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Page 5 of 130
Date: 01.08.1995
Physical description: 130
Kirche in der heutigen Zeit auf einem „harten Pflaster“? Predigt sie die Bot schaft, wie ihr aufgetragen, aber keiner hört hin? Die Zuhörerinnen und Zuhörer sind auch heute da. Glaube ist gefragt und ge sucht. Das ist das erste und überraschende Ergebnis der Meinungsumfrage. Der Begriff „Glaube“, so der Schlußbericht der Untersuchung in der Bozner Dompfarrei, hat einen guten Klang, weckt unmittelbare Gefühle und betrifft die Person in ihrem Innersten. Eine typische Aussage: „Glauben brauche

, steht hoch im Kurs, Menschen suchen nach diesem Halt in ihrem Leben. Es weht - so möchte man meinen - Rückenwind für die kirchliche Verkündigung; der Boden scheint fruchtbar für das Wort, das ausgesät wird. Diesen Schluß läßt die Untersuchung aber nicht zu, denn vor den Kirchen mauern kühlt die Begeisterung rasch ab. Religion und mehr noch Kirche stehen - so ein weiteres Ergebnis der Umfrage - bei vielen in der Sympathieskala tiefer unten. Diese beiden Begriffe rücken in vielen Antworten in die Nähe

von „Intole ranz, geistige Enge, Realitätsferne, Regeln und Vorschriften“. Steht hinter diesen Aussagen die Enttäuschung der Menschen, die in der Kir che Glauben suchen, ihn aber dort oft nicht finden? Kirche als überflüssiges, unnötiges Beiwerk? Ein weiterer Beweis für das Schlagwort „Jesus ja - Kirche nein“? In diese Richtung läßt sich das Untersuchungsergebnis nicht auslegen. Religi on und Kirche haben eine klar definierte und wichtige Aufgabe, nämlich die Wei tergabe des Glaubens. Religion und mehr

noch Kirche sehen die Befragten als Hülle oder Mantel, in denen das begehrte Gut „Glaube“ zu finden sein sollte. Ei ne typische Äußerung: „Religion ist das Regelwerk des Glaubens, für mich ei gentlich die äußere Schale des Glaubens.“ Was die 60 Befragten zu Protokoll gaben, erinnert die Kirche an ihren ureige nen Auftrag, nämlich die Verkündigung und das gemeinsame Verwirklichen der Botschaft Christi. Das Ergebnis der Untersuchung formuliert diesen Wunsch der heutigen Menschen treffend: „Dies bedeutet

, daß die Kirche und alles, was zu ihr gehört, ihm Gemeinschaft sein oder werden muß, um das Ziel, die Tiefe seines Glaubens, erreichen zu können. In diesem Sinne erscheint es notwendig, daß die Kirche, die kirchliche Gemeinschaft, die Pfarrgemeinde, zu der er gehört, ihm praktisch ein Zuhause sein und bestrebt sein müßten, alle hiermit verbundenen oder gemeinten Hilfen anzubieten.“ Zu Hause sein in der Gemeinschaft der Kirche möchten die Menschen auch bei herausragenden liturgischen Feiern. Die Spendung

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Page 18 of 130
Date: 01.08.1995
Physical description: 130
ter Ort von Rechtshandlungen.' 4 ) Die sakrosankte Kirche, der man ja auch Gut für sein Seelenheil tradierte, gewährte in dieser frühen Situation vielfachen Schutz und Schirm. Dies war nicht unerheblich in einem Zeitalter schwacher in stitutioneller Durchdringung der Gesellschaft, in dem Fehde und Blutrache noch legitime Mittel zur Durchsetzung von Rechtsansprüchen waren. Die funktionale Bedeutung des Rechtsbezirkes um die Kirche wird noch dadurch unterstrichen, daß der Kirch- und Friedhof

zwischen St. Maria, der südlich davon stehenden St.-Nikolaus-Kirche und der ehemaligen Maria-Magdalenen-Kapelle (beim heu tigen Pfarrheim) zugleich Platz des öffentlichen Grafengerichts war. Die Örtlich keit trug den seltenen Namen „Spielhof“, was als alte Bezeichnung für die Ding stätte ausgelegt werden muß, die wie an anderen Orten in der Nähe der Brücken war. ") In der Flurnamenüberlieferung gibt es noch weitere Hinweise auf die alte Zentralität des Platzes zwischen Kirche und Brücke. So liegt

Brückenkopf erforderte. Von sporadischen Ergeb nissen der Archäologie im Bereich der Kirche wissen wir, daß hier ältere, zum Teil frühmittelalterliche Siedlungsstrukturen vorhanden waren. ) Doch für wen war der Siedlungsplatz geeignet, der sich in der Nähe von St. Maria bildete? Seit jeher dürften um die Kirche in ihrer Doppelfunktion als Friedensbereich und Kommunikationszentrum stark frequentierte Handelsplätze bestanden ha ben. Bis in das späte Mittelalter hinein war der Handel vorwiegend auf den Nah

der Brückensied lung nahe der Pfarrkirche bezogen war. Er stellt einen Ansatzpunkt, nicht aber die unmittelbare Voraussetzung für die spätere Stadtentwicklung dar. Für die konkreten Lebenszusammenhänge dieser Menschen sind Pfarre und Kirche wich tiger sozialräumlicher Bezugspunkt. Die Instabilität der Zeit des Investiturstreits sowie die Nähe Italiens haben gewiß wesentlich zu einer zeitlich so frühen Ge meindebildung im Inneren der Alpen beigetragen. Räumlich und rechtlich korre spondieren dabei Land

