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Bozner Zeitung
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Page 1 of 4
Date: 28.06.1871
Physical description: 4
und hatte den schwarzen Seidenhut nur tose auf dem schönen, von dunkelblondem Haar und Ban umrahmten Kopfe. ES war Theodor, der im letzten Jahre, dem Jahre seiner weltmännischen Schulung, äußerlich zwar wenig, innerlich jedoch merklich zu seinen Gunsten gereiste Sohn Hermanns. Hastig fragte er nach seiner Mutter und eilte dann, nachdem er die Nummer ihres Zimmers erfahren hotte, dir Treppe hinan. Er klopfte mir leiser, zit ternder Hand an.. Eine junge Dame öffnete vor sichtig die Thüre. „Hier wohnt Frau Hermann

?' „so ist'S', stammelte die junge Dame, bis auf den Tod erbleichend. Ich bin Theodor Hermann; Sie schrieben mir, Fräulein, im Namen meiner Mutter — nun bin ich hier und bitte Sie, mich zu ihr zu führen.« Theodor trat ein. Die junge Dame winkte ihm Schweigen zu und öffnete dann eine zweite Thür, welche zum Krankenzimmer der Kauffcau führte. „Sie schläft!' lispelte die Dame. „Sie schläft?' fragte Theodor ungläubig, mit vor gebeugtem Körper. „O, meine arme Mutter!' Bei diesen Worten, welche über die Lippen

Theo dors mit namenlos ergreifendem Tone schwellten, tra ten dem jungen Mädchen die Thränen in die Augen. Theodor wurde davon wunderbar ergriffen, doch konnte er seine Blicke nicht auf diesen Thränen ruhen lassen, denn die Kranke hatte langsam ihre Wimpern erhoben und schaute nach ihm. „Meine Mutter!' rief Theodor. „Mein Sohn! Mein Theodor!' Diese Scene des Wiedersehens war bald der Tum melplatz jener unendlichen Mutterliebe, welche ach! von der Liebe des Gatten nicht wohlthätig paralysirt

und von der Liebe zu mehreren Kindern nicht gemildert oder geläutert wird. Theodor aber war dieser Mutter liebe würdig, und so trübte denn nichts die Freude des Augenblicks, es sei denn, daß der Gedanke an eine andere Liebe in beider Herze», in dem der Mut ter, wie in dem des Söhne«, seine Stimme erhoben und stch bittend Bahn gebracht» hätten Die junge Dame, welche den Sohn zur Mutter geleitet hatte, war Josephine. Sie trat leise in da» Zimmer zurück und erst dann, als Fran Hermann sie ihrem Sohne vorzustellen

wünschte, schaute sie mit ihrem tiefdunNen Auge voll und offen in das jetzt heitere Antlitz des jungen Mannes. — Wohl mehrere Stunden mochten verflossen sein, als Theodor sich von seiner Mutter verabschiedete, um sich im Hotel ein eigenes Zimmer für die Dauer seine» brüten, schon genug. Bleiben unsere confessionellen und Schulgesetze intact. so mag uns ein Blitz daS Haus anzünden, ein Wolkenbruch die Saat verheeren — wir zucken mit den Wimpern und bessern den Schaden wieder aus. Wien. 24. Juni. Fürst

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Bozner Zeitung
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Page 1 of 4
Date: 15.06.1871
Physical description: 4
. Novelle »01, Wilhelm Leopold. (Fortsetzung.) DaS Mädchen wandte sich seitwärts nach dem jun gen Manne um. „O. Theodor, Sie hier ?' klang eS nun voller Staunen, jedoch zugleich in einem unbeschreiblich lieb lichen und ergreifenden Tone. „Ich habe die Trauerkunde erfahren. Joseph ine, und will jetzt einer Freundespflicht genügen.' „O, ich wußte eS ja, daß Sie kommen würden!' antwortete Josephine mit kindlicher Naivität. „Sie wußten eS?' Hatte» Sir denn in dieser Zeit der Trauer Gelegenheit

, a» mich zu denken, Jvsephine?' „Nur das Eine schwebte mir vor: daß Sie, Theo dor, meine Leiden beklagen würden.' .Wer thäte da» nicht! Doch rege» Sie sich nicht aufs neue auf und hoffen Sie ans bessere Tage, Jvsephine, denn die Hoffnung ist so süß. so bezaubernd!' Josephine neigte das Haupt auf die Brust herab, als wolle sie auf die Schläge horchen, welche ihr Herz bei diesen Worten heftig erschütterten. Theodor Hermann, denn er war der junge Mann, welcher vor ihr stand, reichte ihr die Hand, doch er sprach

nicht, sürchtend. durch ein ungeeignetes Wort nicht Trost, sondern Wehmuth zu spenden. So mochte kaum eine Minute verflossen sein, als sich der Leichenzug dem Grabe uäherte. Außer den Freunden von Felix hatten sich einige ehemalige Ju gendfreunde Aruoldi'S dem Zuge angeschlossen und auch Theodor beeilte sich nun, ein gleiches zu thun. Doch er hatte nicht so rasch seine Hand aus der Hand JosephinenS zurückgezogen, als ein Blick auS Felix' Augen dies erschaute. Der Sarg ward nun lautlos in die Grust gesenkt

, dann sprach der Todtengräber nach hergebrachter Sitte ein vorschriftsmäßiges Gebet, das — weil gewohn heitsmäßig und kalt, an dem Herzen der Hörer wir kungslos abprallte. Als dies Gebet beendigt war, gingen alle Anwesenden lautlos, wie sie gekommen waren, von dannen, nur Felix, einer seiner Freunde, Josephine und Theodor blieben zurück. Josephine hatte die Thränen wieder gefunden und benetzte da mit unwillkürlich die Blumen, welche sie in das noch halb offene Grab streute. Auch Felix war tief gerührt

. Er wars eine Hand voll. Erde i» das Grab und flüsterte dabei: „Möge Dir dir Erde leichter sein, als die Sorge um'« Da sein, als da« Leid um treulose Freundschaft!' Die letzten Worte hatte Felix mit einem seltsamen Blick auf Theodor begleitet. „Ja, möchte sie so leicht sein, wie der Werth die ses Borwurfs, der mich treffen soll, Felix', sagte Theodor, und ein schmerzliches Gefühl durchzuckte sein jugendliches Antlitz während dieser Worte. Felix sah Theodor scharf irr'S Auge, doch er schwieg. Plötzlich

