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Lienzer Zeitung
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Seite 26 von 32
Datum: 09.05.1908
Umfang: 32
Rittmeister von Zechendorf. Ruhig erhob sich Ferdinand, um eine Erklärung zu geben. Aber ein vielleicht recht wohlmeinender und seine Ansicht teilender Hauptmann von der Artillerie schob ihn sanft beiseite und sagte leise zu ihm: „Lassen Sie, Herr Kamerad! Nur keine Szene! Ich bitte Sie alle, meine Herren, ruhig, ruhig, daß nicht die ganze Gesellschaft etwas erfährt. Es wäre taktlos, wenn wir unserm lieben Gastgeber mit so einem Auftritt kämen.' Ferdinand aber konnte sich nicht mäßigen. Zähneknirschend

zu verschonen. Ferdinand empfahl sich mit drei Regimentskameraden, um an einem anderen Ort das Nähere zu besprechen. Wilhelm brach eine Stunde später mit den meisten Gästen zugleich auf. Er schien sehr ruhig, denn er war seiner erregten Sinne wieder vollkommen Herr geworden. Ein Duell mit dem Bruder des Mädchens, das er wie ein höheres Wesen anbetete, war unvermeidlich. O, wie bereute er, dem Freunde auf die brennende Frage so unverzüglich eine so laute und offene Antwort gegeben zu haben. Hätte

er dieselbe nicht bis auf morgen verschieben können? Ferdinand wäre eben in seiner rasenden Liebe vollkommen blind, er hätte keine Ahnung von der gemeinen Denkungsart jenes Weibes, dem sein naives Wesen wahrscheinlich eine inte ressante Abwechslung böte. Und so könnte er ja nach den üblichen Gesetzen von Ritterlichkeit die Ehre seiner Dame gar nicht anders verteidigen als mit der Pistole. Oder sollte er den so schwer Gekränkten noch einmal aufsuchen — und, auch auf die Gefahr hin, für einen Feigling gehalten

zu werden, demselben die Hand zur Versöhnung bieten? Sein Weg führte an der Villa, in welcher Ferdinand wohnte, vorüber. Ein Bursche war, trotzdem jetzt eben erst der Morgen zu grauen begann, bereits im Garten mit dem Putzen des Sattel zeugs beschäftigt. Auf Wilhelms Frage nach dem Herrn Leutnant, antwortete der Husar, derselbe wäre nicht zu Hanse und würde den ganzen Tag für niemand zu sprechen sein. Als Wilhelm gegen Mittag seine Wohnung eben betreten, wurde ihm ein Husarenleutncmt von Holtzenburg gemeldet. Ernst

. — Mit feierlichen Gesichtern stand dort eine Menschengruppe von siebe'ü Offizieren in voller Uniform und drei Herren der besseren Gesellschaft in Zivil. Ferdinand war, trotzdem er den Tod nicht fürchtete, so auf geregt, so nervös, daß seine sonst so sichere Hand unheimlich zitterte und sein Sekundant ihm wiederholt zuraunte: „Doch ruhig, Freund! In dieser Aufregung triffst du niemals!' Jetzt erscheint Wilhelm Winkler auf dem Kampfplatz, nur begleitet von seinem Sekundanten und einem Herrn in Zivil

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Seite 23 von 28
Datum: 16.05.1908
Umfang: 28
—i- I an der Hand trng, einen Strauß von Feldblumen, schlicht und duftlos, aber in seiner Bescheidenheit wunderschön. Den reichte sie ihm und sagte dabei: „Diese Blumen hat Fritzchen auf heimat licher Flur gestern für dich gepflückt. Sie schickt sie dir und ist glücklich, daß es dir jetzt besser geht. Ihre Liebe zu dir ist wahr und darum stärker als der Tod. Sie wird niemals einen anderen Mann lieben.' Stillschweigend, mit Tränen in den Augen, drückte Ferdinand die Feldblumen an seine Lippen

. „Und ich werde meine volle Jugendkraft wieder gewinnen!' sprach er dann mit leuchtenden Blicken. „Ich werde es mir zur Lebensaufgabe machen, zu sühnen, was ich verbrochen habe.' An einem der nächsten Tage wurde Ferdinand die angenehmste Überraschung zuteil, die er sich nur hätte wünschen können. Friederike besuchte ihn in Agnes Begleitung. Das lebenslustige, oft noch kindisch-übermütige Mädchen war ernst und gesetzt ge worden in dieser Zeit des Kummers und der Sorgen. Heute aber strahlte wieder helle Freude und sonniges

Liebesglück aus den smaragdgrünen Augen. Fritzchen hatte ja den Geliebten wieder gefunden, und nun würde sie keine Macht der Erde mehr trennen können, das war ihr zur freudigen Gewißheit geworden. Fortan verging kein Tag, wo Ferdinand und Friederike nicht beisammen waren. Der alte Hellwig hatte, dank der Vermittlung von Agnes, dem nun so ernstliche Reue bekundenden Leutnant verziehen und stattete ihn: selber eines Tages einen Besuch ab. „Jetzt hoffe ich,' sagte Ferdinand da voll Wonne zu seiner Schwester

, „daß noch alles gut werden wird. Der Vater muß ja anderer Meinung werden, wenn er auch nur einen Funken von Liebe für seinen Sohn besitzt.' Vielleicht wäre es Agnes gelungen, den alten Herrn allmählich umzustimmen, trotzdem sie wenig Hoffnung hegte, da sie den Adelsstolz und den unbeugsamen Sinn ihres Vaters kannte, doch ein unglückseliger Zufall sollte ihre Pläne, noch bevor sie reiflich überlegt waren, alle zu schänden machen. Es war der letzte Nachmittag, den Ferdinand im Hospital zu bringen sollte. Morgen

wollte er denn einstweilen nach Falken horst übersiedeln, um sich ganz und gar der Landwirtschaft zu widmen. Sein Abschied vom Militär war ihm ja bewilligt worden. Walther paßte es ganz und gar nicht, daß der Sohn seines Herrn ihm auf die Finger sehen würde, darum tat er sein mög lichstes, Herrn von Falkenhorst zu bestimmen, Ferdinand irgendwo auf einem anderen Gut als Volontär unterzubringen. „Erstens,' so begründete der kluge Verwalter diesen Vorschlag, „hat der Herr Leutnant in einem fremden landwirtschaftlichen

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Seite 22 von 28
Datum: 18.04.1908
Umfang: 28
hat uns dein Brief erfreut!' So sprudelte es über des lebhaften jungen Mannes frische Lippen, während man einstieg. „Nun, und wie geht es Agnes?' war Wilhelms erste Frage. „Danke, vorzüglich. Wirst sie ja Sonntag sehen. Können jetzt ja nach Belieben hinüber gondeln zum alten Raubnest.' „Und Fritzchen?' Da errötete Ferdinand flüchtig und schaute hastig nach der Seite. „Danke, danke, auch wohl auf. Welche Menschenmenge doch hier immer in dieser Straße.' Wilhelm sah den Freund scharf an und sprach

ernst: „Tu er wähntest sie in deinen Briefen fast gar nicht. Der Schritt ist dir doch wohl nicht leid geworden?' „Aber, Gott bewahre,' erwiderte Ferdinand hastig, während sich seine Stirn umwölkte und die mit Ringen überreich ge schmückten schlanken Finger unruhig an einer Quaste des Wagens zerrten, als wollten sie dieselbe zerpflücken. „Fritzchen ist ein süßes Mädel. Aber du weißt ja, Freund, welch ein Abgrund erst noch zu überwinden ist.' >,Ach was, nur Courage!' Ferdinand schien

Bater förderte durch allzu reichliche Zuschüsse das schier fürstliche Leben seines verzogenen Sohnes nur zu sehr, so daß Ferdinand längst im Rufe eines argen Verschwenders und des leichtsinnigsten Leutnants im Regiment stand. Staunend sah der an spartanische Einfachheit gewöhnte Wilhelm dann jetzt all den Luxus und all die glänzende Eleganz, mit der sein Freund sich zu umgeben verstanden. Er dachte an das armselige Stübchen, das seine Wohnung sein würde. „Fein hier, was?' fragte Ferdinand lachend