- und Pfarrgemeinde, Kirche und Gericht. Communio heißt Gemeinschaft und zugleich Gemeinschaftsbesitz, dessen Nutzung den Mit gliedern des Kommunal- und Parochialverbandes zusteht. Wir kennen zahlreiche gleichgeartete Zusammenschlüsse aus dem oberitalienischen Raum, die alle vom gleichen Wunsch nach Verbesserung von Lebenschancen, der Erweiterung der 4 ) Zum Phänomen Ackermann, Mittelal terliche Kirchen. ”) Hoeniger, Altbozner Bilderbuch 30. ") Loose, Siedlungselemente 189 und Ders., Bozner Siedlungsraum 124. Dal

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Page 73 of 130
Date: 01.08.1995
Physical description: 130
maligen Onarmo-Gebäude als Gotteshaus. Die aufsehenerregende neue Kirche, nach den Plänen des Architekten Armando Ronca in Form eines riesigen Zeltes erbaut, will das Volk in der Wüste symbolisieren. 1963 legte man den Grundstein, 1969 wurde das Gotteshaus für die Öffentlichkeit zugänglich und 1976 von Bi schof Joseph Gargitter feierlich eingeweiht. Der Pfarrer wohnte zunächst in ei nem Mietshaus. Ein Pfarrwidum mit Vereinslokalen wurde 1982 erbaut. Von den 7600 Seelen, welche die Pfarre 1989

zählte, waren ca. 1000 deutscher Mutterspra che. Sie werden zusammen mit der deutschsprachigen Bevölkerung der Pfarre Don Bosco betreut.'”) In Gries wurde 1963 die Pfarrei Dreiheiligen errichtet, die das Gebiet zwi schen Drusus-, Penegal-, Freiheits- und Roenstraße umfaßt. 4 ") Die Kirche, die den Nonsberger Heiligen Sisinius, Martyrius und Alexander geweiht ist und nach Plänen des Architekten Paolo Candelpergher gebaut wurde, konsekrierte Bischof Joseph Gargitter im Jahre 1984. Die Reliquien

der Nonsberger Heiligen wurden der Pfarrei von der Trienter Erzdiözese geschenkt. * 41 ) 1965 wurden am Virglabhang in Haslach die Pfarreien St. Gertraud und St. Paul errichtet. 42 ) Das neue Pfarrzentrum von St. Gertraud, das seit 1970 die Kapuziner betreuen, wurde vom Architekten Othmar Barth aus Brixen projek tiert und 1976 von Bischof Gargitter eingeweiht. Die Kirche ist ein Mehr zweckraum, in dem kirchliches und weltliches Leben eine Einheit bilden sollen. Im Kapellenraum fällt das symbolträchtige Bild

des Gekreuzigten von Luis Ste phan Stecher auf. Das kirchliche Gemeindezentrum dient der deutschsprachigen Bevölkerung, die in den letzten Jahren aus vielen Orten Südtirols hierhergezogen ist und sich aus Beamten und Angestellten zusammensetzt. Für die Italiener sind die Pfarren St. Paul und Oberau zuständig. 4 ') Die Pfarre Heilige Familie, deren Pfarrgebiet von Christkönig abgetrennt wurde und das Gebiet von Triest-, Rom- und Drususstraße umfaßt, wurde 1966 errichtet. Die Kirche entstand 1976

. Eine dem hl. Laurentius geweihte Kirche wird in Rentsch schon im 11. Jahrhundert genannt. Im Jahre 1180 weihte man eine neue Kirche. 1989 legte man anläßlich einer umfassenden Restaurierung, für die sich die Bevölkerung tatkräftig eingesetzt hat, die romanische Apsis mit gotischen Fresken frei. Diese Apsis dient heute als Taufkapelle. Die Kirche in Rentsch stammt aus dem Jahre 1823. 4S ) Den ersten Seelsorger erhielt Rentsch 1786 durch "') J. Innerhofer, Auftakt bei der „Heiligen Familie“. Pastoralvisitation

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Page 4 of 130
Date: 01.08.1995
Physical description: 130
Martin Lercher Hinweisschilder auf dem Weg in die Zukunft Die Ergebnisse einer Untersuchung zum 800-Jahr-Jubiläum der Bozner Dompfarrei Das Zweite Vatikanische Konzil hat der Kirche aufgetragen, sich auf ihrem Weg durch die Geschichte auch von den „Zeichen der Zeit“ leiten zu lassen. Die große, eindeutige Wegrichtung hat Christus, der Stifter und Wegbegleiter, seiner Kirche vorgegeben. Doch wo sich gefährliche Kurven, Kreuzungen, Glatteis, hol perige Straßenstücke und andere Gefahren verbergen