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Bozner Zeitung
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Page 1 of 4
Date: 21.06.1871
Physical description: 4
jenes undankbaren, jenes leichtfertigen Mannes' — „Rede nicht so von ihm', unterbrach hier Theodor. „Du sprichst von einem Todten — gestern haben wir ihn begraben!' .Um so besser — gestern haben wir ihn begraben, — o, hat Dein Gemüth dabei nicht zugleich auch Deine Einsicht begraben? Theodor, nie hätte ich sol ches von Dir, dem Sohne des nüchternen, berechnen den Kaufmanns Hermann erwartet!' „Aber noch ist ja nichts Unwiderrufliches geschehen, beschwichtigte die Mutter den aufgeregten Gatten. „Ein ruhiges Wort

wird Theodor von der Tollheit seiner Absichten überzeugen.' .Mutter!' rief Theodor im Gefühle des tiefsten Schmerzes. „Nichts da!' sagte der Kaufherr strengen Blickes; „ich sehe, die Giftpflanze hat noch nicht allzutiefe Wurzeln geschlagen. Handeln wir sofort, damit die selbe bald wieder absterbe.' „Was willst Du thun, Hermann?' fragte die Mutter besorgt. „Theodor muß in eine andere Atmosphäre versetzt werden, das ist alles!' „O, das kann Dein Ernst nicht sein — ohne Theo dor würden meine Tage freudlos

zerrinnen.' „Welche Mutterforgen!' sagte Hermann rauh. „Theodor thut es überhaupt Noth, daß er sich noch etwas die Welt beschaut, bevor er zum Stammhalter meines Todfeindes avancirt. Die Welt wird ihn ku- riren! Sie filtrirt das überfchwängliche Herz mit dem Verstände derkalten Praxis.' „Und was sagst Du dazu, Theodor?' fragte die greise Kauffrau mit zitternder Stimme, welche deut lich da« Bangen ihrer Mutterliebe verrieth. „Nichts', lautete die ruhige Antwort. „Ich werde mich fügen, vielleicht

wird der Vater dann dereinst sich meinen Wünschen zugänglicher zeigen.' „Gut', fiel Hermann ein, „Du reist noch mor gen Abend von hier ab nach Bordeaux. Im Kauf- Haufe Vaillant k Co. wirst Du Stellung finden. Frau Hermann schluchzte laut, als sie von diesen Anordnungen vernahm. „Theodor, Theodor', sagte sie unter Thränen, „Du hast Dein Herz belhört, um das meine zu verwunden und um das Deines Vaters zu empören.' „Ich fühle es, Mutter', erwiederte der junge Mann sanft, „daß ich Euch weh gethan. Aber ich that

weiblich.' Hermann sen. schwie». Er saß plötzlich in Nach denken versunken und schüttelte mehrere Male mit dem Kopse. Ob er seiner Werbung um das schöne Bmgermädchen gedachte? Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn und murmelte Sann einige unverständ liche Laute. „Was sagtest Du, Vater?' fragte Theodor, der ihn in diesem Augenblick betrachtet hatte. „Fort, fort, sage ich — keine Erinnerung!' war die heftig hervorgestoßene Antwort. Der junge Mann erhob sich.

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Bozner Zeitung
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Page 2 of 4
Date: 15.06.1871
Physical description: 4
-NerichtSralb «. Enhuber. MüvjwardeiaDr. v. Schauß Prof. Cornelius. Prof. M. Haushofer. Dr. Zicygiebl. Prof. Dr. Berchtold. Dr. ^.„Sneler. StaalSanwalt Slreug. Dr. Ritter. Professor Friedrich. „Nichts mehr !' war die Autwort. „Und Joseph'we?' „Wird deii^ Willen ihres BaterS erfüllen!' er» wiederte Felix. »Felix, Helix!* klang es nun vorwurfsvoll von dem'-Grabsteine her. Mnd ^vas ist Ihr Wunsch, Josephine?' fragte Theodor heftig, aber noch immer tonlos. „Beendigen^Sie diesen Austritt, Theodor, ich bitte

Sie, keine' TrklSmng hier am Grabe!- »So sei est' sprach Theodor feierlich. „Wir sehen uns wieder!' Er schritt auf Josephine zu. um ihr zum Abschied die Hand zu reichen. .Mine Scene', rief der junge Arnoldi und seine hellen Augen blitzten drohend bei diesen wie ironisch tlingenden Worten; „es ist genug davon. Leben Sie wohl, Herr Herrmauu !' Und in der That, Theodor zog schnell seine Hand zurück Das Blut drang ihm zum Herzen, als ob er 'sich aus einer falschen Fährte ertappt hätte. Aber er ermannte sich. Lautlos

mit seiner tiesergreifeuden Innigkeit heute ihr ganzes Sein aus, in ihm gingen alle übri gen Reflexionen unter, aus ihm tauchte all' ihre Seelenstärke nach und nach verjüngt, einem Phönix gleich, empor. Und wohl ihr deßhalb, daß sie einen solchen Bronnen der Selbstverjüngung klar und rein gefun den hatte, einen Bronnen, für sich und andere zur Erquickung! III Theodor Hermann ward von ihm bisher völlig un bekannten Gefühlen bestürmt, als er den Friedhof verließ, und die einsame Promenade, welche sich äußer- halb der Stadt

' in Gesellschaft von Felix und oft auch you Josephine verlebt^ ^dirKinder spielten arglos miteinander, sie erfuhren pur urplötz lich, was die Interessen, der, Eltern bewirkten: die Trennung, die Verfeindung. Theodor und Felix, welche in gleichem Alter standen, besuchten biS' zu ihrem zehnten Lebensjahre dieselbe Schule, genossen denselbe» Unterricht und dieselben Freuden. Dann wurde eS anders. Theodor beklagte seinen Spiel kamerad und ward von seinem guten Herzen getriScil. ihn trotz des Verbots seiner' Elter

» aufzusuchen. Allein Felix wandte sich kalt von ihm ab, suchte' ihn mit scharfe» Rede» zu geißeln und veranlaßte? so, offenbar unter dem Einflüsse seines VaterS>. daß Theodor sich bald gänzlich fern hielt. Wenn^ sie sich später - begegneten, wollte keiner den andern kenfte», sie Mre» für einander nicht mehr auf/der Welt. Nicht ganz dasselbe konnte sich Theodor von Josephiäe sageru Dies holde Kind, dessen sinniges WefenMn schon in der Kindheit eine besondere Neigung, zy dem. schwarzäugigen Mädchen ablöste

