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Volksbote
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Seite 4 von 12
Datum: 13.12.1962
Umfang: 12
ihn an, Br rafft sich zusammen, um mit der Ar beit zu beginnen. Außer einer Schale Mdlch nimmt er bis Mittag nichts 'zu sich. Er arbei tet wie ein Verbissener, Mitunter bat er dien Wunsch, alles liegen und stehen zu lassen und davonzulaufen. Doch. sein Stolz Ist stärker. Regina ist fort. Und wahrscheinlich der Holz- rer auch. Er hat ihnen ja den Weg freigege ben, er selbst ist es gewesen, der sie warnte und dem Holzner dadurch das Leb» rettete. Am Nachmittag kommt die Bärbel herauf. Er erkennt dag Mädchen

sofort wieder. Sie nähert sich ihm ohne Scheu, „Wo ist denn die Regina?" fragt sie ihn neugierig. „Die ist nach Hause gefahren“, gibt, er un freundlich zur Antwort „Was? Und da sagt sie kein Wort davon. Wann ist sie denn weg?“ „Mit dem Holzner", stößt er hervor. „Das kann nicht stimmen“, erwidert Bär bel mit Nachdruck; „Der Holzner Ist mitten in der Nacht mit seinem Auto weggefahren. Er hat die Wirtin aufgeweckt und seine Rech nung bezahlt. Es muß ihm etwas Unange nehmes zugestoßen

sein, denn er war ganz verstört und voller Fleck» well er sich Im Wald verlaufen hatte. Sie mußten Ihm noch ■die Garagetür aufsperren, er war einfach nicht mehr zu halt«:, Aber die Regina wa: nicht dabei, das ist ganz sicher. Warum sollte sie auch mit ihm wegfahren? Sie konnte ihn überhaupt nicht leiden.“ Martin starrt die Bärbel an. Ist das nun wieder eine abgekartete Geschichte oder sagt die Bärbel die Wahrheit? „Ich habe gemeint, sie fährt mit Ihm“ kommt es widerwillig aius seinem Mund. „Er kennt doch Ihren Vater

...“ „Stiefvater“, unterbricht ihn Bärbel. „Das ist erst recht kein Grund, daß sie sich mit dem Holzner einläßt. Ich verstehe überhaupt nichts mehr. Die Regina wollte doch nie heimfah ren. Der Stiefvater sollte gar nicht wissen, wo sie' ist.“ „Dann weiß ich es auoh nicht“, sagt er mühsam. „Sie ist halt fort.“ „Mir scheint, da hat es etwas gegeben“ kombiniert das Mädchen, „Wahrscheinlich haben. Sie Regina Unrecht getan, .und das kann sie nicht leiden. Dabei ist .das ein Mä del, das arbeiten

kann wie keine zweite. Die hätten Sie mit Samthandschuh» anfassen müssen.“ Sie steht mit aufgestemmten Arm» vor ihm und funkelt ihn mit Ihren blau» Ver gißmeinnichtaugen an. „Was wird jetzt der Franz dazu sagen?“/ „Wer ist denn das wieder?“ fragt er un behaglich. „Mein Bruder. Der hat ein Auge auf die Regina, aber sie wollte ja noch v» keinem etwas wissen. Immer Ist sie hier ob» ge hockt, und mit Gewalt hat man eie beinahe miitschlepp» müssen, wenn mal was los war, 1 Jedes Wort fällt wie ein Stein auf sein Herz

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Volksbote
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Seite 9 von 12
Datum: 20.09.1962
Umfang: 12
4 Auf diese Weise war Regina nach Höhen berg gekommen, unid sie hatte hier eine Hei mat und Ruhe gefunden. Die Arbeit war nicht allzuschwer. Zwar hatte sie es ziemlich einsam hier oben, alber das machte ihr nichts aus. Sie mußte sioh erst an die Leute ge wöhnen, die einen ganz anderen Dialekt spra chen, die überhaupt' andere Gewohnheiten hatten als zu Hause in Südtirol. Aber ihre Jugend und ihr unbefangenes Gemüt halfen ihr. Dazu kam, daß sie sich hier absolut sicher fühlte. Der Stiefvater

würde ihren Aufenthalt nicht herausbekommen. Sie war nur in der Gemeindekanzlei mit ihrem vollen Namen angemeldet, alle anderen nannten sie Regina. Das ist ein Name, der hundertmal vor kommt. Alle diese Gedanken gehen jetzt dem jun gen Mädchen durch den Kopf, als sie jetzt die, Beete vom Unkraut säubert und die jun gen Bohnen auf bindet. Eine Strähne hat’sich aus dem Haar gelöst und fällt ihr in das braungebrannte Gesiaht. Vom Dorf her kommen Schritte/ und nähern sich dem kleinen Anwesen. Regina dreht

sich um. Es ist Bärbel, die Tochter des Schusters, die mit einem Henkeikoib daherkommt. „Grüß ddoh, Regina“, sagt Bärbel, ein blon des Mädchen. „Du bist ja am Garteln.“ „Ja“, antwortet Regina, „Regnen dürfte es. Die Erde ist ganz trocken. Wo gehst du denn hin?" Die beiden Mädchen kennen sich vom Kir chenchor, in dem Regina den Alt singt. „Dem Bruder muß loh Brotzeit bringen. Er arbeitet jetzt draußen im Holz, das weißt du doch.“ Regina nickt. Der junge Schustersohn, der das Handwerk seines Vaters verabscheut

, weil er kräftig und wie ein Baum stark ist, hat sich beim’ Grafen als Holzfäller verdun gen. Jetzt bringt Ihm die Bärbel etwas zum Essen. „Ich möchte gleich nachsahen, wieweit es mit den Beeren ist, dann könnten wir am Sonntagnachmittag zusammen in den Wald gehen“, meint die Bärbel. „Und abends ist auoh etwas los. Beim Unterwirt spielt eine Trachtenkapelle. auf, das sollten wir uns nicht entgehen lassen, Regina.“ Regina macht ein unentschlossenes Gesicht. Sie möohte ganz gerne der Verlockung naah- geben

. Aber da ist da3 Hau», das unbeauf sichtigt bleibt, und der Stall mit den beiden Kühen. Nein, das getraut sie sich nicht.' Sije spricht mit der Bärbel darüber. Die lacht. „Wenn es weiter nichts ist. dann kann der Ferdl aufpassen. Für eine Kleinig keit tut er das schon.“ . Der Ferdl ist der zehnjährige jüngste Sohn aus dem kinderreichen Sdhustenhaus. „loh werde es mit noch überlegen“, sagt die Regina albwartend. „In der Kirche sage ich dir dann Bescheid' am Sonntag.'" „Überlege es dir nicht zu lange“, meint

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Volksbote
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Seite 4 von 12
Datum: 07.02.1963
Umfang: 12
X. das Wort richten sollte, daß er aber aus Angst, vor ihm zu reden, nicht getan habe und für iihn ein anderer sprach, der heute noch lebe. Sie sitzen eng anednandergeschmiegt auf einer Eanik unter dem grünen Laubvorhang einer Hängeweide. „Regina, ich Hebe dich“, flüsterte der Mar tin. „Ich gebe dich nicht mehr,her. Du mußt mit mir nach Höhenberg zurückfahren.“ Sie springt erschrocken auf und starrt ihren halbleeren Korb an. „Mein Gott, ich muß ja zum Koohen zu rück. Was ist mir denn eingefallen

