18 items found
Sort by:
Relevance
Relevance
Publication year ascending
Publication year descending
Title A - Z
Title Z - A
Newspapers & Magazines
Schlern
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/Schlern/1989/01_11_1989/Schlern_1989_11_01_29_object_6007753.png
Page 29 of 90
Date: 01.11.1989
Physical description: 90
rat. so man nennt die Zweihundert der Stadt Zürich/ 1 ) Die lokale Verwaltung übten der Landvogt und ein Netz von Ober- und Untervögten aus. Der Stadtstaat Zürich wiederum war eingebunden in ein diffiziles Bündnissystem, in die Eidgenossen schaft, die noch um 1500 eine erstaunliche Sogkraft, aber auch bereits eine hohe Stabilität besaß. Der oligarchischen Herrschaftsform in Zürich, in der der traditionelle Adel fehlte, stand mit Tirol ein typisch landesfürstliches Territorium der frühen Neuzeit

Untertanen’ 1 ) im Landtag. Allerdings wurde das noch erheblich ständisch bestimmte Regiment Erzherzog Sigmunds unter Maximilian I. und dann unter Ferdinand I. zunehmend vom Landesfürsten kontrolliert. Auch Tirol war in ein weitgespanntes System eingebunden, eben in den habsburgisch-feudalen Län derverband, den bereits Maximilian zu verklammern begonnen hatte. 12 ) Der Reiz des Vergleiches liegt dabei auch in der großen Frage der Zeit: Die konfessionelle Entwicklung verlief in Zürich bekanntermaßen

Täufer, den Kreis um Konrad Grebel, als Aufrührer ab. In den folgenden Monaten mehrten sich bei den obrigkeitlichen Stellen, nicht zuletzt beim Züricher Rat, die Stimmen, daß die Täufer unruow unnd widerwertig hendel stiften würden 15 ); die Churer städtische Obrigkeit schickte im Juli 1525 den von Zürich ausgewiesenen Felix Manz wiederum zurück, da er bei ihnen in Winkelpredigten vil widerwertigkait und zwytracht gebracht habe - damit, so die Begründung, unser volck ouch dester ruewiger belibe

.' 6 ) Vor allem in Tirol wurde das neuartige zemmenloufen zwei Jahre später, ab 1527, mit größter Aufmerksamkeit beobachtet. Am Hof Ferdinands kombinierte man die !l ) Leonhard von Muralt, Renaissance und Reformation, in: Handbuch der Schwei zer Geschichte, Bd. 1. Zürich 1980, 549; Walter Jacob. Politische Führungs schicht und Reformation. Untersuchun gen zur Reformation in Zürich 1519-1528. Zürich 1969; Hinweise auch zur Sozial- strukturbei Hans Mort, Zunftverfassung und Obrigkeit in Zürich von Waldmann bis Zwingli

(Mitteilungen der Antiquari schen Gesellschaft in Zürich 45/1). Zürich 1969. '") Werner Kol ler, Land. Landschaft. Land tag. Geschichte der Tiroler Landtage von den Anfängen bis zur Aufhebung der landständischen Verfassung 1808 (Veröf fentlichungen des Tiroler Landesarchivs 3), Innsbruck 1985. ") Adelina Wallnöfer, Die Bauern in der Tiroler „Landschaft" vor 1500. Politische Aktivität der Gerichte und deren Reprä sentanten auf den Landtagen, Phil. Diss. Innsbruck 1984. 12 ) Wiesflecker, Bd. 1-5, wie Anm

1
Newspapers & Magazines
Schlern
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/Schlern/1989/01_11_1989/Schlern_1989_11_01_28_object_6007752.png
Page 28 of 90
Date: 01.11.1989
Physical description: 90
an der Institution Ehe und in ihrer Ablehnung einer der christlichen Grund handlungen, der Kindertaufe, schienen die Täufer den sich verfestigenden Staat 4 ) nicht nur wiederum in die Schranken zu weisen, sondern grundsätzlich in Frage zu stellen. I Es erschien daher als lohnend, zwei sehr unterschiedliche territoriale Systeme miteinander zu vergleichen: eben Tirol, den Typus des relativ großen Territoriums, mit dem kleineren Stadtstaat Zürich. 5 6 ) Der Plan erwies sich aus mehreren Gründen als sinnvoll

des Vergleiches liegt freilich an den unterschiedlichen politischen Systemen. In Zürich lagerten sich gleichsam um den städtischen Kern die Untertanenlande an. Obrigkeit war dort zugleich Stadtherrschaft. In den Grund zügen unterschied sich die oligarchische, zünftisch dominierte Ratsverfassung Zürichs von jenen der oberdeutschen Reichsstädte nicht. 8 ) Das Herrschaftszentrum bildeten die zwei Bürgermeister, die sich halbjährlich abwechselten, die drei Obristen Zunftmeister und die zwei Kleinen Räte