, das zeigen Schilder am Rand der Straße. Es sind nicht nur Papst, Bischöfe, Priester oder Theologen, die der Kirche Richtungsweisendes zu sagen haben, sondern vor allem auch das sogenannte „einfache“ Kirchenvolk: seine Frömmigkeitsformen, seine Heiligen, sein Gespür für das Aufgetragene in der jeweiligen Zeit haben die Geschichte der Kirche in vielen Wegstrecken mitgeschrieben. Nach alter und bewährter kirchlicher Lehre schwingt in der Stimme des Volkes auch die Stimme Gottes mit. Vox populi vox Dei

moderner Marktforschung auch in der Kirche Anwendung finden dür fen. Ob also Religion, Glaube, Kirche oder Pfarrei beispielsweise mit einem neuen Automodell verglichen werden dürfen, das auf den Markt kommt, zu einem fixen Preis abholbereit angeboten wird, mit Garantie geliefert wird. Ein berechtigter Einwand. Das Ergebnis widerlegt ihn und belohnt die mutige Entscheidung. 60 Perso nen, 30 Männer und 30 Frauen, zur einen Hälfte aus dem „Stammpublikum“ der Pfarrei, zur anderen Hälfte aus dem Kreis

der „Fernstehenden“, wurden im Juni und Juli des vorigen Jahres vom Institut „Istituto ricerche psicologiche di merca- to“ befragt. Ihre Antworten in ausführlichen Einzelgesprächen (eine bis einein halb Stunden) haben sehr viel Wegweisendes über Glauben und christliche Ge meinschaft eingefangen. Das Ergebnis der Untersuchung - und das ist zweifellos überraschend - stimmt in weiten Bereichen mit dem überein, was in den bibli schen Schriften und im theologischen Ringen der Kirche als grundlegende Merk male

zu erreichen, und noch schwerer, sie für Glauben und Kirche anzuspre chen. Sind die Zeitgenossen tatsächlich gottvergessen und glaubenslos? Geht die

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Page 83 of 130
Date: 01.08.1995
Physical description: 130
Südtiroler Ordensprovinz. Die Hauptaufgabe der Eucharistiner in Bozen besteht in der Anbetung des hl. Sakramentes und in der Förderung der Verehrung der Eucharistie. Für diesen Zweck wurde anläßlich der Herz-Jesu-Jahrhundertfeier mit Spenden des österreichischen Hochadels und gegen den heftigen Widerstand der Liberalen 1899 durch den Architekten Johann Bittner in der Rauschertorgas se die neuromanische Herz-Jesu-Kirche gebaut. Die Patres, die dieses Gotteshaus betreuen, widmen sich besonders

dem Beichtdienst, der Begleitung von Gruppen, den Gebetspredigten, der Katechese, der Pfarrseelsorge und der Ökumene. 1 “) Seit mehreren Jahrzehnten wird in der Herz-Jesu-Kirche die Weltgebetswoche für die Einheit der Christen besonders feierlich begangen. 107 ) Da der Weiler Seit auf der Südseite des Kohlerer Berges seit 1967 keinen eigenen Seelsorger mehr hat, be treuen die Eucharistiner auch das Kirchlein, das 1953 fertiggestellt und 1969 ge weiht worden ist. 1 ™) Eine rege Tätigkeit entwickelten

Antonianum." 4 ) Die Barmherzigen Schwestern des hl. Vinzenz von Paul, die ihr Mutterhaus in Zams haben, errichteten 1922 eine Provinz in Südtirol mit Sitz im Josefsheim in Gries. Sie sind im Benediktinerstift in Gries, im Elisabethinum in der Runkelstei- ) Diözese Bozen-Brixen. Personal- und Ortsverzeichnis 1992, S. 404; Ordensleu te in Südtirol, S. 38 f.; Innerhofer, Die Kirche, S. 237. ") Pfarrgemeinde Bozen. Liturgischer Ka lender 1992. '"") Innerhofer, Wo der Magdalener wächst. "’") Diözese Bozen

-Brixen. Personal- und Ortsverzeichnis 1992, S. 405; Ordensleu te in Südtirol, S. 66 f.; Innerhofer, Die Kirche, S. 237; I Salesiani in Alto Adige, „II Segno“ v. 29. 1. 1994. "") Diözese Bozen-Brixen. Personal- und Ortsverzeichnis 1992, S. 406; Ordensleu te in Südtirol, S. 78 f.; Innerhofer, Die Kirche, S. 248 f.; zur Einweihung des Senders „Grüne Welle“ siehe auch Una nuova emittente della chiesa locale, „II Segno“ v. 19. 10. 1989. "’) Zu Maria Hueber siehe J. Gelmi, Maria Hueber 1653-1705

. Eine der bedeutend sten Frauen Tirols, Bozen 1993. "-) Zur Marienklinik siehe R. Mahlknecht, Sechzig Jahre Marienklinik Bozen, „Do lomiten“ v. 4. 3. 1994. " 3 ) Gelmi, Maria Hueber, S. 383 f. " 4 ) Diözese Bozen-Brixen. Personal- und Ortsverzeichnis 1992, S. 410 f.; Ordens leute in Südtirol, S. 88 f.; Innerhofer. Die Kirche, S. 233 f.

