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Andreas Hofer Wochenblatt
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Seite 13 von 14
Datum: 05.06.1902
Umfang: 14
„So sagte sie mir, da« heißt, wenn Sie meine Dienste entbehren können,' versetzte Elsbeth und verichtete ihre gewohnte Arbeit. Ihrem Versprechen gemäß und ihrem guten Herzen folgend, versäumte die Gräfin keine günstige Gelegenheit, dem jungen Mädchen Abwechslung und Vergnügen zu schaffen, trotzdem es oft recht schwer wurde, die Zustimmung der egoistischen Französin zu erlangen. Endlich kam für Gräfin von Marstein die Zeit ihrer Abreise. Ihr jüngerer Bruder, Moritz von Kalkborn

sie eine treue, mütterliche Freundin gefunden hatte, nun sollte sie diese schon so bald wieder Verlierers. Auch die Gräfin fühlte tiefes Mitleid; sie hatte Elsbeth lieb gewonnen und musste sie nun bei dieser herzlosen Französin schutzlos zurücklaffen. Am nächsten Morgen, als die Gräfin am Fenster stand, sah sie zu ihrem Erstaunen Madame de Boulai in einen Wagen steigen, die zahlreichen Reise effecten waren bereits aufgethürmt, und sie hörte dem Kutscher den Befehl ertheilen, nach dem Bahnhöfe zu fahren

. „Abgereist! — und Elsbeth hat nicht einmal Abschied von mir nehmen dürfen,' dachte die Gräfin wehmüthig. „Die alte Dame hat dem armen Kinde diese letzte Freude gewiss nicht erlauben wollen. Das ist. doch hart — ich kann kaum die Tränen zurückdrängen bei dem Gedanken, dass Elsbeth ' von den Launen dieser engherzigen Frau abhängig ist und oft schwer darunter zu leiden hat.' Jedoch die Ueberraschung der Gräfin war noch größer, als sie eine Stunde später im Garten des Hotels Elsbeth antraf. Das junge Mädchen

war aschfahl, selbst die dunklen Augen hatten ihren Glanz verloren, und die geschwollenen rothen Lider bezeugten deutlich, dass sie leidenschaftlich geweint hatte. „Elsbeth, mein liebes Kind I O, wie freue ich mich, dass Sie hier sind; ich fürchtete schon, Sie seien auch abgereist,' begrüßte die Gräfin ihre junge, Freundin freudestrahlend. „O nein, liebe Frau Gräfin,' gestand Elsbeth mit niedergeschlagenen Augen, „Madame hat mich plötzlich entlassen, ich bin nicht mehr in ihrem Dienst, ich — ich —' Thränen

erstickten ihre Stimme. „Sind Sie hier ganz allein? O, diese grausame, hartherzige Frau!' rief die Gräfin entrüstet. „Ja, ich bin ganz allein — ohne Heimat, ohne Freunde,' stammelte das junge Mädchen, „aber ich verdiene es ja nicht besser,' kam es jetzt kaum hörbar von den schmalen, bleichen Lippen. „Nein, Sie stehen nicht allein in der Welt .da; ich bin Ihre Freundin,

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Andreas Hofer Wochenblatt
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Seite 11 von 14
Datum: 05.06.1902
Umfang: 14
müssen. „Madame's Zofe,' dachte Gräfin Marstein bei sich selbst, als sie die Treppe zu ihren Gemächern emporstieg. „Das arme Kind scheint nicht glücklich zu sein, und die Herrin ist gewiss schwer zufrieden zu stellen. Wer mögen diese neuen Gäste nur sein?' Ihre Neugier sollte bald befriedigt werden. Im Fremdenbuch standen bald die Namen: Madame de Boulai aus Paris mit ihrer Gesellschafterin: Elsbeth Felsberg. Die Dame war also eine' Französin und ihre Gesellschaf terin eine junge Deutsche

. In den folgenden Tagen fand die Gräfin häufig Gelegenheit, die letzt angekommenen Gäste scharf zu beobachten. Ihr scharfes Auge erkannte bald die vielfachen Leiden, welche die junge Deutsche von ihrer Herrin zu erdulden hatte. Madame war durchaus nicht zufrieden zu stellen; sie schickte Elsbeth ungeachtet der Hitze, des Regens oder Sonnenscheins von einem Ausgange zu dem andern, ohne ihr einen Augenblick Ruhe zu gönnen. Elsbeth glich einer Sclavin, die vom frühen Morgen bis zum späten Abend die Befehle

ihrer Herrin auszuführen hatte, ohne Erholung, geschweige denn Vergnügen. „Vergnügen?! Meine liebe Frau Gräfin, was denken Sie nur? Elsbeth Felsberg ist meine Dienerin, die ihre Pflichten erfüllen muss und dafür bezahlt wird,' erklärte die kleine Französin ganz energisch, als Gräfin Mar stein ihr im Hotel einen Besuch machte, in der Hoffnung, das harte LoS der jungen Deutschen ein wenig zu erleichtern, und von der Nothwendigkeit sprach, dass die jungen Mädchen hin und wieder eine kleine Abwechselung

haben müssten. .„Ihre Güte ist in der That bewunderungswürdig, und —' „Und Sie wollen erlauben, dass das Fräulein heute Abend eine Spazier fahrt mit mir macht?' unterbrach die Gräfin schnell mit gewinnendem Lächeln. „Sie ist ja auch meine Landsmännin.' „O, daran dachte ich nicht,' erwiderte Madame de Boulai gedehnt; „nun, da Sie es wünschen, will ich einmal eine Ausnahme machen. lisus! Elsbeth! Frau Gräfin ladet Sie zu einer Spazierfahrt ein, wollen Sie mit fahren ?' „Gern, von Herzen gern!' rief das junge

