Jnquisitionsprozesse spielte der Richter alle drei Rollen selbst, er ist Ankläger, er ist Verthei diger deS Angeklagten, ec ist Richter; er muß die Vertretung beider führen, eine That, die ihm Pflicht, die dem Advoka ten bisher ein Verbrechen war. Zuerst muß der Richter- Ankläger fein, er muß den Verdacht gegen eine bestimmte Per son fassen, die er dann in Untersuchung zieht, diese Untersu chung wird seine eigene Handlung. Bei der Beurtheilung aber hat er nicht nur die Handlung deS Untersuchten
, sondern auch die Prozedur zu beurtheilen, er wird also Richter in eigener Sache. So wichtig manche Richter — wenigstens glaubten — sich bei dem Volke zu machen, so beliebt bei den Oberbe hörden, wenn sie nur die Schuld Vieler aussprechen konnten, ebenso beschämt glaubten sich Manche durch ein „Unschuldig" oder „ab instaneia" Lossprechen, — und diese sohin an der Entscheidung selbst befangenen Männer sollten die Vertheidiger deS Jnquisiten sein? — Dieselbe Person, die den Jnquistten ergreift, die den Jnquisiten
, meine Herren, nicht so sehr das Mißtrauen auf die Fähigkeit, auf den guten Willen dieser Richter, sondern vielmehr das Miß trauen und Bedenkliche auf die Wage selbst, womit diese Rich ter abwägen mußten, fällt mir hier auf. Diese Wage war einzig der Aktenertrakt, den der Referent vorlas. Mehr wußte das Gremium der ersten und zweiten Instanz nicht. DaS Gremium sah niemals seinen Jnquisiten, nur der Inqui rent gab ein Bild von ihm. DaS Gremium hörte nie den Jnquisiten, hörte nie die Zeugen, nur der Referent
sagte etwas darüber. Wenn nun dieser Aktenertrakt nicht in Ordnung war, dann, meine Herren, war eine falsche Wage gestellt, bei der auch die gerechtesten Richter Unrecht sprechen mußten, wenn sie auch ihr Gewissen mit dem Satze: „guock non est in aotis, non ost in wunclo" beschwichtigen konnten. (Beifall.) Betrachten wir hingegen die wohlthätigen Folgen deS Anklageprozesses, so finden wir die drei wichtigen Rollen deS Klägers, des Richters, deS Vertheidigers des Angeklagten auch unter drei Personen
vertheilt; wir finden einen ganz unbefangenen Richter, der in der Vor untersuchung gar nicht betheiligt war, sohin nicht über seine Handlungen entscheidet; wir finden einen Richter, vor dem der Ankläger alle Gründe gegen den Angeklagten, und der Ver theidiger aüch alle Gegengründe vorgebracht hat, vor dem die Extreme der Schuld und Nichtschuld vertheidiget wurden, dem daS ganze Faktum wie in einem Bilde vorgeführt war, es bleibt also über die Wahl zwischen dem Jnquisitionsri'chter und einem Richter