Wiener Couplet, als jener Wiener Dolksgesangrefrain. Das Dolksfängertum, eng mit dem Walzer verwandt, hat seinen anakreon- tischen Weingrund in der Wiener Vorstadt, in Hernals und Ottakring, beim Stalehner und in Elterleins Kasino. Ein Boheme der das Leben leicht nimmt, seine Kunst am Wirtshaustisch um ein paar Kreuzer ver chwendet, ein Philosoph mit Schellenkappe, e n sentimentaler Falstaff .mit sehr nahen Beziehungen zum alten Hans wurst, zu Prehauser, Straßnitzky, Nestroy, Scholz
. Sie und die Wiener Volkssänger Karl Lorenz, Johann Schrammel, Alois Kutschers, Ludwig Gruber, Wilhelm Wiesberg find, im Grunde aus demselben Wienerwaldstamm. Ihre klassische Zeit war längst vorbei, als der Welt krieg sie völlig entwurzelte. Und' durch alle Wien- und weinbegeisterten Gesänge klagt die Elegie: „Wie schön war doch Wien in vergangener Zeit, Wie gemütlich und inunter die Wt-Miener Leut, Unser Wien ist zwar größer und noblicher wor'n. Im Ausmaß is -'wachsen, nur oans hats ver lor'«: Den echten
, rechten, genrütlichen Sinn, Der ist längst verschwunden aus Wien.' Diese echte, recht« Gemütlichkett, deren histo rische Existenz später überhaupt, nicht mit völ ligem Unrecht, skeptisch bezweifelt wurde, war wirklich einmal in Men vorhanden. Damals, als die Basteien und Wälle fielen, Wien, vom Mittelalter befreit, Reichs-, Haupt- mit»' Resi denzstadt wurde, neue, echte und falsche, aber immer Kavaliere, mitunter „Kavaliere mit Strupfen', wie der Wiener die Talmi-Noblesse nannte, zum Schrammelquartett
sein. Vom Biedermeierstil, von Alt- Wiener Gemütlichkeit, kurz von der Szenerie des Walzers war Wien niemals fo weit entfernt wie jetzt. Gewiß, der Walzer ist unsterblich, aber sterblich ist feine Seele, sterblich ist die Kul tur, auf der er blühte. Der Lorbeerkranz der Strauß-Walzer, — jetzt: Rosen aus dem Süden, Frühlingsstimmen-Walzer, Donauweibchen. La- gunen-Walzer — ist heute welch. Ein Her barium. Eine Reliquie. Im Museum der Stadt Wien sind die Damenfpenden, die Gala- Interieurs aus dem Dorstadtfasching
, ist der Wiener Fasching nickt ganz verdrängt worden. Dort werden die „Donauwellen' Twostep und Foxtrott hinweg- fpülen. dort schlummern die alten Melodien, die alten Lieder, dort werden noch die Zu ammen- hänge der Bolkssängerbohemerie zu finden fein. Mögen die offiziellen Bälle und' Redouten die Schiebermilliardäre und das. Dalutapublikum zu Gaste laden, mögen sie einen Walzerfafching kommandieren und eine Schwenkung der Tanz mode ansagen. dann werden die Geister des alten Wien über ihrer zertrümmerten