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Lienzer Zeitung
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Page 18 of 24
Date: 07.05.1904
Physical description: 24
durch das Städtchen gefahren sei. Einmal von Paris kommend, das andere Mal dahin zurückkehrend. Viktor brachte die Reise Rogers sogleich mit Blanche in Zu sammenhang. Das jnnge Mädchen, welches acht Tage vorher so freimütig zu ihm gewesen war, zeigte sich heilte etwas gezwungen in ihrem Sprechen. „Haben Sie Besuch gehabt, seit ich Sie nicht gesehen habe?' fragte Viktor. „Sie wissen wohl, daß mich hier kanm jemand aufsucht und daß ich im übrigen nicht empfange.' „Ich habe erfahren, daß Herr von Villeroh

diese Woche durch Merh-snr Anbe gekommen ist.' Blanche errötete nicht, sie rmHelte uur uumerklich die Augen brauen. Dann erhob sie sich nnd schlug eine Promenade durch den Garten vor. Es war im November, ein klarer, aber etwas kalter Tag. Eine leichte Schicht von Rauhreif lag auf den Zweigen der Bäume. Die jungen Leute gingen lange nebeneinander, ohne ein Wort zn sprechen. Endlich brach Viktor das Schweige». „Habe» Sie mir nichts zu sage», nachdem Sie so dringend wünschten, daß ich Ihr Vertrauter

vou andern Dingen sprechen? Es ist überhaupt am besten, wenn dieser Gegenstaud zwischen uns so wenig wie möglich erörtert wird.' Viktor konnte indessen nicht deu Eindruck gewinnen, als ob die ander«? Gesprächsstoffe, die er berührte, fesseMder fnt'das jnnge Mädchen seien. Er dshiite seine» Besuch daher nicht lauge aus. Zwei- oder dreimal in der Woche begab er sich nach der Villa und las gewöhnlWVkUuche UM Frau Bertheau etwas vor. Aber im Grunde empfand er wenig von der stillen Glückseligkeit

, die er von diesem Zusammensein erträumt hatte. Fräuleiu vou Sautiers, die sich im Anfang immer sehr liebenswürdig und freundlich zeigte, wurde bald zerstreut, verlor sich i» Gedanken und war meist nicht bei der Sache. Das bereitete ihm aufrichtigen Kummer, so daß auch seine Stimmung davon beeinflußt wurde. Im Anfang des Dezember wollte Blanche zn ihrem Vormund nach Troyes reisen, um dort längere Zeit zu bleiben. Viktor würde inzwischen also gänzlich vereinsamt sein. Man konnte ihm die tiefe Entmutigung, die er darüber

empfand, anmerken. „Wann werden Sie wieder zurückkehre»?' fragte er Blanche, als er ihr Lebewohl sagte. Noch vor dem Ende des Winters, hoffe ich. Ich liebe den Aufenthalt iu der Villa viel zu sehr, um nicht so bald wie mög lich dorthin zurückzukehren. Und ich freue mich schon daraus, Sie dann wieder hier zu empfangen.' „Danke für das Almosen! Aber ich verlange wirklich nichts.' „O, welch schlimmer Stolz! Zu Ihrer Strafe werden Sie nach Trohes kommen und mich besuchen.' Viktor machte eiu unbestimmtes

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Lienzer Zeitung
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Page 17 of 24
Date: 07.05.1904
Physical description: 24
Der Roman des ^taatsanwalts. Frei nach dem Französischem des Henry Rabnsson von Heinr. Köhler. (Fortsetzung.) Mäuner gelten auch nicht gerade für uneigennützig,' »// warf Viktor ein. „Das mag sein, aber sie sind in einer andern Weise beschäftigt. Ich hatte Sie mir schon bei Ihrer zweiten Visite für diese Rolle auserwählt, die ja allerdings für Sie nun eine etwas tragische geworden ist. Wollen Sie sie jetzt in aller Form annehmen?' „Ja/ sagte der jnnge Staatsanwalt mit einer gewissen

sich einen solchen Vertrau ten seiner Frau gefallen ließe? Sie würden wohl selber bald den Jrrtnm in der Verteilung der Rollen bemerken, indem Sie ein sähen, daß Sie einem Manne eine Weiberrolle zugeschoben haben.' „O, Sie glauben?' „Ich bin sogar dessen sicher,' antwortete Viktor, der dabei ein leises Lächeln nicht unterdrücken konnte. „Wenn mein Gatte aber nicht besonders intelligent wäre?' Der zwölf Jahre alte A-alcr und Bildhauer sThaddee Styka) i» seinem „So wird er um so veniger in solche Rolle hineinpassen

. Denn ^''6^ Intelligenz er besitzt, um so mehr wird er zum -»timraueu neigen.' „Demnach wäre eine solche Freundschaft zwischen einem Manne und einer Frau also wi klich nicht möglich?' „Es ist dies ein schwieriges, oft behandeltes Problem,' ent- gegnete Viktor. „Ich glaube, daß zwischen zwei Freunden ver schiedenen Geschlechts immer einer von ihnen nicht aufrichtig ist.' „Vielleicht haben Sie recht,' sagte Blanche traurig, „aber das ist sehr schade . . . Wir schließen ja aber diesen Mß X Bund vor der Heirat

?' „Nicht geschenkt, wir haben nur den Platz gewechselt,' beantwortete Viktor des jungeil Mädchens hastige Frage etwas verlegen. „Und wo ist das Porträt hingehängt worden?' „Meinem Arbeitstische gegenüber.' „Wann war dies denn?' „O, schon in den ersten Tagen meines Aufenthaltes bei Frau Bertheau.' „Zu dieser Zeit hatten Sie bereits ein so großes Ver trauen zu Herrn Ravol?' wandte Blanche sich an Frau Bertheau. Die alte Dame lachte unter ihrer Haube, daß ihr langes, spitzes Kinn noch mehr als sonst hervortrat

. Die Wendung, welche die Unterhaltung genommen hatte, schien ihr gerade recht zn sein.' Viktor beeilte sich, Abschied zn nehmen. „Kommen Sie recht oft,' sagte Blanche, ihm mit einer warmen Regnng die Hand entgegenstreckend. „Herr Ravol sollte uns etwas zu lesen bringen,' be merkte Frau Bertheau. „Wir haben hier uur lateinische Bücher, und das ist doch nichts für uns.' „Fran Bertheau hat recht: bitte, bringen Sie uns Bücher mit, damit wir zusammen lesen können.' k. Für einen ernstlich Liebenden

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