? Wenn die Rosners daraufkommen ...“ Er hält sie fest. „Die Rosners haben dir gar nichts zu sagen. Denen werde ich lieber Bescheid geben. Du gehörst jetzt zu mir. und niemand hat dir zu befehlen. Ich gehe mit dir zu deiner Herr schaft, und ich werde alles ins reine bringen.“ Regina wagt keine Widerrede. Sie steigen ir. den Schnellbus, der sie nach Schwabing bringt. Unterwegs erzählt Martin, daß er auch in der Manila-Bar war und dort einen ulki gen Menschen angetroffen habe. „Das ist Fred gewesen“, sagt

sie. „Ohne ihn hätte ich die ersten Tage nicht durchge standen. Frau Rosner wollte eine Bardame aus mir machen, aber Fred hat ihr den Un sinn rasch ausgeredet. Wenn ioh daran denke, wie es mir damals gegangen Ist. als du mich fortschicktest, dann wundert es mich nur, daß ich diese Zeit überlebte.“ Er preßt ihre Hand zwischen seinen Fingern. „Ich habe es nicht gewußt, Regina. Aber glaube mir, mir ist es ebenso ergangen. Ich ciachte, das Dach fällt mir auf den Kopf, so verlassen war ich. Ich habe jeden Tag darauf

war, durch das mir der Holzner mein Erbe gestohlen hatte. Aber ich bekomme alles wie- dieir. Der Hof ist nur verpachtet, nicht verkauft Ich verzichte auf das Geld, mag es Eva be halten. doch der Hof gehört mir.“ Er hat plötzlich einen anderen, entschlos senen Ausdruck im Gesicht. Aller Druck ist von ihm abgefallen. Er wird seine Ehre wie derherstellen und ein freier Mann unter freien Menschen sein. Sein Selbstvertrauen kehrt zu rück. Im Lift fährt er mit Regina zu der Wohnung der Rosners hinauf. Karla Rosner, im Schlaf rock

und mit Lockenwicklern im Haar, hat Regina schon vermißt. „Wo bleiben Sie denn so lange? Und wen bringen Sie da mit in die Wohnung?“ „Ich bin der Amrainer, Bauer vom Buchen hof“, sagt Martin stolz. „Und ich bin gekom men, um meine Braut, die Regina, von hier abzuholen. Wir wollen heiraten. Sie werden verstehen, daß die Regina in der Stadt nicht länger ein Dienstmädchen machen kann “ „Nein, das geht nicht“, wehrt sich Frau Ros ner. „Von heute auf morgen einfach den Dienst aufkündigen. Ich bestehe darauf .. Martin

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Seite 3 von 12
Datum: 17.01.1963
Umfang: 12
aufigetragen. Sie hat Angst, daß Sie weglaufen könnten.“ Regina lachte bitter. „Wohin denn in diesem Aufzug?“ Sie sieht an sich iierunter. Das neue Kleid hat ein eingebranntes Loch und ist mit Flecken ver unstaltet. Dabei kostet dieser Fetzen sechs hundert Mark. Ich weiß nicht, wie ich das bezahlen soll “ Sie beugt den Kopf über das Blatt mit den Zahlen. An diesem ersten Abend hat sie über fünfzig Mark verdient aber sie freut sich nicht darüber. Es kommt ihr vor, als wenn dieses Geld nicht auf ehrliche

Sie!“ Sie taumelt in ihr Zimmer. Kaum, daß sie sich die Mühe nimmt, Gesicht und Hände nebenan zu waschen. Als sie in das Nachthemd schlüpft, fallen ihr schon die geschwollenen Lider zu. Regina schläft zwölf Stunden hintereinan der. Es ist, als wenn sie sich in die Tiefen des Schlafes retten wollte. Um sieben Uhr wird sie unsanft von Frau Rosner geweckt. „Stehen Sie auf! Regina! Sie müssen etwas essen und sich dann anziehen. Das geht nicht jeden Tag, daß Sie Ihre Zeit im Bett ver bringen. Ich muß auch heraus

und kann mich nicht schonen. Und wie Ihr neues, Kleid aus sieht, es muß morgen weggebracht werden. Heute ziehen Sie das rote an.“ Sie ist iange nicht mehr so freundlich wie gestern. Regina erhebt sich. Ihr erster Ge danke ist Martin, der durch all das Neue und Hektische zurüokgedrängt worden ist. Das war das einzige Gute an der Arbeit, daß sie keine Zeit fand, an etwas anderes zu denken. Jetzt aber spürt sie eine irrsinnige Sehn sucht nach ihm. Es kommt ihr wie eine Ewig keit vor, daß sie von Höhenberg fort

ist. Wie soll sie das ertragen? • Aus der Küche kommt der Geruch eines scharf gebratenen Steaks. Regina merkt, daß sie Hunger hat. Sie beeilt sich mit dem An ziehen. Frau Rosner hat in der Küche für sie einen Teller hergerichtet. Es gibt Bratkartoffeln und Salat zum Fleisch. „Morgen müssen Sie mir in der Wohnung helfen“, sagt sie . „Dann muß ich also nicht in die Bar?“ fragte Regina. „Was sie sich einbilden! Natürlich müssen Sie. Aber Sie werden nur bis ein Uhr schla fen, das ist vollkommen genügend. In der übrigen Zeit

helfen Sie mir.“ „Kann ich nicht überhaupt den Haushalt hier führen? Sie sind doch immerzu beschäftigt“, sagt Regina. „Ich verstehe alles, denn ich kann kochen, waschen und nähen. Ich würde alles zu Ihrer größten Zufriedenheit besorgen.“ Frau Rosner sagt kein Wort. Regina weiß nicht einmal, ob sie hingehört hat. Abends um neun Uhr steht sie wieder hin ter dem Baxtisch und erlebt dasselbe Wie ge stern. Es sind teilweise die gleichen Gäste, der große Blonde mit seiner zierlichen Beglei terin

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Seite 4 von 12
Datum: 31.01.1963
Umfang: 12
schwersten Zei ten entgegengehen. Unser Volk ist durch die Landwegnahme und durch die Massenaus- Die Bahn fährt im Schneckentempo. Mar tin kann es kaum noch erwarten. Endlich steht er vor dem Haus, in dem sich Regina befindet. Er findet das kleine Schild neben der Klingelanlage, das den Namen Rosner trägt. Daß es einen Lift gibt, übersieht er. Er steigt die vier Stockwerke empor lind läutet an der Tür, an der er den Namen noch ein mal findet. Aber dahinter bleibt es still. Es rührt sich nichts, obwohl

. Er tappt wieder nach unten. Manila-Bar. Die Regina wird doch nicht in so einem Bumsding arbeiten? Er geht zu Fuß die Hohenzollernstraße entlang, nachdem er sich bei ein paar Passanten nach dem Weg er kundigt hat. Um ln die Manila-Bar zu kom men, muß er die Leopoldstraße überqueren. Der Verkehr ist um diese Zeit beängstigend. Martin nimmt es aber nicht wahr. Er denkt nur an Regina. Auf der anderen Straßenseite wird er über ein paar Winkel und Ecken geschickt, dann ist er endlich am Ziel. Er sieht

sich das Haus an. Es gefällt ihm kein bißchen. Wie da die Regina überhaupt leben mag. Alles enge, schmale Häuser, die so nahe nebeneinander stehen, daß man kaum Luft zum Atmen hat. geschweige denn etwas vom Himmel sieht. Er betrachtet sich die Bilder der Mädchen In dem Glaskasten neben dem Eingang. Das gefällt ihm noch weniger. Seine Stirn zieht sich in Falten. Die Tür ist offen. Das erste, was er sieht ist der gebeugte Rücken einer Putzfrau. Sm scheuert den Boden mit einer Paste, die weiß aufschäumt

, „Entschuldigen Sie, gehört dieses Lokal einem Herrn Rosner?“ fragt er die Frau, du- sloh langsam umdreht. „Gehören tut es der Frau“, antwortete sic mit tiefem Baß. „Aber was der Mann ist. der arbeitet mit. Sie können ihn jetzt aber nicht sprechen, denn er ist nicht da. Da müsset* Sie schon abends kommen.“ „Eigentlich wollte ich ja Regina, wollte ich Fräulein Bertolini sprechen.“ „Wer ist nun das wieder? Nie davon ge hört“, brummt sie. „Aber die Mädchen wech seln ja alle Augenblicke, Fragen Sie mal den Fred

, der ist da drinnen!“ Sie deutet mit den. Daumen auf eine Tür, die die Aufschrift „Privat“ trägt. Martin geht darauf zu und klopft an. Eine Stimme luft herein. Der junge Bauer sieh! sich einem sehr gepflegten Mann gegenüber der ihn erstaunt betrachtet. „Was wollen Sie denn?“ „Entschuldigen Sie, ich suche Fräulein Ber tolinl. Ist die hier?“ „Was, die Regina suchen Sie? Hier bei uns? Mann, da sind Sie gänzlich falsch, die arbei tet im Haushalt bei den Rosners. Zentner straße zwounddreißig.“ „Da komme Ich ja gerade

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Seite 3 von 14
Datum: 27.12.1962
Umfang: 14
ist. Die Wohnungen machen alle einen guten Eindruck. Der Herr bleibt vor einem Haus stehen. „Hier ; st es. Wir wohnen im vierten Stock, aber es gibt natürlich einen Lift.“ Er drückt auf eine Klingel. Sobald der Summer ertönt, springt die Türe auf. Regina sieht sich in einer marmornen Halle, Die gläserne Kabine des Lifts surrt nach oben Im Flur gibt es verschiedene Türen. Aus einer lugt der hellblonde Kopf einer Frau. „Wen bringst du denn da?“ sagt die Frau erstaunt, als der Herr mit Regina aus dem Lift steigt