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Bozner Zeitung
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Page 2 of 4
Date: 19.06.1871
Physical description: 4
hat den daß er auf seinen Sohn Theodor ein wachsames Auge haben möge, da derselbe im Begriffe stehe, einem Mädchen den Schwur der Liebe zu leisten, dessen Name allein schon der beredteste Protest gegen eine derartige Beleidigung sei. Das Mädchen heiße Jo sephine Arnoldi. Zwar sei der Vater Arnold! todt und könne nicht mehr gegen solchen Familienfrevel protestiren. aber der Sohn Arnoldi lebe und achte seine Pflichten. „Mögen auch Sie diesen Pflichten, soferne es die Ihrigen sind, gleichviel ob lauter oder unlauter, treu

bleiben Z' so schloß das seltsame Schriftstück. Theodor gab das Papier, ohne ein Wort zu sagen, zurück. Seine Arme hingen schlaff herab, während das Blut ihm die Pulse zu zersprengen drohte. .WaS ist Wahres an diesem Geschreibsel?' fragte Hermanns Seine Stimme hatte den Heisem Acceut der Aufregung und der Erwartung. „Bor Euch kenne ich keine Geheimnisse', erwiederte der junge Mann zögernd, „und so gestehe ich denn, daß ich Josephine Artzowi M'^iefer.ZÄ/geseh« uut» gesprochen'habe

in einem lebhaften Gespräche be griffen, was ihn um so mehr befremdete, je weniger dieselben in den letzten Jahren mit einander harmonirt und glücklich gelebt hatten. Sein Vater, eine große und kräftige Gestalt mit scharfmarkirten GesichtSzügen uud lichtbraunen, stechen- den Augen, erhob sich unwillig, als Theodor eintrat. Er hielt einen Brief in der knöchernen Hand, auf welchen er mit heftigen Gestikulationen hindeutete, während die Mutter, eine blasse, abgehärmte, aber offenbar sanfte Frau, den Sohn

mit vorwurfsvollen Blicken ansah. „Du siehst heute blaß ans, Theodor', sagte der alte Hermann mit rauher Betonung, „ich frage nicht warum, den« die Antwort auf diese Frage halte ich hier schon seit einer Viertelstunde in Händen.' „Ich bin erstaunt, Vater', erwiederte der Ange redete etwas gereizt, „obwohl ich ohne jenen Brief weiß, daß ich bleich aussehe.' „Theodor, rede nicht in solcher Sprache', sagte nun Frau Hermann milde, milder als dies ihre Blicke beim Eintritt des Sohnes vermuthen ließen. „Ja wohl

, mäßige Dich', fiel der Kaufherr mür risch ein, „denn wir haben Grund, um Dich besorgt zu sein. Du bist unser einziges Kind, Alles haben wir bis jetzt für Dich gethan. Dir bleiben die Früchte unserer Mühen, und darum fühlen wir uns auch be rechtigt, mit in Dein Schicksal einzugreifen, wo es Noth thut.' ..Aber, liebe Eltern', sagte Theodor nicht ohne Verwunderung, „so laßt mich doch wissen, um waS eS sich hier handelt! In welcher feierlichen Stunde leben wir denn?' »Dieser Brief sagt es Dir, hier lies

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Bozner Zeitung
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Page 2 of 4
Date: 21.06.1871
Physical description: 4
wieder auf die „Morgen werde ich abreisen', sagte er fest, „und gehe nun, um mich von meinen wenigen Freunden zu verabschieden' „Thue das. Deine Mutter mag indessen an Deine Ausrüstung denken.' Theodor ging. Seine Mutter folgte ihm. Draußen auf dem Eorridor umschlang sie weinend den einzigen, heißgeliebten Sohn so innig, so fest, als ob sie ihn nimmer von sich lassen wollte. Theodor stand tief gerührt. „Vergesse, waS Du auch lieben magst, die Liebe zu Deiner Mutter nicht, mein Sohn, und ich will Dich segnen.' „Liebe

L. utler!' lispelte Theodor; er wollte mehr sagen, doch er fühlte, wie ihm die Stimme den Dienst versagte. Einen Moment noch hielten sie sich umschlungen; dann trennten sie sich. Eine neue Epoche drr Familie Hermann, besonders im Leben Theodors, hatte begonnen. IV. ES war in der Dämmerung. Eben pfiff die Loko motive und ihr schriller Laut erscholl über die hohen Häuser der Stadt, als Joscphine aus der Hand deS Briefträgers ein Schreiben entgegennahm. Warum Bank, aber eS kam kein Schlaf mehr

Pfiff so sehr erschreckt? Viel leicht — vielleicht wird dies der Brief aussagen, wel cher von demjenigen geschrieben ist, den die dahin- brausende Eisenbahn jetzt von seiner Vaterstadt fort, weit fort, hinein nach Frankreich, nach Bordeaux trägt — von Theodor Hermann. Joscphine erröthete, als sie den Brief empfing; sie hatte seit langer Zeit keinen Brief erhalten und mußte sich sagen, daß diese Zeilen von Theodor seien. Sie öffnete mit zitternden Händen das Couverl und las: „Joscphine

Sie wohl! Ueber den Raum, welcher uns trennt, werden weitere Briefe von mir eine Lücke bauen, falls die Sehnsucht sie dictirt. Mehr kann ich heute nicht sagen, mehr auch darf ich jetzt für Sie nicht thun. Es könnte sonst eine unlautere Triebfeder befürchtet werden. Mit innigem Gruße Ihr Theodor Hermann.' Lange überdachte Josephine den Inhalt dieses Briefes. Sie machte sich Vorwürfe, zurückhaltender gegen Theodor gewesen zu sein, als dies ihre Liebe zu ihm gebot. Denn, daß sie ihn liebte, innig

