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Tiroler Volksbote
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Seite 4 von 20
Datum: 28.10.1906
Umfang: 20
Seite 4. „Tiroler Volksboke.' Jahrg. XIV. in der Landkarte und las noch mehr in Zeitungen und Kalendern. An Sonn- und Feiertagen ging er jetzt auch, öfters fort und der Stradegger erfuhr, daß er bei einem Auswanderungsagenten in Innsbruck gewesen sei. Der alte Bauer merkte jetzt, daß mit der Amerikareise wirklich ernst werde. — Er hatte dem Florian sein leidenschaftliches und abweisendes Benehmen längst schon verziehen und hegte um so größeres Mitleid mit dem armen, jungen Menschen

, als er denselben wahrhaft väterlich liebte und überzeugt war, daß der gute Florian unfehlbar in sein Unglück renne. Darum begegnete er dem Florian jetzt wieder mit der alten Freundlichkeit und zeigte ihm womöglich noch ein größeres Wohlwollen als früher, von der Au-wauderungsangelegenheit des Knechtes sagte er aber kein Wort. Eines Tages, Ende September, ging der Stradegger hinaus in die Bezirksstadt und hatte eine lange Unterredung mit dem Bezirkshauptmann. Als er abends wieder heimkam, war er sehr aufgeräumt

, ja beinahe fröhlich. Die ausnehmend heitere Stimmung des Bauern war den Hausgenossen wohl auffallend, aber sie vermochten keinen Grund dafür zu erraten und er selbst gab keine Erklärung. Der Florian wird verschickt und überlistet. — Es kommt ihm manches spanisch vor und er bleibt doch sonder Ahnung. — Im Namen Sr. Majestät. — Der Florian weiß sich nicht zn helfen. — Zwei Reden, die ihn scham rot machen. — Noch etwas hintendrein. — Es verziehen sich alle Wolken. , — Die Weiber kommen und bringen

den Florian in neue Verlegenheit. — WaS das Mariele sagt und wie dem Florian heiß und bange wird. In den nächsten paar Wochen war der Stradegger mehr mals beim Pfarrer drunten im Widum, dann hatte er wieder angelegentlich mit dem Gemeindevorsteher zu sprechen und er schrieb auch in dieser Zeit eine Menge Briefe. Am Dienstag nach dem Kirchweihsonntag gab er dem Florian den Auftrag, in Gemeinschaft mit seinem Schwiegersohne, dem Kamperbauer, einen Viehtransport von 20 Stück Rindern, die ins Bayern hinaus

verkauft waren, nach Rosenheim zu begleiten. Als die beiden sich auf dm Weg machten, flüsterte der Stradegger seinem Schwiegersohne noch heimlich zu: „Daß ihr aber gewiß nicht vor dem Samstag in der Nacht heimkommt!' Der Kamperbauer nickte schmunzelnd, dann sagte der Stradegger laut: „Ihr braucht euch nicht zu beeilen, es ist ja alles auf gearbeitet und drängt nichts mehr. Wenn's euch gut ausgeht, könnt ihr ja eine Wallfahrt nach Altötting machen .... Von mir aus, Florian, hast Urlaub, magst emmal

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Tiroler Volksbote
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Seite 5 von 20
Datum: 09.12.1906
Umfang: 20
Jahr g. XIV. „Tiroler Volksboke.' Seile 5. „Ich? Das Prähauser-Gut? Mit meinem Geldl! Kaum zweitausend Gulden!' tat der Florian sehr erregt. „Warum denn nicht?' sagte das Mariele jetzt im ernsten Tone, „tun wir einmal handeln.' „Nein, nein!' wehrte der Florian. „Ich weiß schon, wo das hinaus will: du möchtest mir das Gut halb oder ganz schenken — auf den Handel kann ich niemals eingehen, ich müßt' mich vor der ganzen Welt schämen.' „Von Schenken ist keine Rede,' ereiferte sich das Mädchen

; „aber ich sieh' jetzt wieder sonnenklar, daß wir niemals mit sammen glücklich werden können, solange ich die Erbbäuerin bleibe. Florian, du bist von deinen Grillen noch lange nicht ge heilt, du hast noch deinen Stolz und der würde dir dein Leb tag keine Ruhe lassen, wenn du auf das Prähauser-Gut nur zuHeiraten tätest Ich verlange jetzt fest und bestimmt, daß du mir den Prähauser-Hof abkaufest Der Hof kostet 14.000 Gulden — um 12.000 Gulden habe ich ihn gerichtlich wollen ausbieten lassen — also 14.000 Gulden

und ich nehm' dirkein Wort nicht ab....' „Aber, Mariele, was redst denn!' schrie der Florian entsetzt, „du hast ja früher selbst gesagt, ob wir unser altes Gelöbnis nicht wieder aufrichten sollten.' „Von mir aus ist's schon aufgerichtet,' erwiderte das Mädchen fest, „und ich wart' dir immer... aber du sollst frei bleiben! Ich mach' dir keinen Vorwurf, wenn du anders wählst.' „Nie und nimmer!' beteuerte der Florian; „ich heirate nur dich oder gar nicht!' „Du hast ganz deinen freien Willen,' erklärte

das Mädchen; „wenn du den Hof so weit in Gang gebracht hast, daß du siehst, es geht und du brauchst kein Weibergeld mehr, um dem Fuhr werk weiter zu helfen — und wenn du dann noch an mich denkst, dann kannst nach Meran hineinkommen und mich holen — früher nicht!' „O Mariele,' versicherte der Florian, „an dich denken! Kannst überzeugt sein, daß ich keinen andern Gedanken Hab' als an dich — mein Lebtag!... Aber du bist heute gar so g'spassig und sonderbar.' „Siehst.' erwiderte das Mädchen schalkhaft

, „ich bin nicht mehr das einfältige Patschele wie früher... Ich Hab' jetzt auch meinen Kopf — und daß ich meinen Kopf Hab', daran, Florian, bist d u schuld mit deinem Tun und Gehaben ... Ich muß jetzt g'rad' extra meinen Willen haben und geh' nicht mehr davon ab.' „Aber ich kann den Hof doch nicht kaufen,' weigerte sich der Florian. „Gut, wenn du ihn nicht kaufst, dann laß ich ihn ver steigern und geh' ins Kloster,' entschied das Mädchen. Die beiden stritten noch eine Zeitlang hin und her, als das Mädchen

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Tiroler Volksbote
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Seite 4 von 18
Datum: 07.01.1906
Umfang: 18
Seile „Tirole? Nolksbote.' XlV. um seinen Führerlohn betrogen.— Er geht aber nun ernstlich in sich und hält in einer aufrichtigen Beichte Abrechnung mit unserm Herrn. — Florian kommt in große Not, sein Geld ist alles dahin, auch sein Ansehen und sein Mut, er arbeitet als Handlanger bei einem Bau; immer heißer wird seine Sehnsucht uach dem früheren Knechtdienst. — Der Stradegger nimmt ihn auf die Fürsprache der Hausdirn Moidl probeweise auf ein Vierteljahr wieder in dm Dienst und der Florian

ist herzensfroh. Moidl, die ältliche Hausmagd, macht nun dem Florian mit ihren reichen Ersparnissen aufdringliche Heiratsanträge, Florian schlüpft aus, die Moidl gibt aber die Hoffnungen nicht auf. — Florian wird infolge der früheren Aufregungen krank; er hat dm Typhus, wird aber im Stradeggerhaus gehalten wie ein Kind, namentlich die herzensgute Bäurin (Mariann') verpflegt ihn mit der Aufopferung einer Mutter; das tut dem Florian herzmswohl, er weint vor Rührung und nennt die Bäurin seine Mutter

