Seite 2 Tiroler, Volksblatt 4. September 1909 gelfeld, FZM. BolfraS, Landeshauptmann Doktor Kathrein und Korpskommandant Edler v. Schemua. Schreiber dieser Zeilen hatte aus nächster Nähe das Glück, den Kaiser genau beobachten zu kön nen. Er schien doch ein wenig von den Tagesstra pazen angegriffen, unterhielt sich aber in bekannt lebendiger Weise mit seinen beiden Nachbarinnen. Dann saß er wieder ernst da, und bei diesem An blicke kam einem wohl zum vollen Bewußtsein, welch ungeheures
österreichisches Kapital in dieser einen Stirne, in diesem einen Herzen liege, und im Stillen entrann sich der Wunsch: Gott erhalte unsern Kaiser! Nach dem Diner hielt Se. Majestät Cercle, bei welchem die verschiedensten Persönlichkeiten mit kurzen Ansprachen ausgezeichnet wurden. Ganz entzückend war dabei die liebenswürdige, gänzlich ungezwungene Frische und Lebendigkeit, mit der sich Se. Majestät mit einigen einfachen Veteranen unterhielt. Der Kaiser zog auch mehrere Abgeord nete ins Gespräch. Zum Abg
. Dr. v. Wackernell bemerkte Se. Majestät, Wackernell sei schon sehr lange im Landtag, worauf Dr. v. Wackernell er widerte, es sei jetzt 32 Jahre. Der Kaiser gedachte der großen Verdienste des Abgeordneten um die Landesverwaltung. Dr. v. Wackernell erwiderte: „Meine Verdienste sind wohl sehr bescheiden, Maje stät. Mein Wille war aber immer gut.' Darauf sagte der Kaiser: „Nur aushalten, nur aushalten!' Füns Minuten vor ^7 Uhr war das Cercle be endet, der Kaiser ging, in herzlicher Weise grü ßend, in seine Gemächer
zurück und die Gäste ver loren sich in alle Winde, mit dem innigen Wunsche: „Gott erhalte, Gott beschütze unsern Kaiser, un ser Land!' Die Festvorstellung im Stadttheater bildete einen würdigen Abschluß der glanzvollen Ereignisse des gestrigen Tages. Ungefähr um 8 Uhr erschien Se. Majestät in der Hofloge, von den Klängen der Kaiserhymne empfangen und hernach von stürmischen „Hoch!'-Rufen begrüßt. Augen blicklich nahm auch die Vorstellung ihren Anfang mit dem schneidig gesungenen Männerchor
tung, dem Gleißen der verschiedensten Uniformen und Toiletten, wirkungsvoll vom Farbenspiel bunt gemengter Volkstrachten unterbrochen, bot für das Auge einen schönen, abwechslungsreichen Eindruck. Abfahrt des Kaisers «ach Vorarlberg. Heute um halb 7 Uhr bildeten bereits die Polizisten zu Pserd durch die Straßen zum Bahn hof hin Spalier, und allmählich sammelte sich wie der zahlreiches Publikum an, das Se. Majestät den allgeliebten Kaiser noch einmal sehen und be grüßen wollte. Besonders zahlreich