Abriß der Geschichte des Chorherrenstiftes Neustift bei Brixen
Z6 Leonhard Pacher. 1467—1483. Nach dem Tode Kaspar Aigners wurde Petrus Lamp!, Pfarrer von Döls, zum Nachfolger auserkoren; weil er aber die auf ihn gefallene Wahl nicht annahm, wurde Leonhard Pacher,') ein sehr frommer und erfahrener Chorherr, der damals die Pfarrei Kiens-Pfalzen innehatte und bereits 67 Jahre zählte, zum Propste erwählt. Kaum hatte er die Regierung angetreten, begann er sofort den Ambau der Stiftskirche in großem Stile. Es ist wohl kein Zweifel, daß er an Stelle der alten
großen Stiftskirche einen dreischifsigen gotischen Bau mit ungefähr gleichen Dimensionen, ausgeführt aus gehauenen Granitsteinen, fetzen wollte. Zur Ausführung kam aber nur das Presbyterium mit der anstoßenden oberen Sakristei und ein gutes Stück (ungefähr ein Drittel der Länge) der Seitenschiffe. Aus dem ausgeführten Teil ist der Schluß berechtigt, daß bei Ausführung des ganzen Planes ein herrlicher gotischer Bau zustande ge kommen wäre. ) Der Grund, warum Propst Leonhard seinen Klan nur Zum Teil
ausführte, ist darin zu suchen, daß er aus Furcht vor den Einfällen der Türken, welche damals bei ihren Raub- und Plünderungszügen durch Steiermark und Kärnten bis an die Grenzen Tirols gekommen waren, das Stist und die umliegenden Güter mit einer hohen, ungefähr 2à langen Umfassungsmauer umgab?) ì! Es ist klar, daß der Bau dieser so umfangreichen Ringmauer die Finanzen des Stiftes erschöpfen mußte, so daß man aus Mangel an Geldmitteln die Fortsetzung und Vollendung der gotischen Stiftskirche ausgab