. — Nach seiner Genesung nimmt sich der Florian doppelt zusammen und wird wieder ein Musterknecht. Der Stradegger- bauer nimmt ihn einmal auf dm Markt mit. Im Marktgewühle findet der Florian eine Briestasche mit zirka 5000 Gulden. Der Geldteufel tritt als Versucher an ihn heran, aber der Florian jagt ihn von sich; treu und redlich offenbart er den Fund und nun stellt sich heraus, daß die Brieftasche dem Stradeggerbauer gehört. Der dankbare Bauer will dem Florian an 500 Gulden Finderlohn auszahlen, dieser weigert

sich aber entschieden, auch nur einen Heller anzunehmen. Hiemit ist der Inhalt des von dieser Geschichte im Jahre 1904 Erzählten kurz wiedergegeben; ich will nun die Erzählung wieder regelrecht fortsetzen. N. Der Florian bekommt ein Untersatz!. — Ein freudenreicher Weihnachts brief. — Zwei Mädchen an einem Fenster. — Eine sonderbare Beichte. — So was kommt auch in den besten Häusern vor. — „I mag di nit' mit darauffolgender Predigt. — Leben für Leben. — Fein sein, beinander bleiben I Als der Stradegger

mit seinem Knechte vom Markte nach Hause kam, vom unglücklichen Verlust des Geldes erzählte und wie noch alles glücklich ausgegangen, indem gerade der Florian der ehrliche Finder gewesen, da drückte Frau Marianne dem Knechte dankbar die Hand und sagte gerührt : „Florian, du hast uns vor einem großen Unglück bewahrt — vergelt's Gott zu tausendmal!' „Da ist gar nichts zu danken, liebe Hausmutter,' er widerte der Florian, „ich kann ja nicht dafür, daß gerade ich das Geld gefunden Hab' . ^ aber freuen tut's

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Tiroler Volksbote
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Seite 5 von 18
Datum: 30.09.1906
Umfang: 18
von nichts anderem gesprochen als von der Unschuld und Staudhastigkeit des Florian, der für sein Bravsem soviel habe aushalten müssen, von der Wiedertracht und Bosheit der Nosl und des Ander,' denen man die gerechte Strafe allenthalben gönnte. Für den Florian wurde jetzt erst das allgemeine Mitleid und Bedauern wach. — Man fragte auch auf allen Seiten, wo er sich denn befinde und ob er nicht mehr nach Tiefenbrunu komme. — Und als die Leute immer angelegentlicher nach ihm fvagten, war er plötzlich da. Niemand

die Hände drücken. Das Nannele müßte ein festliches Mahl kochen, . wie es nur zu feierlichen Zeiten üblich war, und der Bauer holte einen großen Kmg Wein vom Besseren ans dem Keller. Alle äußerten dem Florian ihre innigste Teilnahme und versuchten ihm etwas Liebes zu sagen, so daß diesem das Herz ordentlich warm und die Augen beinahe feucht wurden. Es war ihm so heimelig und wohl zumute wie selten einmal in seinem Leben und an diesem Abend legte sich nicht der mindeste Schatten' über sein Gemüt

. Vor dem Schlafengehen kniete er an sein Bett und dankte Gott mit inbrünstigem Herzen. -In den nächsten Tagen kamen öiete Nachbarn und Bekannte, um den Florian zu sehen und ihn zu beglückwünschen. Alle fanden in ihm noch den alten treuherzigen und wackeren Burschen, aber gar zu ernst, fast schwermütig schien er ihnen geworden. Diese Wahrnehmung machte zu ihrem Leidwesen auch die Hausmagd Nandl, welche mit all ihren Spässen und Schelmereien kaum mehr als ein schwaches Lächeln dem Florian hervorzulocken vermochte

. Und früher hatte er l>,och so frisch und schmetternd l '.chen gekonnt! — Nicht unter den Letzten erschien auch der Erstfelder-Hans, um den Florian zu bewillkommnen. Zwar etwas verschämt, aber ungemein herzlich äußerte er dem Kuechte seine Freude über den glücklichen Ausgang, versicherte, daß er nie einen Augenblick an der Unschuld des Florian gezweifelt und daß es ihm überaus leid tue, daß gerade auf dem Erstfelderhofe dem Florian dieses Mißgeschick getroffen habe. Auch beteuerte

er, daß sie nur ge zwungen durch daZ Gericht, als den Obervormund, dem Florian sein Geld in Empfang genommen und daß er immer die Absicht gehabt, es ihm wieder zurückzustellen. — Jetzt sei aber schon der gerichtliche Auftrag da, es ihm mit vierprozentigen Zinsen zurückzuzahlen. Der Alorian nahm den Hans sehr freundlich auf, lehnte alle seine Entschuldigungen als unbegründet ab, weil er für das Unglück nicht helfen gekonnt, und versicherte ihn wieder ganz seiner alten Freundschaft. Am folgenden Tage hatte der Florian

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Tiroler Volksbote
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Seite 3 von 20
Datum: 08.07.1906
Umfang: 20
Jahrg. XIV. „Tiroler Volksbvke.' Seile 3. guten Namen. Er konnte niemals, auch wenn das Mariele es gewollt hätte, den Namen des unschuldigen braven Kindes mit seinem befleckten Rufe verflechten. — Bei derartigen Betrach tungen nahm er sich vor, gar nicht mehr an das Mariele zu denken und jede Erinnerung an dasselbe sich aus dem Kopfe zu schlagen. — . Die Gedanken hatten, ja keinen Zweck und weil sie keinen Zweck hatten, schienen sie ihm'sogar müßig und schlecht. — Soviel sich der arme Florian

aber auch anstrengte, sein Herz zu meistern und nicht mehr an? das Mariele zu denken, es gelang ihm nicht; im Gegenteile, nur desto lebhafter stiegen das Bild des Mädchens und die alteü lieben und wehen Erinne rungen vor seinem Geiste auf. Nicht kleinere Seelenqualen als der Florian im Gefäng nisse hatte zu Hause in Tiefenbrunn das Mariele zu erleiden. Das arme, menschenscheue und von seinen Vetterleuten beständig in Furcht gehaltene Mädchen war noch immer zu keinem Schluß gekommen, wie es dem Florian seine Treue

bezeugen und ihn versichern konnte, daß es niemals an seiner Unschuld gezweifelt habe. Oft hatte es schon angefangen, einen Brief zu schreiben, hatte denselben auch fertiggestellt, aber zum Absenden war es nie gekommen. Reden durste. es über die Angelegenheit mit niemandem; vor dem Vetter Siml und der Base mußte es namentlich auf der Hut sein; wenn es sich vor den beiden Vetter leuten nur durch das geringste Zeichen, daß es noch irgend welche Neigung oder Beziehung zum Florian pflog, verraten hätte

, so hätte es keinen guten Tag mehr im Hause gehabt. Es wußte nicht die Adresse vom Florian und konnte niemand darum fragen. Uebrigens. hätte es, wenn es auch die Adresse vom Florian ' gekannt, niemals gewagt, einen Brief an ihn auf der Post in Tiefenbrunn aufzugeben, aus Furcht, das dem Florian zuge schworene Geheimnis dadurch an das Licht zu bringen. Die nächste Post war aber drei Stunden entfernt und so weit von Hanse fort ließen die Vetterleute das Mädchen niemals gehm. Durch diese Umstände

, namentlich aber durch die Zaghaftigkeit des Mädchens und die Sorge, das dem Florian versprochene Geheimnis zu-hüten, kam es, daß das Mariele seinen Brief niemals abschickte. Nachdem so zwei Jahre verflossen waren, gab das Mädchen jeden Gedanken an einen Brief auf; denn nachdem es so lange geschwiegen, getraute es sich schon vor dem Florian nicht mehr zu schreiben. Nach seiner Meinung würde er jetzt doch nicht mehr den treuesten Versicherungen ge glaubt haben. Das arme Kind drückte sein bitterstes Leid