Mädchen mit hochrothen Wangen und richtete ihre dunklen Augen fast ängstlich zu der Gräfin empor, „um wie viel Uhr soll ich bereit sein?' „Um fünf Uhr,' entschied schnell die Gräfin, und der freudestrahlende Blick belohnte sie reichlich für die Mühe, die sie gehabt hatte, der harten Französin diese Erlaubnis abzuringen. „Eh bien, hören Sie es, Elsbeth, halten Sie sich also um fünf Uhr bereit,' entschied Madame de Boulai. »ine gefthrltche «ei|<gefaj*tin. 2

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Andreas Hofer Wochenblatt
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Seite 12 von 14
Datum: 05.06.1902
Umfang: 14
Gräfin von Marstein, die ein sehr weiches, liebevolles Herz hätte und gern alle Menschen glücklich gemacht hätte, am liebsten diejenigen, mit denen Sie in nähere Berührung kam, war von der bescheidenen Liebenswürdigkeit ihrer neuen, jungen Freundin ganz entzückt, und noch ehe die Spazierfahrt beendet war, hatte sie sich fest entschlosien, nach besten Kräften Sorge zu tragen, das Leben des jungen Mädchens leichter und glücklicher zu gestalten. Keine Klage über das Leben bei der mürrischen

, hartherzigen Französin kam über Elsbeth's Lippen, im Gegentheil, sie gestand offen, schon in ihrem jungen Leben viel traurige Tage erlebt zu haben; diesen zufriedenen Sinn Elsbeth's schätzte die Gräfin hoch. Aber von ihrer Familie, von ihrer Kind heit erzählte das junge Mädchen fast nichts, offenbar war dieselbe zu traurig gewesen, und die Erinnerung daran schmerzte wohl noch immer. Nun erzählte sie, dass ihre Eltern beide sehr früh gestorben seien, sie sei damals noch so klein gewesen, dass

. Sie stehe aber ganz allein in der Welt, da ihr Bruder für sie nicht mehr existiere. Bei diesen letzten Worten füllten sich ihre dunklen Augen mit Thränen, doch die Gräfin tröstete die Weinende und bemühte sich, sie wieder aufzu heitern. Sie, Elsbeth, sollte fortan nicht mehr so einsam im Leben dastehen, da sie selbst, Gräfin von Marstein — ihre Freundin sein wolle. Elsbeth war so gerührt, dass sie wieder von Neuem in Thränen ausbrach. ,O, verzeihen sie mir,' schluchzte sie, „aber diese Freundlichkeit

ist mir ganz fremd; so hat noch niemand in meinem Leben zu mir gesprochen; Sie wissen nicht, Frau Gräfin, wie elend und verlassen ich mich oft gefühlt habe.' „Armes, liebes Kind,' versuchte die Gräfin sie zu beruhigen. „Ich verstehe Ihre Gefühle und fühle inniges Mitleid mit Ihnen. So, jetzt trocknen Sie ihre Thränen, denn sehen Sie nur. wir sind schon wieder an unserem Hotel angekommen, und Madame de Boulai darf Ihre roth verweinten Augen nicht sehen, sonst erlaubt sie nicht wieder, dass

Sie mit mir spazieren fahren.' Elsbeth trocknete schnell ihre Thränen, und ein flüchtiger Sonnenschein glitt momentan über ihre bleichen Wangen. „Ah, Madame beachtet eine solche Kleinigkeit nicht, sie hat für mich kein Gefühl des Mitleids, ich bin ja. auch nur ihre bezahlte Dienerin. Madame steht ja schon am Fenster, gewiss hat sie wieder Befehle für mich. Leben Sie wohl, liebe Frau Gräfin, ich danke Ihnen für Ihre Güte und die Stunde der Freiheit, die Sie mir verschafften.' Madame de Boulai blickte argwöhnisch

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Seite 11 von 14
Datum: 14.09.1899
Umfang: 14
Die Gräfin lächelte. „Ich bin noch niemals vorher in Deutschland gewesen, also ist an eine frühere Begegnung wohl kaum zu denken. Mein Aehnttchkeiten kommen oft im Leben vor/ „Jetzt weiß ich's,' jubelte Frau Trenk, „ja die Aehnlichkeitt ist wirklich auffallend. Aber unsere Gouvernante hat gar keine Verwandte in der Welt, das arme, gute Kind!' „Sie hat in Ihnen eine treue Freundin,' lächelte die junge Gräfin, „und ich empfinde innige Theilnahme mit ihr, denn ich stehe auch allein

