und mich bei der Hand nehmen, und wenn ich ihr dann alles erzähle, werde sie Tränen vergie ßen und mir schön tun und sich g'rad' freuen, daß ich wieder da bin. Aber als ich zum Schneider haus kam, war alles mäuslstill. Ich trat in den Hausgang und spitzte die Ohren; drinnen in der Stube hörte ich etwas rascheln, doch kein Mensch ließ sich blicken. Jetzt tat ich meine ganze Stimme heraus und begann zu singen: „Bin weit ummer g'wandert, Hat mi überall 'graust, Es ist ninderst so fein. Wie im Vrixental draußt
." Alles ist still geblieben. Ta reiß' ich die Tür auf und tre:' in die Stube. Drinnen hocken der Schneider und seine Frau bei der Arbeit; der Schneider ist gockelrot im Gesicht und zappelt, wie wenn er auf Nadeln sitzen tät, die Meisterin aber schaut gar nicht in die Höhe, keines sagt ein Wort. Da bin ich furchtbar erschrocken und Hab' aestürmt: „Um Gotteswillen, wo sehlt's denn? Wo ist die Bertha?" „Bertha ist nimmer da", hat die Meisterin ge antwortet. Ihre Stimme war so kalt wie ein Eiszapfen
, und sie schaute mich beinahe gehässig an. „Wo ist denn Bertha hin? Sie wird doch nicht krank sein, oder, oder gar . . . Redet, ich bitt' euch. Wo ist sie? Wo denn? Wo denn?" drängte ich noch heißer. „Fehlen tut ihr nichts, sie ist bloß fortgegan gen". stotterte der Schneider, dann wurde er noch röter in: Gesicht. Ich sah, wie ihm die Frau einen Wink gab, daß er schweigen solle. „Warum ist sie denn fortgangen? Sie wird doch bald wieder kommen?" fragte ich zitternd. „Nein, zu uns kommt sic nimmer, und fortge
ich mich an den Schneider, „seid Ihr so gut, sagt mir die Wahrheit." „Ich weiß nichts, ich weiß nichts,, gar nichts weiß ich", zappelte das Männlein und wäre in seiner Aufregung beinahe vom Stuhl gefallen. „Dem ärgsten Verbrecher sagt man, warum er verurteilt wird," begehrte ich auf; „ich laß mich nicht schlecht machen, ohne daß ich den Grund kenn'." „Tu kennst den Grund schon, wir brauchen dir nichts zu sagen", zahnte die Schneiderin. „Uebri- gens kannst du froh ''ein, daß wir den Mund hal« ten. Nur weil-d:e Bertha
' ihr mir die Wahrheit verschweigt, brinat ibr mich nicht aus dem .Hause." „Du hast bei uns nichts verloren, und wir sind von jetzt an srenide Leute. Brauchst auch nimmer znzukehren bei uns. wir kaufen dir nichts mehr ab.« „Rupert, wo bast das Geld?" wandte sie sich dann an ihren Gatten. Der Schneider sperrte den Schrank auf und zog ein Büchlein hervor, das er der Gattin überreichte. In dem Büchlein lagen mehrere Banknoten. Sie nahm dieselben in die Hand, zählte zweihundert sechzig Gulden auf den Tisch und schupfte