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Brixener Chronik
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Seite 6 von 8
Datum: 11.04.1916
Umfang: 8
, nicht wahr?' Sie senkte die Augen und nickte. „Ja, Hasso. Und man fürchtet sich fast, seinen Ge danken Worte zu g^ben.' Er atmete tief auf. „Nein, Rose, das ist es bei mir nicht. Was mich zum Schweigen brachte, war ein Gedanke, der mix das Herz so bewegte, daß ich ihn nicht gleich in Worte fas sen konnte. Aber jetzt will ich es tun, Rose. Die Mi nuten sind kostbar, man darf nicht eine vergeuden. Ich habe einen Wunsch auf dem Herzen, Rose — eine Bitte. In den letzten Tagen, seit meiner Mutter Tod

, habe ich mich in banger Sorge gefragt: Was soll nun mit Rose werden — und was mit Falkenried, wenn Rose hier fort müßte? Ehe der Krieg kam, mußte ich mir sagen: Du kannst mit Rose nicht mehr wie bisher in Falkenried zusammenleben, nun die Mutter tot ist. — Hast du auch darüber nachdenken müssen, Rose?' Sie atmete tief auf, ohne die Augen zu ihm zu erheben. Etwas Hilfloses, das er sonst nicht an ihr kannte, lag über ihrem Wesen und rührte ihn. »Ja, Hasso, ich habe daran gedacht und mir auch gesagt

ist ja diese Frage vorläufig gelöst, nicht wahr ?' „Ja, Rose — aber nur für den Fall, daß ich zu rückkehre. Solange ich am Leben bin, bis du hier in Falkenried -wohl aufgehoben. Aber — wenn ich nun falle?' 5« 187 Sie zuckte zusammen, senkte das Haupt und preßte die Hände wie im Krampf ineinander. „Das wolle Gott verhüten,' sagte sie mit verhal tener, tonloser Stimme. Er legte seine Hand auf die ihre. „Man muß damit rechnen, Rose. Ich tue es je denfalls. Und ich will dich auf alle Fälle in gesicher ten

Verhältnissen zurücklassen, auch auf den Fall mei nes Todes.' Sie konnte nicht antworten. Und so fuhr er fort: „Ich bin nun endliche auf einen Ausweg gekom men, Rose, den ich für den natürlichsten und verstän digsten halte, vorausgesetzt, daß du ihn gehen willst.' „Was ist das für ein Ausweg, Hasso?' fragte sie, ihre Erregung niederzwingend, so ruhig wie mög lich, und sah ihn fragend an. Er zeigte ernst und ruhig nach der Tür. „Da gingen eben zwei junge Menschen von uns, Rose. Der Pfarrer

will sie, mit noch zwei anderen Paaren, heute abends noch zusammengeben für Leben und Tod. — Willst du diesen selben Weg mit mir ge hen, Rose?' ' ? Sie saß einen Augenblick wie gelähmt und sah ihn mit großen Augen an, als verstehe sie ihn nicht. Und dann fuhr sie plötzlich auf und stand hochaufgerichtet vor ihm. „Hasso!' Fest faßte er ihre Hände. „Das kommt dir überraschend, Rose. In einer Zeit, wie wir sie jetzt erleben, werden schnelle Ent schlüsse geboren und kleinliche Bedenken ohne weiteres beiseite geschoben

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Brixener Chronik
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Seite 5 von 8
Datum: 22.02.1916
Umfang: 8
Herzen wollte sie diese Dankbarkeit verwahren gegen ihn, den sie mehr liebte, als ihr Leben. Sie tat Rita nun den Gefallen, sich über das hübsche Schmuckstück zu freuen, obwohl ihr Herz nicht an solchem Tand hing. Die beiden jungen Mädchen plauderten noch ein Weilchen. Dann huschte Rita davon, nachdem sie Rose noch einmal herzlich geküßt hatte. Rose saß noch lange und sah mit träumenden Au gen vor sich hin. Ihr war so froh und feierlich zumute, wie noch nie im Leben. Seltsamerweise bedrückte

noch seine Mutter waren -Renschen, die auf einem Unrecht, das sie erkannten, be gehen blieben. Sie suchten gut zu machen, wre Rtta. lvas sie versäumt hatten, wenn sie auch ihr Unrecht mcht c offen eingestanden und zugaben, wie Rita es getan. 21 Rita sprang auf und trat zu ihrem Bruder. „Ja, Hasso, dieser Ansicht muß ich mich, nun ich mir das über lebt habe, unbedingt anschließen. Ich werde jedenfalls deine Mahnung beherzigen und versuchen, Rose in Zu kunft noch schwesterlicher als bisher zu begegnen

. Ge dankenlos habe ich bisher auch die Ansicht gehegt, daß wir Rose Wohltaten erweisen. Du hast mir die Augen geöffnet. Ich werde mich bemühen, gut zu machen, was ich bisher versäumt habe, das verspreche ich dir.' Hasso sah freundlich in das reizende Gesicht seiner Schwester. „Du bist ein Prachtmädchen, meine kleine Rita?' Das Thema wurde nun beendet. Hasso wußte, daß seine Eltern sich seine Worte bedenken und dann nach ihrem Ermessen handeln würden. Und das geschah auch. Man kam Rose wärmer und herzlicher

entgegen und sagte ihr zuweilen ein Wort der Anerkennung. Frau von Falkenried erhöhte Roses Taschengeld mit dem Bemerken, Rose möge sich doch etwas feiner kleiden, damit sie nicht so sehr gegen Rita absteche. „Man denkt ja sonst, wir halten dich wie ein Aschenbrödel, Rose,' sagte sie dabei. Herr von Falkenried schenkte Rose das Reitpferd, das sie bei ihren Ritten über die Felder benutzte, und dazu ein neues Sattelzeug. Bisher hatte Rose einen abgelegten Sattel von Rita benutzt. Und er nannte

sie scherzend seinen kleinen Minister des Aeußeren und Inneren. Rita zeigte sich besonders herzlich gegen Rose. Gleich am folgenden Abend nach der Unterredung mit Hasso war sie in Roses Zimmer getreten, ehe sie schlafen ging. Rose saß noch über den Wirtschaftsbüchern und sah verwundert auf. „Du bist noch wach, Rita?' „Ja. Rose. Ich wollte dir. ehe ich schlafen gehe, eine Freude machen. Sieh, dies Armband mit den Sa phiren und Perlen, das dir immer so gut gefiel, möchte ich dir schenken.' Rose sah

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Brixener Chronik
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Seite 4 von 4
Datum: 04.05.1916
Umfang: 4
?' „Ja. Trina — ja. Nun schnell — sage es den Leuten. Und alle Hände ans Werk, um das Haus zu richten, damit alles bereit ist. Ich laufe zum Verwal ter hinüber, um es ihm zu sagen/' Da wurde es nun mit einem Schlage wieder leben dig in Falkenried. Alle Hände regten sich, um dem gnädigen Herrn einen festlichen Empfang zu bereiten. In den ersten Trubel kam an Rose ein Brief von Rita: „Meine geliebte Rose! Dir muß ich nun endlich melden, daß mein Rainer nicht wieder in den Krieg ziehen muß. Sein rechter Arm

ist wohl geheilt, aber trotz aller Kuren ist er steif geblieben: er kann ihn nur mit Mühe bewegen, weil eine Sehne verletzt ist. Mein Rainer ist sehr betrübt darüber: noch ist ja Oesterreich von Feinden bedroht, und es quält ihn, daß er nun tatenlos daheim bleiben muß. Aber ich, meine Rose — Dir kann ich es ja gestehen — ich danke Gott dafür, daß erblicht wieder fort muß. Wenn ich an unsere arme Joseph« denke, die so bloß und traurig ist und nur immer mit tränenden Augen auf ihren kleinen Rudi

herabsieht, da komme ich mir unsagbar reich und beneidenswert vor. Möchte doch bald Frieden werden, daß in alle Herzen wieder Ruhe kommt. Grüße Hasso herzlich, wenn Du ihm schreibst. Deine Rita.' Rose antwortete auf diesen Brief mit einem Tele gramm: „Hasso meldet mir eben seine bevorstehende Ankunft in Falkenried. Sobald er angekommen, be richte ich mehr. Rose.' Viel zu langsam vergingen die beiden Tage bis zu Hassos Ankunft. Endlich war die Stunde gekommen. Rose wäre zu gern nach dem Bahnhof gefahren