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Tiroler Volksbote
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Seite 4 von 20
Datum: 13.05.1906
Umfang: 20
Seite 4. „Tiroler Volksboke.' Jahrg. XIV. kann ihm das Zeugnis eines ehrlichen und treuen Mannes aus stellen, der einer solchen Tat gar nicht fähig ist.' Der Florian warf dem Bauer einen dankbaren Blick zu. Die Erklärung des Stradegger machte aber auf den Posten führer keinen Eindruck, er bemerkte nur kühl: „Eure Wohlmeinung wird dem Manne wenig nützen.' „Was soll dann geschehen?' „Das Gericht wird schon das Entsprechende finden.'/ „Vorher muß ich aber doch verlangen, daß die Sache etwas besser

gegen den Florian. — Der arme Meisterknecht stand wie vernichtet da. Hin und wieder zuckten seine Muskeln, als ob er sich einer unsichtbaren Schlinge entwinden wollte. — Seine Kammer wurde noch einmal von oben bis unten durchforscht. Der zweite Gendarm begab sich in Begleitung der anderen Knechte hinüber ins Ääldchen, wohin man das Vieh getrieben hatte, und untersuchte jeden Busch und Stock und Stein, die irgend wie zur Bergung des Geldes hätten dienen können; aber alle Mühe war umsonst — es fand

sich nichts. Nun wandte sich der Postenführcr wieder an dm Florian. „Ihr wollt also nicht bekennen?' fragte er. „Ich habe nichts zu bekennen,' erwiderte dieser mit Festigkeit. „Dann haben wir hier auch nichts mehr zu suchen,' sagte der Gendarm streng; „im Namen des Gesetzes verhafte ich Euch.' Der Florian tat einen unterdrückten Schrei und wich ein paar Schritte zurück, indem er wild die Fäuste ballte. Der zweite Gendarm senkte das Bajonett, während der Postenführer nach den Händen des Knechtes griff. Da legte

sich der Stradegger noch einmal ins Mittel. „Ich leiste für den Florian jegliche Bürgschaft,' erklärte er, „es ist nicht nötig, ihn zu verhaften.' „Es tut mir leid,' erwiderte der Postenführer, „aber ich darf Eure Bürgschaft nicht annehmen.' Die Gendarmen drangen auf den Florian ein. „Ich bitte wenigstens, die Abführung bis zum Abend zu verschieben,' machte der Stradegger einen letzten Versuch; „jetzt bei hellichtem Tage gibt's ein gewaltiges Aufsehen und die Unschuld des Knechtes muß sich doch in Kürze

herausstellen.' „Das verträgt sich nicht mit unseren Instruktionen,' entgegnete der Postenführer kalt. Der Stradegger atmete schwer auf, dann trat er zum Florian, drückte ihm warm die Hand und sagte: „Florian, um Gotteswillen, du mußt's halt dulden! Es ist eine schwere Prüfung, aber der Herr weiß, warum er sie dir zuschickt. Du mußt dem Herrn auf seinem Leidensweg folgen, aber sei überzeugt, er verläßt die Unschuld nicht.' Der Florian konnte nicht sprechen, er erwiderte nur zitternd den Händedruck des alten

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Tiroler Volksbote
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Seite 4 von 20
Datum: 18.02.1906
Umfang: 20
Seile „TLvolev Wolksbote.' Jahrg. XIV. und tüchtiger Bauer wie dein Göt mußt auch einmal werden . . . Schau, das große, herrliche Erstfelder-Anwesen gehört dein und in ein paar Jahren bist Bauer . . . Wenn du einmal so zu Hausen verstehst wie dein Göt, kannst ein ganzes Paradies machen aus deinem Gut und wirst groß und angesehen land auf, landab.' „Florian.' erwiderte der Knabe mit leuchtenden Augen, „so ein Bauer wie der Stradeggergöt möcht' ich wohl gern werden — sei so gut

, tu mir alles sagen und lernen — du kannst's.' „Deswegen hat mich dein Göt her zu euch getan,' versetzte der Knecht, „daß ich dir das Bauernwirtschaften lernen soll; aber du mußt ein rechtes Vertrauen zu mir haben, Hansl.' „Das Hab' ich schon, Florian,' versicherte der Knabe; „ich sieh' schon, daß du alles recht machst und uns auf das Zeug schaust... Die andern tun nicht so ... Ich will schon recht aufpassen und dir folgen — sag mir g'rad' überall, wie ich's machen soll!' „Daran soll's nicht fehlen,' beteuerte

der Florian; „und weil du so einen guten Willen hast, wird mit der Zeit alles recht werden... Und jetzt tun wir fest zusammenhalten, gelt?' Stolz reckte der Knabe dem Schaffer die Hand hin und sagte: „Ja, fest zusammenhalten!' Auch die anderen Kinder gewannen den Florian bald lieb. Er war an Sonn- und Festtagen nachmittags immer zu Hause, erzählte ihnen Geschichten, ließ ihnen in seinen Büchern Bilder schäum und brachte ihnen ost etwas vom Dorfe herauf mit. Er bekam dadurch Gelegenheit, manches gute Wort

fallen zu lassen, manche fromme Lehre in die Kinderherzen einzustreuen und so einen ausgezeichneten Einfluß auf die Erstfelderischen Nachkommen auszuüben. — Mit den Kindern gewann der Florian auch die Bäurin, aber nur halb. — Das viele Aufräumen und Ordnungmachen wollte ihr vom Florian nicht passen, auch war es ihr recht unkommod, daß sie nun mit dem Essen besser die Zeit einhalten und ordentlicher kochen mußte. — Der Florian hatte in dieser Hinsicht kein Wort geäußert, aber sie mußte

es schandenhalber tun, eine gewisse Scheu vor dem Florian drängte sie dazu — er kam ja vom Stradegger herüber. — Auch mit dem Christentums ging es im Erstfeld erHause nach und nach wieder aufwärts. Vor dem Einzüge des Florian war dort lange schon kein Nachtrosenkranz mehr gebetet worden. — Der Florian wollte nun diesen frommen Brauch wieder einführen. Es war ganz anfangs, da kniete er nach dem Abendessen an der Bank nieder und begann den Rosenkranz vorznbeten. Er betete den „Glaubengott

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Tiroler Volksbote
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Seite 4 von 16
Datum: 20.01.1907
Umfang: 16
Seile 4. „Tiroler Volksboke.' Jahrg. XV. warme Zuspräche erwidern konnte. Dieser stand nun allein mitten in der Stube und das Herz schlug ihm so heftig in der Brust, daß er glaubte, man müsse sein Pochen nach außen hören. Da öffnete sich aber schon die Stnbentür und in deren Rahmen erschien, von holder Scham glührot Übergossen, das Mariele. Der Florian schritt rasch auf das Mädchen zu und sagte stürmisch: „Grüß Gott, Mariele! Ich dank' dir vielmals für deinen herzlichen Neujahrswunsch

und wünsch' dir auch alles Himmels gute. — Wie mich das Engelsbild/, das du mir geschickt, ge freut hat, kann ich dir gar nicht sagen. — Aber das Bildl macht mir nur Weillang (Heimwehe) nach dem Engel selber.' Das Mariele wnrde noch röter und sagte mit leisem Vorwurfe: „Aber, Florian — geh'!' „Mariele,' fuhr dieser mit Wärme fort, „jetzt laß mich g'rad' einmal reden. — Schau', es ist mir wirklick Ernst. Nach unserm Herrn bist du mir das Liebste auf der Welt und fast mein einziger Gedanke bei Tag

und Nacht. — Mariele, soviel Gutes hast du mir schon getan und gegeben — jetzt mußt du mir auch das Beste geben — dich selber... Mariele' ... Er stockte mitten in der Rede. Vor den warmen, innigen Blicken des Mariele zerflossen ihm all die schönen Worte, welche er sich vorher zurecht gelegt hatte, und er brachte nichts mehr heraus als: „Mariele, sei so gut, nimm mich und geh' mit mir zum Prähauser!' „Ja. Florian,' hauchte das Mariele, „gern, wenn du mich magst.' „Mariele!' „Florian!' Sie faßten

sich bei den Händen und schauten selig ein ander in die Au;eu. „Mariele.' sagte der Florian nach einer Weile, „was' du mit dem Prähauser-Hof gemacht und mir geschenkt hast, dafür kann ich nichts tun, als dir vieltausendmel danken.' „Florian,' erwiderte das Mädchen zärtlich, „wenn du mich lieb hast, dann sei so gut und red' von der Sach' kein Wort mehr... Es ist alles nach Redlichkeit ausgetragen. — Du selber mit deiiu?r Tüchtigkeit bist mehr wert als ein ganzer Hos. — Der Prähauser-Hof braucht einen Bauer

und er könnte keinen besseren kriegen, als er jetzt hat. Uebrigcns, Florian, gehören wir selber jetzt einander an und was dein ist, ist mein und was mein ist, ist auch dein. Wir müssen ein Herz und eine Seele werden, da darf's nichts Trennendes metir geben und keines darf etwas Eigenes vor dem andern haben. Florian, erst so gehören wir uns ganz — meinst nicht auch?' „O Mariele, bist du gut!' sagte der Florian. Das Mädchen lachte ihn holdselig an. Nachdem sie eine Zeitlang, ohne ein Wort zu sprechen, vor einander gestanden

