Personen, so erhalten wir einen täglichen Leser kreis von 50.000 Personen. Kein Prediger hat so viele Zuhörer, kein Lehrer hat so viel Schü ler, kein Professor hält so viele Vorlesungen! Und wir müssen dabei bedenken, daß es Blät ter gibt, die in Hunderttausend Exemplaren er scheinen und eine Million Leser haben. Aber nicht bloß das größte geistige Verkehrsmittel ist die Presse, sie ist auch das bequemste, das schnell ste und billigste. Um die Zeitung brauchen wir uns ja nicht zu bemühen, sie kommt
an die Tür unserer Wohnungen, sie geht mit uns auf Rei- ' sen, sie erwartet uns auf Bahnhöfen und in Gasthäusern, sie ist das schnellste Verkehrsmit tel, denn die Zeitung bringt uns täglich einmal oder zweimal das Neueste und Interessanteste, was es gibt auf allen Gebieten des Wissens und Könnens und Geschehens. Sie ist das bil ligste Verkehrsmittel, kein Preßerzeugnis ist so billig als wie die Zeitungen. Legen wir nur einmal die Zeitungen von einem Jahr zusam men und vergleichen wir den Stoß
mit den paar Kronen, die sie kosteten, und wir werden uns alle verwundern, daß man um ein so kleines Geld so vieles drucken kann. Dabei bietet uns die Zeitung alles, was wir brauchen können: Belehrendes, Unterhaltendes, Nützliches und Angenehmes, für alle unsere Bedürfnisse will sie Sorge tragen. Es ist kein Wunder, wenn die Zeitung dem modernen Menschen ein Be dürfnis geworden ist, wenn er sie mit Sehnsucht erwartet, mit Leidenschaft liest, wenn es bald keine Familie mehr gibt
, die nicht die eine oder andere Zeitung hält. Es ist aber auch kein Wunder, wenn die Zeitung einen ungeheuren Einfluß ausübt auf das Denken und Wollen, auf das Tun und Lassen ihres Leserkreises, wenn sich zwischen Leser und Zeitung nach und nach jenes innige Ergebenheitsverhältnis her ausbildet, das man mit dem Worte Leibblatt bezeichnet und das darin besteht, daß der Leser alles für wahr und gut hält, was die Zeitung für wahr und gut hält, und daß man alles ver wirft, was die Zeitung verwirft. Ist es ja im mer noch ein großer Teil
der Leser, der an dem Grundsatz festhält, der in einer längst ent schwundenen Zeit einmal etwas Wahres an sich gehabt hat und der lautet: was gedruckt ist, muß wahr sein, und wenn es nicht wahr wäre, wäre es nicht gedruckt. So ist es einigermaßen er klärlich, daß die ganze moderne Gesellschaft im Bannkreis der Presse steht und die Presse die ganze öffentliche Meinung beherrscht. Und man darf das nicht einmal eine Schwäche oder einen Mißstand nennen, denn wir sind wirklich auf die Zeitung angewiesen