zu je 24 Personen, die sich gleichfalls halbjährlich ablösten. An die genannten Institutionen schloß sich der Große Rat an. Alle zusammen bildeten die sogenannten Zweihundert der Stadt Zürich (genauer 212), in der Quellensprache die Bürgermeister, Rät und der Groß- 4 ) Walther Kirchner, State and Anabap- tists in the Sixteenth Century: An Econo mic Approach, in: Journal of Modern Hi- story 46, 1974, 1-25. besonders 7-12. 5 ) Quellen zur Geschichte der Täufer in der Schweiz. Bd. 1: Zürich. Hg. von Leonhard

von Muralt/Walter Sehmid, Zürich 1952 (künftig QGT Schweiz); The Sour- ces of Swiss Anabaptism: The Grebel Letters and Related Documents, ed. by Leland Harder (Classics of the Radical Reformation 4), Scottdale/Pa. 1985; zur Frühzeit, mehr im innerstädtischen Be reich Zürichs sowie zum Kreis der spä teren Täufer in den Jahren 1522-1523 vgl. J. F. Goeters, Die Vorgeschichte des Täufertums in Zürich, in: Luise Abra- mowski/J. F. Goeters (Hgg.), Studien zur Geschichte und Theologie der Refor mation

. Festschrift für Ernst Bizer, Neu kirchen/Vluyn 1969, 239-281: mehr aus theologischer Sicht Heinold Fast, „Die Wahrheit wird euch freimachen". Die An fänge der Täuferbewegung in Zürich in der Spannung zwischen erfahrener und verheißener Wahrheit, in: Mennonitische Geschichtsblätter 32, 1975, 7-33. 6 ) Otto P. Clavadetscher, Die Bauernun ruhen im Gebiet der heutigen Eidgenos senschaft. Mit einem Exkurs über die Be ziehung Gaismairs zur Schweiz, in: Frido lin Dürrer (Hg.), Die Bauernkriege und Michael

2
Newspapers & Magazines
Schlern
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/Schlern/1989/01_11_1989/Schlern_1989_11_01_39_object_6007763.png
Page 39 of 90
Date: 01.11.1989
Physical description: 90
Konventikeln anfangs vor allem in den Häusern äußerte, mit großem Mißtrauen. Er konfiszierte für den Züricher Rat Briefe an seine Untertanen und die Zwölf Geschworenen und begann auf Weisung des Rates, die Untertanen aisgleich intensiv bespitzeln zu lassen. 7 ' 1 ) Gerade von Zürich sind uns, anders als von Tirol, zahlreiche sogenannte nachgänge. das sind Aussageprotokolle dörflicher Untertanen, erhalten. 1 “ 1 ) Voraussetzung für eine bestmögliche Information war hier wie in Tirol ein gut funktionierendes

einer wohl vom Landvogt angefertigten Liste von den Neugetauften Bußgelder einzusammeln hatte. Das Protokoll des Knechtes 84 ) ist glücklicherweise überliefert, und es vermit telt in erfrischender Offenheit die erstaunten Reaktionen der Zollikoner. Vor allem die Frauen wiesen das Ansinnen scharf zurück und drohten teils mit Aufruhr. Die Überraschung über die plötzlichen Restriktionen war umso größer, als man vor nicht langer Zeit in Zürich selbst heftig disputiert und im Religionswesen vielfaches

selbst, der im Sinne einer Stabilisierung seiner Konfession auf verschärfte Maßnahmen gegen die Täufer gedrängt hatte. Generell dürfte in Zürich wie insgesamt in der Eidgenossenschaft die Zahl der hingerichteten Opfer um einiges .niedriger' - zwischen 30 und 73 in der Schweiz als bisher angenommen, gewesen sein (für die österreichischen Länder, Böhmen und Mähren mitinbegriffen, hat Claus-Peter Glasen mindestens 408 Hinrichtungen errechnet)."") Das Engros der Strafen bestand aus Gefängnis und anschließendem Bußgeld

. Ungeachtet aller Härten und Grausamkeiten auch in Zürich, etwa im Vergleich zu anderen protestantischen Territorien wie Württemberg, der Kurpfalz, Hessen, Augsburg, Nürnberg oder Straßburg" 7 ), überrascht dennoch der relativ ■") Dieser an den Rat von Zürich. 8. Dezem ber 1525. QGT Schweiz, wie Anm. 5, Nr. 144. - !l ) QGT Schweiz, wie Anm. 5. Nr. 79. 85, 95, 111, 128. Hll l Ebd., Nr. 11 und passim. «h Ebd., Nr. 151.253. 260, 270, 275 f.. 285, 292. "0 Ebd.. Nr. 183. »'■') Ebd., Nr. 111. " 4 ) Ebd

3