. „Komm, mach ihr gleich einen Kaffee“, sagt er und schließt augenblicklich die Tür hinter sich und dem Mädchen. Regina steht in einer hübsch eingerichteten Diele. Jetzt kann sie auch die Dame be trachten, die in diese Wohnung gehört Sie Wettbewerb teilzunehmen“, so zeige doch die Tatsache, daß er bereits in der Frühe zwei Messen gelesen und. ins Krankenhaus gekom men sei, daß ihm nichts fehle. „Weder an den Augen, noch an der Sprache, noch an den Ohren, noch schließlich am Herzen, das der kostbarste

Menschengeschlechtes. Kön ne es jemand geben, der nicht den Frieden wolle? Im vergangenen Jahr habe es Anlaß zu Furcht und Zittern gegeben. Es sei aber ein gutes Zeichen, daß die Gefahr so schnell gebannt wurde und daß die Klugheit so glücklich triumphierte und der Menschheit wieder Vertrauen und Mut schenkte. trägt einen seidenen Morgenmantel und dazu passende Pantöffelchen. Ihr Haar ist zerzaust darin. Das Gesicht hat einen etwas verlebten, müden Ausdruck. „Kommen Sie in die Küche“, sagt die Frau und läßt Regina

eintreten. „Ich bin sofort wieder da.“ Regina hat so eine Küche noch nie gesehen. Es ist wie in einem Laboratorium. Alles glänzt von Glas und Chrom. Das Mädchen fährt vorsichtig mit dem Finger über die glänzenden Beschläge. Eine wunderbare Küche. Wenn sie an ihren alten schwarzen Ofen im Erlenhäuschen denkt, der mitunter rauchte und Launen hatte und einen Ver gleich mit hier anstellt, dann muß sie bei nahe lachen. So verschieden sind die Güter des Lebens verteilt

des Ehepaares. Regina kann aber nicht verstehen, was sie miteinander spre chen. Sie geht zium Fenster. Von hier aus kann man in den Hof sehen. Es geht vier Stockwerke tief hinunter. Eine kleine, grüne Rasenfläche mit Teppichstangen und Müll tonnen liegt zwischen den Häuservierecken. Das ist die ganze Natur, die diesen Groß städtern bleibt. Die Kehle wird dem Mädchen eng. Hier soll sie es also aushalten, hier leben. Sicher ..Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden

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Seite 4 von 12
Datum: 20.12.1962
Umfang: 12
in der Hand. Ebenfalls die Waffe auf die drei Insassen der „Appia“ rich tend, forderte er sie auf. unverzüglich aus dem Wagen zu steigen. Er ließ dabei ein ein ziges Wort fallen: „Fuori!“. Der Koffer mit dem Geld befand sich in dem Gepäcksraum (Fortsetzung auf Seite 9) und Gehör finden! Verwegener Raubüberfall in Moritzing bei Bozen Beute: 30 Millionen Lire und 50.000 Schilling - Noch keine Spur von den Tätern ein paar Minuten später ein. Er ist schwach besetzt. Regina erhält noch einen Fenster platz

. Regina steht verloren auf dem Bahnsteig. Neben ihr rennen und hasten die Menschen vorbei, die alle Ziel haben. Nur sie weiß nicht, wohin sie ihre Schritte lenken soll. Es ist noch zu früh, um schon etwas zu unternehmen. Das Mädchen gibt den Koffer auf der Gebäokbewahrungsstelle auf. Dann bestellt sie sich eine Tasse Kaffee. Er ist bitter und stark. Sie denkt an zu Hause, das kein Zuhause mehr ist. Dort gab es süßen, rahmigen Milch kaffee. Heute muß sich der Martin selber das Frühstück

machen. Die Bleß im Stall wird sie vermissen, und Bello wird uin das Haus herumstreichen und sie suchen. . Plötzlich ist alles wieder da. Regina hat einen Augenblick das unsinnige Verlangen, mit dem nächsten Zug zurüokzufahren. Die große Stadt ängstigt sie. Warum ist sie nicht nach Rosenheim gefahren, um sloh dort etwas zu suchen? Aber das war zu nah, sie hat Angst, daß sie unvermutet dem Martin über den Wag laufen könnte. Sie darf ihn nLe wieder sehen. Vielleicht ist es dieses Bewußtsein, das ihr Herz

abschnürt. Ein blasses Ding mit frechen Augen und einem breiten Mund setzt sich neben sie. „Ist es erlaubt?“ Regina nickt. Sie bemerkt, daß die andere ein leichtes, billiges Fähnchen trägt, das am Hals angeschmuddelt ist. Die Füße stecken in hochhackigen, abgetretenen Pumps, Das fremde Mädchen bestellt sich ebenfalls Kaffee. Als es davon trinkt, verzieht es den Mund. „Das ist so eine Brülle“, saigt es verächtlich. „Überhaupt ist hier nichts los. Ich weiß ein anderes Lokal, da kann man sich amüsieren

Ist allerdings noch zu früh zum Hingehen.“ Regina ist es. nicht um ein Amüsement zu tun. „Ich suche Arbeit“, sagt sie kurz. „Arbeit“ fragt die andere gedehnt. Sie sieht Regina prüfend an, und was sie sieht, das hält jedem kritischen Blick stand. „Sie sind hüfoseh“, sagt sie, „Sie können Ihr Glück machen. Ich heiße Hilde. Vielleicht weiß ich etwas für Sie,“ „Das wäre sehr schön.“ Regina kann sich zwar nicht vorstellen, welche Art Arbeit die ses Mädchen für sie haben könnte, aber sie kennt sich in München

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Seite 4 von 14
Datum: 27.12.1962
Umfang: 14
. An seinem Begräbnistage überstrahlte die Trauer das Herz der Diö- zesanen. Mögen die Gläubigen dem Bischof der Einfachheit und der Herzensgüte ein bleibendes Andenken bewahren! „Wenn Sie geschickt sind, können Sie so gar sehr viel Geld verdienen“, sagt die Dame und blinzelt. „Ich kann leider schlecht Rätsel raten“, sagt Regina. „Würden Sie mir vielleicht sa gen, um was es sich handelt?“ „Kann ich auch, mein Kind. Also, um es kurz zu machen: Wir haben eine Bar mit einem kleinen Anijnierbetrieb. Natürlich al les

. Sie bekom men einen anderen Blick für das Leben. Ihr Horizont erweitert sich . . .“ Sie schildert die Chance, die Regina erwar tet, in den buntesten Farben. „Aber ich habe ja nicht einmal etwas zum Anziehen“, sagt Regina mit schwachem Wi derstand. Sie streckt der anderen ihre Hän de hin. „Sehen Sie »ich das an! Mit diesen verarbeiteten Fingern kann mqp keine Ge tränke ausschenken. Nein, bitte, lassen Sie' mich wieder gehen, ich sehe keine Möglich keiten.“ „Dummehen“, lächelt die Frau

. „Sie sind jetzt aufgeregt und müde. Ich schlage vor, daß Sie erst mal in unserem Gastzimmer schlafen und sich ausruhen. Heute abend kön nen wir dann noch einmal über alles spre chen. Jetzt sind Sie bei uns in den besten Händen.“ Winklieh läßt sich Regina von dieser sanf ten, beschwichtigenden Stimme einschläfern Sie wird ms Bad geführt, ein luxuriöses, ro sa gekacheltes Bad mit großen Spiegeln und Batterien von Flaschen auf den Glaskonsolen. Die Dame läßt das Wasser einlaufen, gießt eine scharfriechende Essenz hinein

, die Re gina die Illusion gibt, Wald und Tannen nadeln zu riechen. Sie versinkt in das warme Schaumbad, das wohlig ihre Glieder umspült. Bisher hat sie immer in dem großen Holzbottich Im Stall ihr Bad genommen, eine primitive und billi ge Angelegenheit. Jetzt Hegt sie in einem fremden Bad und läßt die Dinge auf sich zu kommen. Auf dem Hocker neben der Wanne liegt ein weißer, weicher Frottemantel. Regina zieht ihn an. Sie läßt die Wanne auslaufen, als sie fertig ist. Eine Hand reicht ihr ein Bündel herein