^, ohne Verwandte in der Welt.' Endlich wagte Gertrud, von dem Auftrage zu sprechen, den Johanna ihr gegeben hatte. Die Gräfin schüttelte traurig ihr Haupt. „Wir wissen gar nicht, was aus Frau Zellberg geworden ist,' sagte sie wehmüthig. „Ich bedauere aufrichtig ihren Gatten und ihre Freunde, aber ich glaube kaum, dass sie gerettet wurde.' „Ich will das Johanna erzählen; sie kann sich noch gar nicht Über den Verlust trösten,' erwiderte Frau Trenk. „Wenn sie nur wenigstens die junge Verwandte gesehen

oder sie gepflegt hätte, so würde es minder schreck lich sein. Die beiden Schwestern hatten ein trauriges Los. Frau Zell berg verunglückte auf dem brennenden - Schiff; die Schwester starb in Marseille.' „Wissen Sie, wo die Schwester begraben wurde?'' fragte die Gräfin plötzlich. _ „Wir waren in Marseille, forschten überall nach, aber selbst im Todenregister war der Name nicht zu finden!' „Wie sonderbar! Ich laS selbst den Brief, den eine Dame an Johanna Zellberg schrieb und der den Tod anzeigte; aber den Namen

habe ich ver. gessen.« Der Dvctor trat mit seiner Gattin den Rückweg an. Schweigend fuhren sie dahin. Gertruds Gedanken waren zu sehr mit dem Geheimnisse beschäftigt, das die Gouvernante ihr anvertraut hatte, und fühlte sich zu einer Unter redung nicht ausgelegt. Endlich unterbrach sie das Schweigen. „Findest Du nicht eine große Achnlichkeit zwischen der Gräfin und unserer Gouvernante?' „Nein!' versetzte er schnell. „Fräulein Wildhagen ist immer traurig, aber die Gräfin strahlt vor Glück und Freude

.' , Noch am selben Abend kam die Gouvernante zu Frau Trenk. „Wie sieht die Gräfin aps?' fragte sie gespannt. „Sie ist sehr schönt' „Ist sie glücklich?' „Welch eine Frage! Freude, Glück und Zufriedenheit leuchten aus ihrem Antlitze. In wenigen Tagen wird ein großes Fest auf dem Schlosse veranstaltet; alle benachbarten Edelleute werden zur Begrüßung des neuver mählten Paares eingeladen. Da werden Sie sie kennen lernen, denn wir werden auch erwartet.' 81»* N-rwtchI«l»ng. 11

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Seite 9 von 12
Datum: 26.03.1896
Umfang: 12
ab, welche sich c-uS den erloschenen Lugen hervoraedräagt hatten. Salome erhob sich und trat zu der Herrin: „Regen Sie sich doch nicht auf, theure Frau Gräfin,' mahnte sie mit einschmeichelnd;'.; Tone, „Sie wissen, daß der Doktor Mäßigung befahl. Ist es denn,' fügte sie lauernd hinzu, „der Frau Euphemia gar so schlimm ergangen, weil die Erinnerung an sie Euer Gnaden jedesmal Thränen auspreßt.' Die Gräfin stützt; den Kopf auf den Arm. „Schlimm, ja,' wiederholte sie, „so sch'nmm. daß ich Dir, gute Salome, Alles nicht sagen kaun

einen Schritt entgegen ging. i Dieser blinzelte mit den Augen. Ein heimliches l Lächeln spielte um feigen Mund. „Der Herr Förster - Schleicher ist im Vorzimmer', berichtete er, „und läßt i fragen, ob ...' ! Die Zofe schnellte auf. Ein Strahl hoher Zrmde : brach aus ihren Augen hervor. „Georg', rief sie, dem : Kleinen ins Wort fallend, „0 gnädige Frau Gräfin, erlauben !' - Sie wartete feie Antwort nicht ab, sondern stürmte hinaus, i Der Förster stand am Fenster und schaute in den ; Hofraum hinab, als Salon

,- mit glühenden, Gesicht erschien. : Mit einem Jubelrufe fiel sie ihm um den Hals. „Du Böser', > schmollte sie, „endlich kommst Du doch. nachdem, Du mich ; Monate lang fast der Verzweiflung preisgabst.' s Schleicher er iderte die Liebkosungen der Zofe in einer Weise, daß bisse den Zwang leicht hätt; herausfinden können, welchen cr sich dabei anthat. Sie befand sich jedoch in viel - zu großer Aufregung und bemerkte es nicht „Du mußt ein paar Tage unser Gast sein', fuhr i Salome fort. „ Auch der Gräfin gchäieht

Genug- ; thuuna, welche er über diese Mittheilung empfand. Ueber : den Grund aber sagte er aus begreiflichen Gründen kein ; Wort. Dagegen erzählte er der Zofe das Mißgeschick der Dame, sowie, daß ein Zufall ihn mit derselben bekannt ! gemacht habe. Auch davon, daß Angela im Sandwirths- s Hause verpflegt werde und jede Gefahr vorüber sei, wurde Salome durch ihn in Kenntniß gesetzt. Die Zofe drängte ihn in das Zimmer der alten Gräfin. Schleicher war dieser kern Fremder. Hatte er doch vor