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Tiroler Volksbote
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Seite 3 von 20
Datum: 01.04.1906
Umfang: 20
Sahvg. XIV. „Gjvoler Volksboke.^ Seile A. mählich wieder bemerkbar. Die Nachbarn staunten geradezu, wie der Florian in so kürzer Zeit eine derartige Umwandlung zustande gebracht hatte. — Auch Urschel, die Bäuerin, wurde von der Ordnungsmacherei fortgerissen. Sie hatte einen ge waltigen Respekt, ja eine gewisse Furcht vor dem Florian und darum nahm sie sich beim Kochen nach Kräften zusammen, die Kost wurde besser und die Bäurin gewöhnte sich auch daran, die Mahlzeiten genau auf die Minute

einzuhalten. Es wurde auch wieder fleißig gebetet am Morgen und abends, die Haus türe war in der Nacht gesperrt und niemand durfte außen herumzigeunern, das Fluchen und die bösen Reden wurden voll ständig abgebracht, man sah die Erstfelderifchen — Bäuerin, Kinder und Dienstboten — auch wieder häufig in der Kirche bei den Sakramenten. So kam der Winter und Neujahr, dann Lichtmessen. Obwohl der Florian dem Stradegger vor sieben Monaten erklärt hatte, länger als ein halbes Jahr in keinem Falle beim

Erstfelder zu bleiben, so traf er doch jetzt keine Anstalt zum Wandern. Im Gegenteil, er trug sich dem Stradegger herwärts an, die Wirtschaft beim Erstfelder noch weiter zu führen. — Die Erfolge, die er in der kurzen Zeit als Meisterknecht errungen, machten ihm große Freude und stachelten seinen Ehrgeiz, den abgewirtschafteten Hof wieder ganz in die Höhe 'zu bringen und ihn zu einem größeren Glänze zu erheben, als er jemals besessen. — Einigermaßen beeinflußt wurde der Florian auch durch den hohen Lohn

und Angelegenheiten, gab ihm gute Ratschläge — und oft, wenn er fortging, steckte sie ihm einen Leckerbissen oder ein neues Kleidungsstück oder sonst ein Geschenk zu und ließ ihn gar nicht zu Worte kommen, wenn er danken wollte. — An die gute alte Frau dachte der Florian nebst dem Mariele am öftesten und er betete jeden Tag zu Gott, daß er das Mütterchen recht lange erhalte; er sinnierte auch viel, wie er der Mariann' einmal eine rechte Freude machen könne. Beim Erstfelder waren zu Lichtmessen die meisten alten

Dienstboten fortgezogen und hatten neuen, tüchtigen Kräften Platz gemacht. Der Florian schaute jetzt mit Freude und Hoffnung dem neuen Arbeitsjahr entgegen.. Doch bevor die Acker- und Saatarbeit begann, sollte ihn ein unerwarteter Schlag treffen. Ueberhaupt das neue Jahr hatte wenig Glück für den Florian in seinem Schöße; es sollte zum traurigsten seines ganzen Lebens werden. Zu Anfang des Monats April mußte der Florian wieder zu der Waffenübung einrücken. Früheremale hatte ihn dies nicht besonders

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Tiroler Volksbote
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Seite 14 von 18
Datum: 15.05.1904
Umfang: 18
Äeike M. „Vivolev Kolksbate.^ Sayvg. XU. Florian oder Die Lelchlchte eines Unechtes. Erzählung von RelmmichU ^Fortsetzung.) Ein schlaues Mädchen. — Eine Kur, die nicht angreift. — Ein Engel, der sich die Flügel will versilbern lassen. -- Unglückliche Liebe. '7>er Florian ließ sich daheim auf dem Stradeggerhof von seinen Hoffnungen und neuen Plänen nichts anmerken. Er arbeitete und schaffte fleißig und treu wie früher, sparte noch mehr, vermied selbst die notwendigsten Auslagen und ging

den ganzen Sommer mit seinem abgetragenen Sonntagsrock in die Kirche. An Feierabenden saß er oft in tiefem Nachdenken vor dem Hause, starrte verloren in das Blaue und gab auf alle Fragen zerstreute Antworten. Das fiel dem Bauer auf; jedoch obwohl er seine Augen offen hielt, merkte er doch nicht, wo der Hase im Pfeffer lag. Mit der Rosl kam der Florian in den Sommermonaten wenig zusammen; das Mädchen hatte viel Arbeit und während des Heumahdes in den Bergen war auch kein Schießen. Außerdem

war auch der Student Josef wieder in den Ferien daheim und dieser nahm den Florian an- den Feierabenden und Sonntagen fast immer in Beschlag. Vor dem Student schien namentlich die Rosl eine gewisse Scheu zu haben und sie wagte keine auffallende Annäherung an den Florian. Als aber der Student wieder fortgezogen war, da wurde auch das Mädchen wieder ungenierter und es umgab den Florian mit den aufdringlichsten Schmeicheleien. — Der Florian faßte immer mehr Feuer und wurde schließlich ganz vernarrt in das Mädchen

. Bald machte das Verhältnis zwischen den beiden in der Gemeinde von sich reden. Jetzt kam auch der Stradegger- bauer darauf, wie es mit dem Florian stehe. Es war an einem Montag im Oktober. Der Stradegger war mit dem Florian allem in den Wald hinausgegangen, um einige Bäume zu fällen. Vor der Jause warf der Bauer Plötzlich feine Hacke fort, setzte sich auf einen Banmstrunk, zündete sich langsam sein Pfeifchen an und sagte zum Florian: „Geh', rast' auch ein bißl und fetz' dich her

zu mir.' Der Florian tat, wie ihm geheißen. — Der Stradegger blies einige dichte Rauchwolken von sich; dann blickte er den Knecht scharf an und sagte ruhig: „Du, Florian, ich muß etwas mit dir reden... Schau', ich bin mit dir in allem recht zufrieden... Du arbeitest wie eine Maschine, du sparst wie ein Nagel, hast keine schlechte Rede im Mund und bist brav; darum kommt's mir ganz spanisch vor. daß du mitderWirtsdirndieBandlerei anfangen magst.' Der Florion wurde feuerrot; dann sprudelte er hervor

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Tiroler Volksbote
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Seite 4 von 20
Datum: 25.11.1906
Umfang: 20
Ante 4. „Tiroler Volksbote.' Jahrg. XIV. Florian oder Sie Geschichte eines Unechtes. Erzählung von Reimmichl. (Fortsetzung^ Nachdruck strafr. verfolgt. Bangen und Hangen. — Eine große Neuigkeit. — Der Florian kommt in Bewegung. — Ein nutzloser Besuch. — Wie zwei Liebende streiten. — Der Florian muß beichten und demütigt sich. — Wie die Liebe stark macht. — Eine merkwürdige Buße. — Ter Florian kauft einen Hof und das Mariele geht in die Fremde. Mit Sang und Klang war des Florian Ehrenfest

zu Ende gegangen und erst spät am Abend hatte sich die muntere Fest- gesellschast getrennt. — Seitdem das Mariele die Tafel verlassen, war die gehobene Stimmung des Florian etwas gesunken und obschon er sich nach außen hin nichts anmerken lassen wollte, konnte doch ein aufmerksamer Beobachter einen leisen Schatten auf seinem Antlitz wahrnehmen. — Am nächsten Morgen, als er mit dem Stradegger in der Wohnstube des Hauses ein paar Augenblicke allein war, gab er nochmals seinen Gefühlen der Dankbarkeit

und Angst cns sein Gemüt. — Hatte der Stradegger vor ein paar Monaten nicht gesagt, daß das Mariele mit Sehnsucht auf ihn warte und ihn gern nehmen würde? Wie war es aber jetzt? Hatte das Mariele nicht gesagt, es sei zu spät? Kounte er übrigens jetzt, auch wenu das Mariele wollte, an eiue Heirat denken? —. Diese letztere Frage be schäftigte den Florian lange Zeit. Alle die Einbildungen und düsteren Nebel, welche seine Seele befangen gehalten hatten, waren mit dem gestrigen Tage wie weggeblasen