, weißen Kuvert entnommen, der schien ihn sehr zu fesseln, denn er las lange daran, ging dann umher und studierte ihn aber mals. Wilhelm entging es nicht, daß dabei das vorhin so fidele Gesicht einen recht ernsten Ton angenommen und auffallend blaß geworden war. Ferdinand schien ganz vergessen zu haben, daß er nicht allein im Zimmer war. Als der Diener den Kopf durch die Tür steckte und sagte: „Serviert, Herr Leutnant!' erwiderte dieser barsch: „Gut, scher Er sich!' Dann, als käme er allmählich

. Alle meine Bitten und Erklärungen vermochten ihn nicht zu beruhigen. Er ist der festen Uberzeugung, daß Du, mein teurer Ferdinand, nur ein ruchloses Spiel mit mir treibst. Seine Meinung von Dir ist die denkbar schlechteste. Wie unglücklich ich jetzt bin, kannst Du dir vorstellen, Du mein höchstes Glück auf Erden. Wir werden uns lange Zeit nicht wiedersehen, denn schon morgen reise ich zu dem Onkel Professor, bei dem ich früher ein paar Jahre war. Die Trennung soll gewissermaßen ein Prüfstein unserer Liebe

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Seite 27 von 32
Datum: 25.04.1908
Umfang: 32
. — — — — — — Am nächsten Tage stattete der Forstassesfor Herrn von Falkey- horst wieder einmal einen Besuch ab. Der Schlößherr kam natür lich bald auf die gestrige Affäre zu sprechen und bat ihn, doch seinen Einfluß auf Ferdinand geltend zu machen, um den Un glückseligen von der größten Torheit, dieser überhaupt begehen könnte, abzuhalten. Darauf zündete Walther lächelnd die ihm vom Diener soeben präsentierte Zigarette an, zuckte die Achseln und sagte: „Ja, was könnte ich daran ändern? War gestern nachmittag übrigens

, wie können Sie denn nur so — verzeihen Sie meine Dreistigkeit — so kleinmütig sein?! Ihr liebreizendes, kindlich unschuldiges Töchterchen kennt doch das Leben noch nicht! Sehr natürlich die ganze Sache! Ferdinand ist eben — seine edlen Eigenschaften in Ehren? — ein großer Wind beutel und er hat es in der Minute, als er Fritzchen von Liebe sprach, gewiß ehrlich gemeint. Aber denken Sie doch selber einmal ernstlich über die Sache nach! Ich weiß, Sie sind Ihrem Herrn treu ergeben.' „Ja, das bin ich, und'das war ich! Und dafür ernte

Überzeugung sprechen wird: ,Vater, du hattest recht! Dir danke ich es, daß »1 -i— ich jetzt wieder ein glückliches Geschöpf bin/ Und auch der Herr Leutnant ist schließlich nicht zu verdammen. Berücksichtigen Sie sein Temperament, seine ganze verkehrte — ich möchte sagen, verrückte Erziehung!' „Danke für Ihren Trost, Herr Assessor! Sie meinen es immer so gut mit uns. Gebe Gott, daß alles gut wird, aber sprechen wir jetzt nicht weiter über diese Sache.' 3. Ferdinand befand sich heute in großer Aufregung

, denn Johann kehrte wieder mit leeren Händen von der Post zurück. Acht Tage waren nun bereits verstrichen, seit er an Fritzchen den langen Brief geschrieben, und bis heute war auch noch nicht die mindeste Antwort darauf erfolgt. In seiner Aufregung konnte Ferdinand sich das eben nur so erklären, Friederike wäre durch seine vielleicht allzu große Offenheit zu der Uberzeugung gekommen, mit einem so leidenschaftlichen, wankelmütigen Menschen doch niemals glücklich werden zu können, zumal, wenn derselbe arm

und elend geworden, nachdem er in der Fülle des Reichtums ernstes Arbeiten verlernt. Und darum schrieb sie nicht. Oder sollte sie ihm ihr Herz überhaupt nur wegen seiner'glän zenden Stellung geschenkt haben? Ach, wer könnte den Frauen so ganz trauen? Und Frischen wäre ja noch der reine Backfisch. Dazu käme ihre große Liebe und das Vertrauen zu ihrem Vater, dessen Willen zu erfüllen sie von Kindesbeinen an gewöhnt war. Als Ferdinand alle diese Bedenken gestern abend Wilhelm gegenüber äußerte, da sagte

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Seite 26 von 32
Datum: 25.04.1908
Umfang: 32
-»'j- 1. Lippen, zarten, rosigen Wangen und em paar tiefblauen Augen, die in diesem Moment gerade fest und durchdringend auf ihn ge richtet waren. Üppiges, dunkelbraunes Haar stahl sich unter dem hochmodernen, breitkrempigen Federhut hervor, und eine kleine, fast zu kleine, blendend weiße Hand mit einem funkelnden Diamant ring, suchte es mühsam zu ordnen. „Kellner, wer ist die Dame?' fragte Ferdinand, den eben die geleerten Gläser holenden jungen Burschen, nach seiner Meinung recht leise

. „Das ist ja die Gräfin, die hier oben wohnt.' „Die Gräfin?' „Ja, die ist seit vorgestern hier. Ist eine junge Witwe und wohl sehr reich, denn sie hält zwei Zofen und einen Diener und be wohnt sieben Zimmer.' „Ah — und der Name?' „Weiß ich nicht, Herr Leutnant. Doch — werde fragen.' Bereitwillig eilte der Kellner von dannen. Diese seltenen Augen verwirrten Ferdinand ganz. Er wagte ihrem Feuerblick kaum zu begegnen. Da entgleitet dem zierlichen Handgelenk der schönen Gräfin eben ein prachtvolles goldenes Armband

Kunstwerk noch nicht zu bewundern Gelegenheit gehabt.' „Verzeihung, Herr Leutnant,' sprach die Gräfin da mit aller liebstem Augenaufschlag, „habe ich nicht das Vergnügen, in Ihnen den Sieger im großen Rennen, das hier vor zwei Jahren stattfand, wiederzusehen, den damals so viel bewunderten Herrn von Falkenhorst?' Ferdinand errötete leicht, verbeugte sich und erwiderte etwas verlegen: „von Falkenhorst ist mein Name; hatte damals aller dings die Ehre, mit meinem Bombardier den ersten Preis zu er ringen

, daß jenes Weib, dessen Geschichte er kannte, den leichtsinnigen Ferdinand bereits heute vollkommen gefesselt. Er stellte denn, als er auf seiner braunen Fuchsstute heimtrabte, so seine Betrachtungen aller Art an, wie er zu tun pflegte, wenn er allein war. Ferdinand wäre, da ihm ernstliche Erziehung fehlte, ein willenloses Spielzeug jeglicher äußeren an ihn herantretenden Gewalt, trotz guter und edler Veranlagung. Er würde also auch der Macht, die jene Venus besaß, erliegen. ll i—- Und dann — Fritzchen

? — Schon heute wollte er dafür sorgen, daß der alte Herr von Falkenhorst in unauffälliger und geschickter Weise auf die Gräfin Ritenburg aufmerksam gemacht würde. Erst als die große Halle des Hotels mit Gästen überfüllt war, verabschiedete Ferdinand sich von der Gräfin, die ihm das impo santeste Weib der Welt dünkte. „Also, Herr von Falkenhorst, es bleibt dabei,' sprach die schöne Frau, nachdem der Leutnant ihr die schmale, weiße Hand geküßt, „in den nächsten Tagen sehe ich Sie in Ihrer Stammburg

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Seite 22 von 28
Datum: 16.05.1908
Umfang: 28
„Aber — sie steht — schon vor der Tür.' Und der Trunkene log heute einmal nicht. „Dreimal war ich vergebens hier!' tönte da Agnes helle Stimme an der Tür. „Ich wollte unbedingt heute noch mit dir sprechen, da ich morgen mittag bereits fort muß, unter allen Umständen.' Nun trat sie herein, Johann entfernte sich mit einigen Bück lingen, und Ferdinand stand mit verschränkten Armen und toten bleichem, unheimlich geisterhaftem Gesicht vor ihr. „Was ist es denn?' fragte er mit fast tonloser Stimme