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Meraner Zeitung
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Page 2 of 10
Date: 09.05.1874
Physical description: 10
aufgeboten; galt es doch, die Lieblinge ihres Herzens für längere Zeit zum letzten Male festlich zu bewirthen. ' Ach wie schlng ihr Herz in seliger und doch banger Muttelfcende. Theodor; der sonst in der Stadt wohnte, war schon gestern, Sonnabend Abend, herausgekommen, um die Nacht im elter- lichenHanse zu verbringen; und Früh amandern Morgen den Kaffee mit den Eltern trinken zu können. Und Hugo hatte fest versprochen, um sieben Uhr sich einzustellen, ebenfalls zum Kaffee. Und da kam er schon

wurde das Ohr durch mehr fache Mißtöne wiederholt beleidigt, und wir be greifen nicht, wie selbst fürstliche und sonst hoch gestellte Persönlichkeiten Deutschlands dieser Dame „Und nun diese Wäsche! Herzensjunge, Du bist zum Einbeißen!' Gähnend trat Theodor durch die kleine Gar tenpforte dem Herankommenden entgegen. „Da bist Du ja', sagte er, dem Bruder die Hand reichend. „Nun, Du segelst morgen?' „Ja. wir sind zum Aussegeln fertig.' . „Nun,' meinte die Mutter, „Ihr fangt just da an, wo Ihr aufhören

solltet. „Du Lang schläfer', wandte sie sich an Theodor, „ist das eine Manier, auf dem Lande so in den hellen sonnigen Morgen hineinzuschlafen? Wieh Dich um, eine so prachtvolle Scenerie ist eS doch wohl werth, daß man ihr ein paar Stunden Schlafs opfert.' ? - „Ja eS ist hier recht nett', eptgegnete Theo dor, „aber ich kenne ja daS Ganze von früher her, jeden Baum, jedes Ziegeldach. Außerdem kam ich spät zu Bett.' ^ „Ich wüßte nicht!' versetzte die Alte verwun dert. „Der Vater trieb doch früh zur Ruhe

.' Mun ja', lächelte Theodor gezwungen, ^aber mir lag eine Calculation im Kopfe, und ich habe noch bis 2 Uhr auf meinem Zimmer ge rechnet.' - Die Mutter sah ihren Sohn sehr groß an und schüttelte den Kopf. „Das weiß Gott!' sagte sie dann, „Du den Stempel der Virtuosität durch ausgestellte Atteste in einem Album aufdrücken konnten.v Zu einer Unterhaltung bei einem Glase Bier mag immerhin das Spiel der Miß ausreichen, aber an ein.Eonzert stellt man denn doch etwas höhere Ansprüche, besonders

, Schriftführer und Kassier mitgerechnet! Der Rechenschaftsbericht des Kassiers wies ein Ver« mögen d?r Sektion von 19 fl. 85 kr. ö. W- aus. Es wurde beschlossen, diesen Betrag zur wirst noch vertrocknen unter den Zahlen. Aber nun zum Kaffee, der Vater wartet schon.' Der Kaffee wurde eingenommen. Theodor führte eine Zeit lang daS Gespräch: er erzählte von dem Fallissement eineS Handelshauses, an dessen Stürz vorher Niemand geglaubt, und von der dadurch an der Börse hervorgerufenen Pa- nique; er erzählte

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Bozner Zeitung
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Page 2 of 4
Date: 28.06.1871
Physical description: 4
eine Stunde lang so thö richt, «!«ue Hoffnung unter die Kelter der Autorität zu Lchrquden. Mein Vater —' ,/öasse HeS , Theodor, jetzt schmiege ich mich an Dich. M -und ewig!' „Fest und /ewig!' flüsterte Theodor. »So sei eS!' Nurr noch''einen Kuß , dann schieden sie, um sich täglich mit immer-wärmereu Händedruck, mit immer strahlenderen Blicken--wiederzusehen. Zwei Wochen schon weilte Theodor in der schönen Schweiz, aber wie groß auch das Glück wär, welches sich ihm in der (Begegnung und dem Buude

, unvermeidliche Reaction ve^etzt^wnPen möchttn. ^ » wl Der Arzt,'von deÄ besorgten Sohne zu Rathe ge zogen, halte möglichst, viele Äueflage in'S Freie an-l geordnet, damit die frische Gebiigslust ihre Wirkung thun, und so kam es denn, daß Theodor mehrere Ausfahrten, wobei seine Mutter sich betheiligen mußte, veranstaltete. Bei diesen bescheidenen Vergnügungen konnte eS der Mutter nicht entgehen, daß Josephine täglich fröhlicher aufhauchte, daß sie mit bräutlicher Verschämtheit die kleineren Neckereien

» angekommen, der schelmische Amor küssend einander! in die Arme führte. Ihre rosigen Lippen lberührten ifich. da trat die heute ziemlich rasch nachgeeilte: Mutter Theodors ein. ? i 'ZosWne -schriit sichMH^uM'und,' purpürüber- gossen, wollte sie eiligst in das Nebenzimmer ent fliehen Doch Theodor 'ergriff ihre weiche, kleine Hand fester; das wirre Haar etwas zurückstreichend, vielleicht auch um sich ein wenig Fassung zu sammeln, trat er vor seine Mutter, hin und sagte: „Liebe Mutter, Du mußt nicht zürnen

. - „Ihr liebt Euch!' stammelte ergriffen die alte Dame. Aber Theodor ' . , ,, >. ^ „Jch Ü'rch. was Du sägen willst, Mutter', ant- worttlc vllser. „Josephine steht allein^ in der Welt — noch mehr, sie ist nicht diejenige Dame, als welche sie sich Dir vorstellte, sie ist die Töchter des ehemali gen Kaufmanns Arnoldi.' ' ^ ü i „Du verständest un«, 'Mittler!- ' sprach/.THeohor mit gehobener Stimme. „Dann dürfen wir voller Zuversicht um Deinen Segen flehen.' , ^ - ' ' ' ^ (Fortsetzung folgt.) '