. Aber sie dachte daran, daß ihr Hasso einmal geschrieben hatte, daß er sich ausmalte, wie sie ihn am ^arktor in einem weißen Kleide empfangen würde, und so erwar tete sie ihn hier. Nicht zwei Minuten mußte sie warten, bis der Wagen kam. Hasso sprang heraus. Rose flog auf ihn 265 zu — er fing sie in seinen Armen auf und preßte sie in nig an sich. Sie sahen sich in die Augen, heiß und tief, und die Blicke wollten nicht von einander lassen. „Meine süße Rose? Hab' ich dich endlich wieder! Run lasse ich dich nimmer

, nun bist du mein mit Leib und Seele, für alle Zeit,' flüsterte er mit tiefer Zärt lichkeit und küßte sie wieder und wieder. Und hinter Rose war Trina vom Schloßpark her- übergebaufen, wo die Leute sich aufgestellt hatten, um den gnädigen Herrn zu begrüßen. Und vom Kutschbock war der Frieder herabgesprungen und hielt nun die Trina in seinen Armen. Sie kümmerten sich so wenig wie ihre Herrschaft um das, was um sie her vorging. Als Rose hörte, welche Aufgabe Hasso von Exzel lenz von Bogendorf erhalten hatte, hätte

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Seite 5 von 8
Datum: 14.04.1916
Umfang: 8
zu einer kalten Sauce zerflossen g>ar, als er seinen Spruch mit einem dreifachen Hurra — die Wendung überraschte allgemein — auf den Oberkellner der „Blauen Rose' beendigte. Nach dieser Rede verfiel Thomas Convadin in ei nen Wtrübenden Zustand der« Teilnahmslosigkeit. Nur gmoerlen sagte er leise und zu sich selbst: „Prost?' und trank aus dem längst leeren Sektkelch einen imaginären Ganzen auf sein Spezielles. ' ' Bon nun an ist meine Erinnerung lückenhaft Es muß schon einige Stunden später

über Erweichungsherde im Gehirn, über Pfrop fenbildungen in den Hirngefäßen und über Entartun gen der Gefäßwände nur mäßig auffrischte. Ich lehnte das Pilsener Bier ab, konstatierte noch, daß Thomas Tonradin neben mir in einem Sessel lag, den Kopf mit einer Serviette zugedeckt, und schnarchte; dann döste ich selbst ein bißchen weiter. Der erste Schimmer des Morgens fiel in das Hin terzimmer der „Blauen Rose', als mir Möpsel auf die Schulter schlug und mich ermunterte. Er war schon in Hut und Paletot

sollte Rose lange keine Antwort bekommen, denn infolge der Mobilisierung in Deutsch land und Oesterreich-Ungarn war die Postverbindung in diesen Tagen sehr mangelhaft und langwierig. — Inzwischen traf von Rita ein Brief an Rose ein, den sie schon vor einer Woche geschrieben hatte. Sie be richtete, daß ihr Gatte, Baron Rainer Hohenegg, zu gleich mit dessen Schwager, dem Grafen Rudi Haßbach, die beide demselben Regiment angehörten, bereits ins Feld abgegangen seien. In den ersten Tagen erhielt Rose

von ihrem Gat ten nur einige Male eine kurze Nachricht, die er der Minute abgestohlen hatte im Drange der Geschäfte. Aber so flüchtig diese Zeilen auch hingeworfen waren — für ein Liebeswort fand er doch noch Zeit. Und Rose drückte diese kurzen, flüchtigen Briefe inbrünstig an ihr Herz und verwahrte sie wie ein Kleinod. In einem dieser Briefe teilte Hasso mit, daß ihn? Hans von Axemberg als Beobachter zugeteilt wurde - und daß dessen Braut, Rola von Steinberg, beim Ro ten Kreuz eingestellt sei. Ihr Vater

dem Feldlager der Deutschen. Tiefe Ruhe war uoer dein Lager. In einem großen Zelt hatte das ^iote ^-reuz ein fliegendes Lazarett aufgeschlagen und seine Tätig keit entfaltet. 197 Hasso sah nach Rose zurück. Sie war mit unsicheren Schritten bis in die Mitte des Zimmers getreten, und da stand sie, schwankend, als trügen sie ihre Füße nicht mehr weiter. Sie war leichenblaß und der Abschieds schmerz schüttelte sie wie ein schweres Fieber. Da war Hasso plötzlich mit zwei Schritten an ihrer Seite und umfaßte

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Seite 5 von 8
Datum: 09.08.1917
Umfang: 8
, da hob Rose ihr tränenfeuchtes Gesicht zu Josefa auf: „Nimm mich mit, nach Hause!' Frau Josefa zuckte zusammen. Aus ihren Augen sprach ein großes Leid : „Wir haben kein Heim mehr, Rose!' Leise, müde kam es von ihren Lippen. Kein Heim — plötzlich erfaßte Rose die volle Be deutung der Worte. „Kein Heim ?' schrie sie auf; ihr Körper schüttelte sich im Krämpfe ungeweinter Tränen. Frau Josefa nahm sie in ihre Arme: „Wir müssen uns ein neues Heim schassen, Rose. Die alte Wohnung ist bereits

von anderen Menschen be zogen. Jedes Ding will seine Ordnung und sein Recht. Dieses Recht fragt nicht nach Tod, sragt nicht nach Leid: es geht seinen Weg und blickt nicht nach rechts noch links ' Ein Zittern ging noch immer durch Roses Glieder, aber sie bezwang sich. Sie wollte stark sein: „Erzähl' mir von zu Hause,' bat sie. „Was macht der Hannes und die Suse, sind sie noch immer bös mit einander ?' „Der Dorsschmied will die Suse heiraten, der Han nes mag sie nicht mehr.' „So, so,' sagte Rose, wälzte aber bereits

eine an dere Frage durch ihren Kops, scheute sich, sie auszuspre chen und tat es schließlich doch.' „Was macht Joses?' „In Ungarn ist er; er hat sich versetzen lasten.' Rose sagte darauf lange Zeit kein Wort. Auch Frau Josesa schwieg. Beider Gedanken gingen einem Ziele zu: Joses. Endlich fing Rose wieder an: „Mama will nach dem Süden. Ich soll mitgehen; sie will mich recht bald wieder rot und froh sehen. Aber ich werde nur zu Hause wieder gesund.' -t I! 133 „Es ist so finster hier,' sagte Karsten

. „Ja.' — Mehr sprach die Baronin nicht. Ihre Stimme war tonlos, sie rührte sich nicht. Karsten griff nach dem Halse — das aussteigende Blut beengte ihn: „RoseRose!' stotterte er. „Rose ist in ihrem Zimmer bei der Kleinen,' sagte die Baronin. „Soll ich sie rufen lassen?' Karsten richtete sich auf. Er hotte nicht gemerkt, wie matt die Stimme der Baronin war. Er hatte nur eines gehört: „Rose ist gesund. Sie nimmt es gleichgültig hin, daß Bela ' Frau von Orzi sah den Forstmeister zweiselnd