, unglücklich gemacht, — denke an Wilhelms Eltern!' „Agnes,' keuchte Ferdinand, „liebe Schwester, — du meinst es gut — aber — ich kann nicht mehr tun als ich tat. Ich habe den Vater da in dem Brief gebeten, mein Vermögen Winklers und Hellwigs zu überlassen.' „Ah, das war gut gemeint, Ferdinand, aber du kennst doch unsern Vater! Armer Bruder, wie müssen deine Sinne umnachtet sein! Niemals wird Papa dir diese Bitte erfüllen, dazu ist er — zu stolz! — Nein, du mußt selber mit der ganzen Kraft eines Mannes

— nicht anders sein.' „Eine große und wahre Liebe vermag alles zu verzeihen, Ferdinand.' „Ach, Phrasen! MMere mich nicht länger! — Ich glaube und hoffe nichts mehr.' „So sprichst du heute, armer Bruder, weil du krank bist, du wirst morgen ganz anderer Meinung sein. Versündige dich nicht so schwer.' Wie im Tranm murmelte er, nachdem er wohl zehn Minuten m?t geschlossenen Augen und fest zusammengepreßten Lippen da gesessen: „Sie hat recht, der Vater ist zu stolz, er würde mir meine letzte Bitte nicht erfüllen.' — Dann fuhr

er auf und heiser fragte er: „Agnes, liebt mich denn Fritzchen jetzt auch noch?'' „Ja, ihr ganzes Herz gehört dir, und täglich fleht sie zu Gott, daß er dich auf den rechten Weg zurückführen möge. , Da sank Ferdinand das schwere Haupt auf die über den Tisch gebreiteten Arme, und so lag er, scheinbar geistesabwesend, bis der Morgen graute. Agnes hatte stillschweigend die Pistole beiseite geschafft und die Briefe wohl aufgehoben. Dann setzte sie sich zu dem unglücklichen Bruder und hielt treulich Wacht. Vier

Wochen lag Ferdinand von Falkenhorst nun bereits in einem Krankenhause an einem schweren Nervenfieber darnieder. Anfänglich ließ sein Zustand, der einer geistigen Umnachtung fast gleichkam, das Schlimmste befürchten, doch nun war wieder Hoffnung da. Der Kranke vermochte klar zu denken, und die dumpfe Schwermut, die ihn immer wieder mit Selbstmordge danken erfüllt, wich allmählich einer heiteren Lebensanschauung, dem Wunsch, noch vieles gutzumachen auf Erden. Agnes trug dazu das Ihre getreulich

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Seite 23 von 28
Datum: 02.05.1908
Umfang: 28
erleichtert auf. Doch zu weiterem Studieren hatte er keine Lust mehr. So beschloß er denn, heute noch einmal zu versuchen, ob Ferdinand nicht zu treffen wäre, in den Armen der Venus lag er ja nicht. Er packte also mit der ihm eigenen Ordnungsliebe Bücher, Schriftstücke und Karten an ihren Ort und ging aus. Und der Zufall fügte es, daß er seinem Freunde begegnete, ehe er noch eine Minute gegangen war. Ferdinand schien freilich keineswegs erfreut darüber zu sein. Er steuerte mit Volldampf auf den goldenen

Ferdinand in gereiztem Tone hervor. „Dann kannst du nicht wissen, wie ich gekämpft habe und was ich von Friederike annehmen mußte.' „Ich weiß alles, auch, daß du dein Wort gebrochen.' „Schweig still, Wilhelm?' keuchte der jetzt mühsam seinen Zorn bemeisternde Freund. „Aus deinem Munde kann ich das nicht hören. Wenn ein albernes Frauenzimmer so über mich urteilt, dann halte ich das eben seiner Torheit zugute. Aber du müßtest mich kennen! Glaube nur, ich habe Kummer genug

, auch ohne, daß du mich noch kränkst. Du ahnst nicht, was ich alles zu leiden habe. Ich will mein Abschiedsgesuch einreichen, denn mein Oberst drangsaliert mich geradezu. Aber ich habe keine Zeit. Du verstehst mich ja doch nicht mehr! Denkt alle, was ihr wollt, kann auch ohne euch leben.' Damit wollte er davonstürzen. Doch Wilhelm hielt seine Hand fest und sagte sehr bestimmt: „Ferdinand, frage doch dein eigenes Gewissen einmal ehrlich und dann urteile!' „Ach was, lasse mich in Ruhe! Halte deine Moralpredigten

anderen.' Das was das letzte Wort. 9 -i—- Die Gräfin saß in einer der prachtvoll ausgestatteten, mit Blumen und Blattpflanzen überreich gezierten Logen der großen Halle und dachte nicht mehr daran, daß Ferdinand, der ja heute bei Präsidents zu Gaste war, sie noch zu so später Stunde besuchen würde. Ein nicht mehr junger, verlebt ausschauender Herr in eleganter Stutzerkleidung leistete ihr Gesellschaft und schien sie recht geistreich zu unterhalten. Ms nun Ferdinand kam, war sie freudig überrascht und stellte ihm den Herrn

als einen Vetter ihres verstorbenen Gatten, einen Baron von Finke, vor. — Derselbe empfahl sich bald, um die Brautleute nicht zu stören. Besorgt fragte nun die Gräfin ihren Geliebten, was ihn denn wieder bedrückte, er sähe ja aus, als ob ihm ein saurer Apfel im Halse stecken geblieben wäre. Ferdinand erzählte von seinem Arger im Dienst und von der Begegnung mit Wilhelm, der ihm nicht einmal gratulieren wollte. Da flammte helle Zornesröte auf dem schönen Frauengesicht und mit funkelnden Augen rief

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Seite 22 von 28
Datum: 02.05.1908
Umfang: 28
Winkler, der famose Mensch aus meiner nächsten Nachbarschaft, der mir dieser Tage vom Herrn Major Willing vorgestellt wurde, wußte mir überJhrFernbleiben keinen stichhaltigenGrund zu geben.' „Winkler?' fuhr Ferdinand jetzt auf. „Der war doch noch gestern bei mir und sagte kein Wort davon! Wer gnädigste Gräfin, ich bitte tausendmal um Verzeihung. Bin auf Wort die ganze letzte Woche nirgend ausgewesen als zum Dienst. Fühlte mich nicht wohl. Ehrt mich ungemein, daß Gnädigste überhaupt

ja, wie mir der Major sagte, für einen der tüchtigsten Offiziere unserer Armee. Seinen Mut und eine oft an ihm gerühmte Entschlossenheit soll er auch bei der Rettung Ihrer Fräulein Schwester bewiesen haben. Zu so einem Freunde kann man Ihnen gratulieren. Mir hat er auf den ersten Blick imponiert.' Ferdinand wurde nachdenklich und schien verstimmt. Da reichte ihm die Gräfin mit Hellem Lachen beide Hände und rief aus: „Ich erkenne Ihre ernstliche Reue, mein lieber Herr von Falken horst. Darum sei Ihnen verziehen

und unsere Freundschaft erneut.' Wie sah sie entzückend aus in diesem Augenblick! Ferdinand drückte unwillkürlich ihre zarten Hände stärker als er es beab sichtigte. Ein Taumel faßte bei diesem Händedruck seine Sinne, er war wieder ganz in den Banden der Venus. Das konnte dem alten Schloßherrn und Tante Susanne nicht entgehen, als die sich wieder einfanden. Mit Wonne nahm der Bater die Veränderung wahr, die mit seinem Sohne vor sich gegangen war. Ferdinand konnte wieder lachen und scherzen und machte

und wollte sich deshalb verabschieden. Schon um drei Uhr wird ausgerückt.' „So, so — und sonst also nichts?!' „Gar nichts, Herr Leutnant!' Als Ferdinand dann allein war, sagte er zu sich selber: „Wieder keinen Brief, es ist ihr leid geworden, ohne Zweifel. Ja, ja, waren Kindereien. — O, dieses schöne Weib, ich glaube, es könnte mich zu einem Meineidigen machen!' Schon am nächsten Tage sah der alte Hellwig den flotten Husarenleutnant auf schäumendem Rappen über den Schloßhof sprengen. Ernst schüttelte er sein Haupt

und dachte so bei sich: Der Forstassessor hatte recht, die Ritenburg hat ihn in ihrer Ge walt. Dieser Erbärmliche! Das ist der Dank für unsere Dienste, daß der Sohn meines Herrn meine einzige Tochter gut genug hält für ein Spielzeug seines Wermuts und seiner Langweile! Armes Kind, armes betrogenes Mädchen! Das war ein Leben heute im Park bei dem herrlichen Frühlings wetter. Ferdinand und die Gräfin waren immer beieinander. „Ein stattliches Paar! Wann wird Verlobung, wann wird Hochzeit sein?' So lautete