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Page 82 of 130
Date: 01.08.1995
Physical description: 130
auf dem Berge Karmel in der Col-di-Lana-Straße, der zur Pfarre Gries gehört. Die Kirche, die für die umliegende italienische Bevölkerung als Gemeindezentrum dient, hat der Trienter Erzbischof Karl von Ferrari im Jahre 1954 eingeweiht. "') Die Gesellschaft vom Heiligsten Sakrament, gemeinhin Eucharistiner ge nannt, hat sich 1897 in Bozen niedergelassen. Seit 1949 ist Bozen auch Sitz der '"') Diözese Bozen-Brixen. Personal- und Ortsverzeichnis 1992, S. 392; Innerhofer, Die Kirche, S. 217 f.; A. Trafoier

, Das Kloster Gries, 2. neu bearbeitete Aufla ge, Bozen 1982; M. Kiem, Geschichte der Benediktinerabtei Muri-Gries, 2 Bde., Stans 1888-1891. " ) Diözese Bozen-Brixen. Personal- und Ortsverzeichnis 1992, S. 224; Innerhofer, Die Kirche, S. 394; zur Niederlassung des Deutschen Ordens in Bozen siehe B. Platter, Deutschhaus Landkommende Weggenstein, Bozen 1988; F.-H. Hye, Auf den Spuren des Deutschen Ordens in Tirol. Eine Bild- und Textdokumen tation aus Anlaß des Ordensjubiläums 1190-1990, Bozen 1991, S. 75-172

; zur Geschichte des Deutschen Ordens in Ti rol siehe H. Noflatscher (Hg.), Der Deut sche Orden in Tirol. Die Ballei an der Etsch und im Gebirge (Quellen und Stu dien zur Geschichte des Deutschen Or dens, 43). Bozen-Marburg 1991. "“) Die Turmkapelle im Deutschhaus, in: Pfarrgemeinde Bozen. Liturgischer Ka lender 1993; M. Frei, Spirituell-tran szendente Wirkung, „Dolomiten“ v. 21. 12. 1991. "”) Diözese Bozen-Brixen. Personal- und Ortsverzeichnis 1992, S. 395; Innerhofer, Die Kirche, S. 227. ""’) Zum Gymnasium

. '“') Diözese Bozen-Brixen. Personal- und Ortsverzeichnis 1992, S. 108 u. 403; In nerhofer, Die Kirche, S. 226; Ordensleu te in Südtirol, S. 26 f.; Hye, Gries, 595.

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Page 60 of 130
Date: 01.08.1995
Physical description: 130
auf das Vereinswesen, auf die Schule, auf soziale Einrichtungen und die Ordensgeistlichkeit eine beeindruckende Menge Volk in den Trauerzug. Das unter der Förderung der Kirche aufblühende Vereinswesen (Katholisch-konservativer Verein, Gesellenverein, Katholischer Leseverein, Christlicher Kunstverein u. a.) brachte eine nicht zu unterschätzende Bindung der städtischen Bevölkerung an die Pfarre mit sich. Diese kümmerte sich auch um die Symbole der Volksreligio sität. Im Jahre 1870 wurde eine Reliquie des Seligen

Heinrich in einem eigenen, schön verzierten Salonwagen der Eisenbahn von Treviso nach Bozen geholt. Eine wichtige Aufgabe bestand weiters in der Pflege und Erhaltung der sakralen Kunstwerke und Bauten sowie der Kunstsammlung in der Propstei. Das Konkordat von 1855 Die rechtliche Grundlage für den sehr umfassenden Wirkungsbereich der Propstei in Bozen war, wie für alle Glieder der Kirche, im Konkordat von 1855 zwischen Kirche und Staat festgeschrieben.') Für Tirol bedeutete dieses Abkom men

viel, da es die josephinischen Kirchengesetze im wesentlichen aufhob. Mit der Übertragung der Schulaufsicht auf die Kirche und der darin enthaltenen Zu sicherung, daß konfessionelle Gesetze nur im Einverständnis der Kurie erlassen würden, stellte das Konkordat einen letzten Höhepunkt kirchlicher Macht im Staate dar. Die Gegenbewegung ließ nicht auf sich warten und konzentrierte sich auf die Abschaffung der konfessionellen Schule und die Aufgabe des Prinzips der Glaubenseinheit zugunsten religiöser Toleranz und Freiheit

. Es zeigte sich vor allem nach 1861 sehr deutlich, daß die Kirche die Chancen des Konkordats nicht ungenutzt ließ. In dem Tauziehen zwischen den liberalen Kräften und der konservativ-klerikalen Partei waren die Glaubenseinheit des Landes und der Kampf um den Einfluß auf die Schule die absolut vorherrschen den Anliegen. Diese Fragen haben die politischen Auseinandersetzungen und die Entwicklung des parlamentarischen Lebens in hohem Maße bestimmt und in der Spannung zwischen Landtag und Reichsrat immer

