. Giuseppe Verdi. (Zu seinem achtzigsten Geburtstage.) Bon Alexander Kitter. Gegen Ende der fünfziger Jahre pflegten die Italiener den Namen Verdi als eine Art politischen Rebus zu benutzen ; überall an Häusern und Mauern fand man die Worte geschrieben: „Viva V.E R.D.I.“ und wo der Komponist sich in der Oeffentlichkeit zeigte, wurde er mit dem gleichen Rufe begrüßt, der aber eigentlich „Viva Vittore-Emanuelle, Re d’Italia“ bedeuten sollte. Auch am 10. October dieses Jahres
wird sich auf der Apenninenhalbinsel der einstimmige Ruf: „Viva Verdi!“ erheben, und diesmal wird ihn das gesammte musikalische Ausland aufnehmen und wiederholen. Er bedeutet ja keinerlei Politische Demonstration, sondern eine Huldigung, die dem greisen und doch so wunderbar jugend frischen Tondichter zu seinem achtzigjährigen Geburts tage dargebracht wird! Giuseppe Verdi ist am 10. October 1813 zu Roncole, einem kleinen Dorfe bei Busseto, im ehe maligen Herzogthum Parma, geboren, wo seine wenig bemittelten Ellern ein Wirthshaus
machen sollte. Zum Glück gewann er an dem dortigen Kaufmanne und Liqueurfabrikanten Antonio Barezzi einen Gönner, der für ihn sorgte und ihm auch er möglichte, daß er 1833 nach Mailand gehen konnte, nm sich in das Conservatorium aufnehmen zu lassen. Der damalige Director Francesco Basily, ein pedantischer Schulmeister, wies jedoch den strebsamen Jüngling kurzweg „wegen Mangels an musikalischen Fähigkeiten" ab, aber Verdi verlor nicht den Muth, sondern wandte sich an Lavigna, den Kapellmeister des Scalatheaters
, der eine bessere Meinung von ihm gewann und ihm Unterricht ertheilte. Nachdem er unter ihm rapide Fortschritte gemacht hatte, über nahm Verdi die Stelle eines städtischen Kapellmeisters in Busseto, verheirathete sich mit Margherita, der ältesten Tochter seines Gönners Barezzi, übersiedelte aber 1838 mit seiner Frau und den ihm inzwischen geborenen zwei Knaben wieder nach Mailand. Dort wurde am 17. October 1839 Berdi's Erstlingsoper „Oberto, Conte di San Bonifazio" mit großem Erfolge gegeben
, während sein nächstes Werk, die komische Oper „En giorno di Regno“ im folgenden Jahre so gründlich durchfiel, daß Verdi sich verschwor, nie wieder eine Oper zu componiren. Er hatte dieses Werk auch aber unter entsetzlichen Seelenqualen vollenden müssen. Zunächst befand er sich in bedrängter pecuniärer Lage, so daß er die Wohnungsmiethe erst bezahlen konnte, nachdem seine Frau heimlich ihre Schmucksachen verpfändet hatte; dann verlor er in der kurzen Zeit von zwei Monaten die heißgeliebte Gattin und die beiden