Der fahrende Skolast ; 1. 1956
Page 5 of 12
Author:
Südtiroler Hochschülerschaft
Place:
Bozen
Publisher:
Südtiroler Hochschüler/innen/schaft
Physical description:
Getr. Zählung
Language:
Deutsch
Notations:
Abschlussaufnahme von: 1956,1-5 ; Vorhandene Dubletten: 1956,Mai
Subject heading:
g.Südtirol ; s.Student ; f.Zeitschrift
Location mark:
III Z 342/1(1956)
Intern ID:
319158
machen: Män ner tragen nicht nur Steireranzüge und Frauen nicht nur „Dirndln“. Die Wiener IVIode ist hingegen wieder stark im Kom men, wie man sich sowohl auf der Straße als auch in den Modeschauen ^überzeugen kann, die in den größten der etwa 200 Wie ner Kinos an Stelle eines Vorfilms gezeigt werden. Die weit verbreitete Ansicht, in Wien gäbe es nur „Geiger und Tänzer“ ist zumindest weit übertrieben. Wien ist zweifellos die Heimat der Musik und eine größere Prachtentfaltung, mehr Anmut and Gemütlichkeit
, als auf den bedeutend sten der zahlreichen Wiener Faschings- bäile kann man sich kaum vorstellen. Es stimmt auch, daß selbst der tüchtigste Kaufmann in der Innenstadt nach dem Motto „jetzt will i oba mei Ruah hob’n!“ sein Geschäft lieber eine Minute früher sperrt, als zum ohnehin frühen Laden schluß um 18 Uhr (Samstag nachmittag ge schlossen). Arbeiten nur um der Arbeit willen ist in anderen Ländern Sitte. Aus einer Tätigkeit wie Geigen und Tanzen kann man sich aber den fast vollständigen Wiederaufbau
der vom Kriege und von zehnjähriger Besetzung schwer getroffe nen Stadt, die vielen Neubauten .und den wirtschaftlichen Aufschwung nicht er klären. Die Wiener Die meisten Wiener würden eine Prü fung als Fremdenführer für Venedig auf Anhieb mit Vorzug bestehen, ihre Hei mat aber, an Fülle prächtiger Bauten und weltberühmter Sammlungen nur mit den bedeutendsten Städten vergleichbar, ken nen sie nicht. Wie sie alles, was von „drau ßen, drüben, drunten“ kommt zu über schätzen neigen, „raunzen
es diesbezüglich an erster Stelle auf der Welt — werden anderswo mehr geschätzt und geehrt. „Sono senza senso di nazionalità“, bemerkte ein italienischer Jurastudent nicht zu Unrecht. Einheimische Minister werden in den Wochenschauen öfters vom Publikum aus gelacht. Jeder zweite Wiener möchte aus- wanclern. Führt er diesen Plan dann wirk lich aus, stirbt er fast vor Heimweh. Die sprichwörtliche Toleranz und Höflichkeit ist wohl ausschlaggebend für jene Atmo sphäre. die Wien zu der Kongreßstadt schlechthin
macht. Der Wiener hat eine fast kindliche Freude, wenn seine Straßen etwa zur Festspielzeit oder während der Frühjahrs- und Herbstmesse mit den Fah nen aller Herren Länder geschmückt sind, wenn ausländische Vereinigungen und In stitute auf Plakaten in ihren Nationalfar ben ihre Programme, Feiern und Vorträge ankündigen, oder z. B. die 90 „Wiener Ita liener“ (meist aus der Umgebung von Cor tina) durch ein Tricolore-Wimpel auf ihre Eissalons aufmerksam machen. Die Philharmoniker Ich wiinßte