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Meraner Zeitung
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Page 1 of 8
Date: 16.05.1874
Physical description: 8
todt —Beide! »Todt!' , . «Wie ist Dir, Hugo?!' fragte fast erschreckt Theodor.' „Nimm Dich zusammen -— seinem Mann — sie waren alt. — Ich werde Dir eine Droschke besorgen lassen, die Dich zurückbringt.' »O nein, — nein,' versetzte mühsam Hugo, »nur einen Augenblick noch, dann ist's vorüber. Todt Beide, mein Vater Du, meine Mutter! Gieb mir doch ein Glas Wasser — ver Uy' daß ich Dich bemühe, aber ich sehe Du hast Wasser da stehen —' , ^ »Gewiß, gewiß!' Und eilfertig goß der vor« Uehnie Kaufmann

eigenhändig dem Bruder aus ''^Caraffe daS Wasser in ein Glas. ' Bedächtig trank Hugo, und bedächtig setzte toirs ' baS GlaS auf den Zahltisch deS Comp- y. Er reichte Theodor die Hand. »Adieu, mein «rüder — sei glücklich heute — verzeih', daß nicht im Stande bin, viele Worte zu machen '- adieu, sei glücklich!' »Ich danke Dir!' versetzte Theodor, und in seinem kühlen Gesichte zeigte sich einen Augen blick lang der Ausdruck eines Gefühls, aber auch nur für einen Augenblick. ' »Man^ sieht

Dich doch wieder? — Du begreifst, daß ich heute nicht' — — - - »Allerdings, wir sehen uns wieder -- und da kommt der Pfarrer schon — adieu mein Bruder!' - - - Hugo ging. ! . Geräuschlos, wie er gekommen, verließ Theo dor das Comptoir. ' Seine Miene war noch ei siger, sein Gesicht noch bleicher, als zuvor. Und heute verheirathele er sich mit der Toch ter Bernhards von der Velde. und wie die Bör senmänner zu erzählen wußten, war die Mitgift auf 100,000 Mk. Bco. zu beziffern. Und während der Champagner an der Tafel Theodor

oder verloren. Der Mensch lebt ei gentlich nur in seiner Vergangenheit, die steht ewig still, und er »wähle nie die bleibende zum Feind!' Es war an einem Tage, wie jenem, da Hugo und Theodor in der elterlichen Laube sich von der Mutter Butterkuchen schneiden ließen, und der Erstere des Bruders Havannih-Cigarre 150 Mark Bco. pro wills nicht rauchen wollte; es war an einem schönen milden Frühlingsmor- gen — goldner Sonnenschein spiegelte sich wie der in den Fluthen deS prächtigen Elbstromes

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Meraner Zeitung
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Page 1 of 8
Date: 14.01.1874
Physical description: 8
!''erwidert die Näherin unbe fangen, indem sie dabei an Theodor dachte. ^ Frau^vön B . . . . . wird leichenblaß und will ihrem gereckten Zorn freien Laus lassen; bald aber sieht sie ein, daß dies unklug wäre. Eie (unterdrückt ihre Aufwallung, wirst einen verächtliches Blick auf ihre Nebenbuhlerin und sagtlzu ihr- „Gut, — das genügt! Ich weiß nun mehr, als ich wissen wollte. Gestern hat Ihnen mein Mädchen drei neue Kleiderstoffe 'gebracht.' '„Ganz recht, gnädige Frau.* ' ' »Diese Stoffe

werden Sie mir noch heute Zurückschicken.' ^ „Weshalb, gnädige Frau?' fragt die Näherin Lanz bestürzt.« „Weil ich Ihrer Dienste nicht mehr bedarf!' erwidert Frau von B ^ . ... und entfernt sich, ohne Josefine eines Abschiedsgrußes zu wür digen.-- ^ „Himmel!': ruft die Näherin / „sollte diese Frau von B . , . . . Theodor's Flamme und als solche auf mich eifersüchtig ^sein?, Das wäre fatal! Diese Uhr scheint ihr gefallen. zu haben- -^ Du lieber Himmel, was känn denn, ich dafür, daß Theodor 'außer Frau

er aus. „Heute Vormittag hat sie Herr v. B ... bei uns gekauft!' ' „ Wie?' ruft ganz erschreckt Zosefine, „diese Uhr ist nicht von Dir?' — ' Wüthend schreit jetzt Theodor: „Ich verstehe, dieser Herr von B.... . kennt den Weg hierher so gut als ich. Du empfängst also nicht blos ^mjch, armen Mpsel» ^spndern dann , unb' wann auch zur Abwechslung reiche Banquiers?'^ - „Theodor!' . ^ '7' „Kein Wortl Die Uhr'ist der schlagendste' Beweis!'.- - . - i.-.,Aber.,nur 'Geduld^' ich weM. rächen

an! Dir und an ihm!' Wüthend stürzt Theodor fort! -.- - ^ ä . - Nachdem Herr v. B . .... seine Geschäfte beendigt hat, kehrt er nach seiner Wohnung heim und eilt in das Boudoir seiner FraU ,' um' sehen, welchen Eindrucks die geschenkte. Pendule^ auf sie gemacht.; ^ ^ ^ ^ . 'Er findet seine Frau nicht, erblickt abek auf dem T lche einen Brief; er öffnet ihn und . liest: , „Ich kenne Ihren abscheulichen Verrath! Ein mir günstiger Zufälle hat Ihre Heuchelei vollstän dig entlarvt. .Genieren Sie sich nicht mehr; ver schenken

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Meraner Zeitung
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Page 2 of 8
Date: 14.01.1874
Physical description: 8
von Steuerzuschlägen und um Er- wirkung eines Landesgesetzes zur Aufnahme ei nes AnlehenS von 180,000 kl. — Der LandeS- führen, Sie, die ich liebe oder wenigstens geliebt habe, so werden Sie wohl auch so viel Muth haben, sich mit mir zu schlagen, um die Krän kung, die Sie mir zugefügt, mit Ihrem Blute zu bezahlen. Theodor D . . .'.r.' »Wer ist der Narr, und waS will er von mir?' fragte sich Herr v. B . . . . . noch mehr erstaunt. - „Gnädiger Herr,' fügt der Diener hinzu, „im Vorzimmer harrt ein Fräulein

führer zur Verantwortung ziehen. 5,Sie also sind dieser saubere Herr v. B ? Sie aiso sind's, der sich erdreistet mir Uhren zu schicken? Sie also sind Sie Ursache, daß Ihre Frau mir ihre Kundschaft und Theodor mir seine Liebe entzieht? Schämen Sie sich, mein Herr!' sagte sie und zieht einen ziemlich um fangreichen Gegenstand aus seiner Hülle hervor. Es ist die unglückliche Pendnle. Fräulein Jose- sine erfaßt sie mit beiden Händen, hebt sie hoch in die Höhe und schleudert sie mit ungezügelter Wuth