; nur ein einziges Hemmnis schien ihm noch vorhanden: die ungleiche Stellung und der Vermögensnnterschied zwischen ihm und dem Mariele. Schließlich lag aber dieses Hemmnis doch nur in einem Vorurteil der Leute uud über ein solches durfte er sich vielleicht gerade gegenwärtig am ehesten hinwegsetzen. — Wenn das Mariele aber, wie er aus seinen gestrigen Worten schließen mußte, den Glauben und die Liebe zu ihm verloren und einen anderen Lebensplan sich vorgesetzt hatte? Je länger der Florian darüber nachgrübelte

, desto ängstlicher wurde ihm zu Mute und desto lebhafter regte sich in ihm die Frage, ob er nicht zum Mariele gehen und dem Mädchen über alles Aufklärung geben solle. — ^ Aber er brachte.es zu keinem festen Entschlüsse. So oft er den Vorsatz faßte, den Gang zn unternehmen, scheiterte derselbe im nächsten Augenblicke wieder an einer gewissen Furcht und Scham — und der Florian vertröstete sich mit der Hossnung, daß der Zufall ihn doch wieder einmal mit dem Mariele allein zu sammenführen

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Tiroler Volksbote
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Seite 4 von 18
Datum: 30.09.1906
Umfang: 18
vor einigen Jahren ein junges Krokodil entkommen war und sich in die Etsch geflüchtet hatte. Der Mann hatte das aus Furcht vor der Strafe nicht angezeigt. So war das Krokodil augewachsen und hatte seine Raubzüge aufs Land begonnen. Der Oberst belobte Steininger wegen seines'klugen und mutigen Verhaltens.. Steiningers Hauptmann meldete, daß er den Infanteristen Steininger heute zum Gefreiten habe ernennen wollen. „Ein so braver, mutiger Mann wird sogleich zum Korporal einannt,' entschied aber der Oberst. Florian

oder ' Die Geschichte eines Anechtes. Erzählung von Reimmichl. (Fortsetzung.) Nachdruck strafr. verfolgt. Nachdem der Florian eine Zeit lang sinnend dagestanden, erhob er den Kopf und sagte: „Es ist gewiß nicht Trotz und Feindseligkeit, wenn ich nicht mehr nach Tiefenbrunn zurückkehren will. — Ihr könnt mir's glauben, Stradegger..... Es wäre mir aber auch sehr unlieb, wenn die Leute diese üble Meinung von mir fassen täten. —. Darum will ich Euch folgen und wieder nach Tiesenbrunu kommen-, ich bitt' Euch schön

, daß Ihr mich wieder als Knecht annehmet.' . „Da ist nichts zu bitten, Florian,' erwiderte befriedigt der Stradegger, „das versteht sich von selbst; du bist bei mir wie ein Kind vom Haus und alle sehen dich gem kommen. — Es freut mich sehr, daß du wieder Vernunft angenommen hast. — Ich brauch' dich auch notwendig und leg' dir gern einen Zehner über den früheren Lohn zu.' „Das kann ich nicht annehmen,' wehrte der Florian; „aber eine andere Bedingung stell' ich. Ich binde mich nur für ein Jahr. Wenn's mir in Tiefenbrunn

nicht mehr paßt, müßt Ihr mich nach einem Jahre wieder ziehen lassen. Dann haben die Leute auch keine Ursache mehr zu einer üblen Meinung.' „Das gestehe ich dir gern zu,' versicherte der Stradegger; „ich bin aber fest überzeugt, daß es dir schon passen wird und daß du dich schnell wieder einlebst .... Also abgemacht, Florian!' , Er streckte ihm die Hand hin. Der Florian ergriff die selbe und sagte: „Abgemacht!' Beide gingen nun mitsammen, den Herrn Josef zu be suchen. Dieser äußerte seine Frende

über die Anwesenheit seines Vaters, aber mehr noch über die Willensändernng des Florian. Man saß lange in trautem Gespräche beisammen. Der alte Stradegger war sehr aufgeräumt, der Florian aber blieb den ganzm Abend hindurch niedergeschlagen. — Als man Abschied nahm, versprach der Florian bestimmt, in drei Wochen nach Tiefenbrunn zu kommen. Bis dorthin sei er noch bei seinem gegenwärtigen Bauer hier verdungen. Anr Sonntag nach dem Gottesdienste trat der Stradegger wieder die Heimreise an, am Montag abends kam

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Tiroler Volksbote
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Seite 3 von 20
Datum: 15.04.1906
Umfang: 20
Jahrg. XIV. „Tiroler Volksboke.' Seile 3> dem Leichenbett in die Knie und barg seinen Kopf in die Weißen Linnen. — — Ueber eine Weile ging, ein gewaltiges Beben durch seinen Körper: es rüttelte und stieß ihn und dann weinte er halblaut aus. Bei diesem Anblicke wurde das Schluchzen im Zimmer allgemein. „O Mutterl . . . mein Mntterl!' stöhnte der Florian und drückte den Kopf noch tiefer ins Leichenbett. — Erst uach langer Zeit hatte er sich soweit gefaßt, daß er beten konnte, und nun betete

er heiß und inbrünstig für die Seele der teuren Verblichenen. Plötzlich klopfte ihm jemand auf die Achsel und als der Florian aufschaute, stand der Stradegger hinter ilM, der ihm winkte, mit ihm zu kommen. — Der Florian folgte dem Bauer in die Küche. Dort waren die Kinder, das Nannele und der Thomasl — der Herr Josef übernachtete beim Pfarrer im Dorf — und die Dienstboten und alle schluchzten zusammen. Die Dienstboten weinten nicht weniger als die Kinder. „Tut nicht alleweil weinen,' mahnte der Bauer

mit ruhiger Stimme, „die Mutter ist droben beim lieben Herrgott und hat's tausendmal besser als da hernnten auf der dornigen Erde;... sie ist nur vorausgegangen, uns allen ein Platzl herzurichten.' ^ Er setzte sich an den Tisch und bedeutete dem Florian, ebenfalls niöderznsitzen. Nachdem er eine Weile still vor sich hin geschaut, begann der Stradegger abermals zu reden. „Sie ist g'rad' gar soviel schön gestorben, die Mariann',' sagte er ; „der Josef ist alleweil dabei gewesen und hat sie buchstäblich

über seine blassen Wangen. Er erzählte dem Florian noch manche Einzelheiten von der Krankheit der Marianus wie sie ihm, dem Florian, oft nachgefragt und zuletzt noch für ihn einen Gmß aufgetragen habe usw. Dem Florian kamen immer wieder die Tränm. Er erzählte nun ebenfalls von seinen bangen Ahnungen, daß erden Brief des Stradegger nicht erhalten und wie die Manann' sich letzte Nacht bei ihm angemeldet habe. Erst spät ließ er sich bewegen, ein Bett aufzusuchen, aber auch diese Nacht konnte er nicht schlafen

. In der Früh ging er ins Dorf hinab zur heiligen Messe. Dort traf er den Herrn Josef, welcher derzeit als Kooperator Hu St. Albein angestellt war. Der Florian hätte dem jungen geistlichen gern ein paar Worte der Teilnahme gesagt, als er «ber reden wollte, verschlug es ihm gleich die Stimme. — Der Herr Josef in seiner gefaßten Traurigkeit nahm den Florian bei den Händen und redete so lieb und gnt zu ihm wie ein Bruder, ^lefgerührt küßte der Florian dem Geistlichen, der ihm mehr als freund war, die Hand