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Seite 5 von 6
Datum: 04.11.1942
Umfang: 6
, ab, die außerordentlich starken Besuch fanden. Al lein der Kreis Krainburg zählte etwa 83 00Z Versammlungsteilnehmer. In Krainvurg sprach der Kreisleiter von Klagenfurt, Dr. Po tot sehnig. Er teilte unter anderem mit, daß die NSV. heute in Oberkräin be reits 400(10 Mitglieder zählt und vierzig Kindergärten und 88 Hilfsstellen „Mutter und Kind' unterhält. Verdunklungszeit. Laut amtlicher Verfü gung ist gegenwärtig im Gau Kärnten von 18 bis 6 Uhr zu verdunkeln. Direktor ferdinand ttl gestorben Zum lade des großen

varstellers und Gründers der txlbichne Innsbruck, 3. November In Innsbruck ist Direktor Ferdinand Exl, der Gründer und Leiter der nach ihm benannten Exl-Bühne, nach langem Leiden im 68. Lebenswahre verschieden. Eine Rück schau auf dieses nun vollendete schöpferische Leben läßt uns die Grundkräfte klar erken nen, die den Menschen und Künstler Ferdi nand Exl geformt haben: ein stahlharter Wille und unbeirrbare Treue zu sich selbst und zum Ideal einer neuen volkhaften« alpenländifchen Menschendarstellung

. Blut und Boden haben fich selten so bildnerisch ausgeprägt wie in dem Postbeamtensohn Ferdinand Exl, der, am 30. Mai 1875 zu Innsbruck geboren, von früher Jugend an den angeborenen Trieb zum Theater spürte und ihm, allen Hindernissen zum Trotz, eine lebenformende Richtung gab. Aus den Rei hen des Deutschen Männergesangvereins Innsbruck wählte sich Exl einige gleichge sinnt und begabte Gefährten und wagte mit ihnen, nur im Vertrauen auf die eigenen Kräfte, den Sprung in die künstlerische

Selbständigkeit. Der 31. März 1902 wurde zum Geburtstag der Exl-Bühne, zugleich der bedeutungsvollste Augenblick im Leben Pres Gründers, der von diesem Zeitpunkt an nur ein Ziel kannte: die Ausgestaltung einer alpenländifchen Volksbühne, der die künstlerische Darstellung des dichterischen Volksstückes zur höchsten Pflicht wurde. Was uns heute besonders deutlich wird, ist die Gemeinschaftsidee, welche Ferdinand Exl in seinem künstlerischen Schaffen zu einer Zeit verwirklicht hat, da auch im Theaterleben

der letzten Jahr zehnte zu einer künstlerischen Höhe aufge stiegen, die sie zu den bedeutendsten DarsteD lern alpenländischer Bühnendichtung ern ster und heiterer Art reisen ließ. Daß die gegenseitige künstlerische Anre gung zwischen Exl-Bühne und Dichtung, be sonders auf das tirolische Drama, auch be fruchtend wirkte, ist aus dem zeitgenössischen Schaffen eines Krane witter, Schön herr, Brix, Renz u. a. unverkennbar. Bis an die Schwelle des 40. Spieljahres leitete Ferdinand Exl seine Bühne

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Seite 26 von 32
Datum: 11.04.1908
Umfang: 32
und da bereits in Übermut auszuarten drohte. Ferdinand stellte den Kameraden seinen Freund vor. „Äh, gratuliere,' schnarrte Prinz Richard, ein blutjunger Ritt meister von nicht üblem, aber etwas zu blasiertem Äußern. „Haben sich da nicht nur mit Ihrer Heldentat das Ritterkreuz mit Schwertern verdient, sondern zweifellos auch gleich das Herz der liebreizenden Tochter unseres liebenswürdigen Wirts erobert.' Diesen Witz begleitete er mit einem schallenden Gelächter, in das verschiedene Herren wie auf Kommando

mit einfielen. Der Prinz, der übrigens mit der großherzoglichen Familie nicht ver wandt war, galt für viele Offiziere der Residenz als ein in jeder Beziehung nachahmenswürdiges Beispiel. Einige der Husarenleutnants witzelten dann über den bürger lichen Linienoffizier, andere bewiesen ihm deutlich genug ihre Sympathien. Sein bestimmtes, ernstes Wesen und seine ritterliche, schöne Gestalt imponierten ihnen. Ferdinand kümmerte sich heute um niemand als um den wiedergewonnen Freund. Die beiden hielten

uns die Kriegerschar nicht. Gehen wir dorthin.' Dieser Vorschlag Ferdinands fand Beifall. Wilhelm schritt neben Agnes voran, Ferdinand aber wußte es so einzurichten, daß er mit Fritzchen, die heute sein von edlen Regungen geleitetes Herz in ihrer natürlichen Anmut ganz und gar erfüllte, ein gut Stück hinter den beiden blieb. O, er hätte das reizende kleine Geschöpf küssen und immer wieder küssen mögen, er liebte die Waldfee, darüber war er sich in dieser Stunde vollkommen klar geworden. Und da er, trotz

aber fühlte sie sich als schwaches, besiegtes Mädchen. Dieser Mann, der Freund ihrer Kindheit, hatte ihr stolzes, hartes Herz erobert. „Äh, guten Tag! — Pardon, wenn ich störe!' schnarrte da — ein widerlicher Mißton, — plötzlich eine Stimme. Der Schloß herr stand vor der Laube. „Ferdinand — der Herr Oberst von den Ulanen hat bereits zweimal nach dir gefragt! Die Herren kamen vor einer Stunde! — Du vernachlässigst ja ganz deine Kameraden! — Herr — Ober leutnant, ah, auch hier! —Agnes, ich glaubte

dich zu Bett nach dem fürchterlichen Schreck.' Etwas unwillig erhob Ferdinand sich, um dem Vater zu folgen. Der aber fuhr in der ihm eigenen ironischen Art sott: „Also, bitte, mein Kind, zieh dich zurück, die Aufregung könnte selbst deinen eisernen Nerven schädlich sein. — Der Herr Oberleutnant werden Augenblick entschuldigen. Äh, Fräulein Fritzchen ist ja famose Gesellschafterin!' „Ich danke dir, Papa,' erwiderte Agnes etwas gereift. „Ich fühle mich vollkommen Wohl. Außerdem wäre es unverantwortlich

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Seite 26 von 32
Datum: 23.05.1908
Umfang: 32
war, tat man das jetzt lang und breit. — Ferdinand erbat sich eine Nacht Bedenkzeit und versprach, morgen in der Redaktion zu erscheinen, um seinen definitiven Entschluß kund zu tun. Noch am selben Abend begab er sich zu Hellwig und Friederike, sich mit ihnen zu beraten. Und da einigten sie sich dann dahin, daß er die Stelle annehmen solle, um einstweilen wenigstens etwas zu haben und sich so für einen Beruf vorzubereiten, der ja immer zu einer gesicherten und geachteten Stellung fuhren

hatte ja auch seine Feierstunden. Fritzchen, Schwester Agnes und der biedere alte Hellwig, der Ferdinand von Tag zu Tag lieber gewann, wußten ihm reichliche Entschädigung für des Daseins Kümmer nisse zu bieten, sie waren ihm in allem treue Berater und wirkliche Tröster. Und als er sich dann, freilich erst nach vielen Monaten, in die neuen Verhältnisse eingelebt, da mußte er sich gestehen, daß sein jetziges Leben an wahren Freudenstunden weit reicher als das frühere mit all seinem lauten Jubel, mit Gelagen, Feiern, Lust

und Liebe. Noch war keine Aussicht auf eine gesicherte Lebensstellung für Ferdinand vorhanden. Aber er hatte das Leben, wie es wirklich war, dank seiner guten Fassungsgabe, jetzt soweit kennen gelernt, daß er zu einem ziemlichen Selbstbewußtsein gelangt war und den Kampf ums Dasein, vor dem ihn einst eine goldene Mauer geschützt, nicht mehr fürchtete. Aus dem verwöhnten Söhnchen eines durch seine Genußsucht und krankhaste Eitelkeit fast zum Narren gewordenen Schloßherrn war endlich ein Mann geworden