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Page 12 of 130
Date: 01.08.1995
Physical description: 130
herangezogen werden können."') Geringere Schwierigkeiten bereitet der historiographische Forschungsstand: Die mittelalterlichen Schriftquellen zur Geschichte Bozens sind großteils in kriti schen Editionen verfügbar, so daß die materielle Basis für weitergehende Arbei ten weitgehend vorhanden ist. 11 ) Gut erforscht ist auch die Geschichte der Pfarr kirche Bozen und der ihr zugeordneten Kirchen des Bozner Raums: Mehrfach ha ben Historiker und Kunsthistoriker wie Justinian Ladurner, Alois Spornberger, Karl

ereignisgeschichtliche und faktenbezogene Aspekte, die etwa bei A. Spornberger und Atz/Schatz das Gerüst einer systematischen Sakraltopographie bilden. Grundlegend ist ebenso A. Maurers Monographie zur Baugeschichte der Pfarrkirche. Auffallend ist dagegen das weitgehende Fehlen sozial- und wirt schaftsgeschichtlicher Untersuchungen zur Institution „Kirche“ im Rahmen der städtischen Entwicklung, was auch nicht durch die letzthin intensivierte Erfor schung der mittelalterlichen Stadtgeschichte Bozens kompensiert wird. Im vor liegenden

ein kräftiges Schlaglicht auf den bereits entwickelten Organisationsgrad einer „städ tischen“ Siedlung und ihres kirchlichen Bezugspunktes. Die Zufälligkeit einer solchen ersten Erwähnung darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß es zugleich diese spärlichen Zeugnisse sind, die die Darstellung strukturieren. Wie aber ging jener grundlegende Prozeß vor sich, der aus der Pfarre eines ländlichen Sied lungsverbandes die Hauptkirche einer Stadt werden ließ? Unter dieser Fragestel lung erscheint „Kirche

“ als ein zentraler Ort von Kommunikation und Interakti on, als wichtiges soziales System, das die elementaren Lebensbereiche der vor modernen Gesellschaft regelt und zugleich ein Mininum an institutioneller Kon tinuität gewährleistet. Kirchliche und gesellschaftliche Entwicklung hin zur Stadt sind engstens miteinander verzahnt, so daß es sinnvoll erscheint, die allge meinen Voraussetzungen dieses Zusammenhanges kurz zu skizzieren") Kirche als leitende soziale Kraft und Kristallisationspunkt einer durch nie deren

, Hir sebrei und Bettelmönch. u ) Vgl. den Abschnitt „Quellen“ des Lite raturanhangs. '-) Siehe die im Literaturanhang unter den jeweiligen Autoren zusammengestellten Titel. "') Vgl. dazu Mitterauer, Pfarre und Ders., Soziale Strukturen sowie Borgolte, Mit telalterliche Kirche.

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Page 66 of 130
Date: 01.08.1995
Physical description: 130
Josef Gelnii Die kirchliche Präsenz in Bozen von 1900 bis heute Die Präsenz der Kirche in Bozen hat sich von 1900 bis heute stark verändert. Ohne Vollständigkeit anstreben zu wollen, sollen in diesem Beitrag die wichtig sten kirchlichen Strukturen, die in dieser Zeit in der Talferstadt entstanden sind, kurz dargestellt werden. Natürlich ist Bozen auch Sitz der diözesanen Medien, kultureller Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft und vor allem der vielen katholischen Organisationen

- malgreien und Leifers, Innsbruck 1952; K. T. Hoeniger, Altbozner Bilderbuch. Bozen 1942; H. Braun, Beiträge zur Ge schichte Bozens im 16. Jahrhundert (Schlern-Schriften 33), Innsbruck 1936; T. Weller, Beiträge zur Baugeschichte der Stadt Bozen, Stuttgart 1914; A. Si- meoner, Die Stadt Bozen, Bozen 1890; B. Weber, Die Stadt Bozen und ihre Umgebung, Bozen 1849, Neudruck Bo zen 1987; zu den Ausgrabungen in Bo zen siehe Ausgrabungen im Raum Bozen und Unterland 1976-1985. Bozen 1985. ) Zu Kirche

und Volksgruppen in Südti rol siehe J. Gelmi, Die Rolle der Kirche im Zusammenleben der verschiedenen Sprachgruppen in Südtirol, in: R. Gru- lich/N. Schlegel (Hg.), Kirche und Volksgruppen, Königstein 1993. S. 78-95. ') Catalogus cleri Dioecesis Tridentinae, Trient 1900, S. 113 u. 121. ') Maurer, Die kirchlichen Verhältnisse, S. 241; zur frühen Geschichte der Stadt pfarre Bozen siehe K. Atz/A. Schatz, Der deutsche Anteil des Bistums Trient. Das Dekanat Bozen, Bd. 1. Bozen 1903. ) Die Pfarrei ist zwei Pfarrern

