Kurze Auslandschau. Lloyd Georges „Füvfjahrplau". Bor einigen Tagen überraschten die englischen Blätter die Welt mit der Nachricht, daß David Lloyd George, Füh rer der ehemals mächtigen Liberalen, schon zu Anfang des Jahres in die Politik zurückkehren würde. In England, und eigentlich in der ganzen Welt, hatte man sich daran gewöhnt, in Lloyd George nur noch eine große Figur aus den Tagen des Weltkrieges und von Versailles zu sehen. Die „Erinnerun gen" dieses heute 72jährigen Wallisers
waren jedoch ein Be weis dafür, daß Lloyd George noch nicht zu den „Ijiftori» fchen" Politikern gerechnet werden darf. Wie aus der Unterredung, die er Vertretern der großen Tagespresse gewährt hat, hervorgeht, beschäftigt er sich mit der Ausarbeitung eines großen „Wiederaufbauprogrammes" für die englische Wirtschaft. „Seit einigen Monaten", so er klärt er, „habe ich Besprechungen mit Männern der verschie densten Berufe, vom Großindustriellen bis zum Arbeiter, und mit Angehörigen aller Parteien
, von den Konservativen bis zu den Sozialisten, gehabt. Mein Plan wird ein „Fünfjahr plan" fein, wie die „Piatiletka" Sowjetrußlands, und die Aus arbeitung wird von einem „Gehirntrust" besorgt, ganz nach dem Vorbild des Präsidenten Roasevelt. Deshalb ist auch die Bezeichnung „New Deal" für diesen Plan durchaus ange bracht. Nach allem, was man hier erfahren konnte, scheint Lloyd George ziemlich radikale Richtlinien zu verfolgen, zumindest für englische Verhältnisse. Er glaubt sich dazu ausersehen, England
zwischen Konservativen und der Imbour Party bringen werden, ist das Erscheinen Lloyd Georges von größtem Interesse. Lloyd George selbst hat nicht die Absicht, seinen Plan mit Hilfe einer Partei durchzusetzen, er möchte nur an den „common sense“ der Engländer appellieren. Die polttische Lage in England erfordert jedoch heute, daß eine große Partei die Patenschaft für den „Fünfjahr- plan" übernimmt. Welche? Lloyd George gibt sich der Hoff- nng hin, daß Labour Party und Tories bei der nächsten Wahl gleichstark
sein werden und daß er dann, wie schon so oft, den entscheidender! Machtfaktor büden wird. Den Tories allein traut Lloyd George dis Verwirklichung seiner Pläne nicht zu, und die Sozialisten an der Regierung würden seiner Meinung nach das Land von neuem in schwerste Erschüt terungen stürzen. Die größte Wahrscheinlichkeit besteht dafür, daß der alte Liberale, der anfangs auf dem extremen Flü gel stand, als Mitglied, vielleicht sogar als Führer der Arbei terpartei auf der politischen Bildfläche erscheinen wird. Diese Lösung wäre