. — Die Starke schluchzte wie ein Kmd, sie war todunglücklich. — — — — — — — — — — — Der alte Hellwig saß mit seiner Tochter und Agnes in dem kleinen Gärtchen, das hinter dem Hause lag, und man wartete auf Ferdinand, der sonst um diese Zeit — es war acht Uhr — bereits hier zu sein pflegte. Schon machte man sich allerlei Gedanken über sein Fortbleiben, als plötzlich die Gartenpforte aufsprang — und der so sehnsüchtig Erwartete in Begleitung eines großen, stattlichen Herrn eiligen Schrittes hereintrat. Wer

ist der fremde Mann? — Agnes erkennt ihn zuerst, und sie stößt unwillkürlich einen Freudenschrei aus. Wilhelm Winkler steht vor ihr? Ja, er ist es, trotz des blonden Vollbarts und der Landmannstracht. „Ich habe meinen Wilhelm wieder,' stammelte Ferdinand jetzt. „Wilhelm hat mir vergeben, wir gehören wieder zueinander.' Das gab einen Jubel, ein Fragen und ein Erzählen! Wilhelm war seit mehreren Wochen Oberinspektor auf einem Gut des Grafen Kalkstein, der das Interesse an ihm noch immer nicht verloren

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Seite 23 von 28
Datum: 18.04.1908
Umfang: 28
, sie vermute ja auch nur in Walther den Verleumder. So rechtfertigte er es vor sich selber, daß er wieder einmal von der Liebenswürdigkeit des Assessors über wunden war. Wilhelm kannte den Herrn noch zu wenig, um über dessen Charakter urteilen zu können. Aus Fritzchens Vermutung gab er nichts, da er prinzipiell nur nach eigenem Erkennen zu ur teilen pflegte. Daß Ferdinand indessen, je mehr der Sekt, ohne den es nun bei ihm einmal nicht ging, feine Sinne verwirrt, dem gar zu freundschaftlich tuenden

verdrießen!' Das könnte Walther durch Hellwig wohl erfahren haben. Jetzt erhob sich der Forstassessor, wünschte in herzlichster Weise beiden eine gute Nacht und entfernte sich, um nicht allzuspät zu Hause zu sein. Ferdinand war nicht mehr in der Stimmung, einige ernstere Bemerkungen Wilhelms voll zu würdigen. Er schüttelte in froher Weinlaune nur den Kopf und sagte: „Ihr seid alle Grillenfänger! Der Waither ist kein -schlechter Kerl!' Bald darauf trennten sich die Freunde, der eine ernst

und nach denklich, der andere heiter und sorglos. Als Ferdinand Wilhelm zwei Tage später in seiner höchst einfachen Wohnung aufgesucht und ihn bewogen, den Abend bei ihm in dem bequemeren Quartier zu verbringen, meldete beim Eintritt der Freunde in den wohlgepflegten Garten der Villa der Diener, daß der alte Herr von Falkenhorst bereits seit einer Stunde dort sei. Wilhelm wollte sofort gehen, um Vater und Sohn ungestört zu lassen. Das ließ Ferdinand indessen nicht zu, er schob seinen Arm in den des Freundes

.' „Aber Papa,' unterbrach Ferdinand den alten Herrn, „was sind das für Geschichten? Agnes schrieb noch vorgestern an mich und freute sich so sehr auf meinen und unseres Freundes Besuch am Sonnabend. Hast du schon wieder, verzeih mir meine un kindliche Dreistigkeit, eine neue Freierei mit ihr vor? Ich denke, Graf Alex, dieser Ausbund von Untugend, ist —' „Nafenweiser Bengel?' schnarrte, ihn unterbrechend, der alte Herr, halb beleidigt, halb scherzend. „Was geht's dich an? Telegramm, daß Onkel Wilhelm

sehr krank und seinen Liebling Agnes baldmöglichst um sich sehen möchte, traf eben gestern ein! — Habe übrigens allerlei private Sachen noch mit dir unter vier Augen zu besprechen.' Wilhelm verbeugte sich und sagte stolz und kalt: „So empfehle ich mich selbstverständlich. Auf Wiedersehen, Ferdinand.' Des Freundes schwache Versuche — eine innere Unruhe und Besorgnis ließ es eben nur bei solchen bewenden — hielten ihn nicht, er ging. „Scheint ja recht dicke Freundschaft

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Lienzer Zeitung
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Seite 27 von 32
Datum: 20.05.1911
Umfang: 32
, r.' „Wer weiß, ob ihm nicht das Messer an der Kehle sitzt. Geld, zc> Geld ist heutzutage die Losung.' Dabei seufzte er recht vernehmlich. Geld, das war's auch, was ihm fehlte, Geld war auch jeden- cills die Triebfeder jenes Halunken gewesen, der sich an Emmeline lion Hochstern vergriffen — Geld, immer das verfluchte Geld. Frau Augusta ließ keine Entschuldigung für das Benehmen Ferdinand von Saltens gelten. Eine Entschuldigung gab es nicht, iine Verlobung so unmittelbar auf die Auslösung

Schönheit umwob ein eigener Reiz; Vornehmheit und weiche Grazie lagen über der Erscheinung ausgebreitet. Groß und kühl blickten die träumerischen Augen Ferdinand von Salten an, als sie ihm mit einem leicht mokanten Zug um die schön geschwungenen Lippen ihren Glückwunsch in gemessenen Worten aussprach. Sie war ganz die adelige Dame. Die Worte flössen leicht und liebenswürdig über ihre Lippen. Aber Ferdinand von Salten kannte doch Toni von Knöterich. Er sah den sarkastischen Zug um den Mund

, den er so manchesmal geküßt, und er sagte sich: „Sie verachtet dich'. Das konnte sie auch. Er hatte sich um Geld verkaust. Sie wechselten nur wenige Worte miteinander, dann trennte sie der Schwärm der Gesellschaft. Ferdinand blickte der hohen, vornehmen Erscheinung mit einem Blick unendlichen Bedauerns nach. Es hätte so schön sein können. Zwar waren bereits seit Aufhebung der Verlobung mit Toni fünf Wochen vergangen, dennoch übte die Nähe des einst geliebten Mädchens noch einen mächtigen Zauber

? Sie hatte Ferdinand von Salten doch so heiß, so innig geliebt, daß sie nicht geglaubt, seinen Verlust überleben zu können. Besitzt der feste Wille eines Menschen und sein Stolz die Macht, über ein zuckendes Herz Herr zu werden? Oder ist die verächtliche Handlungsweise eines einst geliebten Wesens im stande, die Liebe zu töten? — War denn ihre Liebe tot? „Nein', sagte sich Toni. Tot war sie nicht; allein das Be wußtsein, den Geliebten unwiderbringlich verloren zu haben, gab ihr die Kraft, sich an ihrem Stolze

sein Gesicht in eitel Wohlwollen strotzte, „Junge, schau dich weit im Umkreise herum. Das schönste Gut, nachdem es euch gelüstet, sollt ihr haben, sofern es mit Geld aufzutreiben ist.' Diese Äußerung, zwar etwas protzig, schmeichelte sich doch in das Ohr des Oberleutnants ein. Wenn schon, denn schon. Es ist ungleich angenehmer, eine derartige Rede vom Schwieger papa anhören zu müssen, als wenn es heißt: „Ich kann weder die erforderliche Kaution stellen, noch einen Zuschuß zum Leben geben.' Ferdinand

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Seite 7 von 32
Datum: 03.07.1914
Umfang: 32
Zweite Beilage zu Nr. 52j53 der „Lienzer Zeitung' vom 3. Juli 1914 Erzherzog Franz Ferdinand f. Die gräßliche Untat in Sarajevo, die dem Leben des Erzherzog-Thronfolgers Franz Fer dinand nnd seiner Gemahlin ein Ende setzte, ist wohl der furchtbarste Fürstenmord der letzten Zeit. Ganz abgesehen davon, daß die Ermordung des tatkräftigen, ernsten und pflichtbewußten Thronfol gers, der feit 25 Jahren auf den Herrscherberuf vorbereitet war, für die österreich-nngarifche Mo narchie ein schweres