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Page 68 of 130
Date: 01.08.1995
Physical description: 130
Die Kirche wurde 1937/38 nach den Plänen von Architekt Franz Lottersberger erbaut. Das Gemälde der Rosenkranzkönigin in der Apsis stammt vom Priester maler Johann B. Oberkofler. Das Viertel wird heute noch hauptsächlich von italienischen Arbeitern, Eisenbahnern und Angestellten bewohnt. Die Pfarre lei tet ein italienischer Pfarrer. Die deutsche Bevölkerung wird von den Kapuzinern in Haslach mitbetreut." 1 ) Heute kämpfen viele Betriebe in der Industriezone, die in den dreißiger Jahren

unter dem Faschismus entstanden sind, ums Überleben. Diese Entwicklung löst bei vielen Menschen, die in diesen neuen Pfarreien Bozens leben, verständlicherweise große Ängste aus."') Die meisten neuen Pfarreien in Bozen erwuchsen auf dem Gebiet von Gries ") Im Jahre 1943 wurde die Pfarre Christkönig errichtet, nachdem bereits 1933 Do minikaner der Lombardischen Ordensprovinz mit Sitz in Bologna nach Eppan und 1936 nach Bozen gekommen waren.") Die Kirche Christkönig, die vom Ar chitekten Guido Pelizzari stammt

von Menschen, die aus ganz Italien kam. 1943 wurde der Rohbau einer neuen Kirche in der damals sogenannten Pia zza Pontinia errichtet. Anschließend wurde das Gotteshaus als Militärmagazin verwendet. Erst im Jahre 1947 konnte es feierlich eingeweiht werden. 1988 war die Pfarrei Don Bosco, die ein sehr lebendiges Pfarrleben aufweist, mit 18.500 Seelen die weitaus größte Pfarrei der Diözese. Der Sprengel war zunächst rein italienisch. Im Laufe der Zeit ließen sich aber immer mehr deutsche Familien nie

“ v. 16. 1. 1994. ’") Catalogus cleri Tridentini 1961, S. 107; Hüter, Kirchliche Verwaltungsgrenzen, S. 17. -') Zum Kapitel Orden und Faschismus in Südtirol siehe J. Gelmi, Kirchenge schichte Tirols, Innsbruck-Wien-Bozen 1986, S. 252 f.; J. Kögl, Der Bozner An teil der Kirche des hl. Vigilius im Spie gelbild der Zahlen, Trient 1956; zu den Dominikanern in Bozen vgl. M. Silier, Der Südtiroler Dichter Heinrich von Burgeis und die Entstehung des Bozner Dominikanerklosters (1272-1276), in: Bozen. Von den Anfängen

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Page 69 of 130
Date: 01.08.1995
Physical description: 130
Im Jahre 1993 stimmte der Priesterrat diesem Vorhaben endlich zu. Der neue Bau soll der geistige und kulturelle Mittelpunkt für die rund 4000 deutschen Be wohner werden. Zugestimmt haben aber Priesterrat und Bischof Wilhelm Egger ' 7 ) nur in Verbindung mit einer Empfehlung: Das Seelsorgezentrum sollte prinzipiell beiden Volksgruppen zur Verfügung stehen. Eine Kirche in gemischtsprachigen Wohngebieten sollte nicht ausschließlich für eine einzelne Sprachgruppe dasein

. Nun wird dort ein Seelsorgezentrum mit einem Raum für Gottesdienste, einem Vortragssaal, Büros, Mehrzweckräumen und einer Wohnung für den Pfarrer ent stehen. Entworfen wurde das Projekt vom Architektenbüro Abram/Schnabl.- a ) Im Jahre 1953 wurde eine Pfarre am Bozner Boden errichtet.’ 9 ) Schon 1949 war dort eine dem hl. Josef geweihte Notkirche entstanden. Die Pläne des Pfarr- zentrums in diesem typischen Eisenbahnerviertel stammen von dem berühmten römischen Architekten Marcello Piacentini. Die Kirche wurde 1961 benediziert

, war es 1989 nur mehr einer. Dafür engagieren sich aber viele Laien in der Seelsorge. Die deutschsprachige Bevölkerung, die sich im Gemeindezen trum „Mariaheim“ am Neustifter Weg trifft, feiert ihre Gottesdienste mit einem eigenen Priester in der Krypta der Pfarrkirche. 99 ) 1954 wurde auch die Pfarre St. Jakob in Oberau errichtet. 94 ) Den Grundstein der Kirche, die nach Plänen von Pelizzari und Rovighi erbaut wurde, legte 1951 der Erzbischof von Trient, Karl von Ferrari. 95 ) Weithin sichtbar

der Kirche diente die Kapelle im ehe- ;!I ) Zu Bischof Wilhelm Egger siehe J. Gel- mi, 25 Jahre Diözese Bozen-Brixen, in: Der Schiern 63, 1989, S. 683-695; J. In nerhofer, Südtirol unter einem Hirten stab. 25 Jahre Diözese Bozen-Brixen. Sonderdruck aus Reimmichls Volkska lender, Bozen 1990, S. 26-29. ’") Ein Pastoralzentrum für Neugries, „Do lomiten“ v. 14. 5. 1993; Pfarrzentrum Don Bosco und Bürohaus, „Dolomiten“ v. 4. 3. 1994. 2, ‘) Catalogus cleri Tridentini 1961, S. 106; vgl. Maurer, Die kirchlichen