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Seite 5 von 8
Datum: 27.07.1917
Umfang: 8
Kilo, ein anderer machte mir ein Angebot von 40 Heller per Kilo. Ich kann aber ohne Selbst überhebung sagen, daß der größere Teil meiner Ernte vorzüglich erhalten ist. Und nun kostet in Meran am Obstmarkte dasselbe Obst so viel! Aber trotzdem werden die Bauern als Wuche- „JrrweW« der Liebe. Roman. 92 Als er Rose sah, ging ein heißer Schreck durch seine Glieder, seine Augen wurden weit und dunkeZ. Er blieb oben auf der Treppe stehen, sprach kein Wort, sah Rose wie eine Erscheinung

an. War es das Mond- licht, das seine Gestalt so schön und stattlich aus dem grünen Türrahmen hob? War er gewachsen, seit Rose ihn das letztemal gesehen? War seine Stirne höher, sein Haar dunkler, der Blick seiner Augen tiefer ge worden? Ein anderer stand vor ihr als der Spielgefährte ihrer Jugend: ein anderer . . . und doch derselbe. E sprach aus seinen Augen zu ihr die alte Treue. Da flutete es heimatfroh durch ihre Seele. — Alles, was sie in den letzten Tagen gedrückt undtraurig ge macht hatte, floß

in der Kinderzärtlichkeit zusammen, die oft, ach so oft, in sein Ohr gedrungen, wenn die kleine Rose vor irgend etwas erschrocken war: „Mir wird so bange nach dir, Joseph?' Es zuckte in seinem Gesicht. Ueberrascht, ja be stürzt sah er sie an. Unwillkürlich streckte er die Hand nach ihren kleinen Händen aus, die sie ihm entgegen hielt. Sie stand noch immer unten an den Treppenstufen und sah zu ihm auf: ihr weißes Gesicht lag im Schat ten. Es war die alte Rose, im hechtgrauen Täckchen, das aus ihres Vaters Mantel

gearbeitet worden war. Die alte Rose, und doch ... der Ring an ihrem Fin ger . . . nein, es war die alte Rose nicht. Seine Brauen zogen sich zusammen', die Hand, die sich ihr entgegengestreckt hatte, griff nach dem Flinten riemen, seine Lippen riefen den Hunden, die freudig bellend an Rose aufsprangen: „Pfui, Lord, pfui, Bagatell!' Die Tiere legten sich gehorsam zu seinen Füßen nieder, wedelten mit der Rute, sahen zu ihrem Herrn und wieder zu Rose hinüber, als wollte sie sagen: „Nanu, ihr zwei . . . habt

euch doch nicht so. 89 Rose war in eines ihrer alten Kleider geschlüpft. E<.- paßte nicht mehr, war hier zu eng, dort zu weit. Ihr junger Körper hatte sich gewandelt unter den pfle genden Händen einer geschickten Zofe. Aber sie behielt es an — sie fühlte sich im Forsthause nicht wohl in den modernen Kleidern-, nach und nach kam ihr auch das Gefühl des trauten Zuhauseseins wieder zurück. Sie lief durch alle Zimmer, lächelte den alten bil ligen Großvaterstand an und freute sich darüber. An jedem Stück hing

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Seite 5 von 8
Datum: 14.03.1916
Umfang: 8
der fremden jungen Dame, gerade in dem Moment, als sie den Schreibtisch! abgeschlossen und das Schlüsselbund aus dem Schloß gezogen hatte, sah Nataschka, die den Blick nicht von Rose ließ, nicht, daß ein zusammengefal tetes Papier aus ihrer Handtasche glitt und lautlos auf das weiche Eisbärsell vor dem Schreibtisch niedersiel. Ihre zitternden Hände mühten sich zu nervös und ha stig, die Schlüssel zu verbergen. Rose sah wohl dies Papier fallen, sie war aber, gleich der Fremden, so fassungslos überrascht

sind sie? Was wollen Sie hier?' herrschte sie Rose an, als sei diese ein unbefugter Eindringling. Nataschka war schon in mancher gefährlichen Situ ation gewesen und wollte sich schnell zur Herrin dieser Szene machen, gleichviel auf irgendwelche Art. Rose trat nun einen Schritt näher. ..Ich bin Rose von Lossow und warte hier auf mei nen Vetter Hasso von Falkenried und seine Mutter. Und wer sind Sie?' Diese Frage Roses klang weniger schroff. Eine Ahnung sagte ihr, wer die schöne Fremde sei, Sie glich Hassos Beschreibung von der Dame

seines Her zens. Und doch erschien es Rose kaum glaublich, daß sich Nataschka von Kowalsky in Hassos Arbeitszim mer an seinem Schreibtisch befand. Nataschka hatte sich 95 schnell wieder in der Gewalt. Blitzschnell überlegte sie, was sie nun tun und sagen sollte. Welch' ein Glück für sie, daß Rose nicht früher hier eingetreten war und sie noch bei ihrer Arbeit überrascht hatte. Sie zwang sich nun zu einem schelmischen Lächeln. „O, wie haben Sie mich erschreckt durch Ihr Eintre ten, gnädiges Fräulein

. Ich bin sozusagen ein wenig auf verbotenen Wegen von Ihnen überrascht worden und nun muß ich Ihnen wohl eine Erklärung geben und mich vor allen Dingen vorstellen. Ich bin Nataschka von Kowalsky. Rose atmete tief auf. Ihre Hände krampften sich zusammen. „Ich dachte es mir, wenn es mir auch seltsam er schien,' sagte sie halblaut. Nataschka trat vom Schreibtisch fort auf sie zu. „Oh, Sie haben schon von mir gehört?' forschte sie lächelnd, scheinbar ganz unbefangen und sicher. „Ja, mein Vetter sprach

von Ihnen und beschrieb Tie uns genau,' antwortete Rose, und ihre Augen lie ßen nicht von Nataschkas Antlitz, auf dem jetzt wieder süßes und zauberisches Lächeln erschien. Schelmisch blickte sie Rose an. ..Ach, dann wissen Sie wohl auch, daß er um meine Hand angehalten hat?' „Ja, das weiß ich,' erwiderte Rose ernst. Es war ein tiefes Gefühl der Abneigung in ihrer Teele gegen dies schöne, lächelnde Geschöpf. Nataschka lachte leife. „Also gibt es kein Geheimnis vor Ihnen. Sicher wissen Tie

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Seite 3 von 4
Datum: 11.03.1916
Umfang: 4
fortgefahren.' Nataschka machte ein gan-z betrübtes, enttäuschtes „Ach, wie schade — da habe ich mich doch verspätet. Wir haben uns verfehlt. Wissen Sie, wohin sich die Herrschaften begeben haben?' Riemer entging der lauernde Ausdruck ihrer Augen. „Nein, gnädiges Fräulein, ich glaube aber, die Herrschaften wollten einen Besuch- machen.' Nataschka stand wie unschlüssig. 85 „Aber was tun wir nun mit Rose, solange wir bei den Damen von Kowalsky zum Tee sind, Mama ?' fragte Hasso, jetzt erst daran denkend

, daß Rose sie nicht begleiten konnte. Frau von Falkenried sah Rose unschlüssig an. „Ja, richtig, Rose, was tun wir mit dir?' Rose hatte allerdings angenommen, daß sie Mut ter und Sohn begleiten würde und hatte sich vor diesem Besuch nicht wenig gefürchtet. Da Hasso jedoch ganz vergessen hatte, Rose bei den Kowalsky'schen Damen zu erwähnen, war diese auch nicht eingeladen, und unge laden konnte sie nicht mitgehen. Jedenfalls war sie im Innern froh darüber. Sie traute sich noch nicht die Kraft

zu, Nataschka ruhig zu begegnen. „Ich kann vielleicht inzwischen noch einiges besor gen, Tante Helene,' schlug sie vor. Die alte Dame überlegte. „Das sehe ich eigentlich nicht gerne, Rose. Du kannst das nicht gut allein tun, bist hier zu unbekannt, höchstens die Bäckereien für den Christbaum könntest du besorgen. Ich sah, als wir hierherfuhren, nur we nige Häuser von Hassos Wohnung entfernt eine große Zückerbäckerei. Da könntest du allenfalls hingehen und hättest immerbin eine gute halbe Stunde damit zu tun