. „Ziehen Sie das an!“ Es ist ein seidenes Nachthemd, wie Regina noch keines gesehen hat, und ein dazupas sender Morgenmantel. Der Spiegel wirft das Bild des Mädchens zurück. Die langen Zöpfe fallen ihr über den Rücken. Das Wasser ha! die Stirnlooken aufgelöst, das Gesicht be kommt dadurch einen weichen und sehnsüch tigen Ausdruck. Bräunlich steigen die Schul tern aus dem tiefausgeschnittenen Hemd. „Sie sind ja eine Schönheit“, sagt die Frau, die jetzt wieder hereinkommt. „Bei Ihrem Aussehen müssen

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Seite 5 von 12
Datum: 18.10.1962
Umfang: 12
. In der Luft liegt ein Gewitter. „Es ist vielleicht besser, wenn ich bald beimgehe“, sagt die Regina, aber da kommt* sie bei Bärbel schlecht an. „Jetzt trinkst du noch ein Glas, dann sehen wir weiter.“ , Sie zieht die Freundin wieder in den Saal. Auf dem Tisch steht die Flasche mit dem Rotwein. Leonhard Holzner wartet schon mit hungrigen Augen auf seine Tischnachbarin. Er gießt ihr Glas voll. „Auf unser heutiges Zusammentreffen, Rc- cina“, sagt er zudringlich und rückt noch näher an sie heran

. „Wenn uns jetzt der Ber- tolinl sehen könnte. . .“ „Mir ist lieber, wenn er überhaupt nicht weiß, wo ich bin“, entfährt es Regina. Im gleichen Augenblick merkt sie, daß 9le die sen Satz besser unterlassen hätte, denn sie hat das Auffunkeln in Leonhards Augen ge sehen, als wenn er jetzt erst begreifen wür de. was sie damit meint. „Von mir erfährt er es nicht“, sagt der Holzner großspurig. „Dann wollen wir auch nicht mehr von ihm reden.“ Regina, die nicht an den Stiefvater erinnert werden will, nimmt das Glas und führt

es zum Munde. Sie trinkt einen langen Schluck daraus. Der Wein rinnt würzig und herb durch die Kehle. Sie ist es nicht gewohnt, Wein zu trinken, und das scheint der Holz ner auch zu merken. Er nötigt sie immer wie der zum Trinken und füllt ihr Glas nach. Allmählich kommt eine schwebende Leich - tigkeit über das Mädchen. Alles Schwere scheint von ihr abzufallen. Ihre Augen glän zen, der Mund biegt sich zu einem Lächeln und gibt die zwei weißen Zahnreihen frei. Regina denkt jetzt nicht mehr ans Heim gehen

. Sie findet sogar den Leonhard nicht so übel, wie er ihr am Anfang vorgekoipmen ist. „Iß noch was, sonst kriegst du einen Schwips“, raunt die Bärbel der Freundin zu Sie selber macht sich über zwei Paar Wie ner Würstchen, aber Regina hat keinen Hun ger. Nur Durst. Sie lacht und scherzt, und viele Burschenaugen werfen bewundernde Blicke auf sie. Aber der Holzner läßt sie nicht mehr locker. Sie ist haute seine Tischnach barin, und er wird sie nach Hause begleiten. Er und kein anderer. Er wirft finstere Blik

- ke zu den Burschen hinüber, die diese war nen sollen, auf seiner Wiese zu weiden. „Der Großkopfete“, murrt der 1 Schuster Franz in seinem Winkel. „Meiner Schwester werde ich den Marsch blasen, wenn sie heim kommt, darauf könnt ihr euch verlassen. Da freut man sich nun daß man die Regina end lich einmal zu Gesicht bekommt, und schon spannte sie ein anderer aus, der ein paar Franken mehr hat.“ Einer der Burschen lacht. „Ein paar Franken ist gut. Der Holzner hat einen Haufen Geld und wirft auch dem entsprechend

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Seite 4 von 12
Datum: 17.01.1963
Umfang: 12
reichen.“ 12 . . Karla Rosner hat eingesehen, daß Regina eine Perle ist, wenn sie auch nur in der Küche steht und dien Haushalt versorgt. Das kurze, dreitägige Gastspiel in der Manila-Bar ist zu Ende. Fred hat gesiegt. Seit vier Wochen ist Regina in der Privat- vvohnung der Rosners beschäftigt. Sie steht jeden Morgen um sechs Uhr auf und bringt die Wohnung in Ordnung. Sie geht auf den Markt einkaufen. Das tut sie am liebsten. Das Gemüse und Obst, das die Bauern frisch vom Lande hereinbringen

, erinnnert sie an Höhen berg und an ihr verlorenes Paradies. Sie hat nie mehr etwas von Martin gehört. Aber auch sie hat ihm nicht geschrieben oder ein Lebenszeichen gegeben. Sie kann jedoch nicht verhindern, daß ihre Gedanken immer eigene Wege gehen und zu Martin wandern. Ihn wiederzusehen, das setzt sie sich immer mehr in den Kopf. Sie erhält ihren ersten Mo natslohn. Frau Rosner erwähnt nichts von den beiden Abendkleidern, die jetzt unbenützt in einem Schrank hängen. Sie ist vielmehr froh, in Regina

ein tüchtiges Mädchen bekommen zu haben, das ihr alle Arbeit abnimmt. Des halb lehnte sie auch den Vorschlag Freds ab. Regina in der Garderobe zu beschäftigen. Ar der Bar steht jetzt eine gutäugige, rassige Spa nierin aus Giesing, die schon einige Erfah rung in d'esem Metier hat. So hat sieh für Regina in der großen, frem den Stadt doch noch alles zum Guten gewendet Sie ist gerne bei den Rosners, die zwar ge schäftstüchtig und auf ihren Vorteil bedacht sind, die aber Regina in allem freie Hand las sen

, wenn sie nur ihre Arbeit verrichtet. Wenn nicht das Verlangen nach Martin wäre, dann könnte sich Regina über nichts beklagen. Aber sie kann den Mann, dem sie ihr Herz und ihre Liebe geschenkt hat, nicht vergessen. Es ist ein trüber, diesiger Sonntag, als sie ihren ersten Ausgang nimmt Bisher ist sie immer zu Hause gesessen und hat auf der elek trischen Nähmaschine ihrer Dienstherrin Wä sche und Kleider genäht. Heute aber trägt sie ein nettes Pepita-Kleid, das ihr Frau Rosner geschenkt hat, und einen blauen Regenmantel

dazu, als sie zum Hauptbahnhof geht. Regina löst eine Rückfahrkarte nach Rosen heim. Sie weiß nicht ob ein Omnibus am Sonn tag auf der Strecke verkehrt, Aber sie hat Zeit. Nach Höhenberg sind drei Stunden. Die kann sie auch zu Fuß gehen, wenn es keine Fahrtmöglichkeit gibt Sie will das Brlenhäusel wenigstens aus de: Ferne sehen, um ihr unstillbares Heimweh zu löschen. In Wirklichkeit aber hofft sie darauf, einen Scnimmer von Martin zu erspähen, um zu wissen, daß der Geliebte noch lebt. Wieder sitzt sie am Fenster und schaut