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Page 25 of 130
Date: 01.08.1995
Physical description: 130
und soziale Mobilität und insgesamt der Grad an mittel alterlicher Urbanisierung.” 7 ) An dieser tiefgreifenden Transformation der Gesellschaft hat die Kirche als wichtiger institutioneller Faktor auch im lokalen Bereich ganz wesentlichen An teil. Der Zollvertrag von 1202 ist nur ein Beispiel, das ihre Funktion als politische und wirtschaftliche Handlungsgröße unterstreicht, in deren Rahmen sich politi scher Wille formiert und verwirklicht. Immer stärker sichtbar wird aber auch, daß die Rolle kirchlich

dominierter Sozial formen dort schwindet, wo politische Ordnung sich in kommunalen und territorialen Strukturen neu bildet und die älteren Funktionen überformt. Die Stadtwerdung Bozens bedeutet für das Beziehungsverhältnis Stadt-Kirche, daß die ländliche Pfarrkirche langfristig zur Stadtpfarre wird. Rein räumlich bringt dies mit sich, daß die Kirche von ihrer zentralen Position im ländlichen Sied lungsgefüge der Bozner Talweitung (und -gemeinde) in eine gewisse Randlage ge genüber dem kommunikativen

II. von Tirol-Görz im gesamten Trienter Hochstiftsge biet und besonders im Bozner Raum entfaltete und der in die bekannten Ereig nisse von 1276/77 (Blitzkampagne Meinhards gegen Bischof Heinrich von Trient, Einnahme „trientinischer“ Burgen, Okkupation Bozens) mündete. 10 ') Als Initi alzündung der meinhardinischen Politik gilt seit jeher die feierliche Belehnung mit der Trienter Vogtei und allen Hochstiftslehen im Jahre 1259 (gemeinsam mit Graf Albert)."’ 2 ) Damit waren die Trienter Kirche faktisch

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Page 28 of 28
Date: 01.08.1995
Physical description: 28
liche Empfängnisverhütung hängen ja aufs engste zusam men. Nicht nur Spirale und „Pille danach“ töten einen Menschen im ersten Stadium des Daseins. Es war bereits 1967 bekannt, daß bei Einnah me von sog. „Ovulationshem mern“ in einem Prozentsatz bis zu sieben Prozent die Ovulation (Eisprung) doch stattfand (Goldzieher, Mears, Guai, Fi- kentscher, vgl. Dr. med. A. Häußler „Die Pille, das dro hende Unheil“, S. 3f). Es ist gut, daß hochrangige Persönlichkeiten der Kirche die Dinge beim Namen nennen

be sonders entwickelt, die die Leh re der Kirche über die Emp fängnisverhütung ablehnen.“ Und er stellt fest: „Leider tritt der enge Zusammenhang, der mentalitätsmäßig zwischen der Praxis der Empfängnisverhü tung und jener der Abtreibung beteht, immer mehr zutage; das beweisen auf alarmierende Weise auch die Anwendung chemischer Präparate, das An bringen mechanischer Emp fängnishemmer in der Gebär mutter und der Einsatz von Impfstoffen, die ebenso leicht wie Verhütungsmittel verbrei tet

werden und in Wirklichkeit als Abtreibungsmittel im aller ersten Entwicklungsstadium des neuen menschlichen Lebens wirken.“ (Nr. 13) Die einzig menschenwürdige Konsequenz kann nur eine Ent scheidung für das Leben und gegen die Abtreibung sein, auch gegen die Frühabtreibung durch empfängnisverhütende Mittel. Danken wir der Kirche, daß sie den Mut hat, das Ge wissen - entgegen dem Zeitgeist - zu schärfen und daß sie am Verbot der Empfängnisverhü tung festhält. Dr. med. Rita Stumpf, Münsing (D) Die wahren Fakten Ich nehme

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Date: 01.08.1995
Physical description: 130
Im räumlichen Gefüge Bozens kam die Neugründung einer Abkoppelung und „Horizontalverschiebung“ von Mittelpunktsfunktionen gleich, die bis dahin an die Zentralörtlichkeit von Pfarr- und Nikolauskirche gebunden waren und die sich nun in den Friedensbann der Stadt verlagerten. Die Marktfunktionen wur den aus dem Friedensbereich der Kirche in die neue bischöfliche „Stadt“ verlegt, die einen Bereich erhöhten Friedens und erhöhter Sicherheit, der Freizügigkeit und Rechtsgleichheit darstellte

der Edelfreien von Wangen und der Grafen von Tirol des 13. Jahr hunderts in Frage gestellt wurde. Beachtlich waren freilich die Funktionsverluste der Kirche im Zuge dieser tiefgreifenden Umformung der Stadt-Land-Beziehungen. Mit dem Aufblühen des bischöflichen Marktes im Schutze seines städtischen Ortsrechtes intensivierten sich die Ware-Geld-Beziehungen, nicht zuletzt bedingt durch die Leistung von Häuserzinsen in Geld, und verdrängten allmählich die traditionellen Formen der Tauschbeziehungen in Naturalien

und Gebrauchsgegenständen. 9 ") Die älteren Handelsplätze im Schutz der Kirchen fielen damit der allgemeinen Entwicklung zum Opfer. Das ehemalige Zentrum wurde nun trotz seiner nach wie vor zentra len Lage vorübergehend zur funktionalen Peripherie. Der Ort um die Kirche ge wann erst wieder in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts mit der Ansiedlung von Heiliggeistspital (seit 1271/72)’“) und Bettelorden (Dominikaner, seit 1273) 92 ) stärker an Bedeutung, wobei nun Stützpunktzwecke gegenüber stadtbildenden Faktoren Vorrang

hatten. VI. Die im kommunalen Stadium deutlicher aufbrechenden Konflikte bzw. der dadurch entstehende Regelungsbedarf ermöglichen zugleich eine weitaus diffe renziertere Beschreibung der Verfassungs- und Sozialverhältnisse. Wie verhalten sich „Kirche“ bzw. das Funktionssystem Religion im Kontext der Entwicklung der Stadtgesellschaft im 13. Jahrhundert, welche Positionen können sie wahren und welche Rolle nehmen sie unter dem Effekt eines lang andauernden Komple xitätsanstiegs ein? Die Bedeutung der kirchlichen Organisation