.' „Und die übrige Zeit machst du es dir hier bei mir bequem, Rose. Riemer kann dir Tee bereiten, und wenn du dich langweilst, da findest du drüben in mei nem Arbeitszimmer Bücher und Zeitungen. Wir kom men auf dem Wege nach dem Hotel doch hier vorbei und holen dich dann ab. Ist dir das recht so?' Rose nickte. „Gewiß, Hasso. Ich gehe dann jetzt gleich in das Zuckerbäckergeschäft.' „Wirst du es finden, Rose?' „O ja. ich habe es auch gesehen, als wir oorüber- — Ich erwarte euch hier.' Sie reichte Hasso und Frau

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Seite 6 von 8
Datum: 08.04.1916
Umfang: 8
regten sich in seiner Seele. Seine Augen blitzten kühn und scharf, als rich teten sie sich bereits aus den Feind. Jetzt war für ihn die Zeit gekommen, sich selbst die Seele rein zu baden von dem Borwurf, daß er eine einzige Stunde einem Weibe gegenüber die Vorsicht außeracht gelassen hatte, die für seinen Berus Hauptbedingung war. Und wenn er fiel in Feindesland? Dieser Gedanke machte ihn nicht bange. Aber da bei mußte er wieder an Rose denken. Die Frage, was nun aus ihr werden sollte, wurde

nun mit einem Male dringender und mußte zwischen heute und Montag früh entschieden werden. Zwar konnte Rose nun vorläufig ungestört in Fal kenried bleiben, denn er reiste ja nun ab. Und in ihren Händen wußte er Falkenried wohl geborgen, solange er fern war. Aber — wenn er nicht wiederkehrte — wenn er fiel — was wurde dann aus Rose? Falkenried war Majorat, und wenn er ohne Lei beserben, ohne einen Sohn zu hinterlassen, starb, dann kam ein entfernter Verwandter nach Falkenried. Und dann hatte Rose kein Recht mehr

, hier zu bleiben. Man würde sie aus der Heimat vertreiben, und sie würde verlassen und schutzlos im Leben stehen. Er sprang auf und lief unruhig auf und ab. Was er tun sollte, um ihre Zukunft auf alle Fälle sicherzu stellen, wußte er nicht, er kam auch jetzt nicht zur Klar heit darüber. Andere Gedanken drängten sich ihm auf. Aber eins war ihm klar — geschehen mußte irgend etwas für Rose. Jetzt mutzte er nochmals auf den Flugplatz hin über. Rose war nicht daheim. Jetzt in der Ernte kam sie spät von den Feldern

zurück. 179 . Er hinterließ, daß sie nicht mit dem Abendessen aus ihn warten sollte, da er drüben vielleicht länger aufgehalten würde. Das wurde Rose bestellt, als sie nach Hause kam. Es befremdete sie nicht. Sie wußte, daß Hasso ein neues, schweres Werk vollendet hatte, und wenn ihn etwas Interessantes drüben bei der Arbeit festhielt, vergaß er Zeit und Stunde oft. Erst als sie, wie jeden Abend, im Hause herumging und alles abschloß, kam Hasso nach Hause. Sie be grüßten einander mit warmem

Händedruck. „So lange warst du heute bei der Arbeit, Hasso? Ist alles nach deinem Wunsche gelungen?' „Ja, Rose. Alles geht tadellos. Und du bist auch noch nicht zur Ruhe?' „Ich hatte noch einiges in die Bücher einzutragen. Jetzt in der Ernte bleibt mir am Tage wenig Zeit da für. Aber nun bin ich auch rechtschaffen müde.' „Nun gute Nacht, Rose — du bist müde.' „Gute Nacht, Hasso' Sie stieg die Treppe empor zu ihrem Zimmer hin aus. Er blieb in der Halle stehen und sah ihr nach. Sie trug ein Licht

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Seite 5 von 8
Datum: 03.07.1917
Umfang: 8
gesagt werden, daß die Kriegsanleiheversicherung sich als ein Volksbedürfnis erwiesen hat. .Irrwege der Liebe.' Roman. 8 Aber es stand sonst hier eine Bank im Wasser, die die Waschfrauen benutzten, wenn sie ihre Wäsche im Flusse spülten. Die Bank war fort. Irgend jemand hatte sie entwendet. Ratlos sah Rose ihren Begleiter an. „Was machen wir nun? Bis zur Brücke ist es doch sehr weit, — Vater wird brummen, wenn ich gar so spät nach Hause komme.' Er sah sie mit warmen Blicken an und lächelte. „Ich trag

' dich halt hinüber, Rose. Es wäre ja nicht das erste Mal.' Nein, es war nicht das erste Mal? Oft genug hatte er sie über den Bach getragen, aus purem Uebermut. nur weil es ihr Spaß gemacht hatte. Aber heut' — sie sah verlegen in sein Gesicht und senkte den Blick. „Ich nehme dich in den Arm,' sagte Josef gepreßt, aber so bestimmt, daß sie nicht nein sagen konnte. Sein Wille beherrschte den ihren, wie schon so oft. Er hob sie auf, erfüllt von dem Glücksempfinden: Nun habe ich sie doch in meinem Arme! „Halt

dich fest, Rose! So — lege deine Arme um meinen Nacken.' Sie tat ihm den Gefallen und klammerte sich fest an ihn an. Sie hatte wie immer das Gefühl der Ruhe, des Geborgenseins durch ihn, den sie stets w?e einen Bruder behandelt hatte. Darüber ging ihr das Pein liche des Augenblicks verloren. Und Joses? Wonnige Glücksschauer durchriesel ten ihn. Behutsam trug er das Mädchen, suchte die engste Steile des Baches und sprang mit sicherem Satz hinüber. Nein, es mar nicht das erste Mal, daß er Nuse

über den Bach getragen, aber beide fühlten es, es war anders als sonst. Eine Macht, die stärker war, als Menschenwille, stand zwischen ihnen. Rose empfand sie an dem wilden Pochen ihr-'s Herzens —- und Joses ? Die Welt am ihn vergessend, drückte er einen Kuß auf Rosens Haar. 5 Josef stieß die Tür auf, die in die Hütte führte. Ein dunkler Raum ward sichtbar, in den einige Lehm- smfen hinabführten. Leichtfüßig sprang Rose herunter, sah sich in dem kahlen Räume neugierig um und rief in gemachtem Grauen

, zu dem ihr folgenden Josef: „Huh, wie schauerlich — dumpfig und Grabesdun kel — die reine Krötenhöhle!' „Still jetzt!' rief ihr Josef leise zu. „Hier heißt es, den Schnabel halten, sonst ist unser Morgenspaziergang völlig unnütz.' Er öffnete eine der Schießscharten; grell fiel die ^>onne ein, die inzwischen hochgekommen war. Die glänzenden Strahlen spielten über Roses Braunhaar, hoben rote Lichtfunken heraus, Übergossen Hals und Wangen mit warmem Schein. Als die beiden wieder auf dem Heimwege wa ren, hatte Rose

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Seite 3 von 4
Datum: 04.03.1916
Umfang: 4
Stück X 33 A> ns^v. Zsack ^Vakl äes Bestellers 10°/» liöder. SLintlicke Rückseiten-rexte sinä von sinsra ert»lir«ll«v SssIsorASAslstliolisn susASvödlt voräsn. ^»»iodtsu auk V«rl»ugon vm»ow»t unä xo«tir«i H. Courths-Mahler: „Die Kriegsbraut.' 64 gehen mutzte, um etwas mit Colmar zu besprechen, tat sie es jetzt gleich. Erst zur Teestunde sah Rose Hasso wieder. Sie fand ihn im Wohnzimmer, wo der Tee meist eingenom men wurde, wenn keine Gäste zugegen waren. Hassos Eltern hatten sich heute später

als sonst zu ihrem Mit tagsschläfchen zurückgezogen und waren noch nicht er schienen. Hasso stand am Fenster und rvandte sich lächelnd nach Rose um, als sie eintrat. „Endlich sieht man dich wieder, Rose. Ich habe dich vochin im ganzen Hause gesucht. Wo warst du nur?' fragte er in seiner gutmütig überlegenen Art. Rose hatte sich wieder völlig in der Gewalt und lächelte. „Ich hatte mit Colmar verschiedenes zu besprechen und war drüben bei ihm. Und vorher habe ich die Ta belle fertig gemacht, die wir« für die Weihnachtsein käufe

brauchen.' „Ah, richtig, Mama sagte mir vorhin, datz sie dies mal unter deiner Beihilfe die Einkäufe in Berlin be sorgen will, weil Rita in Wien ist. Und weil sie nicht erwarten kann, meine zukünftige Braut kennen zu ler nen, so hat sie beschlossen, datz ihr mich morgen schon nach Berlin begleiten sollt. Freust du dich auf Berlin, Rose?' »O ja, ich freue mich sehr,' antwortete sie hastig. Er sah in ihr stilles, blasses Gesicht. „Ich will dafür sorgen, Rose, datz euer Aufenthalt einige Tage länger währt