haben mir Rede zu stehen,' schreit Theodor dazwischen, des soeben eingetreten ist. Herr von B ..... ein sehr ruhiger und vernünftiger Mann, begreift, daß Alle, die von ihm Rechenschaft verlangen, einer Lehre bedürfen. „Mein Herr'' sagt er zn Theodor, wir schla gen uns, wann Sie wollen — Sie Fräulein Zosefine, ersuche ich, künstig keine Adreßkarten niederzulegen. Ihre Karte, die von meiner Frau gestern unter die Papiere meines Portefeuille? gemischt und dort unter meine eigenen Karten hineingerathen

ist, hat diese fatalen Mißverständ nisse herbeigeführt. Sie haben in Ihrem Zorne eine Uhr zerbrochen, die nicht für Sie bestimmt gewesen ist und über die Ihnen durchaus kein Recht zugestanden hat. — Ihnen gegenüber,* sagte er, sich zu seiner Frau wendend, „habe ich kein anderes Unrecht, als das, Ihnen gestern er laubt zu. haben, die . Papiere meiner Brieftasche zu durchsuchen.' Darauf verläßt er das Boudoir seiner Frau und verfügt sich in sein Arbeitskabinet. Fräulein Josefine und Herr Theodor treten beschämt

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Meraner Zeitung
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Page 2 of 4
Date: 13.05.1874
Physical description: 4
einer brasilianischen Nationalkirche agitirt. . In Lima, der Hauptstadt der Republik Peru, war jüngst eine neue militärische Revolution orglnusirt, aber entdeckt und von der jetzigen Regierung unterdrückt worden. Es war im endlicher Kühle, wohl frisirt, und fragend dem Harrenden zugewandt. Die Gestalt schlank, fast mager, vornehm und überlegen aufgerichiet: ei» eleganter Frack umhüllte dieselbe: — weiße Weste, weißer Schlips und ein Myrthenboucsuet im Knopfloche. „Sie wünschen ' „Theodor! — Mensch

— habe ich mich denn so sehr verändert?' „Ah, Hugo — Du?!' Die Hand mit dem weißen Glacehandschuh hob sich lässig und streckte sich dem Bruder entgegen. „So bist Du zu rück? Man hat lange nichts von Dir gehört! Wie geht's Dir? Nimm Platz.' „Aber mein Gott — Theodor — bedente mir, erkläre mir, was ist's denn mit Dir? Du siehst ja aus — verzeih' mir — wie ein Tanz meister! — Oder ist etwa —?' Theodor sah den ungeschickten Frager durch aus nicht liebevoll au. Er hatte eine verletzende Antwort auf der Zunge, aber er beherrschte

nahe der Thür, auf demselben ein Globus/ Die Wände waren bedeckt mit Landkarten. Eine sehr stattlich blickende Uhr ließ ihr einförmiges Tick — Tack hören. Unserm Hugo wurde ganz eigen zu Muthe in der geschäftsmäßigen Umgebung: Ein Hauch kühler reservirter Vornehmheit durchwehte daS Ganze. Unruhig schritt er auf und ab — end lich öffnete sich die Thür, und Theodor trat ein. Hugo machte einen Schritt oder zwei zurück, als sein Bruder fast geräuschlos sich in der Thüre zeigte. Wer

war der? Doch sein Bruder Theodor nicht?! Ein bleicher, aristokratischer Kopf von un«

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Bozner Zeitung
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Page 1 of 4
Date: 19.06.1871
Physical description: 4
/als er sprach und mit Schmerz entdeckte, daß er im Laufe der vielen Jahre das trau liche „Du' der Kindheit verlernt hatte. Doch bald waren die Zungen der beiden Jugendgespielen in so weit gelöst, daß es von seinen Lippen „Josephine' und von ihren „Theodor' erklang. Er begleitete sie, da der Abend herangebrochen war, eine Strecke WegeS. und ließ sich von ihr über ihren Vater und Felix be richten. Dann kam die Aufgabe des Erzählens an ihn, doch kaum hatte er begonnen, als Felix des WegeS kam; obgleich

derselbe stumm an ihnen vor überschritt. so überfiel Josephine doch eine gewisse Un ruhe und bewog sie, eiligst von ihm zu scheiden, um sich ohne Säumen »ach Hause zu begeben. Dieser Vorfall gab Theodor Stoff zn neuem Nach denken. Er fühlte sich von einer mächtigen Sehn sucht, Josephine baldigst wiederzusehen und zn sprechen, ergriffen, allem wie sollte er dies ermöglichen? Meh rere Tage vergingen, da hörte er an der Börse, daß der ehemalige Kaufmann Arnold» todt sei. „Ich muß sie sehen und trösten?, rief

, daß Felix einschritt, obschon er den Ort schlecht gewählt hatte. — Felix und Jo sephine', fuhr er nach längerem Sinnen fort, „welch' ein Contrast! Aber still, vielleicht kommt e» nur da von, daß er mich haßt und sie, —' Er vollendete den Satz nicht. Da» Wort „Sticke rin' verscheuchte ihn wie ein schüchterne» Reh. Theodor kam heute aus seinem Jdeenwirrwarr nicht heraus. Abend« besuchte er da» Theatev> um ein Lustspiel zu sehen , welche» ihm die Aufregung de» Tages in Lachen aufgehen lassen sollte. Allein

so sehr das Lustspiel auch seinem Wesen entsprach , e» er langte aus die Stimmung Theodor» keinen Einfluß. Und woran lag dies? O, der Schlüssel dazu ist leicht gefunden, wenn man die gesellschaftliche Stellung des jungen Patriziers neben den Wünschen seine« lobenSwerther Weise bis jetzt! noch völlig unentweihten Herzen« in Erwägung ziehk Theodor begann denn auch selbst allmälig zu ah nen, welche Mächte e» waren, welche sein Innere» durchwühlten und. ihm eine- schlaflose Nacht bereiteten. «ES muß

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Volksblatt
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Page 10 of 16
Date: 23.08.1879
Physical description: 16
hat mich arme Waise in Gnaden aufgenommen, er wird für mich sorgen, ich will mich ihm vertrauen. Aber — was würde der Ritter sagen, wenn ich meine Neigung zu Theodor bekennen würde? Sei still, mein Herz; — am besten wäre es wohl, du entsagest!' Gegen Abend desselben Tages finden wir in d?r Kar nergasse in Bozen einen Mann auf einer Steinbank vor einem schönen Hause sitzend. Er mag kaum noch dreißig Jahre zählen, ist großer Statur mit angenehmem Aeußern. In seinen männlich ernsten Zügen liegt große

