht mit dem Blutgerichte befassen. Möget ihr also in geistlichen Dingen euere Gewalt frei und unbeschränkt ausüben, seid aber auch fest versichert, dass der Kaiser im ganzen Umfange seines Reiches das Weltliche nicht aus den Händen geben wird- Die Folge davon, daß Otto die italienische Politik Bar barossas und Heinrichs VI. so rücksichtslos wieder aufnahm, war, dass auch Jnnocenz

gerichteten Schreiben entbindet Jnnocenz Jedermann der Treue gegen den Kaiser, da man nach dm Satzungen der heiligen Väter dem nicht Treue zu halten brauche, der sie gegen Gott und die Kirche ge brochen. -— Wie es Otto mit den Fürsten halte, mögen sie deut lich daraus ersehen, dass er jene so große und schwierige Unter nehmung, wie den Kampf gegen die Kirche und Sicilien, ohne ihren Beirat, ganz auf eigene Hand unternommen. Gelinge cs ihm damit, so werde er bald in deutschen Landen eben so verfahren

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Kategorie:
Literaturwissenschaft
Jahr:
1872
Dichter, Kaiser und Papst : Walther von der Vogelweide als politischer Dichter
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Seite 41 von 87
Autor: Thurnwald, Andreas / A. Thurnwald
Ort: Wien
Verlag: Braumüller
Umfang: 80 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: p.Walther <von der Vogelweide> ; s.Politische Literatur
Signatur: II 9.954
Intern-ID: 214081
Freilich mochte es dem scharfblickenden Jnnocenz nicht entgangen sein, dass diese plötzliche und völlige Umgestaltung der bisherigen Verhältnisse eine Gefahr für ihn barg. Die Befürchtung lag nahe, dass sein bisheriger Schützling im Glück sich überheben und mit den errungenen Vortheilen sich auch den Pflichten der Dankbarkeit und des Gehorsams gegen die Mutter Kirche entschlagen könnte. Und die Art, wie Otto sich der Stauferflchen Partei mehr, als umgekehrt diese sich ihm anschloß

und unterordnete, machten es dem Papst klar, dass er in die Bahn seiner Vorgänger im Reiche treten werde. Jnnocenz mochte so das Richtige geahnt haben, allem Otto fand es gerathen, den notwendig gewordenen Wechsel seiner politischen Anschauungen erst nach der Kaiserkrönung zu mamfe- stiren. Die Kaiserkrone empfing er am 4. Oktober 1209 aus der Hand des Papstes, nachdem er zuvor ein Schriftstück ausgefertigt, in welchem mit Einem Feldzuge ganz Unter- und Mittelitalien dem römischen Stuhle hingegeben ward

bis auf das einzige Recht, das, wie ein Bettlerlappen an einem Fürstenmantel, noch an -Barbarossas und Heinrichs Walten erinnerte, das Recht, den Unterhalt für sich und sein Heer aus den betreffenden Landschaften zu ziehen, wenn er, dem Rufe der Kirche folgend, eine Romfahrt antrete. Kaum gekrönt jedoch, ordnete Otto an, in Italien alles in kaiserlichen Besitz Zu nehmen, was dem Reiche gehöre: die Lombardei, Toscana, das Herzogthum Spoleto, die Romagna und die Mark Ancona. Die Italiener machten dem Kaiser

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