Wilder Honig : Fortsetzung der "Witterungen der Seele" ; (1849 - 1864).- (Gesammelte Werke ; 9)
zur Freiheit geschaffen, wie er sie genießen wird nach der Befreiung von einem grob materiellen Leib beim Tod oder bei der Auferstehung. Das eigentliche Hun ge r leid en hin- gegen schlagt wieder ins Gegentheil um. Die Empfindung des Hungers stört den Geist, sie bewirkt Zerstreuende Gesühle und benimmt ihm die Freiheit, kräftig seine Gedanken aus Gott zu comentriren. Es ist eben so schwer, die Grenz- und Berührungspunkte genau zu bezeichnen, wo Naturgesetze und Mens che nth
un für sich unter Zulassung Gottes wirken, und wo Gott darin selbst eingreift — wie es schwer ist auszutheilen, was bei man- che» Functionen der Leib, und was der Geist gethan hat. Vielleicht ist die Kälte doch etwas, nicht bloß der Mangel an Wärme; wie die negative Elektricität und der Teufel auch etwas ist, nicht bloß das Nichtdafein positiver Elektricität oder des guten Prinäps. Wo aber rein nur Kalte ist, so übt diese vielleicht eine ähnliche Gewalt aus wie die reine Wärme, d. h. das Feuer. D. sagte
mir, wenn sie aufwache, so ftnbe sie oft eine Aare vollständige Sentenz oder einen Sah in ihrer Seele, wie wenn sie während des Schlafes in einem Erbauungsbuch gelesen hätte und gerade beim Aufwachen noch den letzten Satz behalten hätte. Ich hatte selbst schon ähnliche Er- fahrungen. Vielleicht ist die natürliche Erklärung hiervon, daß der Geist während des Schlafes denkt, abgesondert von dem Traumspiel, worin die Seele und das Blut miteinander tanzen — und das Ie|fe Denken des ungebundenen Geistes leuchtet
noch in das Selbstbewußtsein und das Wachen her- Über. Dergleichen Gedanken sind aber reiner und geistiger, viel- leicht weil der Geist während des Schlafes wahrhaft freier ist, infofern er sein Werktagsgeschäft, die ungeschlachte und ungezo- gene Seele zu überwachen, für die Stunden deren Schlafe^ beiseite gelegt hat.