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Seite 9 von 10
Datum: 02.11.1893
Umfang: 10
, wo selbst dem Knaben eine Erzieherin beigegeben wurde. Diese Person hatte sich bald in die Gunst der Gräfin zu schleichen verstanden, so, daß Letztere kein Hehl mehr daraus machte, wie sehr sie es wünschte, wenn der kleine Moritz sterben möge; der Stiefsohn stehe zwischen ihr und ihrem Gemal, daß kein „friedlich Eheleben kunt besteh'n'. Im Jntereffe der Er zieherin lag es nun, wenn der Knabe sich krank fühlen würde. Unter den verschiedenen Mitteln, zum Zwecke zu gelangen, war Eines, das seine Wirkung

an. „Magst recht haben .Mathes', sprach er, ich will ihn der .Weiberpfleg' entziehen und fortan soll er unter deiner Aufsicht stehn; meinen Dank Mathes, für die off'ne ,Red'.' Als die Gräfin von den Vorfällen in der Dammerburg Kunde erhielt, eilte sie zur Stelle, um der Erzieherin heftige Vorwürfe zu machen, daß sie ihr Versprechen so schlecht be folgt. „Habt Geduld Frau Gräfin und nehmt gütigst von Eurer Magd den weisen Rath: macht zum bösen Spiel ein fein Gesicht, noch ist nicht jeden Tages letzte

Stund.' Wieder baute die Gräfin auf ihrer Helferin bösen Sinn. — Einige Jahre waren vergangen, Junker Moritz war dem Knabenalter gesund und kräftig entwachsen, das Auge des klugen Dieners hatte ihn treu bewacht; trotz Weiberlist und Ränke ward ihm kein Ungemach zu Theil. Seine besondere Lust war die Jagd auf Federwild. Eines Tages hatte es die Gräfin einzurichten gewußt, daß ein ,Schloßmann' aus ,Bruck' ihn begleiten soll, der wiffe gut .Bescheid', um sicher Beute zu machen. Freudig nahm der Junker

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Andreas Hofer Wochenblatt
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Seite 13 von 14
Datum: 18.04.1901
Umfang: 14
gute Herz seines VaterS geerbt und gab ihr hier im Hause ein Heim. Leider merkte ich bald, dass ich eine Schlange aufgenommen, die es auf Name und Titel abgesehen hatte. Endlich gelang es mir, diese Heuchlerin aus dem Schlosse zu entfernen, und ich hoffe nicht, sie jemals wieder zu sehen.' Der alte Herr blickte der aufgeregten Dame fest ins Auge. „Frau . Gräfin,', sagte er langsam und jedes einzelne Wort scharf betonend, „haben Sie schon gehört, dass Menschen oft unbewusst Engel beherbergt

haben?' . „Ich kann nicht verstehen, dass die Person, von der jetzt die Rede ist, . mit einem Engel verglichen werden könnte,' höhnte die Gräfin. „Vielleicht ändern Sie Ihre'Gesinnung, wenn ich Ihnen sage, dass das Fräulein, eine der reichsten Damen in Deutschland ist, sie selbst kennt nicht einmal die Größe ihres Vermögens, das sich mindestens auf zwölf Millionen beläuft.' „Wir verlieren unnütz unsere Zeit,' bemerkte die Gräfin gereizt. „Es ist mir jetzt ganz klar, ein hübsches Gesicht kann eben so gut einen alten

. — Vielleicht bildet sich das junge Mädchen nun ein, eine reiche Erbin - zu sein, aber-sie ist bettelarm, und Sie selbst sind ein Opfer dieser Täuschung ge worden. Um Ihretwillen hoffe ich nur, Herr Anwalt, dass Sie nicht so thöricht waren, dieser Betrügerin Geld vorzustrecken.' Der greise Anwalt nahm das Schreiben zur Hand, las eS langsam durch und reichte eS dann lächelnd der Gräfin zurück. „Frau Gräfin,' sagte er mit ruhiger Gelassenheit, „eS thut mir unend lich leid, dass Sie sich immer

, doch reichte sein Verdienst, um seinem, einzigen Kinde eine vorzügliche Erziehung geben zu lassen. Da erkrankte Herr von Hartfeld vor circa vier Jahren und glaubte sein Ende nahe. In seiner Angst und Sorge um seinen Liebling schrieb er den Brief, den Sie jetzt eben in Händen halten, Frau Gräfin. Der Kranke bat, um der alten Freundschaft willen, um Aufnahme für sein Kind in Ihrem Hause. Es sollte jedoch anders kommen. Wider Erwarten erholte sich mein Freund von seiner schweren Krankheit, und der Brief wurde

