wußten, daß der alte Ruf an sie erging, wie anno 1809: , „Jetzt ist's Zeit!" Sogleich zogen die Schützen ihre neuen Uniformen, geschmückt mit dem Tiroler Adler und dem Wappen Vorarlbergs, an. packten fünftägigen Mundvorrat in den Rucksack, nahmen von Weib und Kind, Haus und Hof Abschied, schulterten das Gewehr und machten sich auf den Weg zu ihren Schießständen. Der 19. Mai. ein banger regenschwerer Föhntag, fand Tirol und Vorarlberg als einen wimmelnden Ameisenhaufen. In allen Orten, vom größten
Tirols letztes Aufgebot. Mai 1915. Aon Oberstleutnant Rudolf Pfersmann v. Eichthal, seinerzeit Generalstabschef der Tiroler Landesverteidigung.* Wie das geräuschlose Ablaufen eines Präzifionswerkes, wie ein sorgfältig eingelerntes Musikstück, eine gut in» szenierte Theatervorstellung spielte sich die Aufbietung deS Tiroler Heerbanns ab. Noch am Nachmittag des 18. Mai drang die Kunde von dem kaiserlichen Alarmbefehl hinaus zu allen Ab schnitts- und Unterabschnittskommandos. Diese ver ständigten
, die sahen bei einbrechender Abend dämmerung des 18. Mai 1915 das Glühen der Höhenfeuer, die das verabredete Signal für den Tiroler Heerbann waren. Wie sie es alle vernommen, jeder einzelne der treuen Tiroler Schützen, wie die Kunde von Berg zu Berg, Tal zu Tal. HauS zu HauS flog, mit so ver blüffender Schnelligkeit, einem Föhnstoß gleich, der das Land überfällt, davon werden in späterer, besserer Zeit einmal die Heldenbücher erzählen. Genug daran, daß noch in der Nacht zum 19. Mai 40.000 Stand schützen
bis zum kleinsten, von Kufstein bis Ala, von Feldkirch bis Lienz sammelten sich die Standschützen um die Gemeinde schießstände. Manche fröhlich, weinselig, manche, die ahnen mochten, daß sie ihr heimatliches Tal zum letz tenmal sahen, ernst und still. Alle aber erfüllt von heiliger Begeisterung und vrrbiffener Wut gegen die verdammten „Wallischen", deren Verrat all die Tausende zwang, von Haus und Hof zu gehen, sich an die Grenze zu stellen. Die Tage der Mobilisierung vom August 1914 schienen wiedergekehrt
. Auch draußen, bei den Kommandos gab es keine Aufregung. Das Räderwerk schnurrte von sebst ab, jedermann war sich klar, was er zu tun hatte, niemand hatte Zweifel, niemand etwas zu fragen. Kaum einmal läutete im Vormittag das Telephon. Von Zeit zu Zeit rief der Generalstabschef die Subroyone an. „Wie steht'S an der Grenze?" „Alles ruhig, nichts rührt sich." Die UnterbefehlShaber hatten, wenn auch der „Tiroler * Wir entnehmen den Aufsatz mit Erlaubnis von I. F. Lehmanns Verlag in München dem soeben