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Seite 6 von 12
Datum: 28.11.1963
Umfang: 12
— am 25. Juni 1961 die am Matsoholerhof ln Gufldaun be dienstet gewesene Regina Schrott vergiftet. Auch Gfader war am gleichen Hofe, der dem Anton Schenk gehört hatte, als Knecht ange stellt. Für Johann Gfader war es eine Art Probe, die er, auf dem Hofe arbeitend, bestehen sollte. Denn sein Vater, Anton Gfa der aus Klausen, trug sich mit dem Ge danken, den Matsoholerhof für seinen Sohn Johann käuflich zw erwerben, wenn dieser sich fähig zeigt, den Hof dann audh richtig bewirtschaften zu können. Außer

der Regina Schrott und dem Johann Rabanser waren auf dem Matscholerhof noch Felizitas Rabanser, Agnes Kainzwalder und andere angestellt. Wir nennen diese Arbeits kräfte, weil z. B. die Felizitas eine der Haupt personen im Prozeß gegen Gfader werden sollte, während die Agnes Kainzwalder die Braut des Gfader war... An jenem 25. Juni war das Gesinde, zu sammen mit dem inzwischen verstorbenen Bruder des Besitzers, In der Stube beim Mittagessen. Nach demselben suchten alle ihre Zimmer auf, um sich zur Ruhe

zu be geben. Nur die Agnes mit dem Gfader gingen außer Hofes und zwar ln ein Gast haus und tranken dort ein Bier. Audh die Regina, die mit der Felizitas aus der Stube ging, wollte sich ausrasten. In ihrem Zim mer sagte sie noch der Rabanser, daß sie gerne einen Wein (Leps) hätte und die Feli zitas ging auch zurück in die Stube und holte den für die Regina bestimmten Wein- krug. Jedes der Leute hatte einen eigenen Krug, der eine gewisse Bezeichnung trug. Als die Rabanser den Krug in das Zimmer der Regina

getragen hatte, machte sie selber zuerst einen Schluck daraus, spie aber den Inhalt sofort wieder aus, weil der Wein angeblich stank. Trotzdem aber verlangte die Regina zu kosten. Sie nahm nicht nur einen Schluck, sondern trank tüchtig aus dem Kruge. Mit der Bemerkung „was ist den da für ein Teufel in dem Wein“, stellte sie den Krug wieder hin. Es wurde ihr Immer schlechter, Schweiß trat Ihr alsbald aus den Poren und Schaum stand ihr vor dem Munde. Felizitas rief den Bauer, Anton Schenk, der ebenfalls

mir, ich bin schuld, daß die Regina hat sterben müs sen.“ Dieses und anderes wurde in der Folge das Tagesgespräch auf dem Hofe und die Polizei muß davon ebenfalls gehört haben, denn einige Tage nachher wurde die Felizitas Rabanser das erstemal zur Einvernahme in die Kaserne gerufen. Damit kam der Stein ins Rollen. Auf Anordnung der Behörde wurde Regina Schrott exhumiert und die Leiche gerichtsmedizinisch untersucht. 85 Tage nach der Beerdigung stellten die Aerzte Tod durch Vergiftung fest. In den Einigeweiden

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Seite 12 von 16
Datum: 21.10.1993
Umfang: 16
beim Gasthof „Feldrand" ein und feier ten bis in die späten Abendstun den weiter. Den Veranstaltern sei auch auf diesem Wege für ihre Mühen und ihren Einsatz gedankt. A./Repro: „VB" Halbes Jahrhundert Widumhäuserin Abgänger der Baugewerbeschule von seinem allzufrüh verstorbe nen Vater übernahm. Sein Lebens werk, das heute seine Söhne, die Gebrüder Reichegger der Baufir ma HOBAG, weiterführen, bietet Seit 50 Jahren dient Regina Vigl mit viel Fleiß und Umsicht als Häuserin im Pfarrwidum von Reinswald

und jene des Kirchenchores sowie die örtlichen Standesvertreter ein geladen worden waren. PGR-Präsident Albert Stuefer gratulierte dem Pfarrer im Namen der ganzen Pfarrgemeinde zum Geburtstag und würdigte sodann die großen Verdienste der Wi dumhäuserin Regina Vigl. Als Zei chen des Dankes überreichte er ihr im Namen der Pfarrgemeinde eine Urkunde. Regina Vigl ist aus Wangen ge bürtig und kam im fernen Jahr 1943 zusammen mit ihrem Bruder Alois nach Reinswald, als dieser dort die Stelle des Pfarrers übernahm. Sie diente

ihm als Häuserin bis zu sei nem Tod im Jahr 1970. Seit Jänner 1971 umsorgt und verwöhnt sie den heutigen Pfarrer Josef Mittel berger, der sehr wohl weiß, was er an ihr hat und ihr dankbar ist für die viele Mühe und Aufopferung. Regina Vigl ist ein stets fröhli cher und gutgelaunter Mensch mit einem goldenen Herzen, und sie ist eine ausgezeichnete Köchin, deren Knödel weitum bekannt sind und schon fast zu einem Wahrzeichen des Reinswalder Wi- dums geworden sind. Regina ist äußerst anspruchslos

und hat in ihrem Leben nur den Dienst an anderen gekannt. Sie ist tiefgläu big und gottesfürchtig und als Christin beispielgebend. Was Regina in einem halben Jahrhundert in Reinswald geleistet hat, kann ihr die Pfarrgemeinde nicht vergelten. Aber dankbar ist sie ihr dafür! Pfarrer Josef Mittelberger feierte Geburtstag und Regina Vigl ihr goldenes Jubiläum als Widumhäuserin! Repro: „VB" Lokalgeschehen im Rudolf und Sofie schließen Bund fins Leben Unlängst gaben sich Rudolf Lant schner vom Ebenhof in Steinegg

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Seite 3 von 12
Datum: 03.01.1963
Umfang: 12
erst ein paar Wo chen alt. Ob denn sonst Kinder im Hause seien, fragte der König. „Nein, hier wohnt weiter niemand.“ Ob sie denn das Rufen nicht gehört hätte, fragte er weiter: Nein, es sei ganz still gewesen, beteuerte die Frau Schuld und Unschuld ROMAN VON SOPHIE HARTMANN „LITAG“. Westendorf/Tirol 19 Regina öffnet die Türe, die in die Wand eingelassen ist. Ein paar Kleider hängen auf den Bügeln, aber es sind nicht ihre eigenen. Sie macht auch die anderen Türen auf. Wä sche liegt in den Fächern

und öffnet schließlich die Türe. „Sie sehen ja bezaubernd aus“, sagt sie an erkennend. Sie geht um Regina herum, als betrachte sie ein Pferd, das zum Favoriten erklärt wird. „Nur die Haare müssen noch herunter. Mit dieser unmöglichen Frisur können Sie nichts werden.“ Erschrocken greift das Mädchen nach ihrer Haarkrone. „Meine Zöpfe! Nein, das lasse ich nicht zu.“ „Kind, Sie machen sich ja lächerlich. Wer trägt denn heutzutage noch so etwas?“ „Bei uns zu Hause hat jedes Mädchen, das nur ein wenig

auf sich hält, langes Haar", wendet Regina ein. „Das mag schon sein. Aber jetzt sind Sie in der Stadt. Wir müssen sofort los, denn wir brauchen noch Verschiedenes für Sie. Kom men Sie. damit wir keine Zeit verlieren. Spä ter essen wir dann, sobald wir zurück sind.“ Sie fahren mit dem Lift nach unten. Re gina hat beim Verlassen der Wohnung den Namen auf dem Schild gelesen. Rosner, Sie v.’eiß jetzt wenigstens, wie die Leute heißen, die sie aufgenommen haben. Unten steht ein kleiner Sportwagen, den Frau Rosner

aufschließt. Sie nötigt Regina neben sich. Bewundernd bestaunt das Mäd chen die Sicherheit, mit der Frau Rosner durch das Verkehrsgewühl steuert. „Das können Sie in kurzer Zeit auch ha ben, wenn Sie gescheit und vernünftig sind“, sagt Frau Rosner, die ihre Gedanken zu er raten scheint. „Halten Sie Ihr Geld zusam men und geben Sie sich außer Dienst mit keinem Mann ab.“ „Nein, von Männern will ich nichts wissen“, entgegnet Regina heftig. „Aha. Sie halben also schon Erfahrungen gemacht“, sagt Frau Rosner

. „Nur den Martin hab’ ich gekannt. Aber das ist schlecht hinausgegangen. Und deshalb bin ich aus dem Dorf fcrt.“ „Enttäuschungen sind immer gut, um uns vorwärts zu bringen. Da sind wir ja schon.“ Sie halten vor einem Geschäft. Frau Ros ner steigt aus und bedeutet auch Regina mit zukommen. Es ist ein feiner Modesalon, den sie be treten. Rote Teppiche liegen auf dem Boden, an der Wand stehen Glasschränke, in denen Kleider hängen. Die Besitzerin scheint Frau Rosner als gute Kundin zu kennen