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Seite 14 von 14
Datum: 05.06.1902
Umfang: 14
und mein HauS ist das Ihrige, mein liebes Kind!' rief die Gräfin freudig aus. „Sie sollen mir Freundin und Gesellschafterin sein, liebe Elsbeth, und in einigen Tagen mit mir nach Hamburg reisen; willigen Sie ein?' „Ob ich will? O, Frau Gräfin, wie glücklich haben Sie mich gemacht,' und sie barg ihr Haupt an der Schulter ihrer mütterlichen Freundin und schluchzte laut. So war Elsbeth die Gesellschafterin der gütigen Gräfin geworden. Eine Woche später verließ man Baden-Baden, und nachdem

noch eine schöne Zeit am herrlichen Rhein verlebt war, begleitete der junge Herr von Kalkborn die beiden Damen nach Hamburg, wo man bis zum nächsten Sommer auf dem reichen. Gute der Gräfin weilen wollte. Von Madame de Boulai hörte Elsbeth nichts mehr. Die alte Dame hatte im Zorn das junge Mädchen entlassen, jetzt kümmerte sie sich nicht darum, was aus Elsbeth geworden war. „Sie war hart, oft sogar grausam gegen mich,' klagte Elsbeth leise, als das GHpräch auf die Französin gelenkt wurde, „und sie hat gewiss

wird mir ein Vergnügen sein,' der« sicherte das junge Mädchen enthusiastisch. Und wirklich, der Eifer, mit dem Elsbeth ihre kleinen Obliegenheiten erfüllte, überzeugte die Gräfin bald, dass sie es aufrichtig gut meinte. Jeden Wunsch der Gräfin verstand das junge Mädchen ihr von den Augen abzulesen, so dass erstere sich täglich selbst beglückwünschte, diesen Schatz in Baden-Baden für sich gewonnen zu haben. , III. „Hier ist eine interessante Neuigkeit, Bertha. Jrmgard wünscht, dass wir so bald wie möglich

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Andreas Hofer Wochenblatt
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Seite 11 von 18
Datum: 04.05.1899
Umfang: 18
So vergieng Woche auf Woche in ängstlicher Spannung und wachsender Sorge. Der Process hatte schon länger als sechs Monate gedauert und gieng jetzt seinem Ende entgegen. Auch stand das Weihnachtsfest vor der Thür; doch Gräfin Jrmgard fürchtete die bevorstehenden Festtage, die, so lange sie im Schlosse weilte, stets mit prunkvollem Glänze gefeiert worden waren. Ihr Blick war schärfer als der ihrer Stiefkinder und sie war fest überzeugt, dass dieses das letzte Weihnachtsfest sei

zum Jahresschluss noch glänzender zu veranstalten wie je zuvor. Gräfin Jrmgard sah die Anordnung als Thor heit an, aber es war ihr unmöglich, ihrem Sohne eine Bitte abzuschlagen. Sie selbst hatte Privatvermögen, daher fasste sie den EntschlusS, aus ihren eigenen Mitteln die Festlichkeit zu bestreiten, im Falle der Process zu ihren Ungunsten ausfallen würde. Andröe'S Zukunft machte ihr keine Sorge; sie war verlobt und der Major Ehrhardt würde sie bald als Gattin heimführen; Biola hingegen war mit ihren 19 Jahren

sehr wählerisch. Stolzer als ihre Schwester hatte sie schon manchen Bewerber abgewiesen und ihre Stiefmutter vermuthete nicht mit Unrecht, sie würde jetzt nicht eher über ihre Hand verfügen, als bis das Schicksal ihres Hause-entschieden sei. Gräfin Jrmgard's eigene Kinder waren noch sehr jung; die älteste hatte kaum ihr zehntes Jahr erreicht. Der Großvater hatte den Andern seiner Lieblingstochter Jrmgard ein beträchtliches Capital ausgesetzt, außerdem war Gräfin Mathilde, Jrmgard's einzige Schwester

, unvermält geblieben; nach ihrem Tode sollte ihr Vermögen ihren Nichten zufallen und daher gestaltete sich die Zukrmft der vier kleinen Mädchen viel glänzender als die der älteren Geschwister. Seit langen Jahren hatte Gräfin Jrmgard eine Erzieherin für ihre kleinen Mädchen gehabt, aber gerade jetzt, als die dunkle Wolke sich über die gräfliche Familie immer drohender zusammenzog, verließ Fräulein Maybach plötzlich das Schloss, um sich selbst eine eigene Häuslichkeit zu gründen. Dieser Schritt berührte

Gräfin Jrmgard peinlich; Fräulein Maybach war in alle häuslichen Sorgen eingeweiht, aber eine Fremde anzustellen, ehe das Schicksal des Hauses entschieden war, widerstrebte ihren Gefühlen. Daher entschloss sie sich, nur für' die Weihnachtsferien eine Lehrerin in's Haus zu nehmen, die ihre Weihnachtsserien bei ihnen zubringen sollte. „Wir wollen die Kleinen beaufsichtigen, liebe Mutter', schlug Viola vor, der dieser Plan durchaus nicht gefiel; „es wird höchst peinlich sein, eine Fremde im Hause