, in feinen politischen Wir kungen heute ein gar nicht zu übersehendes Un glück ist, denkt wohl ein jeder zunächst an die ehr würdige Gestalt des alten, 84jährigen Kaisers Franz Josef, der — ein wahrer Hiob — nun noch dieses furchtbare Ereignis erleben und dieses neue Leid tragen muß. Der so jäh aus dem Leben geschiedene Thron folger Erzherzog Franz Ferdinand wurde am 18. Dezember 1863 in Graz gebore». Sei» Vater war der Erzherzog Karl Ludwig, der nächstjün- gere Brnder des Kaisers Franz Josef, seine Mut

der Marine der Donaumonarchie, indem er ihn zum Generalinspektor der gesamten bewaffneteil Macht ernannte. Erzherzog Franz Ferdinand hat stets eine Vorliebe für einfache Lebensweise und stille Zu rückgezogenheit gezeigt. Er war nie ein großer Freund von öffentlichem Hervortreten, noch weniger von Prunk oder große» höfischen Festen. Seit seiner frühen Jugend besaß er eine große Vorliebe für alle naturwissenschaftlichen Disziplinen. Damit hing wohl auch seine große Freude an der Jagd zusammen

. Er war ein passionierter Jäger, einer der besten Kugelschützen Oesterreichs. Der Ver waltung seiner ausgedehnte» Besitzungen hat er sich mit großem Eifer gewidmet, er war ein um sichtiger, sparsamer Verwalter, in allen Zweigen der Bewirtschaftung genau bewandert. Es gibt wenige Männer von der Stellung und Bedeutung des Erzherzogs Franz Ferdinand, die man so wenig kannte und vielfach so falsch beurteilte wie gerade ihn. Diejenigen, die den Erzherzog wirklich kannten, wußten, daß sein Cha rakter auf einer dreifachen

, daß der Erzherzog Franz Ferdinand um seine Meinung gefragt werde und das Wort des Erz herzogs hat nicht selten, wie z, B. in der Frage der Veifassungsgarantien Ungariis, den Ausschlag gegeben. Erst in den letzten Lebensjahren des Kai sers Franz Joseph ist der Thronfolger stärker hervorgetreten. Wie bereits erwähnt, war der Erzherzog-Thronfolger i» der Eigenschaft als Ge neralinspektor der gesamten bewaffnete» Macht vor einigen Jahren an die Spitze ves Wehrwe sens Oesterreich-Ungarns getreten. Er widmete

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Seite 7 von 20
Datum: 10.07.1914
Umfang: 20
Zweite Beilage zu Nr. 55 der „Lienzer Zeitung' vom 10. Juli 1914, Xum locke ckez ?kronsolg«rz. Zeremoniell und Takt. Unter dieser Anschrift schreiben die „M. N. N.': Die Anordnungen der Wiener Hofbehörden beim Begräbnis des Erzherzogs Franz Ferdinand und der Herzogin von Hohenberg sind stark gela delt worden. Der österreichisch-ungarische Hochadel, der zur Teilnahme am Trauerzuge durch Wien nicht geladen war. demonstrierte gegen diese Unter lassung, indem mehrere hundert Angehörige

Trauerzeremonie stören könnte'; deshalb hat man sogar versucht, eine Verfügung durch zudrücken, derzufolge die beiden Leichen nächt licherweile nach Pöchlarn gebracht und noch in derselben Nacht nach Artstetten transpor tiert und dort auch noch vor Anbruch des Tages hätten beigesetzt werden sollen.' Die Milttärkanzlei des ermordete« Thronfolgers. Die Militärkanzlei des Erzherzog-Thronfolgers Franz Ferdinand ist bereits aufgelöst worden. Das Archiv wurde versiegelt. Die zugeteilten Offiziere erhielten

, n Kreisen wird berichtet daß die Mitteilungen über Verfügungen des Kaisers zuginistkü der verwaisten Throilsolgerkinder ver früht sind und daß an den offiziellen Stellen über die Absichten des Kaisers vorläufig noch nichts bekannt sei. Das Unglücksauto. Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemah lin hatten ihre letzte Jährt in dem Automobil des Grafen Franz Hanach. des Kommandanten des Freiwilligen Äutoinovilkorps, gemacht. Harrach hat dieses Automobil dem Kaiser als Geschenk angeboten. Nachdem

das Geschenk vom Kaiser angenvmmen morden ist, wurde das Automobil nach Wien abgesendet. Ein Franz Ferdinand Denkmal. In Wien wird eine Aktion eingeleitet, um für Erzherzog Franz Ferdinand ein Denkmal zu errichte». Die Kinder Erzherzog Franz Ferdi nands. Die Waisen des Erzherzogs Franz Ferdinand treffen am Samstag zum Besuche ihrer Tante, der Gräfin Joachim von Schönbiirg-Mauchau, geb. Gräfin Chotek. auf Schloß Wechselburg in Sach sen, Kreishanptmannschaft Leipzig, ein. Korrespondenz. (Eigenbericht cke

hier die Nachricht von dem scheußlichen Meu chelmord, welcher an seiner kaiserlichen Hoheit Herrn Erzherzog Franz Ferdinand und seiner Gemahlin verübt wurde und die Entrüstung über die feigen Meuchelmörder und alles was serbisch ist, war sehr groß und ich denke, gälte es einen Rachezug gegen die Königsmörderbonde, auch wohl nicht einer würde zurückbleiben. Am k. k. Bezirksschießstande, dessen Protektor der Herr Erzherzog war, am Gemeinde haus« und Hotel Obwerer wehten schwarze Fahnen

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Seite 25 von 32
Datum: 25.04.1908
Umfang: 32
Schloß Falkenhorst. Roman von Ludwig Blümcke. «Fortsetzung.) o erregt hatte Ferdinand den Vater noch nie gesehen. Er stürzte dem Davoneilenden nach, ihn zurückzuhalten, um ein ruhiges Wort mit ihm zu sprechen. Umsonst, .schon winkte der alte Aristokrat einer Droschke und ' wenige Sekunden später sah sein Sohn ihn nicht mehr. Ferdinand rannte wie toll in seinen Gemächern umher. Eine so harte Liebesprobe hatte er denn doch nicht erwartet. Auf Reichtum, Rang und Ansehen verzichten, um eines Mädels

. „Ah, Sie hier, Freundchen?!' rief derselbe lebhaft, Ferdinand die Hand reichend. „Wollte eigentlich gerade zu Ihnen. Doch ich will Sie nicht abhalten, Ihren treu en Jugend freund auf zusuchen, was jeden falls Ihre Absicht ist.' „Hat Zeit,' - erwiderte Ferdinand. „Lassen Sie unsauseinen Schoppen drüben in den goldnen Adler geh en.' — „Famoser Gedanke. — Habe näm lich riesigen Durst. War zum Termin heute hier. — Verflucht lange, trocke ne Sitzung.' Der Portier öffnete mit tiefer Verbeugung die Türe und die beiden guten

Fensterscheiben konnte Ferdinand bequem hinüberschauen zu dem verräucherten alten Giebelhause, in dem sein Freund das Oberstübchen bewohnte, an dessen Fenster zwei schneeweiße Gardinen als einzig Sauberes zu dem luxuriösen Hotelgebäude, dem Verkehrslokal der Vor nehmste» der Residenz, demütig und ver schämt hinüber lächelten. „Ist ja eine fatale Sache, die Sie da mit dem alten Herrn vorhatten,' sprach Walther jetzt, das kecke Schnurrbärtchen bürstend. „Traf den Herrn Pripa nämlich bei Herder

, wo er sich in einer Partie- Whist Zerstreuung suchen wollte. Oberst Kalkstein ist auch dort.' „Ich glaubte, Sie kämen soeben schach matt vom Amt? Waren also schon bei Her der?' wandte Ferdinand ein. „Nur so im Vorbeigehen auf zwei Mi nuten, da mein Reitpferd dort steht. Hörte aber trotzdem die ganze Geschichte.' Ferdinand sprang auf und durchmaß ein paarmal mit langen Schritten die weite Halle. „Hm, dann will ich gleich per Droschke zu Herder!' rief er nun hastig aus, vor Waither stehen bleibend. „Ich glaubte, Papa wäre