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Seite 6 von 12
Datum: 11.10.1962
Umfang: 12
Wirt an kommt. Vor dem Gasthaus stehen zwei Kie fern, und man hört bis zur Straße heraus die lauten Stimmen der Männer und das Spielen der Musik. Als Regina über die ausgetretene Treppe in den ersten Stock zum Saal hinaufgeht, kommt ihr die Bärbel entgegen. „Regina, du kommst also doch noch!“ sagt die andere erfreut. „Das ist fein. Hat dich der alte Uhu gehen lassen? An unserem Tisch ist gerade noch ein Platz frei. Der Leonhard ist auch da.“ „Welcher Leonhard?“ fragt Regina, wäh rend sie mit Bärbel

den Saal betritt, aus dem ihr breite Rauchschwaden entgegenkommen. „Ich habe dir doch schon von ihm erzählt. Der soviel Geld hat und ein Sägewerk kau fen will“, erinnert sie Bärbel, Regina hat längst vergessen, was die Freun din daherredete. „Schau, der da ist es, der mit dem grünen Piüschhut und dem großen Gamsbart drauf.“ Bärbel stößt Regina in die Seite. Das Mädchen sieht nur einen'roten, feisten Nacken, der aus einem weißen Leinenhemd steigt. Auf dem runden Kopf ein grüner Hui Ueber den Tisch

lange Gespräche geführt. Nach Holzners Besuch hatte der Stiefvater auf einmal wieder eine Menge Geld besessen. „Ja, das ist tatsächlich die Regina“, sagt Holzner und glotzt das schöne Mädchen mit einem gesunden und mit einem Glasauge mu sternd an. Du hast, dich aber sauber heraus gewachsen in den letzten Jahren, seit Ich dich nicht mehr gesehen habe.“ „Was, ihr kennt euch?“ fragt Bärbel er staunt. „Nur flüchtig“, erwidert Regina abweisend. Sie bereut jetzt, daß sie aus dem Berghäusei

heruntergekommen ist. „So flüchtig auch wieder nicht'*, wider spricht Holzner. der einen Stuhl heranschiebt und Regina zum Sitzen nötigt. „Ihren Vater kenne ich recht gut. Der wird sich freuen, wenn ich ihn wieder treffe und ihm Grüß“ von dir ausrichte." Ein kalter Schrecken durchfährt das Mäd chen. Der Stiefvater darf nicht wissen, wo sie sich befindet. Sie ist noch keine einund zwanzig Jahre. Ei hat die Hand auf ihr, so lange sie minderjährig Ist. Der Holzner hat die Veränderung und die Angst

in ihrem Gesicht bemerkt. Er ist kein Dummkopf, und er hat von jeher verstanden, aus der Schwäche der Menschen kapital zu schlagen. „Oder soll ich dem Bertolini nichts davon sagen, daß wir uns getroffen haben?“ flüstert er Regina zu. Sein Glasauge ist starr auf sie gerichtet. Sie schüttelt den Kopf. „Lieber wäre es mir schon, wenn er es nicht wüßte. Wir stehen nämlich nicht be sonders gut miteinander.“ „Aha, dann weiß er also gar nicht, daß du hier bist?“ Das Mädchen nickt. „Er weiß es nicht und ich bin froh

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Seite 4 von 12
Datum: 24.01.1963
Umfang: 12
und Raketenfachmann Wernher gerissen. Aber vielleicht ist es dir eine Lehre, daß du das nächstemal nicht mehr so un gerecht bist. Du warst es, der die Regina fortgeschickt hat.“ Er preßt beide Fäuste an die Schläfen. „Herrgott, erinnere mich doch nicht immer daran! Ich wollte, ich könnte es ungeschehen machen.“ „Das geht leider nicht mehr. Jetzt kannst du nur noch warten, bis ein Wunder ge schieht“, sagt Bärbel ungerührt. „Ich muß gehen. Für die nächsten Tage hast du Würste. Ich habe sie schön kalt gestellt

. „Behüt dich Gott, Martin!“ sagt Bärbel. „Und denk nicht zuviel an Regina! Es wird alles recht werden.“ Sie winkt ihm mit der Hand zu und eilt mit kleinen, hurtigen Schrit ten den Abhang hinunter. Er sieht ihr nach und winkt zurück. Sie ist doch ein gutmü tiges, nettes Mädchen, ohne das er kaum die schwere Zeit überwunden hätte. Er bleibt noch eine Weile stehen, dann geht er ins Haus hinein. Bello ist merkwürdig un ruhig. Er will absolut hinaus. Martin wundert sioh. Sonst scheut der Hund den Regen

Geistlichen und dann machst du alles wieder schmutzig, was jetzt sauber ist.“ Aber der Hund kratzt an der für. „Ruhe!“ befiehlt Martin mit scharfer Stim me. Der Hund legt sich seufzend unter den Tisch. Regina hat sich unterdessen^, zum Gehen angeschickt. Sie weiß nicht, ist es der Regen, der ihr Gesicht näßt, oder die Tränen, die ihre Augen verströmen. Ihr Herz ist leer und tot. Martin liebt eine andere. Sie denkt nur diesen einen Satz, sie wiederholt ihn laut, während sie mit steifen Beinen

den Waldsaum erreicht hat, sieht sie Bärbel mit hastigen Sprüngen wie der heraufkommen. Aha, sie hat ihm etwas geholt und kann nicht rasch genug zu ihm zurückkommen. Eine wilde Lust ist in ihr, das Mädchen abzufangen und zur Rede zu stellen. Aber was wird sie damit erreichen? Bärbel hat ja nicht gewußt, daß sie den Am rainer liebt. Sie hat ihr also nichts absicht lich gestohlen. Regina ist gereoht genug, das einzusehen. Wenn einer schuld ist, dann Ist es Martin. Nein, auch er mußte glauben

zu gehen und zu versuchen, Anhänger für den Atheismus zu Sie wartet, bis Bärbel auf der anderen Sei te verschwindet. Dann läuft sie, das Taschen tuch an die Stirn gedrückt, zwischen den Bäumen hindurch. Den Regenschirm vergißt sie. Er bleibt im Moos liegen. Regina jagt den Steig hinunter, durchquert das Dorf, dessen Kirchenglocke zur Nach mittagsandacht läutet. Das Mädchen eilt da hin, ohne jemand zu grüßen oder auch nur anzusehen. Sie ist wie eine Gehetzte, die nicht schnell genug den Erinnerungen

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Seite 3 von 12
Datum: 31.01.1963
Umfang: 12
Ar beitsgemeinschaft und zur Arrondierung der vielen kleinen Grundstücke zwingen, soll die Arbeit schnell und rationell geschehen. Wahrscheinlich wird in Zukunft die ganze Schuld und Unschuld ROMAN VON SOPHIJS HARTMANN „LITAG“. Westendorf/Tirol 23 „Ist denn die Regina nicht hier oben?“ fragt sie. „Die Regina? Wieso denn? Ist sie denn hier?“ „Heute mittag war sie bei uns unten und hat nach mir gefragt. Die Mutter hat es mir grad erzählt. Sie müßte doch schon längst hier sein, wenn sie überhaupt

zu dir wollte.“ „Sie ist aber nicht gekommen“, sagt er auf geregt. „Das verstehe ich nicht. Bei wem könnte sie sich sonst aufhalten?“ „Die Regina hat niemand im Dorf, zu dem sie geht“, sagt Bärbel. „Die Ist zu dir zurück geikommen, das sage ich.“ „Herrgott, sie ist aber nicht da. Kannst du dir das erklären?“ „Nein, erklären kann ich es nicht. Die Re gina ist eigens von München hierhergefahren, und jetzt hat sie sich in Luft aufgelöst.“ „Vielleicht ist ihr unterwegs etwas zugesto ßen“, sagt Martin. „Bärbel, wir müssen sie suchen. Sofort

die Fußstapfen sehen. Es ist ein kleiner Frauenschuh, dessen Sohle sich unverkennbar abzeichnet. Das Mädchen ruft Martin herbei. „Sie ist wieder ins Tal gegangen, nachdem sie anscheinend eine Zeit hier oben gestan den hat. Ich verstehe nur nicht, daß sie bei diesem Regen den Schirm zurückgelassen hat.“ Er geht ein paar Schritte aufwärts, bis das Erlenhäusel in Sicht kommt. Dann kommt ihm plötzlich die Erleuchtung. „Bärbel, die Regina hat uns gesehen und falsche Schlüsse daraus gezogen. Wir müssen sie sofort

einholen und zurückbringen. Komm, laß uns laufen, so weit Kann sie schließlich noch gar nicht sein.“ Er nimmt den nassen Regenschirm unter den Arm und rennt los. Hinter ihm Bärbel und ganz vorne der Hund, den Martin an- feuert. „Bello, such das Frauchen, such Regina!" Der Hund springt dem Dorf zu. Bärbel rennt ins Schusterhaus, aber die Regina ist nioht vorbeigekommen. Eine Minute später sind sie auf dem Weg zur Buhnstation. Aber weder auf dem Weg noch in Frasdorf selber entdecken sie die Gesuchte