. Der Alte bleibt vor dem jungen Manne stehen und sein Sohn dahinter. „Ah, grüß Gott, Michel!' sagte Theodor, denn dieser ist der junge Mann; aufstehend reicht er dem Arbeiter die Hand. „Kommst soeben von Maretsch her?' „Jawohl, von der Arbeit. Habe heute eine wichtige Nach richt für Euch; ich hoffe auch, daß Ihr damit zufrieden seid.' „Wie so?' „Fasset Muth, lieber Herr,' sagte Michel, „wir erobern Blanka gewiß, wenn Ihr thut, was ich Euch rathe.' „Ich folge,' entgegnete Theodor. „Blanka muß

mein werden und wäre es auch nur, um die reine, edle Jungfrau aus den Händen dieser lutherischen Bestien zu befreien. — Michel, Du brauchst, bei Gott, nimmer in den Taglohn zu gehen, wenn Du mir Blanka gewinnen hilfst.' „Das Geld war mir immer lieber, als Luthers lauteres Evangelium,' sagte der Arbeiter aufrichtig, und deutete mit der Hand gegen die Thüre. Theodor verstand ihn und führte ihn und seinen Sohn in ein ebenerdiges Lokal, wo er sie mit Wein und Fleisch bewirthete und sie ungestört mitsam men Plaudern

konnten. „Aber hat man in Maretsch auf Dich wirklich keinen Verdacht?' fragte, während Michel und der Junge beim Essen wacker Zugriffen, Theodor. „Nicht den geringsten. Ich bin, wie ich schon sagte, jenen Sonntag in aller Herrgoltsfrüh »ach dem Schloß ge gangen, hab so gut als es ging mein Benehmen vom Sams tag entschuldigt, bin dann fleißig mit der Fuhre Weingart- holz nach dem Griesnerbodm gefahren, spiele seitdem im Schlosse den ärgsten Lutheraner, schimpfe tapfer über Papst» Bischöfe

und alle Diener der römischen Sodoma, sage, daß meinem Weibe ein lutherischer Quacksalber geholfen — und alles hält mich für den strengsten Lutheraner.' „Du bist wirklich sehr ver chlagen,' lachte Theodor; „doch nun krame einmal Deine Neuigkeiten aus.' Der Mann legte das übrige Fleisch und Brod in ein Papier und übergab das Paquet seinem Sohne mit der Weisung, es der Mutter zu überbringen. Der Junge erhob sich und ging. „Der Hies wird der nämliche Schlaukopf wie ich,' sagte der Vater, als der Knabe fort

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Volksblatt
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Page 10 of 16
Date: 13.09.1879
Physical description: 16
hatte, schickte sich diese wieder zum Gehen an. Ehe sie sich entfernte, zog sie einen Brief aus der Tasche und überreichte ihn dem Fräulein. „Der junge Kaufmann M. in Bozen hat mir das für Euch übergeben,' sagte sie und verließ das Zimmer. Mit zitternder Hand brach Blanka das Siegel ab, setzte sich auf einen Stuhl, öffnete den Brief und las. Entrüstung, Freude und bange Zuversicht malten sich in raschem Wechsel auf ihrem blassen Antlitze; Theodor enthüllte ihr alles. Wie erstaunte sie, als sie las

, daß sie so betrogen und welch lüderlicher Mensch der junge Graf, ihr Bräutigam sei, von dem sie übrigens niemals eine hohe Meinung gehabt hatte. Welche Gefühle durchstürmten sie, als sie weiter las, daß Theodor beim Ritter von Römer gewesen um ihre Hand zu werben und diese ihm zuerkannt wurde, wenn es ihm ge länge, Blanka den Schlingen Alberts beim Ueberfall zu ent reißen, und wie er längst schon den Plan zu ihrer Rettung gefaßt habe. Nur zu folgen brauche sie ihm, dann werde sie für. immer aus den Klauen

dieser schlauen, boshaften Menschen befreit werden. Sobald sie hmte Abends Lärm um das Schloß vernehme — schrieb er —, dann solle sie, in dunkle Kleider gehüllt, nicht durch das Hauptthor, sondern durch ein Hinterpförtchen emfli-hen und durch die Weinberge der Wassermauer zueilen; dort heben sie vertraute Männer schnell auf die Mauer, Theodor warte in Bauerntracht ver kleidet dahinter, dann setzen sie bei St. Anton über die Talser, drüben warten ihrer zwei flinke Rosse, sie setzen sich darauf und eilen

in dunkler Nacht davon. „O theuere, un vergeßliche Blanka,' schloß er, „könnte mir mein Rettungs plan gelingen! könnte ich Euch so glücklich machen, wie Ihr es verdient!' „Theodor,' rief sie, als sie den Brief gelesen hatte, „ich bin nicht werth, daß Du Dich meinetwillen einer solchen Gefahr aussetzest; — doch will ich Dir folgen, — wollte Gott, daß mein sehnlichster Wunsch, mit Dir auf ewig ver eint zu sein, verwirklicht würde!' Eine große Thräne glänzte in ihrem Auge; sie verbarg den Brief

Ihr am besten sicher. Doch ich muß mich nun entfernen; beim Mittagmahl, bei welchem der Ritter zugegen ist, werdet Ihr erscheinen.' Er ging. „Gott verzeihe diesen Menschen ihre Schlauheit und Boshaftigkeit,' sagte, als der Schreiber fort war, das Mädchen, „und gebe den Segen zu meiner Flucht mit Theodor!' — Die Uhr im Thurme der Stadtpfarrkirche von Bozen verkündete die Mittagszeit. In einem Hause der Laubmgasse treffen wir beim Mittagmahle Theodor und seine Eltern. Das Mahl ist ziemlich einfach, noch mehr