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Tiroler Volksbote
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Seite 5 von 24
Datum: 23.12.1906
Umfang: 24
Halirg. XlV. „Crrnler Vol^sbake.' Seite Z. Spur zurückgelassen? Es wird doch nicht für immer fort sein! — Wenn aber die Begleiterin des jungen Herrn von heute früh wirklich das Mariele gewesen — was dann? So hetzten und drängten sich die schweren Gedanken in seinem Kovfe. Zwei Tage blieb der Florian in Meran und als er keilte Spur vom Mariele entdeckte, kehrte er endlich schwer'enttäuscht nachhause. Daheim wurde seine Stimmung nach und nach wieder ruhiger. Er sagte sich, das Märiele sei treu

wie Gold, aber auch stark wie Eisen: es habe gewiß mit Bedacht seinen Aufenthalt ver borgen. um sich selber und ihn, den Florian, besser zu prüfen, zu geeigneter Zeit würde es schon von sich hören lassen. Seine Sehnsucht konnte der Florian aber nicht zum Schweigen bringen und auch eine gewisse Angst konnte er niemals los werden. Der Frühling war mit lauter schönen und Segen ver--. heißenden Tagen zu Ende gegangen; der Florian schätzte immer wieder seine Ernte und wiegte sich in den goldigsten

, welches so glückver heißend angefangen hatte, wurde zu einem der schlimmsten Miß jahre. Der Florian begann, als er sein mageres und spärliches Getreidchen eingeheimst hatte, wieder zu rechnen; aber die Rech nung stimmte nirgends mehr Änd er ließ den Kopf traurig hängen. — Vierzehn, Tage später traf ihn ein böses Un glück. Auf einer steilen Alpenweide hatte ein nachlässiger Hirt das Vieh aus den Augen gelassen; mehrere Rinder verstiegen sich auf einen abschüssigen Hang und stürzten ab. Unter den gänzlich

Zerschmetterten befanden sich die zwei schönsten Stücke des Florian: eine dreijährige Kuh und eine trächtige Kalbin. Den Flcrian traf dieser Schlag um so schwerer, als er gerade an diesen zwei Stücken die größte Freude gehabt hatte. Eines Tages klagte er mit bitteren Worten dem Nachbar Streh- linger sein böses Mißgeschick. Dieser wußte ihm aber einen schlechten Trost. „Florian,' sagte er, „verzagt werden darfst deswegen nicht! Einen jungen Bauer, das heißt, wenn man den Hof neu übernommen hat, verfolgt

im ersten Jahr allemal das Unglück. Das ist einmal so und läßt sich nicht ändern, kannst mir's glauben! — Mir ist's im ersten Jahr akkurat so ergangen. Magst zufrieden sein, wenn's dich jetzt auslaßt und kein gröberer Schlag mehr nachkommt.' D'-m Florian wurde durch diese Rede nur schwerer zu mute. Er rechnete aber noch auf seinen schönen, schlagsähigen Wald. — Er konnte vielleicht noch fünfzig Stämme mehr, als er früher im Plane gehabt, schlagen, ohne dem Wald besonders wehe zu tun

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Tiroler Volksbote
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Seite 3 von 16
Datum: 07.08.1904
Umfang: 16
, die du nicht verstehst.'. Hiemit gingen die beiden auseinander. Florian oder die Lelchlchte eines Knechtes. Erzählung von Neknmicht. (Fortsetzung.) Trübe Tage. — Der Florian sehnt sich nach den Fleischtöpfen Egyptens. — Er kommt an ein Fenster und spricht über Mein und Dein. — Mit Not entschlüpft er dem Hochzeitsfrack, erstickt aber nicht alle Hoffnungen. ^N den nächsten Wochen kam der Florian in eine traurige Lage. Ohne Geld, ohne Stellung, ohne Dienst wußte er nicht, wo aus und wo ein. Er arbeitete als Taglöhner

bei diesem und bei jenem Bauer, aber der Lohn war karg und reichte kaum hin für die Kosten des Quartiers, für das Waschen und für die Ausbesserung der Kleider. Da der Winter immer näher rückte, gab es auch bei den Bauern bald keine Arbeit mehr und der Florian mußte sich als Handlanger bei einem Maurermeister verdingen. Dort hatte er täglich achtzig Kreuzer, mußte sich aber selbst verköstigen. Nun begann der arme Bursche sogar Not zu leiden. Auch war ihm die Arbeit ungewohnt und nebenbei schämte er sich fast ein wenig

auch um einen geringen Lohn dort als Knecht gedient! Allein der Stradegger sagte nicht nur kein Wort, sondern er wich dem Florian auch auf allm Wegen und Stegen au?. Sich herwärts als Knecht anzubieten, wagte der Florian nicht, denn er hatte ja leichtsinnig den Dienst verlassen, hatte sich in den letzten Wochen auf dem Stradeggerhof ganz schlecht und wlderhaarig benommen, hatte den Bauer beleidigt und später uoch seinen gutmeinenden Rat von sich gewiesen. Und doch hatte der Florian jetzt nur einen Wunsch

und ein Streben, wieder als Knecht in den früheren Dienst zu kommen. Nach vielem Hin- und Hersinnen kam er auf den Gedanken, sich an die herzensgute und mitleidige Bäuerin zu wenden.. Das war aber leichter gedacht, als getan. Auf dem Kirchweg war die Bäuerin nie allein und sonst ging sie fast nicht aus dem Haus 17- ins Haus hinein getraute sich der Florian nicht. Es blieb Hm schließlich nichts anderes übrig, als durch eine Mittel- Person sich der Bäuerin anzuvertrauen. Er erinnerte sich an die ^roidl

, die alte HauSdirn beim Stradegger, die ihn sehr gut Aden mochte und die einst auch seinen Versucher, den Bamer- ^udl, so tapfer mit einem Besen vertrieben hatte. Der Florian wußte, daß die Moidl jeden Abend nach dem Nachtessen in den Stall gehen mußte, um zu schauen, ob nichts fehle, und Aesen Augenblick wollte er benützen, um die Magd als Unter- yandlerin zu gewinnen. — An einem sehr dunklen November- abend wartete der Florian schon lange draußen vor einem halb- Seoffneten Stallfenster, als endlich

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Tiroler Volksbote
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Seite 3 von 16
Datum: 20.01.1907
Umfang: 16
Jahrg. XV. „Tiroler Volksboke.' Seile 3. „Lieber Florian! Vor allem wünsch' ich dir ein recht glück seliges, neues Jahr. Lauter Freude und Segen möge das neue Jahr dir bringen und ich will den lieben Herrgott bitten, daß er mich ein bißchen mithelfen läßt, dir das neue Jahr glücklich zu machen. — Gelt, jetzt bin ich mit dem Neujahrwünschen dir wohl vorgekommen? — Zu schenken Hab' ich nichts als dieses Bildl. — Schau's nur ein bißchen an. Es stellt keinen Engel vor, aber auch kein Ganggerle

, sondern ein eigenwilliges Ding, das seinen Kopf und sein Herz alleweil bei einem neuen Bauer hat, der ihm einst geholfen, den Korb auf die Alm zu tragen. — Wenn du für das Bildl das köpfete Ding selber haben willst, so weißt schon, wo du nachfragen mußt. Vielleicht verliert's nach und nach ganz seinen eigenwilligen Kopf und tut g'rad' alles dir zu Wunsch und Willen. — Lieber Florian, ich bin jetzt mit der Kamperbänrin, dem Nannele, und mit dem Stradegger- vater in St. Peter auf Besuch beim Herrn Josef. Alle lassen

das Gesicht des Florian, als er den Brief zu Ende gelesen hatte. — Den amtlichen Hypothekenausweis entfaltete er gar nicht, sondern schob ihn wie etwas Neben sächliches beiseite; dafür begann er den Brief des Mariele noch einmal zu lesen und im währenden Lesen sagte er öfters: „O mein liebes Mariele — du gutes, treues Herz!' Bevor er das Schreiben zusammenialtete, küßte er noch die teuren Schriftzüge, dann nahm er wieder das Porträt des Mädchens zur Hand uud wurde nicht müde, dasselbe immerfort

sich richten, sie müßten auf den Königenmarkt nach Eisenbach fahren. Das henrige Futter wäre viel zu wenig für die Menge Vieh und er wolle die fleckete Kuh samt den beiden Jährlingen noch verkaufen. Der Groß^ knecht riß die Augen weit auf und stand ganz überrascht. Das war ja vollständig gegen die früheren Absichten und die so sicheren Berechnungen des Florian vor dem Winter! Der Florian ließ ihm aber nicht Zeit, sich zu äußern, indem er kurz erklärte, es sei so sein Wille. Am frühen Vormittag fuhren

die beiden schon mit dem Vieh talaus. Der Florian brauchte mit seinem Marktvieh aber nicht bis Eisenbach zu fahren. Der Wirt von Friedlach, dem die Rinder außerordentlich gefielen, bot dem Florian, als dieser am Wirts hause ankehrte, gleich 300 Gulden. Nach kurzem Handeln wurde man auf 320 fl. einig. Der Wirt zahlte den Kaufpreis bar aus. Nachdem der Florian dem Großknecht zwei Gulden Trink geld gegeben hatte, schickte er diesen nach Hanse, er selbst aber reiste unverzüglich nach Innsbruck