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Andreas Hofer Wochenblatt
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Seite 11 von 14
Datum: 24.06.1899
Umfang: 14
, Angelegenheit mit dem Bankgeschäft und schon nach drei Tagen konnte erfbic Rückreise nach Schloss Lorrach antreten. Er hatte den Tag seiner Ankunft nicht gemeldet und freute sich auf die Ueberraschung der Seinigen, die ihn gewiss nach so kurzer Zeit noch nicht erwarteten. Kurz vor seiner Rückkehr meldete er telegraphisch seine', Ankunft in M. Der alte, treue Kutscher erwartete ihn mit dem Wagen. Er war sehr ge sprächig und erzählte, die Frau Gräfin und die jungen Damen befänden sich sehr wohl

; Gräfin Mathilde sei sofort nach seiner Abreise angekommen. Aber der Name, nach dem Graf Gert sich am meisten sehnte, blieb unausgesprochen. Der .Alte ahnte wohl nicht, dass sein junger Herr Jnterresse für die Erzieherin der kleinen Mädchen habe. Niemand war am Portal, um den Ankommenden willkommen zu heißen. Der Portier berichtete, Gräfin Mathilde sei mit den beiden jungen Damen bei dem alten Herrn Ehrhardt; die Kleinen^ seien mit der Gräfin in deren Zimmer.' Gert eilte die Treppe hinauf und öffnete

hastig die bekannte Thüre. Die Gräfin ruhte nach alter Gewohnheit auf ihrem Divan, umgeben von ihrer kleinen Schaar, aber die Eine, nach der sich sein ganzes Herz sehnte, war nicht zugegen. Vielleicht errieth die Mutter die Gedanken ihres Sohnes und sah seine enttäuschten Blicke im Gemach umherschweifen, denn schnell ent ließ sie die Kleinen und zog mit sanfter Gewalt ihren Sohn zu sich auf das Ruhebett hernieder. „Gert, seit Deiner Abreise machten wir eine sehr traurige Erfahrung; ich bin noch ganz

ich sie in den Salon, wo alle beisammen waren. Da bat mich meine Schwester, ihr unseren lieben Besuch vorzustellen, da ihr die Dame fremd sei. Fräulein Braun wurde leichenblass und zitterte an allen Gliedern. Na türlich kam jetzt die Wahrheit an's Licht und schluchzend gestand die Gou vernante ein, sie sei gar nicht die Dame, die von der Gräfin engagiert sei.' Die Erbin. - 6

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Seite 7 von 10
Datum: 18.02.1892
Umfang: 10
als Landsturmanführer aus. — In Lienz starb am 9. Februar Frau Anna Eder, geb. Jdl, Fischwirthin, im Alter von 41 Jahren. — In Bozen starb am 7. ds. die Tertiarschwester Josefa Mair, 31 Jahre alt, nachdem sie in St. Petersberg, St. Walburg in Ulten, Bozen, Gries und Montan als Lehrerin sehr eifrig gewirkt hatte; ferner am 10. Februar Amalie Gräfin Hartig, geborene Freiin von Gudenus, k. k. Sternkreuz ordensdame, im Alter von 55 Jahren, am 12. Febr. Frau Karolina v. Larcher zu Eißegg, geborne Gräfin Khuen Belast

, an einem Schlaganfalle. — In Naturns starb am 14. Februar plötzlich der hochw. Pfarrer Johannes Lai- mer im Alter von 83 Jahren. Er war feit 29. November 1843 Pfarrer der dortigen Gemeinde und wegen seiner Her zensgüte allgemein geliebt. Se. Majestät verlieh ihm vor we nigen Jahren das goldene Verdienstkreuz. — In Terlago bei Trient verschied vor einigen Tagen Rcichsgräfin v. Ter lago im 87. Lebensjahre, die Mutter der verwitweten Gräfin Gabriele Mamming. — Im Kloster Riedenburg bei Bregen; ist die jüngste Schwester

des Ministers Grafen Kalnoky, Gräfin Marie Kalnoky, Ordensdame und Novizen - Meisterin, im 42. Lebensjahre verschieden. — Am 5. d. Früh ist Abt Alois Dörfer des Zisterzienserstiftes Wilhe- ring in Oberösterreich im 85. Lebensjahre gestorben. — In München starb am 7. d. Professor Joseph Mohr, der bekannte Kirchenmusiker, im Alter von 58 Jahren. — Am 10. d. M. verschied im Kloster Eschenbach im Kanton Luzern P. Edmund Dürr, Senior und Kapitular des Stiftes Mettingen-Mehrerau. Der Verstorbene erlitt

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Seite 9 von 14
Datum: 29.12.1904
Umfang: 14
bei mir im Dienst gestanden und sich in dieser Zeit: fleißig — an der Hau«tür. genüg sam — in der Arbeit, sorgsam für sich selbst, gescheit — im Au-reden, freundlich gegen Mannspersonen, treu — ihrem Liebhaber und ehrlich — wenn alle« verschlossen war, ge zeigt.' — Behuf« Erlangung eint« besseren Atteste« will da« gekränkte Küchenmädchen den Klageweg beschreiten .... Da« find doch zum Teil ganz hervorragende Eigenschaften warum also gleich klagen, Wilhelmine? * (Gräfin Montiguoso, die frühere Kronpriuzeffi