. Sie ist wie vom Erdboden verschwunden. Martin rührt sich nioht von der Stelle, bis der Zug eingelaufen und wieder abgefahren ist. Er Wärter sogar noch den nächsten ab, aber Regina taucht nicht auf. „Vielleicht ist sie direkt nach'Rosenhelm gegangen und von dort nach München zu rückgefahren“, sagt Bärbel. „Ja, so wird es wohl sein“, sagt er tonlos. „Aber wir wissen wenigstens eines: Regina ist in München. Und es müßte mit dem Teufel zugehen, wenn ich sie dort nioht finden könnte. loh fahre morgen hinauf. Und du hütest

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Seite 3 von 16
Datum: 04.10.1962
Umfang: 16
' ist da. Wie ist er denn? Bist mit ihm her- 3 untergekommen? Ich bin schon so neugierig. Du mußt mir gleich alles erzählen.“ s „Da gibt es nicht viel zu erzählen“, sagt die i. Regina. „Man muß erst sehen, wie er sich i macht und ob mit ihm ein Auskommen ist.“ e „Sehr begeistert scheinst du ja nicht zu i sein“ meint Bärbel. Sie sieht sich bei den e jungen Männern um. die vor "dem Friedhof i, stehen. „Wo ist er denn?" e „Den suchst du umsonst. Der sitzt daheim >• und hütet das Haus“, erläutert Regina, e „Na, heute nachmittag

werde ich ihn Ja e zu sehen bekommen, wenn ich dich zum ' Beerenpflücken abhole. Kommst du auch zum Unterwirt?" „Ich glaube nicht. Wenigstens habe ich ihn noch nicht gefragt, ob ich fortgehen kann“ entgegnet die Regina. „Fragen? Als wenn dir nicht dein freier Sonntag zustünde. Du bist jetzt monatelang nicht aus der Hütte weggekommen, nun wird es Zeit, daß du das nachholst. Laß mich nur machen!“ Der Lehrer, der zugleich Organist ist, er scheint. Sie haben jetzt keine Zeit mehr, sich zu unterhalten. Über die enge Treppe

steigen sie hinauf zur Orgelempore und neh men ihre Plätze neben dem Organisten ein. Die Töne rauschen auf, unten flimmern die Kerzen zwischen Blumen und dem alten Al tarbild, es riecht nach Weihrauch, und die hellen Stimmen der Mädchen schwingen durch das Kirchenschiff. Der Schusterfranz steht auf der anderen Seite der Orgel, dort wo die Butschen.ihren Platz haben, und sieht zur Regina herüber. Er hat eine schöne Baritonstimme und ist auch sonst ein ansehnlicher Mann, der mit seinen ein Meter achtzig

wie ein starker Baum dasteht. Qas blonde Haar hat er mit viel Po made gebändigt, aber trotzdem ringelt es sich an Schläfen und Nacken zu kleinen Löck chen. Seine blaßblauen Augen versuchen den Blick des Mädchens zu erhaschen. Regina fühlt es, deshalb hält sie den Kopf gesenkt. Der Franz versucht schon seit Wo chen, mit ihr in Verbindung zu kommen, und manchmal hat sie den Argwohn, daß die fleißigen Besuche der Bärbel damit Zusam menhängen könnten; Obwohl der Franz nioht übel ist, spürt die Regina

des Weges kommen. Nach der Regina drehen sich viele Köpfe. Sie ist die Schönste von allen. Ihre gerade Haltung, der stolz erhobene Kopf und die Anmut .'hrer Bewegungen gefällt den Män nern. Von der Regina weiß man, daß sie ar beiten kahn und daß keiner einen schlechten Griff mit ihr macht. - Der vierzigjährige Bäckermeister Hierl, der vor ein paar Wochen Witwer geworden ist, dreht sich ganz ungeniert nach ihr um. Zu Hause miuß er seit dem Tode der Frau mit fremden Leuten wirtschaften, und da geht

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Seite 4 von 12
Datum: 03.01.1963
Umfang: 12
, die ihm den verborgenen Aufenthalt des ge fürchteten Davidssprosses melden sollten. So zogen denn die drei wieder aus Jerusalems Tor hinaus, und der Stern, der auf sie ge wartet batte, setzte sich wieder in Bewe gung, bis er über dem Stall bei Bethlehem anhielt. Ehe die Könige hineingingen, über legten sie, was sie dem göttlichen Kind sagen Regina wird in einen Stuhl gedrückt. Der Friseur im blauen Mantel sieht sie prüfend von allen Seiten an. „Ich möchte aber mein Haar nicht ab schneiden lassen“, sagt Regina

mit kläglicher Stimme. Ihr Einwand wird überhört. Ehe sie es sich versieht, gleitet die Schere an ihrem Nacken vorbei. Es macht zweimal ein klinkendes Ge räusch. Regina empfindet einen körperlichen Schmerz, als der Stahl durch ihre Zöpfe fährt. Mit einem dumpfen Geräusch fallen sie zu Boden. „Jetzt muß Ihnen doch viel leichter zumute sein“, sagt der Figaro. „Wenden Sie mal den Kopf hin und her!“ Sie tut es. Tatsächlich spürt sie, daß sie den Nacken leichter drehen kann als bisher Trotzdem wagt

sie keinen Blick mehr in den Spiegel, als mm der Meister mit seiner Arbeit beginnt. Sie läßt den Kopf nach links und rechts drehen, aber sie hält die Augen ge schlossen. Die Schere und das Messer be rühren ihre Schläfen und die Stirn. Unauf hörlich klappert es um ihre Ohren. Regina möchte am liebsten davonlaufen, aber sie hat auch dazu nicht den Mut. Sie ist in dieser großen Stadt gänzlich verloren. Seit gestern nacht hat sie ihr Leben so grundlegend ver ändert, daß es ihr wie ein Traum vorkommt „Jetzt schauen

sich eine andere Angestellte um Reginas Hände Ihre Nägel werden manikürt und lackiert. Regina möchte die Finger einziehen wie die Katzen ihre Krallen, aber sie werden uner bittlich festgehalten und bearbeitet. Als Frau Rosner zurückkommt. ist sie noch nicht ganz fertig. Aber endlich ist es soweit „Sie sehen großartig aus“, lobt Frau Rosner. „Jetzt werden Sie Hunger haben. Wir fahren sofort nach Hause.“ Regina lernt nun auch die übrigen Räume der Rosnerschen Wohnung kennen. Im Wohn zimmer ist der Tisch gedeckt. Ein kaltes

Abendessen ist serviert. Herr Rosner, im dunklen Smoking, begrüßt sie. „Ich bin schon zur Arbeit fertig. Aber zu vor müssen wir noch auf unsere Bekannt schaft anstoßen. Sie werden es gut bei uns haben, und wenn Sie vernünftig sind, dann können Sie etwas werden.“ Er gießt aus einer Flasche schäumenden Wein ein und reicht Regina ein Glas. „Auf gute Zusammenarbeit!“ Sie spürt den prickelnden Sekt auf der Zunge. Es ist das erstemal, daß sie Cham pagner trinkt. Frau Rosner legt ihr appetitliche Dinge

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Seite 6 von 12
Datum: 06.12.1962
Umfang: 12
, daß ich plötzlich an Hol lers stiller Freuide teilnehme, die Abglanz einer noch viel tieferen Freude ist Friedrich-Wilhelm König Alles Blut strömt Martin zum Herzen. Vor seinen Augen wogt eine feurige Lohe. Das Zündholz verbrennt ihm die Fingerspitzen. Mit einem Fluch läßt er es fallen. Regina ist nicht in Ihrer Kammer. Er muß sie suchen und herausbekammen, was dahin ter 6teckt. Er geht in sein Zimmer zurück und stellt eich ans Fenster, ohne Licht zu machen. Zuerst sieht er überhaupt nloht3. Seine Aiigen müssen

vor ihm geschieht. Er ist Regina ins Garn gegangen und bat jedes Ihrer Worte für bare Münze gehalten. Ihr Mund, ihre Augen, die Berührung Ihrer Hände, alles ist eine Lüge gewesen. Sie lieht einen anderen. Aber weshalb hat sie ihm dieses Theater 'vorgespielt? Dummkopf, sagt er sich zornig ste hat natürlich von dem Projekt mit dem Skilliißt bereits seit langem gewußt. Sie sieht darin ihre Chance, wenn sie hier oben blei ben kann. Dafür nimmt sie auch ednon Mann wie Amrainer in Kauf. Er verzieht den Mund