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Tiroler Volksbote
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Seite 5 von 18
Datum: 29.05.1904
Umfang: 18
Jahrg. XII. „Tivolev Volksbote.' Seite A. „Geh', Rosl, sei so gut, tu' mir verzeihen!' DaS Mädchen hielt die Schürze vor die Augen und schluchzte: „Ihr Mannsleute seid alle salsch .... Ich bin dir so treu gewesen. . . aber du liebst mich nicht. . ... und jetzt ist's aus!' „Aber, Rosl!' stieß der Bursche hnvor; das Mädchen jedoch , schien nichts hören zu wollen, schnellte zur Tür hinaus und ließ sich nicht mehr blicken. Jetzt war es um den Florian geschehen. Am nächsten Sonntag nahm

er aus der Raiffeisenkasse ein paar sechzig Gulden heraus, hundertdreißig blieben ihm noch drinnen. Dann schrieb er an die Rosl einen demütigen Versöhnungsbrief, bat sie, ihm wieder gut zu sein und' am Abend an ein bestimmtes Plätzchen zu kommen — er habe das Geld und wolle es ihr gern über lassen. Am Abend wartete der Knecht lange vergebens am Stell dichein. schließlich kam die Rosl doch, sie tat aber anfangs noch sehr spröde und zurückhaltend. — Der Florian mußte ernstlich bitten, bis sie das Geld annahnk Erst

als der Florian ein seidenes Tuch herausnahm, das er dem Mädchen noch eigens zum Geschenk gekaust hatte, wurde die Rosl wieder zärtlich und versprach dem Burschen ihre Liebe wieder aufs neue zu schenken. In der folgenden Zeit, besonders nachdem die Rosl nach Friedlach übersiedelt war, kam der Florian viel öfter mit ihr zusammen. Leider wurde sein Verkehr mit dem leich sertigen Mädchen jetzt immer freier und überstieg die letzten sittlichen Schranken. Dadurch geriet aber der Florian in einen tiefen Zerfall

mit sich selbst. Er hatte noch soviel sittlichen Gehalt, daß er mit sich bitter unzufrieden war und daß ihn die Ge wissensängsten plagten, allein vom Mädchen wollte er nicht mehr lassen. — Er hatte jetzt auch keine Lust und keinen Eifer mehr zum Arbeiten, tat alles nachlässig und zerstreut, so daß ihn der Stradegger hätte auf alle Fälle schicken müssen. Es war aber schon Lichtmessen vor der Tür und Florian trat selbst gemäß seiner Kündigung aus dem Dienst beim Stradegger. Der Abschied war auf keiner Seite schwer. Der Florian nahm

jetzt ein Quartier im benachbarten Friedlach und suchte sich in den ersten Wochen mit Täglöhnern etwas zu verdienen Zu gleich gab er sich alle erdenkliche Mühe und lief von Pontius zu PilatuS, um für den nächsten Somnur als Bergführer unterzu kommen. Die Rosl mit ihrem Alpenvereinsvetter konnte ihm wenig oder nichts dazu helfen und nur durch den Einfluß des Löwen wirtes in Friedlach, der dem Burschen geneigt war, wurde der Florian endlich unter die Bergführer aufgenommen. Er mußte jetzt nach Innsbruck

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Tiroler Volksbote
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Seite 6 von 20
Datum: 11.11.1906
Umfang: 20
SeLe 6. G „Tiroler Volksbote.' Jahrg. XIV. Der Florian ist heute vom Kaiser selbst hochgeehrt worden. Nun Mrd einmal in der biblischen Geschichte erzählt, wie ein König iw Alten Testamente gefragt hat: Mas soll dem Manne geschehen, denber Konig gern ehren will?^ — Ich frage: Was soll dem Manne geschehen, den der Kaiser ehren will? — Soll man ihm schöne ÄM>er anziehen und eine Krone aufs Haupt geben und ihn auf « ÄnRoß fchen und feierlich herumführen, wie's in der biblischen Geschichte heißt

? Nein, das nicht, da tat' uns der Florian davonlaufen. Aber soll er nicht von der ganzen Gemeinde hoch- g^rt weÄen? Sollen nicht die Alten mit Achtung auf ihn sehen nnd die Jungen mit Ehrfurcht auf ihn blicken zu aller ZÄ nnd sich ein Beispiel nehmen?' „Ja, ja, ja!' — „Freilich!' — „Das war' recht!' — „Wir meinM auch!' schrien alle durcheinander. „Zweitens,' fuhr der Stradegger fort, „was ist ein Haus vater seinem Knechte schuldig, der ihm allzeit treu gewesen, großen Nutzen gebracht

, ihn vor schweren Schaden bewahrt und chm noch obendrein sein Kind vom Tode errettet hat ? — Diese Frage will ich selber beantworten. Soviel, als ich dem Florian schuldig wäre, kann ich nie bezahlen. Halt danken tu' ich ihm vielmals und als kleines Zeichen meiner Dankbarkeit geb' ich ihm das Andenken.' Zugleich nahm er unter dem Tischtuche hervor eine zier lich mit Blumen gestickte Tafel, in deren Mitte mit Goldbuch staben geschrieben stand: „Dem guten und getreuen Knechte' und an deren Rändern fünf Golddukaten

eingenäht waren. — Der Gemeindevorsteher reichte dem Florian die Tafel hinüber, alle Anwesenden aber riefen: „Bravo.! — Bravo! — Bravo!' — — Der Stradegger fuhr fort: „Die meisten, wie wir hier beisammen sind, sind Bauern und größtenteils sind wir schon alte Bauern. Die wenigsten von uns haben eine kaiserliche Auszeichnung. Der Florian da ist noch ein blutjunger Mensch und hat schon zwei kaiserliche Auszeichnungen. — Kann und darf er darum nicht in Ehren neben uns Bauern stehen, neben den Bestm

in der Gemeinde?' „Freilich kann er das!' — „Ja, ja!' — „Immer und überall!' stürmten die Versammelten durcheinander. „Sollen wir ihn auf das hin nicht noch einmal leben lassen?' rief der Stradegger dazwischen. „Freilich sollen wir!' — „Er lebe hoch!' — „Der Florian soll leben!' jubelte alles durcheinander. „Hoch! — Hoch! — Hoch!' Wieder donnerten die Pöller und klang die Musik. Der Florian war von Schamröte ganz Übergossen. Er näherte sich langsam dem Stradegger und stammelte in bewegten Worten seinen Dank

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Tiroler Volksbote
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Seite 7 von 20
Datum: 12.06.1904
Umfang: 20
Jahrg. XII. „VLvolev Wolksbote.^ Seite L. und Aerger drinnen ist, wird man gleich stuff und es läuft einem der Hafen über, daß man nicht mehr weiß, was man sagt.' „Also geht's dir doch nicht gar so gut?' lächelte der Bauer, indem er wieder stehen blieb und freundlicher herschaute. „Es könnt' mir allerdings viel besser gehen,' erwiderte zaudernd der Florian. „Du hast aber doch einen Sack voll Geld?' forschte halb spöttisch der Stradegger. „Anderthalb Gulden klappern in meinem Hosensack

— nicht mehr und nicht weniger,' versicherte der Bursche. „Dann hast aber doch ein paar Hunderter in der Stadt sparkasse eingelegt oder auf eine Hypothek ausgeliehen?' drängte der Bauer. „Keinen Knopf,' beichtete der Florian verdrießlich. „Und deine Ersparnisse?' bohrte der Stradegger. Der Florian wurde über und über rot — endlich stieß er unwirsch hervor: „Frag' mich nicht darum — ist gescheiter!' „Florian,' sagte der Bauer mit Entschiedenheit, „weil du mir schon so lange Paß gehalten hast, lass

