— u. v. a. angeschafft. Wir Venedig der Welt geschenkt hat, soll vor dem Königspaar singen. Daß sie Vene zianerin ist, weiß man, obgleich sie nie über ihre Herkunft spricht. Man hört es an ihrer Sprache, die, wenn sie in besondere Leb haftigkeit verfällt, die eigentümlich weiche Färbung des venezianischen Dialekts an nimmt. Die berühmte Sängerin, die selbst ein ge heimnisvolles Schweigen über ihre Herkunft bewahrt, ist der Gegenstand der verschieden sten Mutmaßungen geworden. Wollen die einen wissen
diese Be hauptung zu bestätigen, sie mag nicht an die Vergangenheit erinnert werden, sie ver gißt gern ihre Herkunft. Jetzt wird sie ein anderes Venedig sehen, das Venedig der großen Welt, und dieses Erlebnis wird alle anderen Erinnerungen an ihre Heimatstadt verdrängen. Gazagnol hat sie davor ge warnt, und er hat es durchgesetzt, daß sie alle Einladungen zu einem Gastspiel in ihrer Heimatstadt abgelehnt hat. Er fürchtet ir gend eine Begegnung, irgend einen Zufall, der ihr ein lang gehütetes Geheimnis
und damit zugleich feine Lüge enthüllen kann. Jetzt ist die Warnung vergessen. Was sollte ihr Unangenehmes in Venedig widerfahren könnend Wer sollte in der gefeierten Sän gerin die Frau des Luigi wieder erkennen? Und wenn? Hat der Erfolg ihr nicht recht gegeben? Und wer sollte ein Interesse daran haben, alten, längst vergessenen Begebenheiten nach zuspüren? Luigi und das Kind find tot. Sie denkt plötzlich an ihre Mutter, sie hat ihr vor Jahren von Paris aus geschrieben, aber nie eine Antwort auf ihren Brief
erhalten. Ob sie noch lebt? Sie hat an alle, die sie in Venedig zurückgelasfen hat, wie an Ver storbene gedacht, die nie mehr ihren Weg kreuzen können. — Der bevorstehende Besuch Venedigs, ihr Auftreten vor dem Königspaar und vor der erlauchtesten Gesellschaft Italiens versetzt sie in eine nie gekannte Erregung. Sie übt mit leidenschaftlichem Eifer die Hymne von der Herrlichkeit Italiens, die der junge Kompo nist Ferruggio für den Empfang des Königs paares in Venedig verfaßt hat. Zum ersten Male
ist die Künstlerin nicht mit sich selbst zufrieden, obwohl Ferruggio, der den Gesang mit ihr einübt, begeistert behauptet, daß die Sängerin sich selbst übertreffe. Assunta durchlebt diese Zeit in freudiger Aufregung. Sie weiß, daß sie die Signora begleiten soll. Sie hat nur verschwommene Erinnerungen an Venedig: Blauer Himmel, blaue Wasserstraßen, eine Brücke mit bun ten Läden, lustige Gondeln — sie möchte gern jemand von alledem erzählen, sie^möchte der Signora sagen, daß auch sie aus Venedig ist, aber sie wagt