zu lassen.' Doctor Leopold fand nicht sogleich Worte. Dieser Empfang war ihm peinlich. Er hätte gewünscht, gleichgültiger aufgenommen zu werden, ihm wäre der Kampf, den er gegen diesen Mann aufnehmen sollte, dann gewiß um ein Bedeutendes leichter ge worden. „Sie sind sehr gütig, sich meiner zu erinnern, Herr Reimershkim,' entgegnete er sehr gemessen. „Zu erinnern!' Wie Sie nur so sprechen können, mein lieber Doctor,' sagte der Kaufmann jovial. „Setzen Sie sich zu wir, nachher darf ich Sie wohl bitten
, mich in den Salon zu begleiten. ES'ist frei lich nur kleiner Empfang, allein vielleicht werden Sie noch manches bekanntes Gesicht unter den Gästen finden. Keine Widerrede,' fuhr er fort, als er sah, daß Doctor Leopold die Einladung ablehnen wollte. »Sie haben uns so lange verlassen, daß man, denke ich. jetzt einmal wieder aus ihre angenehme Gesell schaft Anspruch erheben kann. Ich finde, Sie hätten überdies Europa oder vielmehr Hamburg nicht ver lassen sollend Ich bin der festen Ueberzeugung
, daß Sie sie sich.mit der Zeit eine brillante Praxis er worben hätten, aber die Jugend ist ungeduldig.' „Nicht meine Praxis ha» mich von hier fortgetrie. den. Herr Reimersheim', sagte Doctor Leopold, noch immer kalt. „Mit Fleiß und ein wenig Ausdauer wäre es mir wohl gelungen, mir eine ge sicherte Stellung zu erringen.' Doctor Leopold fuhr dann fort: „Mich trieb etwas Anderes fort Ich habe einen mir gewordenen Auftrag in seinem ganzen Umfange erfüllt, und darum g>ng ich fort, ohne Abschied von meinen Bekannten
Patientin war, die ich damals in Europa be handelte.' - „sie meinen meine Schwägerin?' fragte der Kauf mann, und eine gewisse Unruhe zeigte sich deutlich in seinem Gesichte. „Allerdings, ich meine die junge Frau, welche Sie für wahnsinnig hielten,' entgegnete Doctor Leopold, mit dem Versuch, einen möglichst gleichgültigen Ton anzuuehmen. „Wahnsinnig hielten? Wahnsinnig war, leider — wollten Sie wohl sagen, lieber Doctor.' ,»Tie werden sich erinnern, Herr Reimersheim, daß ich niemals Ihre Meinung
über diesen Punkt theilen konnte.' Der Kaufmann lächelte verlegen. „Das ist es ja eben, liebster Dvctor Leopold. Man muß eben diese Unk-nntniß Ihrer Unerfahrenheit zu Gute halten. Die Zeit hat es gelehrt, wie sehr ich' im Rechte war.' Doctor Leopold schien durch diese Mittheilung nicht im Mindesten überrascht oder außer Fassung gebracht. Er sagte nur: „Also doch! Und worin hat sich der Wahnsinn Ihrer unglücklichen Frau Schwägerin geäußert?' Herr Reimersheim besann sich. Er wußte in der That nicht, worin