Ferdinand das Zimmer. Dann schien er ruhiger geworden. Jedenfalls setzte er sich, sein Glas ergreifend, mit friedfertiger Miene an den Tisch und sagte kurz in etwas heiserem Ton: „Arger beiseite! Reden wir kein Wort mehr davon. Weiß, was ich zu tun habe.' Da rauschte etwas wie ein schwerseidenes Gewand an den beiden vorüber, während sie gerade einen tiefen Schluck taren. Eine große, majestätische Frauengestalt von wunderbar eben mäßigem, selten schönem Wuchs war das. Jetzt nahm sie drüben

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Seite 27 von 32
Datum: 09.05.1908
Umfang: 32
in einem Menschen, er war ein scharfer Be obachter, das wußte Ferdinand. Gegen Abend kehrte Leutnant von Falkenhorst auffallend erregt in den Adler zurück und fragte den Portier, ob die Gräfin zu Hause wäre. „Frau Gräfin fuhr soeben in Begleitung eines Herrn zum Konzerthaus,' antwortete man ihm. „Wer war der Herr, wie sah er aus?' fragte Ferdinand hastig. „Ich kenne seinen Namen nicht. Doch sah ich ihn diese Tage öfter. Er ist groß und schlank, hat hellblondes Haar und trägt einen goldenen Kneifer.' „Das genügt

mir! Also zum Konzerthaus, sagten Sie?' „Jawohl, Herr Leutnant, so rief die Frau Gräfin dem Kutscher zu.' Unverzüglich lenkte Ferdinand seine Schritte jetzt auch dorthin. Der heutige Abend sollte und mußte ihm Gewißheit bringen. Da bis zur Kassenöffnung noch eine gute Stunde Zeit war, so begab der von Eifersucht gepeinigte Leutnant sich in das Cafe neben dem Konzerthaus, um dort eine kleine Stärkung einzuneh men. Fühlte er sich ja doch zum Umfallen müde und abgespannt. Das Caft war fast bis auf den letzten Platz

gefüllt und es hielt schwer, ein Unterkommen zu finden. Endlich saß er inmitten einer fröhlichen Gesellschaft und unruhig schweiften seine Blicke über das Menschengewirr. All das Reden, Lachen, Drängen und Hasten tat seinen Nerven weh. Darum duldete es ihn nicht lange an seinem Platz, er zahlte und wollte gehen. Da — sieht er an einem kleinen, separaten Tischchen — die Gräfin und den Assessor von Sommerfeld. Beide befinden sich beim Glase Sekt in heiterster Stimmung. Ganz genau vermag Ferdinand

sie zu beobachten und fast ver steht er ihre Worte, Kosenamen scheinen es ihm zu sein nach den verliebten Blicken, die sie miteinander austauschen, zu urteilen. Ach, er verstand ja das Mienenspiel dieses schönen Weibes nur zu genau. Hatten ihm ja doch diese herrlichen Augen so oft mit demselben Feuer geglüht! Und jetzt — jetzt sieht sie ihn! Eine dunkle Röte schießt in die zarten Wangen, sie sucht dieselbe durch ihren Fächer zu verbergen. Was sie jetzt spricht versteht Ferdinand, als er sich näher heran

, dessen majestätischer Er scheinung man mit einer gewissen Ehrerbietung den Weg frei gab, als wäre es eine Königin, sich ohne Mühe Bahn durch das bewundernde Menschengewimmel des überfüllten Cafes. „Es ist mir zu heiß hier, gehen wir auf die Straße,' sagte sie streng und gebieterisch zu Ferdinand, dessen vorwurfsvolle Miene völlig ignorierend. Und er folgte ihr. „Also das nennst du Liebe?' sprach sie draußen in dem efeu umrankten Laubengang vor dem Caft, der wegen des schneidenden Windes heute abend zufällig

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Seite 26 von 32
Datum: 20.05.1911
Umfang: 32
Henschel ist mir sicher!' „Zögere nicht so lange und sei du nicht so sicher, warne ich dich.' „Es muß doch erst eine Passende Gelegenheit sich bieten.' „Bietet sich ja leicht. Ferdinand, Ferdinand, eine reiche Partie könnte uns beide retten.' „Papa, jetzt sind sie wieder da.' „Wer?' fragte Herr Henschel über seine Zeitung hinweg. „Ach geh,' schmollte Adeline, „du denkst nur immer an deine Börsenberichte. „Sie meint die Husaren,' suchte die Schwägerin zu erläutern. Max Henschel lachte. „Wann

ist.' Sie sollte recht behalten. Zwar hatte Ferdinand nicht so recht eigentlich die Absicht gehabt, sofort zu Henfchels zu gehen? doch hatte des Bruders Mahnung, seine Wirkung auf ihn nicht verfehlt. Er durfte sich diesen Goldfisch nicht entgehen lassen. Reiche Partien gab es vielleicht noch mehr, es sollte aber die Persönlichkeit immer mit in Betracht gezogen werden. Adeline war, wenn sie auch einer Toni von Knöterich nicht das Wasser reichen konnte, so doch eine Dame aus der Gesellschaft. Ihre Erziehung

, ihre Bekanntschaften in den besten Kreisen waren immer eine gewisse Garantie. Dann dachte Ferdinand von Salten auch nicht an sich allein. Sollte er den Bruder untergehen lassen? So kam auch der in das richtige Fahrwasser hinein. Der Husar kaufte in einem Blumengeschäft einige Rosen und stand nach wenigen Minuten in dem luxuriösen Salon der Henschels auf der Esplanade. Adeline erschien; sie hatte sorgfältig Toilette gemacht. Ein wenig auffallend vielleicht. Den Blicken des Oberleutnants ent ging

sie, in der linken Hand die Blumen, mit der rechten seine Hand fest umklammernd. Ihre Blicke redeten dabei eine so deutliche Sprache. „Nimm mich hin,' sagten sie. „Siehst du nicht, daß ich mich nach deinen Umarmungen, deinen Küssen sehne?' Ferdinand wußte wohl, er brauchte nur zuzugreifen und er nannte alles sein, danach sein Herz begehrte. Aber er brachte es ooch nicht über sich, das erlösende Wort zu sprechen. Mochte der Goldfisch noch ein Weilchen zappeln. Eine leicht hingeworfene gleichgültige Bemerkung

dessen saß er unter ihnen vor seinem simplen Glase Bier und kaute ungehalten an seinem Schnurrbart, was er zu Zeiten großer Erregung zu tun pflegte. So kam es, daß er am kommenden Vormittag, sobald es sein Dienst erlaubte, wieder vor Adeline Henschel stand. Obgleich es die junge Dame wie ein Triumph durchzuckte, kehrte sie doch heute dem Oberleutnant gegenüber ein äußerst reserviertes Wesen heraus. Ferdinand von Salten durchfuhr ein eisiger Schrecken. Er hatte es mit einer Millionärin zu tun, nach deren

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Seite 22 von 28
Datum: 04.04.1908
Umfang: 28
Ackerflächen, die freundlichen Gehöfte mit den roten Ziegeldächern, alles, alles sah er wie auf ^ mem großen, schönen Gemälde vor sich ausgebreitet. Drunten . der brauste der Strom, der das rastlose Mühlrad trieb, und wie Lärchen aus der Kindheit Tagen klangen des Wassers Weisen alten Sagen, die leine Mutter ihnen einst erzah.t, wenn Agnes auf ihrem Schöße saß uud Ferdinand und 'r se-ber sich eng an sie geschmiegt, als wären sie drei trene Ge- >l.)wister, Kinder derselben geliebten Mutter