. In ihm ist Bitter keit und kein Schimmer eines Zweifels mehr Weshalb soll Regina anders sein als alle Menschen, die seinen Weg gekreuzt haben? Immer haben sie ihn enttäuscht, aber dies mal geht es bis ins Mark. Und er hat die sem Mädchen geglaubt, er hat mit ihm Pläne besprochen und sich die Zukunft ausgemalt. Hinaußwerfen hätte er sie müssen, gleich am ersten Tag, als er hier herauiükam. Jetzt wird'sie mit dem anderen über ihn lachen, über seine Dummheit, seine Ver trauensseligkeit, und seine Liebe. Heiß wallt

es in ihm auf. Er preßt die Lippen zu einem schmalen Strich aufeinander. Er dankt dem Himmel, der ihn davor be währt hat, Regina das letzte Geheimnis auf- zudecken. Es reicht auch so. Er ist ein Narr gewesen, ein 'törichter, gutgläubiger Narr, der noch beizeiten dahinter kommt, was ge spielt wird. Seine Augen können rieh nicht losreißen. Aber jetzt ist. es ihm, als wenn die kleinere Gestalt die größere abwehren und zurück - ciränigen würde. Es sieht so aus, als wenn sie miteinander kämpften. In Martin kommt Bewegung

" Er holt das Gewehr aus dem Schrank, das er heute ge funden und hinter seinem Sonnbagsanzug aufbewahrt Er gibt sioh gar keine Rechen schaft darüber, weshalb er jetzt mit der Waffe ln der Hand hinuntergeht und den Weg zum Wald einschlägt Er geht rasch und ohne jede Vorsicht. Sie sollen ihn nur kommen sehen. Vielleicht ist es "doch nicht Regina. Vielleicht Märt es sich als harmlos auf, aber er muß hin. Er muß mit eigenen Augen genau sehen, muß wissen, was hier gespielt Wird. Je näher er kommt, desto

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Seite 3 von 12
Datum: 10.01.1963
Umfang: 12
es ja nicht an. Sie wollen doch Geld verdienen.“ Regina bleibt stumm. Freds Ausführungen prasseln wie ein Wasserfall auf sie hernieder. „Was verdiene ich nun eigentlich?“ fragte sie nach einer Pause. „Hat Ihnen das die Chefin noch nicht ge sagt? Sie erhalten hundert Mark Fixum im Monat. Dafür müssen Sie aber immer gut angezogen und hergerichtet sein. Dann be kommen Sie noch zehn Prozent von allen Ge tränken, die ein Gast bei Ihnen bestellt. Und dann eben das Übliche, von dem ich Ihnen schon erzählt habe: die Extrahappen

, wenn einer besonders freigebig ist. Wenn Sie es klug anpacken, dann kommen Sie mit Leich tigkeit auf fünfzehnhundert Mark im Monat.“ „Was?“ Regina bleibt vor Überraschung der Atevn weg. „Wieviel?“ fragt sie ungläubig. »Fünfzehnhundert Mark“, wiederholt er. „Sie werden es allerdings am Anfang noch nicht so weit bringen, aber mit der Zeit sicher. Sie sind ein seltener Typ, auf den die Männer fliegen.“ „Aber :ch will nicht damit mein Geld ver dienen“, wehrt sie sich. Sie fängt an zu be greifen. „Seien

Alkohol.“ Fred lacht. „Lassen Sie das bloß niemand merken. Die Männer kommen nicht hierher, um allein zu trinken, sie wollen Gesellschaft dabei haben. Sie müssen daher tun, als ob Ihnen das einen unabhängigen Spaß machen würde. Es kommt auf Sie allein an, ob Sie geschickt genug sind, möglichst wenig von dem Zeug in die Kehle zu bekommen.“ Er zeigt Regina die verschiedenen Sorten von Flaschen, erklärt ihr den Inhalt und die Unterschiede und gibt ihr die Getränkekarte zum Auswendiglernen

, damit sie sich die gängigen Sorten merkt. Regina begreift, daß sie an Fred einen Freund hat. Er verrät ihr die kleinen Tricks, die notwendig sind, wenn sie nicht schon in einer Stunde betrunken sein will. „Es ist nicht alles so schlimm, wie es aus sieht. Wenn Sie etwas nicht wissen, dann fragen Sie mich.“ Regina hat trotzdem Angst vor diesem Be ruf, in dem sie ein Neuling ist. Sie versteht nicht, weshalb das Ehepaar Rosner ausge rechnet auf sie verfallen ist. und sie fragt Fred danach. Er hütet sich, ihr zu sagen

, daß Mädchen wie sie eine große Anziehungskraft in dieser morbiden Atmosphäre sind und daß Karla Rosner ständig auf der Suche nach neuen Ge sichtern ist. Der Betrieb beginnt erst gegen neun Uhr abends. Regina lernt ihre beiden anderen Kol leginnen kennen. Vera und Trixi. Vera ist tizianrot gefärbt. Sie hat ihr Haar überdies mit Goldstaub überpudert, um den Glanz noch mehr zu steigern. Ihr schwarzes Abend kleid ist nur ein Hauch und läßt die weiße Haut durchschimmern. Trixi ist klein und braunhaarig

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Seite 6 von 12
Datum: 09.05.1957
Umfang: 12
im Vorstand des 4 Männjär- bundes, er ist recht geschätzt bei uns« Wir wünschen ihm und seiner Frau alles Beste! 4: I 1 Martin und Regina Erzählung von Franz Braumann (Schluß.) Einmal! Die Mutter wartete den ganzen Winter hindurch vergebens auf ihren ältesten Sohn. Der hatte sich in seine Bitterkeit ver rannt und glaubte sich zu rächen, wenn er sich selber den Schmerz des Femseins zu- fügte. Denn ein Schmerz war es, das fühlte er jetzt! poch an einem naßkalten Februarmorgen stand seipe Mutter vor dem Tor

er nicht berichten sollen! Fast ln lauter Schweigen erreichten sie den nächsten Bahnhof. Den Zug wartete er noch ab, dann fuhr er stumm weiter... Martin war seit dem letzten Sommer noch ein paarmal bei dem Bauern an der Land straße zugekehrt. Auf eine eigene Art Freund schaft hatten sich die zwei Männer gefunden. Wenn Regina mit Martin sprach, dann errö tete sie nicht mehr. Sie konnte klug fragen und sagte ihm auch vieles, das ihm von Nutzen war bei seinem armseligen Jung gesellendasein. „Du mußt dir wohl

das Leben einmal anders richten!" sagte sie. „Anders? Kannst du mir raten; Regina?“ fragte er unwirsch. Da hatte Regina mit einem stummen Blick auf ihn gesehen. Er fühlte, sie wüßte es schon, das Rechte, das er tun sollte. Aber dann hatten sich die beiden doch später ohne rechte Antwort getrennt. Und eines Morgens erwachte Martin in sei nem schmalen Stadtzimmer, das nur ein Fen ster gegen die Mauerschlucht des Innenhofes besaß, und horchte auf das* Rollen eines fer nen Eisenbahnzüges. Vom Turm

der Vor stadtkirche schlug die fünfte Morgenstunde. Der Himmel war vom ersten Tagesschimmer überhaucht, . Martin starrte hinaus — und plötzlich fühlte-er Sich wie versunken und er trunken, in einem tiefen Brunnenschacht! Er rang nach Luft — sein Herz schlug zturi Zer springen. Er schloß die Augen und dachte unver wandt, jetzt müßte « ihm einfallen, was zu tun sei. Uhd plötzlich sah er Regina vor dem Qrund seiner Seele! Sogleich wischte das Bild wieder hinab, doch Martin hielt diese Vor stellungfest: Da wurde

es ihm klar, wie sehr er clieses Mädchen liebte! • • An jenem neuen Morgen erhielt das Büro eine Meldung, daß 4 der. Fahrer Martin verr hindert sei und die Tagestour nicht fahren könne. Martin aber saß zu dieser Stunde bereits im Frühzug und fuhr zu Regina mit den ernsthaften Augen und der gleichmäßi gen Wesensstete. Er traf Regina auf der Rasenbleiche, als sie die Leinwandstücke ausbreitete. Bevor er etwas sprach, holte er mit der Gießkanne Wasser vom Bach herauf. Dies alles wirkte verwirrend auf Regina

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