, als Mama beabsichtigt, und daß du auch etwas davon hast. Es wird Zeit, datz du auch einmal ein wenig Vergnügen und Anregung fin dest. Du stehst ja rein gar nichts von dev Welt.' „Meine Welt ist Falkenried,' sagte sie schlicht. Es erging ihm sonderbar. Wenn er Rose nicht sah, dachte er wenig an sie. Sah er sie aber, blickte er in ihre großen, stillen Augen, die so gar nichts von der Welt zu fordern schienen, dann hatte er immer das Gefühl, als müsse er ihr etwas zu Liebe tun, ihr etwas gutes erweisen

. 61 Rose nahm alle ihre Kraft zusammen und trat noch einmal vor Hasso hin. Mit einem Lächeln, das ihn seltsam berührte, reichte sie ihm die Hand. „Ich kann nicht so offen zeigen wie Rita, wenn mir etwas das Herz bewegt. Aber du darfst sicher sein, Hasso, datz ich dir aus meinem tiefsten Herzen heraus alles Glück der Welt wünsche,' sagte sie leise. Und nun zitterte es wie tiefe Erregung aus ihren Worten und ihre Hand bebte in der seinen. Da war er erst so recht zufrieden. „Du bist doch ein sonderbarer

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Seite 14 von 16
Datum: 05.03.1916
Umfang: 16
bin ich doch, daß ich mich nicht einem andern anvertrauen möchte.' „Und mir würdest du -dich anvertrauen?' „Unbedenklich.' ..Und ganz ohne Furcht?' „Ganz furchtlos.' Mit leuchtenden Augen sah er sie an. „Das gefällt mir, Rose. Und wer weiß, vielleicht gibt sich einmal eine Gelegenheit, dann will ich an dich denken.' Ihre Augen leuchteten in einem warmen tiefen Glänze. Das Weh, das ihre Seele bedrückte, erschien ihr jetzt, da er so freundlich und gut zu ihr sprach, etwas leichter. Das hatte sie sich immer als etwas Wunderbares geträumt

, daß du mich einmal auf den Flugplatz führst, werde ich mich sehr freuen.' „Ich will es im Auge behalten, Rose. Es wird sich einrichten lassen.' Ehe sie weitersprechen konnten, traten Hassos Eltern ein und man nahm nun am Teetisch Platz. Rose füllte die Tassen und reichte sie herum. Und Frau von Falkenrbed gab dann Rose den Auftrag, sich zur Abreise zu rüsten. Am nächsten Morgen fuhr Hasso mit den beiden Damen nach Berlin. Während der Reise war er in einer sehr heiteren, erwartungsvollen Stimmung. Fast übermütig! erschien er Rose

. Er neckte sie ein wenig, weil sie so blaß aussah. „Du hast entschieden Großstadt- und Reisefieber, Rose,' sagte er lachend. Sie ließ ihn bei dieser Vermutung. Wie hätte sie ihm auch ihr blasses, elendes Aussehen erklären sollen! Sic > atto die ganze Nacht wach gelegen und war nur am frühen Morgen auf ein Stündchen eingeschlafen. Unerträglich schwer schien es Rose, immer wieder von Hasso zu hören, wie er von Nataschka schwännte. Sein ganzes Wesen schien erfüllt von Sehnsucht nach der Geliebten

. Und seine Stimme klang so weich und zärtlich, wenn er von ihr sprach. Rose hatte dann immer das Gefühl, als würde ihr das Herz durchbohrt. Ach, wie neidete sie der jun gen Russin Hassos Liebe? Ob sie dieselbe wohl zu sehen bekam in Verlin? Sie wünschte es und fürchtete es zugleich. In Berlin angelangt, brachte Hasso seine Mutter und Rose ins Hotel. Er verabredete mit ihnen, daß er am nächsten Tage das Mittagsmahl mit ihnen im Hotel einnehmen würde. Am Vormittag wollte er sofort zu Nataschka gehen

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Seite 5 von 8
Datum: 31.03.1916
Umfang: 8
für sie wie ein Schmuckkästchen - Ungerichtet worden war. Das helle Glück lachte diesen beiden jungen Men schen fast übermütig aus den Augen. Sie hatten es auch als würdiges Ehepaar durchaus noch nicht gelernt, ernsthaft zu sein, und kosteten jede Minute ihres Da seins jubelnd aus. Rose hatte naturgemäß mit den Vorarbeiten zur Hochzeitsfeier am meisten zu tun gehabt. Frau v. Fal- 'enried und Rita waren durch die -Beschaffung der Ausstattung reichlich in Anspruch genommen gewesen und hatten ihr alles überlassen müssen. Rose

war ihrer Aufgabe auch hier vollständig gewachsen gewesen, es ^ab für sie überhaupt keine Schwierigkeit. Sie war von .iner bewundernswerten Leistungsfähigkeit. 149 „Sprich doch nicht von Dank,' sagte Rose. „Ich bin doch froh, wenn es mir das Schicksal vergönnt, dir ei nen kleinen Dienst zu erweisen. Ich stehe ja noch in deiner Schuld.' Hasso schüttelte ärgerlich den Kopf. „In meiner Schuld? Du weißt wohl nicht, was du sprichst?' „Doch, dir verdanke ich es, daß mir hier jetzt alle mit so viel Liebe

entgegenkommen.' „Aber Rose — komm doch nicht immer wieder darauf zurück.' schalt er fast zornig. Ein tiefer Atemzug hob ihre Brust. „So laß uns unsere gegenseitige. Rechnung still begleichen,' bat sie leise. ..Stolze Rose — stolze Rose!' schalt er mit einem leisen Lächeln. „Sprichst du mir die Berechtigung ab zu diesem Stolz?' fragte sie halb ernst, halb scherzeind. ..Nein, nein, gewiß nicht. Aber eine Bitte habe ich an dich. Schenke mir deine Freundschaft, Rose. Ich habe dich in der letzten Zeit

von einer Seite kennen ge lernt, die mir so gut gefällt, daß ich dir diese Bitte aus sprechen muß. Du kaninst mir viel, sehr viel sein, Rose — und ich bin nicht stolz in dieser Beziehung, ich wehre mich nicht dagegen, dir verpflichtet zu sein. Mit dei nem feinen Takt, mit deinem Verständnis, uind nicht zuletzt mit deiner Tüchtigkeit und deinem Fleiß kannst du Mir viel, sehr viel geben. Ich möchte dich hier fest halten für alle Zeit, gerade, weil ich meine Kräfte mehr für meinen Beruf als für Falkenried

einsetzen werde. Ultd du kannst in deiner zarten, verständigen Art zwi schen meinen Eltern und mir vermitteln, wenn wir einmal aufeinanderstoßen. Nicht wahr, Rose, du stehst mir treu zur Seite? Natürlich kann ich dich nur so lange in Falkenried festhalten, bis du dich eines Tages verheiraten wirst.' Sie hatte schnell, ohne zu Zaudern, ihre Hand in die seine gelegt. In ihren Augen lag ein Helles Leuchten.