' ich dich nicht mehr aus ... Ich weiß schon, wie es mit dir steht ... Du hast dein schönes Geld dem leichtsinnigen Wirtsmadl, der Rosl, nach geworfen.' Der Florian wollte aufbrausen; der Stradegger legte ihm aber seine Hand schwer auf die Schulter, blickte ihm scharf in die Augen und sprach ernst: „Florian, lüg's, wenn du kannst.' Der Bursche ließ den Kopf sinken und stand beschämt da. „Also du gibst zu, daß ich die Wahrheit geredet.' begann der Stradegger von neuem; „jetzt pass' auf, ich will dir noch was sagen

. . ^ Das Mädchen, dem du deine hart erworbenen Kreuzer nachwirfst, ist keinen. Schuß Pulver wert und betrügt dich hinten und vorn.' Der Florian wollte abermals auffahren. „Lass'mich ausreden,' gebot der Stradegger, „dann kannst deine Meinung sagen ... Ich bin vorgestern draußen in Niederangern gewesen, wo deine Auserwählte, die RoSl, daheim ist. Da hab' ich erfahren, daß das Mädchen von der schlechtesten Gattung eine ist. Sie ist schon zweimal vor dem Evangel zum Opfer 'gangen. — Das zweite Kind lebt

noch und wird beim Nagelbauer erzogen. Vater dazu ist der Stulp-Ander, den sie vor ein paar Monaten unter Kuratel getan haben. — Der Ander befitzt keinen Kreuzer und verdient keinen Kreuzer, kann also auch für das Kind nichts zahlen. Dmm hat sich die Rosl zum Zahlen einen andern gesucht — und der Lapp bist du. Während du nun brav zahlst, unterhält die Rosl noch ein paar Liebschaften mit mehreren Friedlacher Burschen und läßt sich von allen das Heiraten versprechen.' Der Florian konnte seinen Zorn nicht mehr

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Tiroler Volksbote
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Seite 4 von 20
Datum: 14.10.1906
Umfang: 20
Seile 4. „Giroler Volksboke/' Jahrg. XIV. schroff zurückweisende Benehmen des Florian nicht nur schmerzlich getroffen, sondern auch aufs tiefste beleidigt. Welch schweren Kampf hatte das arme Mädchen gerade heute mit sich selber gekämpft! Und nachdem es seine mädchenhafte Scheu über wunden, mit welchem Vertrauen war es dem Florian entgegen getreten! ES war heute entschlossen gewesen, alle Ursachen seines Schweigens während seiner Gefängnishaft klarzulegen, ihn um Verzeihung zu bitten

, wenn es gefehlt, ihm seine unentwegte Treue zu versichern und das alte Gelöbnis ihm wieder zu er neuern. Und da hatte er die Hand, noch bevor sie gereicht war, rauh zurückgestoßen. — — Hatte es diese Behandlung ver dient? War eS nicht seinetwegen wochenlang im hitzigen Fieber zwischen Leben und Tod gelegen? Hatte es nicht seinetwegen schwere Unbilden und großes Leid ausgehalten? Hatte nicht all sein Denken und Sehnen die letzten Jahre her, auch zur Zeit, da schwerer Verdacht auf dem Florian lastete

wegzuwerfen, sondern dem Florian die schnöde Zurückweisung entgelten zu lassen. Es wollte dem Florian noch kälter und ablehnender begegnen wie er ihm, keinen Schritt wollte es ihm mehr entgegentun — er selber mußte jetzt kommen und wenn er kam, wollte es spröde und zurückhaltend sein. — In den nächsten Tagen bot sich schon Gelegenheit, diesen Vorsatz auszuführen. Der Zufall brachte es nämlich mit sich, daß der Florian und das Mariele sich zweimal auf einem Wege begegneten. Der Florian, der sehr elend

und herabge kommen aussah, grüßte beidemale das Mädchen mit einer ge wissen Ehrerbietigkeit, das Mariele aber schaute den Knecht nicht an und murmelte nur eine kurze Erwiderung, während es schnell an ihm vorbeihuschte. Von nun an gab der Florian alle Hoff nung auf und vermied beinahe ängstlich jede weitere Be gegnung mit dem Mädchen. Er versuchte auch allerlei Mittel, um das Mariele zu vergessen. Mit einem beinahe fieberhaften Eifer warf er sich auf die Arbeiten und werkte vom ersten Morgenstrahl

etwas ein, was einen neuen Sturm im Herzen des Florian entfesselte. Eines Abends, als er vom Felde heimkehrte, zoa ihn der Stradegger mit sich ins Hinterstübchen und sagte: ' „Florian, heute hat sich etwas ereignet, wovon ich dir als altem Freund der Familie Mitteilung machen muß, damit du es nicht von anderswoher zuerst erfragst.' Der Florian schaute den Bauer fast besorgt und fragend an, dieser aber fuhr fort: „Der Kamperbauer ist dagewesen uud hat um meine Tochter, das Nannele, angehalten.' „Um das 'Nannele

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Seite 12 von 16
Datum: 18.09.1904
Umfang: 16
Seile „Tiroler Volksbole.' Inhrg. XU. heit gezeigt hätten. — Um Ostern hemm war der Florian wieder so weit hergestellt, daß er arbeiten konnte. Er bot nun alle Kräfte und allen Fleiß auf, nicht nur um seine Schaffers leute zufrieden zu stellen, sondern auch um durch das größt mögliche Entgegenkommen und durch vermehrte Pflichttreue den Stradegger-Leuten einigermaßen das Gute 'zu vergelten, was sie ihm angetan hatten. Von früh morgens bis spät abends arbeitete er unverdrossen und es zeigte

sich bald, daß der Florian die Bauernaibeit nicht verlernt und die alte Geschicklichkeit nicht verloren hatte. Keine Verrichtung war ihm zu schlecht und keine Arbeit zu schwer, die er nicht frisch und gern anfaßte, und nebenbei sah er mit solchem Fleiß zum Besten seines Schaffers, daß der Bauer selbst nicht besser auf seinen Vorteil hätte schauen können. Sonntags ging er in aller Früh schon zur Kirche — das Betcn hatte er in seiner Krankheit erst recht erlernt; nach dem Gottesdienst

war er aber auch unter den Ersten wieder daheim. Vor dem Wirtshaus hatte er jetzt eine gewisse ängst liche Scheu ; er betrat dasselbe wohl den gqnzen Sommer nie; dasür saß er oft an Sonntag-Nachmittagen allein bei der Bäuerin in der Küche und unterhielt sich mit ihr im traulichen Gespräch wie ein Sohn mit seiner Mütter. Der Florian war abermals ein Mufierknecht geworden. Da machte sich eines Tages Moidl, die Hausdirn, wieder einmal an den Florian heran. Als die Heiden zufällig allein auf dem Feld arbeiteten, sagte die Moidl

Plötzlich: »Du, Florian, das Berghubergsitl ist seil; was meinst denn, sollten wir es nicht kaufen? Es ist ein schönes, kommodes Höfl.' „Ich hab' ja keinen Kreuzer Geld,' erwiderte der Knecht. »Geld hab' schon ich soviel,- erklärte die Moidl, „du brauchtest bloß den Bauer zu machen.* „Zu einem Bauer bin ich nicht zu brauchen, höchstens zu einem Knecht,' redete sich der Florian heraus; »und übrigens geht's mir jetzt beim Stradegger so gut, daß . ich nie und nimmer fortgehen möchte Um das Kaisertum

Rußland würde ich meinen Platz beim Stradegger nicht vertauschen.' Die Moidl. sah. daß vorläufig nichts zu machen sei, sie gab aber deshalb ihre Hoffnungen nicht auf, sondern tröstete sich damit, daß der Florian auf die Länge der Zeit ihrer Liebe und Opferwilligkeit nicht widerstehen könne. Vierzehn Tage später war großer Markt in Altenstätten. Der Stradegger mußte hingehen, denn ein Schuldner wollte ihm dort ein größeres Kapital zurückzahlen; auch gedachte der Stradegger ein Paar Ochsen zu kaufen

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