. Ja, bei Oberförsters i^'ar es schön gewesen einst! Das hatten Ferdinand und Agnes >o oft wiederholt, als die biederen Wiuklers nichk mehr in der nächsten Nachbarschaft wohnten. ^ ^n schweres Herzleiden hatte den alten Winkler gezwungen, nch mit dürftiger Pension aus dem ilun so vertrauten Revier in eine lerne Stadt zurückzuziehen. !^>ncn ^.räumen wurde Wilhelm plötzlich durch ein lautes ^oc.)en^u der, Ctubentür aufgeschreckt. Sporenklirrend und mit iamcm ^avelrasseln trat da ein schmucker Leutnant in der Uniform

uer gro^herzoglichen Leibgaroe-Husaren herein. Wilhelm er- hochgewachsenen, blonden jungen Offizier auf den Ferdinand von Falkenhorst, seinen früheren intimsten verlegen zwirbelte derselbe an seinem wohl- während er in-t etwas schnarrendes „Wilhelm, dn bist mir böse, das ist ja zu natücüch. Ich sehe meine Schuld vollkommen ein, es ist unverzeihlich, daß ich deine beiden Briefe unbeantwortet ließ, es tut mir das heute ganz be sonders leid. Vergib mir, alter Freund, laß uns wieder Brüder

als Bruder Ferdinand. „Habe ich dich sehr erschreckt?' fragte Fritzchen jetzt mit dem Ausdruck des lebhaftesten Bedauerns auf dein schönen Schelmen gesicht. „Allerdings/' schmollte Agnes. „Es scheint, daß man heute nirgends Ruhe hat. Uud Doktor Schäfer verbot mir doch nach der Aufregung heute früh jegliche Nervenanstrengung. Habe gerade genug von den ebenso teilnehmenden wie aufdringlichen Husaren- leutuants. Der tollste ist Prinz Richard.' „Ach, aber ein schöner Mann! Hatte eben auch die Ehre, vou

ihm begrüßt zn werden. D^ch ich bin zu stolz, selbst von einem Prinzen mich poussiereu zu lassen, bin gerade wie du.' „Nur eine wilde Hummel bist du!' „Sehr schmeichelhaft! Aber hier müssen sie kommen, Ferdinand und dein kühner Retter. Mühten eigentlich schon in Sicht sein. Wenn der Wilhelm nur uicht eigensinnig ist. Fand es rührend von deinem sonst so stolzen Bruder, wie er sich über deine Rettung freute und sein Betragen gegen den Jugendfreuud bereute.' „Ferdinand ist gut von Natur, sein Herz ist edel

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Seite 2 von 28
Datum: 24.07.1910
Umfang: 28
, verschönt durch die Anwesenheit Sr. kaiserlichen Hoheit des Thronfolgers Franz Ferdinand, in jeder Beziehung großartig zu werden. Das Programm des Festes, das vielleicht noch einige Aenderungen oder Erwei terungen erhalten könnte, ist folgendes.- Am 13. August abends Zapfenstreich. Serenade am Kai ser Josef-Platz, Bergbeleuchtung; üln 14. August Weckruf durch Musik und Böllerschüsse; 1/26 Uhr Aufstellung de? Schützen- und Veteianenverrine am Bahnhose, Aufmarsch auf den Festplatz;'/z 10 Uhr

Begrüßungsansprache, Feldmesse, Fest- und Enthüllungsrede, Defilieren der Korporationen vor Sr. k. u. k. Hoheit und den Honoratioren, Fest zug, Aufmarsch zum Schießstande; 12 Uhr Eröff nungsfeier des Fest- und Freischießens am Erz herzog Franz Ferdinand-Schießstande; )/»2 Uhr Festdiner im Prachtsaale des iieuerbauten Hotels „Lieuzerhos': 3 Uhr nachmittags großes Volks fest in der Pfister mit verschiedenen Spielen, Nationalgesang- und Musikkonzerten, 8 Uhr abends beim „Glöcklturm' Festvolstelluiig, Bilder

Ferdinand von Oester- reich-Ejte ein großes „Fest- und Freischießen' statt, welches mit 3220 Kronen Bestgaben ausgestattet ist. Die Bestgaben gelangen wie folgt zur Ver teilung: Erste Festscheibe: „Kaiser Franz Josef Jubiläum'. 40 Beste mit 560 Kr. 1 Best 5 Dukaten. Letztes Best 5 Kr. Zweite Festscheibe: „Tiroler Freiheitskämpfer-Jubiläum'. 40 Beste mit 560 Kr. 1. Best 5 Dukaten. Letztes Best 5 Kr. Distanz 365 Schritte, Nummernblatt 20 Zen timeter, einmalige Gebühr sür je eine Festscheibe

4 Kr. Nach Erreichen einer Nummer auf jeder Festscheibe ist das Schießen ans dieser Scheiben gattung für jeden Schützen vollendet. 3. Schlecker scheibe „Lienz'. (Einschußscheibe). 22 Beste mit 200 Kr. 1. Best 30 Kr. Letztes Best 4 Kr. Di stanz 365 Schritte, Nummernblatt 7 Zentimeter, Gebühr für lO Schuß 1 Krone. 4. Protektor Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand-Schlecker scheibe. 45 Beste mit 1200 Kr. -1. Best ein Be cher aus Silber, Spende Sr. k. u, k. Hoheit Erz herzog-Thronfolger Frvinz Ferdinand, Wert 300

Schuhmacher Patzleiner für 3000 Kronen Einrich tungsgegenstände, Maschinen, Kleider und bares Geld. Der Thronfolger Se. kais.'Hoheit Erzher zog Franz Ferdinand war eine Stunde vor Aus-, bruch des Feuers von den Festlichkeiten in Olang in Niederdorf angekommen, hatte dort im Hotel „Post' diniert und wollte gerade mit Automobil nach Jnnichen fahre», als er des. Brandes ansichtig wurde und zur Brandstätte fuhr. Dort waren die Feuerwehren von Niederdorf und Toblach und. eine Abteilung der Wachbereitschaft

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Seite 31 von 36
Datum: 29.04.1911
Umfang: 36
Menge hin. Sie konnte Ferdinand nicht sehen. Er und Adeline waren nicht unter den Anwesenden. Wohl hatten sich viele ins Freie begeben, aber es saßen doch auch viele hier. Weshalb war Ferdinand nicht in ihrer Nähe ge blieben? Mutzte er nicht die Sehnsucht ahnen, die sie zu ihm zog? Mußte er nicht selber Sehnsucht nach ihr fühlen? „Du bist so still, Toni', sagte das glückliche Geburtstagskind. „Sei fröhlich mit den Fröhlichen. Da nahm Toni sich allen Ernstes zusammen

. Sollte sie nicht einmal so viel Selbstbeherrschung haben, jenes quälenden Gefühls so weit Herr zu werden, daß es der Umgebung nicht auffiele? Und sie bezwang sich und wandte sich mit größecer Liebens würdigkeit ihrem Verehrer zu. Auch sie machten noch eine Runde durch den Garten. Von fern tönten die anmutigen Weisen aus dem Sommernachtstraum zu ihnen herüber. O wie zauberisch schön wäre es gewesen, an des Geliebten Seite hier lustwandeln zu können. Wie hatte Toni sich diesen Abend doch so anders gedacht. Ferdinand und Adeline schritten Arm

kam es ihm zum Bewußtsein, daß er trotz seiner Liebe zu der blonden Toni ge darbt hatte die ganze Zeit. — „Sie tanzen,' sagte Ferdinand von Saiten; seine Stimme klang rauh. „Tanzen auch wir, Herr von Salten', schlug Adeline vor. Gleich darauf wirbelte das Paar auf dem glatten Parkett dahin. O welche Lust! Wie genoß Adeline Henschel diesen Abend! Ferdinand von Salten war nicht mit sich zufrieden, als er sich nach diesem ersten berauschenden Tanze zu seiner Braut setzte. Er fühlte sich ihren großen

die Knöterichsche Equipage gemeldet. Das Geschwisterpaar fuhr heim. Toni lag nachlässig in ihrer Ecke zurückgelehnt. „Müde?' fragte Benno. „Ja.' Toni erfand ein diskretes Gähnen. Doch war sie nicht müde. Niemals war sie so wach gewesen, wie eben jetzt. Ferdinand von Salten war noch zurückgeblieben. Er hatte sie an den Wagen begleitet, hatte ihr zärtlich die Hand geküßt und war zurückgegangen — zu ihr. Wie haßte Toni in diesem Augenblicke die lebhaste Adeline, die sich so aufdringlich an ihres Verlobten Fersen

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