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Seite 5 von 8
Datum: 02.04.1916
Umfang: 8
Verpflegungstagen verpflegt. Für 150 Laza rette wurde «ms der Steyler Missionsdruckerei Lektüre besorgt. Die Steyler Missionsschwestern (Dienerin nen des Hl. Geistes) haben über 200 Schwe- H. Courths-Mahler: „Die Kriegsbraut/ 160 „Aber durch «die Luft kann man doch unmöglich ei nen Verkehrsweg schaffen, der von Nutzen ist,' beharrte ^rau von Falkenried. „Das wird sich erst zeigen, liebe Tante. Zum Beispiel im Falle eines Krieges würde das gesamte Flugwesen große Bedeutung gewinnen,' erwiderte Rose. „Ach, Krieg

? Gott bewahre uns davor?' rief Frau von Falkenried. „Ich kann mir gar nicht denken, daß cs zwischen 'zivilisierten Völkern noch jemals zu einem Krieg kommen kann.' „Und doch können wir jeden Tag in politische Streitigkeiten verwickelt werden, die uns die Waffen in die Hand zwingen.' Zum Glück kam in diesem Augenblick der Brief träger — zwei Briefe von Rita, einen für die Mutter und einen für Rose. An letztere schrieb Ritai „Meine liebe Rose? Was Du mir von Mama schreibst, macht mir große Sorge

. Ich meine, Mama wäre nur aufzuhelfen, wenn sie sich jetzt einmal auf einige Zeit von Falkenried entfernte. Wie wäre es. wenn Mama uns in Villau besuchte? Da hat sie Ab lenkung, Luftveränderung und — mich. Ich schreibe Mama zugleich mit diesem Briefe an Dich und sage ihr, daß ich große Sehnsucht nach ihr habe und daß sie mich unbedingt auf einige Wochen besuchen und Villau ken nen lernen muß. Es ist einzig schön hier, liebe Rose, und ich wollte, Du könntest mich einmal als Hausfrau oon Villau schalten

Aber Hasso erinnerte sich selbst, daß Rose ihm ein mal den Wunsch ausgesprochen hatte, mit ihm aufflie gen zu dürfen. Und eines Morgens, als er sich nach hastig einge nommenem Frühstück von ihr verabschiedete, um nach der Halle zu fahren, sagte er lächelnd'. „Heute ist ein ganz windstiller.ruhiger Tag. Rose. Du hast mir einmal gesagt, daß du gern einmal mit mir auffliegen möchtest. Willst du es heute tun? Das Wetter ist außerordentlich günstig für eine ruhige Fahrt.' Rose konnte .zuerst nicht antworten

vor freudigem Schreck. So strahlend glücklich sah sie ihn an. daß er lächelnd in ihre wunderschönen, tiefblauen Augen blickte. „Darf ich? Darf ich wirklich?' stieß sie endlich hervor. „Gewiß, wenn du willst.' „O. wie gern.' Er nickte ihr zu. „Dann sei in einer Stunde drüben auf dem Flug platz. Rose.' Sie nickte nur, sprechen konnte sie nicht. Und zur festgesetzten Zeit war sie zur Stelle, in einen glatten, festen Ledermantel gehüllt, wie sie ihn auf Autofahrten trug, mit der Autokappe auf dem blon den Haar

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Seite 6 von 8
Datum: 22.02.1916
Umfang: 8
zanken.' „Nein, nein, Mama erlaubt es, Rose.' Nun stieg Rose das Blut in die Wangen und ihre Augen bekamen einen stolzen, abwehrenden Ausdruck. „Liebe Rita, sei mir nicht böse,' sagte sie hastig, ..aber ich muß dies Geschenk zurückweisen, weil ich di-r auf solch ein kostbares Geschenk die Gegenleistung schul dig bleiben müßte.' ..Aber Rose, wer spricht denn davon?' Groß und ernst sah Rose in Ritas Augen. ..Ich, Rita. Sieh, ich muß schon ohnedies so viel Wohltaten von euch allen annehmen

, daß ich nicht weiß, wie ich sie ertragen soll. Dieses Geschenk von dir würde mich mehr niederdrücken als erfreuen.' Rita sah ganz betrübt aus. „Ach. Rose, das ist nicht hübsch von dir. Ich wollte dir durch dieses Geschenk zeigen, daß ich dich im Herzen wie eine liebe Schwester halte, und nun weisest du es zurück.' Rose legte den Federhalter, mit dem sie Zahlen in das vor ihr liegende Buch eingetragen hatte, nieder und sab Rita freudig überrascht an. ..So bast du es gemeint?' „Ja, Rose, weil ich dich lieb

habe und dir eine Freude machen wollte. Sei doch lieb, nimm dieses Ge schenk von mir an als Zeichen, daß auch du mich mit schwesterlicher Liebe in dein Herz geschlossen hast.' Da zog Rose in überquellender Herzlichkeit Rita in ihre Arme. „Liebe Rita, liebe, gute Rita, du weißt ja nicht. Wie lieb ich dich habe und wie froh ich bin, daß du mir so herzlich entgegenkommst. Das ist mir ein viel kost bareres Geschenk als dieses Armband .Und wenn du es mir so bietest, ja, dann will ich es gern annehmen. Ich danke

dir herzlich dafür, aber noch mehr dafür, daß du mir heute so entgegenkommst.' Rita küßte sie. 23 „Habe ich das nicht schon immer getan?' Ein wenig zögerte Rose mit der Antwort. Sie sah ernst in Ritas. Augen. „Gut warst du immer zu mir, Rita, aber —' Rita umfaßte sie herzlich! und schloß ihr mit der Hand den Mund. „Nein — nein, sage nichts mehr — ich weiß schon, was du sagen willst — und — ich schäme mich. Ja, ich schäme mich wirklich, weil ich so gedankenlos neben dir dahinlebte und mich gar

nicht ein bißchen in dich hin eindachte. Nun soll das aber anders werden. Weißt du, wer mir die Augen geöffnet hat über mein gedan kenloses Verhalten dir gegenüber — und auch den Eltern?' Rose schüttelte den Kopf. „Nern, Rita, das weiß ich nicht.' ..Hasso hat es getan.' Rose zuckte leise zusammen. >.Hasso?' „Ja, er hat uns gesagt, daß wir dir nicht genug Liebe entgegenbringen oder sie dir wenigstens nicht ge nug zeigen. Er hat uns vorgehalten, daß wir meinen, wir Inn dir wunder wie viel Wohltaten, daß dn in Fal

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Seite 5 von 8
Datum: 17.02.1916
Umfang: 8
8 schenräumen nach Hause kam, daß man Rose jedesmal wieder neue Pflichten aufgebürdet hatte. Er wunderte sich über ihre Leistungsfähigkeit, aber er sprach nicht darüber, weil er den Kopf stets voller Ideen und Pläne hatte. Nur zuweilen nahm er mit einem scherzenden oder anerkennenden Wort Rose gegenüber davon No tiz. Und jedes dieser Worte schien Rose wie ein köst liches Geschenk. Sie gruben sich tief in ihre junge Seele, die sich Hasso, seit sie ihn zuerst gesehen, in tiefer, ver schwiegener

Liebe zu eigen gegeben hatte. Rose war in aller Stille Onkel Herbert und Tante Helene eine unentbehrliche Stütze geworden, und sie stützten sich recht nachdrücklich darauf, ohne zu beden ken, wieviel Kraft sie dazu nötig hatte und ohne ihr ein Wort des Dankes zu sagen. Im Gegenteil — sie befrachteten sich noch immer als Roses Wohltäter. — Rose war ihnen jetzt allerdings keine lästige Hausge nossin mehr, sondern ein nützliches Wesen, zu dem man volles Vertrauen haben konnte. Aber innerlich ^äher

waren ihr weder Onkel Herbert noch Tante He lene gekommen. Hatte Rose jemals eine Mußestunde, so füllte sie dieselbe aus, indem sie sich in allerlei Lektüre über das Flugwesen vertiefte. Mit brennendem Interesse stand ne Hasso von Falkenrieds Beruf gegenüber und suchte ich einzuarbeiten in seinen Jdeenkreis. Du er auch zuhause an allerlei Zeichnungen und Berechnungen arbeitete und niemand etwas in seinem Arbeitszimmer anrühren durfte, hatte sie es übernom men, dort Ordnung zu halten. Nur sie allein betrat

nutzer Hasso dieses Zimmer, wenn er in Falkenried weilte. Und in letzter Zeit hatte er bemerkt, daß Rose >ie einzige war, die in Falkenried seinem Beruf einiges Verständnis entgegenbrachte. Er war deshalb sehr ^roh, daß sie es übernahm, in seinem Zimmer Ord nung zu halten. Da konnte er gewiß sein, daß sie ihm 'ein Blättchen Papier verlegte und nichts von der Stelle rührte, was liegen oder stehen bleiben mußte. 5 Das hatte Hasso jedoch nur flüchtig und in sehr be scheidener Weise erwähnt. Er wußte