» von Sachsen) ist letzthin in Drei den eingetroffen und wollte ihre Kinder, die fie schnöde verlaffrn hat, sehen. Sie wurde jedoch von einem Polizeibeamten daran gehin dert. Der König war auf der Jagd. Er soll sehr bewegt gewesen sein, al« er die Nachricht erhielt, aber so gleich da« Unabänderliche seiner Stellung betont haben. Die Gräfin begab sich unter Polizeibegleitung zurück in's Hotel und Nachmittag nach Leipzig. Später fuhr fi: nach Florenz ab, nach andern Berichten soll sie zu ihrer Familie

nach Salzburg gereist sein. Der torkanische Hof ist begreiflicherweise über da« Vorgehen der Gräfin konsterniert. Sie war in Begleitung ihre« Anwälte« Dr. Zehme, hielt sich aber nur wenige Stunden in Dre«drn auf. Dort und in Leipzig wurde zu ihren Gunsten demon striert. Die Presse verhält sich sehr kühl nnd reserviert. Die Gräfin hat seinerzeit vom sächischen Hofe eine jährliche Apanage angenommen unter der Bedingung, daß fie den Boden Deutjchland« und Osterreich-Ungarn« nicht mehr betrete. * (Siseubahn

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Seite 12 von 14
Datum: 18.04.1901
Umfang: 14
die öffentliche Ver- . steigerung nicht, stattfindet,' äußerte ruhig der, alte Herr. „Die einfache That sache ist, dass das Schloss mit sämmtlichen'Besitzungen bereits ; angekauft-ist. Eine Clientin von mir übergab mir die Angelegenheit und die Ordnung Ihrer Verhältnisse. Die Dame hat früher - in Ihrem Hause Gastfreundschaft ge nossen mtb bittet daher, nach wie. vor, das -Schloss als Ihr Eigenthum zu betrachten, Frau Gräfin, und allen,Ihren Wünschen,soll engegengekommenwerden. „Die Hypotheken, bie der alte

Schmelzer und der Betrüger Bachstein auf dem Gute stehen hatten,, sind eingelöst, auch Ihre Privatschulden, die sich auf eine beträchtliche Höhe beliefen, Frau Gräfin, sind gedeckt, — denn meine Clientin ist enorm reich — ich darf Ihnen also gratulieren'. Die. alte Dame war sichtlich bewegt. Anstatt, an den Bettelstab zukommen öffneten sich wieder die schönsten Aussichten. „Wer ist Ihre hochherzige Clientin,. der ,wir zeitlebens,Dank,schulden; darf ich ihren Namen wissen?' , brachte sie endlich hervor

; «nb konnte nur mühsam ihre Freude unterdrücken. „Mit Vergnügen, gnädige Gräfin,' lächelte» der » Anwalt bereitwillig. „Meine Clientin, die eigentliche Besitzerin dieses Schlosses, ist — Fräulein Lieselot von Hartfeld, die, Tochter eines alten Freundes Ihres. verstorbenen Gatten, Louis von, Hartfeld.' Die alte Gräfin sprang entsetzt von, ihrem Sitze auf, Verachtung, Zorn und Mitleid malten sich abwechselnd in ihren verhärmten Zügen. „Dies ist ein unzeitiger, Scherz,, mein Herr,' fuhr sie entrüstet

späterhin für sich einrichten lassen.' . „Wenn Sie nicht scherzen, so sind Sie jammervoll getäuscht worden, Herr Anwalt,' beharrte die Gräfin, an allen Gliedern zitternd, „denn, ich gebe Ihnen die Versicherung, dass die junge Dame nicht mehr hat wie eine Bett lerin, die nicht über einen rothen Heller verfügen, kann. Sie hat keine Heimat, keine Verwandten, keine Freunde. Ihr sterbender Vater » setzte »seine letzte Hoff. nung auf die Jugendfreundschaft meines Mannes »und sandte uns sein Kind. Ich weigerte

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Andreas Hofer Wochenblatt
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Seite 11 von 14
Datum: 18.04.1901
Umfang: 14
, „und jetzt soll uns keine Macht der Welt mehr trennen. Wir sind beide arm, aber vereint doch glücklich. An Deiner Seite nehme ich den Kamps ums Dasein wieder auf und werde nicht unterliegen.' 7 . * Der Tag der öffentlichen Versteigerung des Schlosses war herangerückt. Verwirrung, Unruhe herrschten überall. Fremde Menschen liefen hin und her, - spähten inLjeden Winkel, konnten ihre Schadenfreude nicht verbergen, dass die stolze Gräfin den Tag dieser Demüthigueg erleben musste. Karoline blieb in ihrem Zimmer eingeschlossen

. Sie warf sich laut schluchzend auf's Sopha und zürnte mit dem herben Geschick, das ihr dieses namenlose Leid gebracht. Eveline vertrat Mutterstelle an Edith und Heinz, sie sorgte und unterrichtete sie, spielte mit ihnen im Park und redete mit ihnen von Lieselot, die auch die Kleinen so sehr liebten. Die alte Gräfin saß allein in ihrem kleinen Salon. Jetzt bereute sie bitter, dass ihre grenzenlose Verschwendung dieses Unglück verursacht und sie dadurch ihre ganze Familie ins Elend gestürzt