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Volksblatt
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Page 10 of 12
Date: 27.09.1879
Physical description: 12
. Theodor drückte den weitkrämpigen Hut tief in die Stirne und stellte sich mit Michel an der Spitze des Zuges, der alte Diener trug die Leiter. Langsam und bedächtig, nach allen Seiten umblickend, rückten sie die Wassermauer hinab. Dem Seitenpförtchen der Burg gerade . gegenüber senkten sie die Leiter von der Mauer in die Wein berge hinab. Alsbald ertönte unweit des Schlosses der aufrührerischen Bauern wildes Geschrei und greller Fackel schein glomm geisterhaft an den altersgrauen Mauern der Burg empor

das Schloß zu verlassen?' „Wenn wir und Blanko nicht klüger gewesen wären als er,' sagte Michel, „könnte dieß der Fall sein.' Aus dem Erdgeschoß des Schlosses vernahm man das Oeffnen einer Thüre, welches kaum von dem Knarren der Wetterfahnen auf dem Dache unterschieden werden konnte. Theodor und Hans, der Kriegsknecht, eilten flugs über die Leiter, dem Schloß zu. Sie waren noch nicht zwanzig Schritte von der Mauer fort gegangen, da kam ihnen schon Blanka in Begleitung einer alten Magd entgegen. Beide

Frauenspersonen waren tief in schwarze Mäntel gehüllt, das Gesicht verschleiert. Beide Männer erhoben die Hände, das verabredete Zeichen für Blanka, daß sie in der Hand ihres Retters sei. Sofort nahm Theodor die verschleierte Gestalt am Arme und führte sie so schnell als möglich zur Mauer. Schnell eilten sie über die Leiter, im Na wurde dieselbe aus der andern Seite hinabgelassen und während der Sekretär und das übrige Gesinde das ganze Schloß nach Blanka durch suchten, hatte diese schon am Arme

ihres Geliebten bei St. Anton die Talser übersetzt. Peter und Michel gingen von da der Stadt zu, Theodors Eltern den glücklichen Ausgang des .Unternehmens zu berichten. Eine Weile blieben Theodor, Blanka und deren Magd jenseits der Brücke stehen, bis Jakob und der Kriegsknecht die Pferde geholt hatten. Dann setzten sie sich darauf und ritten über Gries, Bozen links liegenlassend, die Heerstraße hinunter Trient zu, in welcher Stadt sie am andern Tage Mittags ankam« und wo Theodor seine geliebte Braut

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Bozner Zeitung
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Page 2 of 4
Date: 03.07.1871
Physical description: 4
er über diese Frage nach. Endlich trat er in das Nebenzimmer; hier öffnete er «n Schreibpult und faßte seine Entschlüsse ja einem Brief zusammen, welchen er an seinen Sohn in Bordeaux richtete. In diesem Briefe wurde Theodor aufgefordert so/ort nach Hause zu kommen und zu er klären, wenn nicht zu recylferligen. Daß diese Auffor derung nichts wcniger als in schmeichelhaften Ausdrücken abgefaßt war, dafür ssprach genügend die erhitzte Stim mung i>e« Schreibens, Auch Josephiue und Frau Hermann theilten Theo dor

, mußte Frau Hermann, gebrochen von den Aufregungen der jüngsten Zeit, vielleicht auch unter dem Nachwehen der Rückreise leidend, wiederum das Bett hüte«. Josephiue war, wie immer ihre treue und sorgsame Pflegerin. Sie sagte sich, daß es Theodors, folglich ja auch ihre Mutter fei, welche leide und wahrlich Niemand konnte dies Gefühl mehr anerkennen und erwiedern, als es von Frau Hermann geschah. Josephine galt ihr als eine Tochter, die ihren Theodor liebte, wie sie selbst. Hermann blieb der erneuerten

Erkrankung seiner Frau gegeuüber vollständig gleichgiltig und kalt. Ihm war seine Frau unbequem, folglich wußte es ihm ein Gefühl der Befriedigung erwecken , dieselbe auf das Krankenlager gefesselt zu sehen. Der einzige Gedanke, welcher ihn iu diesen Tagen erfüllte, war auf Theodor gerichtet; — wie er diesen, seineu Sohn, au« den bisherigen Bahnen herauszureißen vermöge, daS be< fchäftigte einzig und allein feinen Geist. Endlich traf Theodor ein; eS war sechs Tage nach Abgang der sür ihn bestimmten

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Volksblatt
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Page 9 of 12
Date: 27.09.1879
Physical description: 12
Die Mosterstnrmer. Vaterländische Erzählung aus dem 16. Jahrhundert. Von M. (Fortsetzung.) „Theodor,' seufzte die Mutter, die inzwischen in einen Stuhl gesunken, „schone Dich! Du bist mein einzig Kind, setze Dich nicht zu großer Gefahr aus.' „Beruhiget Euch, Mutter,' sagte der Sohn, „es wird nicht gar so gefährlich werden.' „Mein Gott,' erwiederte sie, „ich kann Dich nicht von deinem edlen Entschlüsse abhalten, aber beten will ich indessen für Dich, daß Du glücklich zurückkehrst.' „Eltern

,' versetzte Theodor, „Peter wird Euch gegen zehn Uhr die Kunde bringen, wie das Untemehmen abge laufen. Jetzt will ich aber selber etliche Ave Maria zu unserer lieben Frau beten, dann nehme ich noch eine Leibes stärkung, ziehe das bäuerliche Gewand an, und unter Gottes Beistand gehen wir dann unserer Aufgabe entgegen.' „Einverstanden,' rief der Diener, „gegen sieben Uhr erwarte ich Euch hier.' Peter und Theodor verließen daS Gemach, die Eltern blieben darin allein zurück. Der Tag der ziemlich heiß

ihm sitzende kurze grauhaarige Mann — „je dunkler und wilder das Wetter, desto besser für uns.' „Aber das arme Fräulein in dieser Nacht auf dem Ritt!' erwiederte der alte reisige Knecht, den Theodor an geworben und der sich in seinem Geleite befand. „Wenn es nur einmal angienge,' schrien Peter und Jakob in einem Ton, während der Krieger sein langes Schwert unwillig hin und herstieß. „Wo habt Ihr die Pferde?' fragte der Kaufmann. „Diese grasen droben in der Schlucht ob Troienstein; ein Bube hütet

sie.' „Und die Sättel?' „Befinden sich beim Trojensteiner.' „Hat man dort gar keinen Verdacht?' versetzte Theodor. „Nicht den geringsten,' entgegnete der alte Krieger. „Ich sagte, Pferde und Geschirr gehören einem verkappten adeligen Spießgesellen der Bauern, ich sei in seine« Diensten und Abends hole ich sie.' „Schöne Thiere, he?' sagte Michel. „Prachtvoll, die tragen Bräutigam und Braut heute noch weit.'

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