, daß seine Ange hörigen seinem Beruf nicht sympathisch gegenüberstan den und hielt sich mehr an allgemeines, was sie inter essieren konnte. Hasso hatte zunächst die Anwesenheit Rose von Lossows nicht gemerkt. Das junge Mädchen war stets nur wie eine flüchtige Erscheinung durch sein Le ben gehuscht. Als sie, die fünfzehnjährige Waise einer entfern ten Verwandten und Jugendfreundin seiner Mutter, aus Barmherzigkeit in Falkenried Aufnahme fand, da war Hasso bereits auf der Hochschule gewesen. Damals zählte

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Seite 3 von 8
Datum: 06.06.1893
Umfang: 8
Nr. HZ. Brixen, Dienstag, ..Brwener Chronik.« 6. Juni ^893. .Seite 5. waltungsrathe der Südbahn sitzen heute noch der Wiener Albert Rothschild, zwei Rothschild von Paris und ein Rothschild von London. Die Südbahn hat bis heute mehr Schaden für Oesterreich gebracht als Panama für Frankreich.' (Die goldene Nose.) Der hl. Vater hat am Pfingstsamstag während semer in der Privatcapelle gelesenen Messe die goldene Rose geweiht. Dieser Messe wohnte eine Anzahl Fremder verschiedener Nationen

bei, welche Se, Heiligkeit nachher zum Aandknss zuließ. — Die Rosenweihe am Psingstfest ist ein sehr alter Brauch. Ursprünglich trug der Papst an diesem Tage, dem Frühlingsfeste, beim Kirchgang eine Rose in der Hand, die er nachher irgend einer angesehenen Person zu schenken pflegte. In der Folge trat an die Stelle der natürlichen Rose eine goldene, die dann an eine Fürstin gesandt wurde. Um die Natur besser nachzuahmen, wurden ihre Blätter mit rosenfarbigem Schmelz verziert, später aber, ein Rubin in ihre Mitte gefasst

. Seit Sixtus IV. wurde aus der einzelnen Rose ein Strauß durch Hinzufügung anderer kleinerer Blumen und Blätter um jene herum, und dieser Strauß stand in einer ebenfalls goldenen Vase. Diamanten und andere Edelsteine von verschiedenen Färben werden hie und da auf den Blättern angebracht als Thautropfen und bunte Käfer. In die Krone der Rose wurde wohlriechender Balsam gethan als Sinnbild der Tugenden, die das päpstliche Geschenk zu ehren bestimmt ist. Die Heuer gesegnete Rose wird der Papst

Jahren sandte der jetzt regierende Papst die goldene Rose der Königin-Regentin von Spanien, der Gräfin von Eu, damaligen Regentin des brasilia nischen Kaiserreichs, gelegentlich der Aufhebung der Sklaverei, und der Königin Amalia von Portugal. Nicht jedes Jahr kommt die goldene Rose zur Versendung. (Unter dem Hammer.) Dem Erfinder der „kugelsicheren Uniform' in Mannheim, Dowe, find vor kurzem Möbel, Kleider u. dgl. im Ver- steigerungslocale zwangsweise unter den Hammer gekommen. Der Besitzer

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Seite 3 von 4
Datum: 01.04.1916
Umfang: 4
H. Courths-Mahler: „Die Kriegsbraut.' 156 Rose erwieb sich nun noch mehr, als zuvor, als der Mittelpunkt von Falken vi ed. Durch ihre Hände liefen alle Fäden und es war ihr Glück und ihr Stolz, daß sie Hasso alles Störende fernhalten konnte. Die Arbeiten auf dem Flugplatz schritten rüstig vorwärts. Zu Ostern war schon die Halle und Werk stätte fertig, und Monteure und Arbeiter waren ange stellt. Am frühesten Morgen schon radelte Hasso aus dem gutgepslegten Waldweg nach dem Flugplatz hinüber

und kam erst Mittag wieder heim. Nach Tisch besprach er sich mit Colmar und Rose und dann fuhr er wieder mit dem Rad hinüber. Abends saß er> dann mit seiner Mutter und Rose zusammen im Wohnzimmer, bis sich die beiden Damen gleich nach neun Uhr zurückzogen. Frau von Falken rieds etwas leidender Zustand bedingte eine frühe Ruhestunde und Rose wußte, daß Hasso, sobald sie sich zurückgezogen hatten, in sein Arbeitszimmer ging und über seinen Plänen saß bis Mitternach und oft auch noch später. Zuweilen

, wenn Rose der Weg auf die Felder am Flugplatz vorüberführte, traf sie dort mit Hasso zusam men. Und da er merkte, wie sehr sie sich für seine Ar beiten interessierte, sprach er oft mit ihr darüber und ließ sie teilnehmen an seinem geistigen Schaffen. Und weil sie mit klarem Verstand auf alles einging und spielend alles erfaßte, wurde es ihm bald Bedürfnis, sich ihr mitzuteilen. So wuchs sie mehr und mehr in seinen Ideenkreis hinein und überraschte ihn oft selbst mit praktischen Vorschlägen. Im Mai

unternahm Hasso die ersten Aufswge von seinem Flugplatz ans, und von nun an fanden fast täg lich Probeflüge statt. Roses Wunsch, solche Flüge zu sehen, wurde nun oft genug erfüllt. Mit glänzenden Augen stand sie dabei und ihre Blicke folgten sehnsüchtig dem Riesenvogel, der sich so stolz und kühn in die Lüfte schwang. Sie wagte aber nicht, Hasso zu bitten, sie einmal an einem solchen Fluge teilnehmen zu lassen. 153 Eine tiefe, innere Freudigkeit hob Rose gleichsam über alles hinweg. Hasso

war sie als vollwertiges Familienmitglied vorgestellt worden. Rita hatte sich herzlich gefreut, daß die Eltern sich so ganz anders zu Rose stellten. Sie hatte aber keine Ahnung von dem großen Dienst, den Rose ihrem Bru der geleistet, denn man hatte ihr gar nichts von Na- taschka von Kowalsky erzählt. Aber sie war froh, daß sich ihre Eltern inniger- an Rose angeschlossen hatten. „Du wirst meinen Eltern nun die ferne Tochter er setzen müssen, liebe Rose, und ich kann sie beruhigter allein lassen, zumal ja nun auch Hasso

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Seite 4 von 4
Datum: 12.04.1916
Umfang: 4
der Frieder und die Trina darüber. Der Gemeindevorsteher waltete nun seines Amtes als Standesbeamter. Und als erstes Paar wurden Rose und Hasso in rechtskräftiger Weise Mann und Frau. Mit etwas unsicherer Hand schrieb Rose ihren neuen Namen in das AmtÄbuch: „Rose Magdalene Elfriede Freifrau von Falken ried, geborene Freiin von Lossow.' Da stand es schwarz auf weiß neben Hassos Namen und band sie aus alle Zeit an den Mann, den sie liebte mit jeder Faser ihres Seins. Auch die anderen Paare wurden

auf gleiche Weise verbunden. Und dann schritten Rose und Hasso, gefolgt von den anderen Paaren, schlicht und ruhig, Hand in Hand in die Kirche hinein, bis vor den Altar. Die ganze Menge war auf ihren Plätzen geblie ben, um dieser feierlichen Kriegstrauung beizuwohnen. Ein altes Mutterchen aus dem Dorfe hatte ihr lange gehegtes und gepflegtes Myrthenstöckchen geplündert und trat nun an die vier KriegÄbräute heran, um mit der welken, zitternden Hand jeder ein Myrthenzweig- lein in das schmucklose Haar

zu stecken. Auch Rose ließ sich willig mit diesem Zweiglein schmücken. Das war ,'o rührend und feierlich. Rings um weinten und schluchzten die Frauen vor Ergriffen heit, und selbst aus manchem Männerauge wurde hastig und verschämt eine Träne fortgewischt. Am meisten weinten die jungen KriegÄbräute selbst. Rur Rose weinte nicht. Aber ihr Antlitz war bleich bis in die Lippe», und sie mußte die Zähne fest 191 zusammenbeißen. Denn das wutzte sie, wenn sie jetzt die Fassung verlor und in Tränen ausbrach

