Kaiser Karl ein Heiliger? Zur Wiederkehr des 50. Todestages am 1. April 1972 / Von Erzpfarrer Robert Mieler Das Urteil darüber steht der Kirche zu. Und man mag beruhigt sein: falls sie es jemals füllen sollte, wird es erst geschehen nach sorgfältiger Prüfung sämtlicher Dokumente und Berichte von Augen* und Ohrenzeugen. Mag vielen die Gestalt eines Kaisers in unserer Zeit, überholt erscheinen — niemals überholt sich das lichte Bild eines Menschen, der, auf die höchste Warte djeses Lehens
das Offizierskasino verlassen, wenn gewisse Gespräche beginnen wollten. Die Er füllung religiöser Pflichten war ihm jederzeit selbstverständlich.. Ein Zeuge aus diesen Jahren ist Sigismund Waitz, geborener Brixner, zeitweilig sein Reli gionslehrer und späterer Erzbischof von Salzburg. Erst als Rudolf, Kaiser Franz Josefs einziger Sohn, Selbstmord be ging, und Franz Ferdinand in Sarajewo erschossen war, wurde Karl Kronprinz. Trotzdem bezeichnete ihn eine über natürlich begnadete Ursuline, Mater Vin- zenzia
, gestorben 1902, als den nächsten Kaiser und sagte: „Man muß viel für ihn beten, denn er wird einmal Kaiser werden und er wird viel leiden müssen. Er wird ein besonderer Angriffspunkt der Hölle sein*. Auch Pius X. bezeich nete ihn schon 1911 als den künftigen Kaiser. Als dann durch den Mord von Sara jewo, den Pius X. nicht umsonst als den Funken am Pulverfaß bezeichnete, die Regierung in Österreich vor die Frage gestellt wurde, ob Krieg oder nicht Krieg, wurde der Thronfolger Karl kein einzigesmal
trage“. Er war aber auch schuldlos an allem, was der Krieg mit sich gebracht lat. Seine Tragik^wares,, daßer einen jereits verf^éneo,jfcaree|j ; ’w schieben jekam. Karr sFarfthbni. af die soge nannte Sixtusaffäre. Es war einet seiner Versuche; eipen ehrenvollen Frieden zu erreichen. Mit Hilfe seines Schwagers Sixtus versuchte er Fühlungnahme mit den Gegnern, besonders mit Frankreich. Sein Bundesgenosse, der. säbelrasselnde Kaiser Wilhelm, dem mail wegen seiner sinnlosen und großmäulerischen Reden
, daß ich nur für ein Volk da bin. ich bin Österreicher, Un gar, Tiroler, Kroate usw. Ich muß für alle da sein“. Oder: „Gerechtigkeit, und wenn es mich den Thron kostet“. Eines seiner Worte zeigt Karls Innerstes auf: „Als Kaiser muß ich mit dem guten Bei spiel vorangehen. Wenn jeder nur seine Christenpflicht täte, wäre nicht so viel Haß und so viel Leid auf dieser Welt“. Trotzdem war sein ganzes Streben ein Mißerfolg. Er hat die Lage nicht mehr gemeistert, weil sie nicht mehr zu mei stern war. Aber seine Größe besteht