ners als Heimat betrachten, seien wir nun deutscher, ladinischer oder italienischer Zunge, unter einem Dache wohnen, wenngleich unser Tiroler Zwiehof zwei Eingänge, einen im Süden und einen im Norden hat. Und der Firstbaum, der die beiden Dachhälften teilt, hat doch nicht die Aufgabe, das Dach zu trennen, sondern es zu sammenzuhalten. Mit anderen Worten heißt dies: Ein Volk, dem das Schicksal zuteil wurde, in zwei Staaten zu leben, braucht sich und kann sich des wegen nicht in Teile auflösen
dankbar für sein umfangreiches und erschöpfendes Re ferat, das mir praktisch jede Mühe der Einleitung abnimmt. Ich kann mir damit leisten, einen Wiener Schriftsteller, Hans Weigel, zu zitieren, was er ais Wiener und als Österreicher über den Tiroler zu sagen hat. Und dann, nachdem wir wissen, was der Tiroler ist, können wir versuchen, uns darüber klarzuwerden, was der Süd tiroler ist. Weigel schreibt: „Tiroler sein, ist keine Farbe, sondern ein Zu stand, keine Einzelheit, sondern Anfang und Ende
der Biographie, Man kann aus einem Staatsverband, aus einer Religionsgemein schaft, aus einer Partei austreten, rnari kann den Beruf wechseln und die Weltanschauung: Tiroler bleibt man bis ans Ende seiner Tage. Tirol ist hart, Tirol ist stolz, Tirol ist unbeugsam, Tirol ist aber vor allem Tirol und anerkennt, was sich außerhalb Tirol be findet nur in freier Entscheidung. Und vielleicht sind sie die aller besten Österreicher, weil sie in erster Linie Tiroler sind, ais solche aber sehr bewußt, souverän
und freiwillig den Anschluß an Öster reich vollziehen. Vollziehen, gemeint in der Form eines täglichen Vollzugs, einer täglichen Option.“ Und was sind wir Südtiroler nun? Ich schließ dort an, wo Herr Landeshauptmann in seinem historischen Teil geendet hat. Begin nen wir mit einigen Zitaten aus der neueren Zeit und aus der Zeit der Hochblüte der Nationalismen. Der „Alto Adige“ schrieb vor kurzem: „Die Tiroler sind nie Österreicher gewesen, sie haben nur die dynamischen Bande der Habsburger im politischen
Rahmen der Monarchie auf sich genommen, wobei ihre besonderen Autono mien gewahrt blieben.“ Nun, es war ja gerade das Österreichische an Österreich, daß in der Monarchie, daß unter den Habsburgern überall „die besonderen Autonomien gewahrt blieben“: derart war es möglich, Tiroler und Österreicher zugleich zu sein, als Tiroler nicht abdanken zu müssen, um Österreicher sein zu können. Und es war das Tirolische oder Österreichische an Tirol, daß hier „teitsch und welsch Volk und Nacion“ ein Gemeinwesen