, dann bekam sie sich nicht so bald wieder in die Gewalt. Der alte Pfarrer hielt eine kurze, aber ergreifende Rede. Das Schluchzen ringsum wurde stärker. Und fester und fester mutzte Rose die Zähne zusammen beißen. Sie fühlte, wie sich Hassos Hand feister und wärmer um die ihre schloß. Und von dieser starken, festen Männerhand strömte eine seltsame Kraft in ihre, eine Kraft, die ihr Ruhe und Frieden in die Seele zauberte. Wie im Traume ging alles an ihr vorüber, nur der feste, warme Druck von Hassos Hand

war ihr wie etwas Herrliches bewußt. Aber dann drang, noch et was über ihre Bewußtseinsschwelle, das waren Worte, die der alte Pfarrer sprach: „Bis daß der Tod euch scheide.' Wie ein kalter Schauer flog es Wer Rose dahin. Ach. wie nahe stand der Tod hinter diesen vier jungen Paaren. Und die Hand, die jetzt fest und lebensvoll die ihre umschloß, würde sie sich noch nach dem Kriege voll warmen Lebens nach ihr ausstrecken? Rose fiel auf die Knie nieder mit den andern allen, und betete, betete mit der ganzen heißen In brunst

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Seite 5 von 8
Datum: 02.08.1917
Umfang: 8
der Berlagsanstalt „Tyrolia' tSMyen werde«. „Irrwege der Liebe.- Roman. 112 Rose fiel ihr ins Wort: „Mit ihren Leistungen bin ich auch zufrieden, aber ich kann das Schmeicheln nicht leiden!' Die Zofe rümpfte die Nase. Es blitzte in ihren Augen herausfordernd, aber sie wagte keine Gegenrede. Diese Derbheit, wie sie Rose natürliche Art bei sich nannte, machte ihr die Stelle äußerst angenehm. Sie sank im Dienste der jungen Frau nicht so zur Null her ab wie in anderen Häusern. Die verstand es gar

nicht, die Dienerschaft abzuhetzen und zu quälen bis zur Be- sinnungslosigkeit. Ja, Rose war es lästig, stundenlang vor dem Spie gel sitzen zu müssen und sich von fremder Hand anklei den zu lassen wie eine Gliederpuppe. Sie begriff nicht, daß sie bei den Mahlzeiten in der Familie im Gesell - schaftsanzuge erscheinen mußte. Sprach sie darüber zur Baronin, war ein Lächeln die Antwort, das ihr das Blut in die Wangen und den Schweiß auf die ntirn trieb. Im Anfange hatte es wohl auch geheißen: „Aber Kind . . . das muß

eben sein . . . das ver langt der gute Ton.' Der gute Ton ... sie haßte ihn beinahe schon .. Es gab da so vieles, was da auf den guten Ton gescho ben wurde ... ach so vieles . . . Die Nennen, die Be la tagelang in Wien festhielten; Spielabende in den Herrenklubs .... ach, sie konnte sich da nicht zurecht finden! Die Frisur war fertig, aber kein Blick, kein Wort lobte das gelungene Werk. Gleichgiltig sah Rose in den Spiegel, aus dem ihr berückend schön das eigene Ich entgegensah

. .. Mit einer raschen Handbewegung schleuderte siedie Puderquaste weg, mit der die Zofe ihr Gesicht bestäu ben wollte. Sie'stand auf und schickte sich an. die Robe anzulegen, wobei ihr die Zofe eifrig half, in Wirklich keit aber durch geschickte Handgriffe jede Selbständig - keit beim Ankleiden unmöglich machte. Mit kurzem Auflachen ergab sich Rose, stand und drehte sich, wie es die Zofe für nötig hielt. 109 Es brannte in Josefs Blute wie feurige Kohlen, ließ es aufschäumen in wilder Glut, schmiedeten neue Ket ten

für ihn; unzerstörbare feste Ketten. Sein Kopf sank schwer auf die Tischkante. „Wenn er — der Baron — die Rose wenigstens verdient hätte, wenn er ihrer würdig wäre! Man spricht nicht gut von ihn. Er soll ein wüstes Leben führen.' „Ich habe auch davon gehört,' sagte Josefa. „Aber die Menschen übertreiben. Die Hälfte können wir von allem streichen, was uns zu Ohren kommt. Wenn et was an der Sache wäre, hätte ich es schon erfahren. — Rose kann sich nicht verstellen.' „Du hast sie wochenlang nicht gesehen,' rief Josef

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Seite 6 von 8
Datum: 12.07.1917
Umfang: 8
er dies und das befahl, schienen auf eine goldene Stimmung zu deuten. Frau Josefas Stimme klang dazwischen wie der feierliche Akkord ei nes Liedes. Roses fröhliches Lachen hatte nichts von seiner Harmlosigkeit eingebüßt, nichts — wie sehr Joses auch spähte und horchte. Da löste sich der Bann, der ihn gefesselt hatte, seine Brust hob sich und wurde frei. Rose war da seine Rose! „Gute Nacht, du!' flüsterte er. Nur der Wind hörte ihn, der durch den Garten strich. 39 Sie Sonne lag mit hohem Glänze auf der Erde, als Frau

Josesa über den vergrasten Weg schritt, der von einer kleinen Pforte des Schlößchens hinaufführte auf den Hügel dicht an der Parkmauer. Sie hatte den Strickbeutel am Arme und strickte im Gehen. Sie sah sehr bekümmert aus. Auf einmal schreckte sie zusammen, denn Rose flog wie ein Wirbelwind auf sie zu. Josefa hob den Arm mit dem Strickzeug hoch. „Sachte, Kind, die Nadeln.. „Ach,' rief Rose, ihr Gesicht in den Kleiderfalten Josefas bergend, „ich bin ja so selig, Tante, so selig!' Em wehmütiges Lächeln

zuckte um den Mund Jo sefas. Sie drückte Rose mütterlich an sie, strich über ihr krauses Haar und fragte zärtlich.- „Hat dich der erste Flug aus dem Neste so de rauscht, kleine Rose?' Es war etwas in ihrer Stimme, das das sonnige Empfinden Roses dämpfte. Sie hob den Kopf und sah ängstlich fragend in das blasse Frauengesicht: „Fehlt dir etwas, Tante?' „Nein, nein es hat dir also gefallen, ge stern ? ' Rose nickte. „O, wie herrlich war's! Ach, Tante, ich habe ja gar nicht gewußt, wie schön die Welt

ist.' „Du wirst es'noch kennen lernen, du Wildfang, du, daß die Welt am allerschönsten dort ist, wo du zu Hause bist. Zu Hause, Kind merk' dir das Wort, ver liere es nicht, wenn dich die Fremde ruft: behalte es wert als ein köstliches Gut.' „Ja, Tante, ja — ja!' Sie sah mit heißen Augen auf. „Zu Hause — es ist ein schönes Wort; aber ist denn der Adamhof die Fremde?' Frau Josefa zuckte zusammen. Sie hätte schreien mögend „Mir dich — ja, du wilde Rose! Für dich, ja ^ es ist kein Boden dort für die feinen Wurzeln deiner

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