, so schwer ich ihn auch beleidigte. Doch, wer mag draußen sein, was will man von mir?' dachte sie erschreckt, als laut an die Thüre gepocht wurde. „Herein!' Ein alter Herr mit schneeweißen Haaren und Bollbart trat, mit Acten unter dem Arm, in das Gemach der Gräfin. Es lag etwas HoheitsvolleS in seinem Auftreten und ein Blick seiner klugen, geistreichen Augen in das gramverzerrte Antlitz der alten Dame erfüllte sein Herz mit tiefem Mitleid. „Herr Rechtsanwalt Renzler,' meldete der letzte Diener

, der im Schlosie verblieben war. „Gräfin von Heimstett, wenn ich recht vermuthe?' fragte der Anwalt, sich vor der alten Dame verneigend. Die Gräfin nickte, ein tiefer Seufzer entrang sich ihrer Brust. „Ich bin nicht länger die Herrin des Schlosses,' flüsterte sie beklommen, „habe daher auch kein Recht mehr, nach der Ursache dieser Störung zu fragen.' — SBit KmttUaxtia. 7

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Seite 12 von 14
Datum: 14.03.1901
Umfang: 14
Tages die-Thür^deS Salons, '„hier bringe ich Dir Fräulein von Hartfeld. Die junge Dame möchte gern jetzt Deine Bekanntschaft machen; sie ist von der langen Reise müde und angegriffen. Meine Mutter, Gräfin von Heim- stett und meine Schwester Karoline.' Beide Damen standen sprachlos vor Erstaunen und Bestürzung bei dieser Vorstellung, aber eS lag etwas Gebieterisches im Blick und im Tone des jungen Grafen, der Mutter und Schwester verstummen ließ. Anstatt ein kleines, unbedeutendes Kind

vor sich zu haben, wie man erwartet hatte, eine Spielgefährtin für Edith und Heinz, die mit Recht im Kinderzimmer gehalten werden konnte, stand eine junge Dame von etwa 20 Jahren vor der erstaunten Gräfin, die durch ihre vollendete Schönheit, so» wie durch natürliche Lieblichkeit und Anmuth überraschte und die Blicke un willkürlich feffelte. Schnell trat sie auf die Gräfin zu, streckte ihr beide Hände entgegen und sagte mit vor Erregung zitternder Stimme: - „Liebe, liebe Frau Gräfin, seit dem Tage, da mein guter Vater starb

, habe ich mich nach Ihnen gesehnt. Es scheint mir fast, als habe ich Sie schon längst gekannt, denn oft hat mein Vater von Ihnen gesprochen und jetzt, da ich bei Ihnen bin, werde ich mich nicht mehr so entsetzlich einsam fühlen,' Dann wandte sie sich schnell ab, um die Thränen zu verbergen, die sie mit Gewalt zurückdrängen musste. Die alte Gräfin stand noch immer verwirrt. Sie blickte zu ihrem ältesten Sohn hinüber, dann auf die anziehende Erscheinung der Fremden und es dunkelte vor ihren Augen. Doch sie beherrschte

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Seite 13 von 14
Datum: 14.03.1901
Umfang: 14
schon vorher bekannt ist, dass sie arm, allein und schutzlos in der Welt stehe». Aber gerade das freie, offene Wesen der neuen Hausgenoffin erregte ebenso sehr den Unwillen der Gräfin und ihrer Tochter, wie es vorher ihre jugendliche Schönheit und Anmuth gethan hatte. Beide Damen grollten dem unschuldigen Mädchen. Die alte Gräfin zitterte bei dem Gedanken an die Zukunft; denn diese Fremde, die sie wie eine Abenteuerin betrachtete, stellte durch ihre Reize und ungekünstelte Offenheit

mit einstimmte und so herzlich mit den neuen Freunden lachte, wie sie es seit jenem traurigen Tage nicht mehr gethan hatte, als sie von New- Uork nach dem Krankenlager ihres Vaters gerufen wurde, die Aerzte den Zustand desselben für hoffnungslos erklärten, und Lieselot bet dem sterbenden Vater blieb, bis der Tod ihn erlöste. „O, Frau Gräfin, es war zu lustig, als ich von der Bahnstation abge holt wurde,' erzählte Lieselot heiter und unbefangen. „Ich suchte nach einem alten Herrn, denn ich ahnte

und das aus Hamburg gekommen sei. „Die kenne ich nicht — sie ist nicht hier,' erwiderte die Dame, mit einem so ängstlichen Blick ihre-kleine Schar musternd, als fürchte sie, eS könne ein Schäflein ihrer Herde geraubt werden. O, es machte mir so großen Spass. Da trat ich heran und sagte meinen Namen. Da hätten Sie die erstaunten und langen Gesichter sehen sollen, Frau Gräfin! es ist gar nicht zu beschreiben. Eveline erzählte mir später, dass sie alle Spielsachen für mich zurechtgelegt, die zerbrochenen versteckt

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