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Date: 01.08.1995
Physical description: 130
nicht vernachlässigen zu lassen. Der zweite „Freiwilliger Kirchenheller zur Er bauung einer würdigen Kirche in Oberau - Bozen“ hat in Bozen durch Jahrzehn te großmütig gewirkt, damit in Oberau die Kirche zu Ehren der Rosenkranzköni gin erstehe, in einem Stadtteil der ärmeren Bevölkerungsklasse, deren Glaube und Sitte besonders gefährdet sind (Pfarrbüchlein 1916). Auffallend ist die große Zahl von karitativen und sozialen Vereinen in Bozen. Sie sind Zeugen der großen Gottes- und Nächstenliebe

an den Fenstern da von. Italien ging zu den Alliierten über, doch schon in der Nacht vom 8. auf den 9. September besetzten die deutschen Truppen Bozen und Südtirol. Es folgten meh rere Luftangriffe. Am 2. Dezember 1943 wurde die Pfarrkirche neuerdings be schädigt, doch fanden die Rorate-Gottesdienste bei Kälte und Zugluft immer noch in der Pfarrkirche statt. Zu Weihnachten 1943 wurden die Gottesdienste der Pfarrgemeinde in der Herz-Jesu-Kirche verlegt und in der Pfarrkirche nur noch einige Werktags

ein. Bei dieser Bombardierung wurde auch die Propstei zur Ruine und die Niko lauskirche - alte Pfarrkirche - vollständig zerstört. Während nun die Sonn- und Feiertagsgottesdienste weiterhin in der Herz- Jesu-Kirche gefeiert werden konnten, mußten die Werktags- und Sterbegottes dienste im Saal des Gesellenhauses (Kolping) gehalten werden. Nach Kriegsende im Mai 1945 wurde zuerst das Kirchenschiff der Pfarrkirche wiederhergestellt, so daß ab Ostersonntag, 8. April 1950, die Gottesdienste wie der dort gehalten werden konnten

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Date: 01.08.1995
Physical description: 130
minne), die Arnold dieses Epitheton einbrachte.“) Die Pfarrkirche war Liebfrau enkirche, der Bezug zur Patronin scheint also nicht beliebig und könnte durch aus im Zusammenhang mit der Ursprungslegende vom Gnadenbild Unserer Lie ben Frau im Moos - ätiologische Erklärung der Ortswahl und der Titulatur durch Fremdbestimmung - stehen. Oder deutet das Attribut auf den Besitz der Marien kirche an der - unfreien - Person Arnolds hin? Die Quellen sind für die Beant wortung dieser Fragen zu wenig

wichtige Bezugsgrößen verschoben zu haben. Das Datum der ersten schriftlichen Erwähnung eines Pfarrinhabers, aus quellenkritischer Sicht an sich ein eher zufälliges Ereignis, reflektiert tiefgreifende Veränderungen des sozialen und siedlungsräumlichen Umfelds und führt damit unmittelbar ins Zentrum der hier bemühten Fragestellung, den Zusammenhang von Siedlung und Kirche. Dieser Zusammenhang - so soll im folgenden gezeigt werden - ist grundlegend zum Verständnis einer weit zurückliegenden Zeit

, eines Abschnitts, den die So zialwissenschaften als frühe Entwicklungsphase (11.-14. Jahrhundert) im Ge samtprozeß der jüngeren europäischen Geschichte begreifen.“) Im Sinne neuerer stadtgeschichtlicher Forschungsansätze ist es reizvoll, das Leben in und mit dem Sozialsystem „Kirche“ auf die Geschichte der mittelalterlichen „Urbanisierung“ des Zentralortes Bozen zu beziehen und im Hinblick auf die Übergänge von Dorf gemeinde zu Marktort und Stadt zu interpretieren. 9 ) Anstelle einer weiteren „Pfarrgeschichte

“ im herkömmlichen Sinn sollen hier einzelne Querschnitte ge legt, gleichsam Szenarien entworfen werden, die sich kirchlichem Leben anhand ausgewählter Fragestellungen annähern. „Kirche“ ist dabei nicht nur die im Mit telpunkt der Publikation stehende Pfarrkirche selbst, sondern umfaßt kirchliche Strukturen insgesamt in diesem Gebiet. Die ecclesia plebis sancte Marie ist nicht als isolierter Körper aufzufassen, sondern als Element der sozialen und politi schen Gemeindebildung, das wesentlich in den sozialen

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