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Tiroler Land-Zeitung
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Page 14 of 16
Date: 20.05.1911
Physical description: 16
und schien im Begriff, etwas zu sagen. Es war ein falscher Alarm. Einmal nahm er seine Brille vou der Nase, legte sie feierlich zu sammen und deponierte sie in einer sauberen Ecke der Hobelbank. Man hätte geschworen, er sei zu einem Entschluß gekommen. Die Morvaud wartete; aber Philipp wartete ebenfalls. „Weißt du was?" sagte endlich die Frau des Schreiners. „Ich habe eine Idee." Sie hoffte, daß Philipp antworten würde: „Welche?" Philipp schwieg. „Und ich habe nur deinen Rat verlangt

, um dir zu zeigen, daß du noch dümmer bist als ich." Philipp dachte nicht daran, seinen Hammer zu ergreifen, oder überhaupt eine nach Revolte schmeckende Bewegung zu machen. Er hatte schon andere Dinge angehört und kannte die Frauen, seine eigene nicht ausgenommen. Die Morvaud gab es auf, seine Effekte herauszuklügeln, sondern befahl einfach: „Dil gehst zu Gagnard und verständigst dich mit ihm, eine Mauer zu bauen, die den Hof in zwei Hälften teilt, hoch genug, daß ich die Person nicht mehr zu sehen brauch

', aber nicht zu hoch, so daß ich den Hahn auf dem Kirchturm sehen kann; denn ich höre besser das Messeläuten, wenn ich den Hahn betrachte." „Das wird teuer sein," sagte Philipp. „Gagnard muß die Hälfte bezahlen. Er hat so viel Nutzen davon wie wir. Jeder hat dann seinen eigenen Hof." „Die Sache gefällt mir nicht sehr," sagte Philipp. „Gagnard ist ein guter Kerl." „Und mir gefällt die Sache sehr gut," erwiderte die Morvaud. „Uird dann, vor allen Dingen gehst du mir von heute an deinem Gagnard aus dem Wege

!" „Er hat mir nichts getan." „Es schickt sich nicht, daß die Männer gut Freund bleiben, wenn es die Frauen nicht mehr sind." „Die Feindschaft wird nicht lange dauern." „Nun hör' aber auf, Philipp! Wenn du das noch einmal sagst, werde ich ernstlich böse. Wahrhaftig, ich wollte lieber mit unserm Schwein gut Freund sein, mit unserm Schwein!" „Ja, ivas soll ich da zu Gagnard sagen?" „Sag' ihm, du wollest nichts mehr mit einem Dreikäsehoch zu Die „Wasser-Nesi", die berühmte Brunnenfigur in Alt-Wien. tun haben, dessen Beine

da anfhören, wo bei anderen Leuten die Knie sitzen." „Na, na," meinte Philipp. „Jawohl, sechs Zoll lange Watschelbeine! Hast du etwas da gegen?" Sie reckte sich ans, zur Schlacht bereit, und die Hobelspäne um sie her zitterten und bebten. Philipp setzte seine Brille wieder aus und besichtigte das Brett, ob noch Unebenheiten da seien. „Willst du nicht still sein?" sagte er mehr fragend als drohend. ,.Jch bin still, wenn ich will!" Ein Schrcibbureau im Schnellzuge. „Gut. dann rede weiter!" Seit er die Jahre

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Alpenrosen
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Page 4 of 4
Date: 08.07.1916
Physical description: 4
112 Ta kam der Krieg. Tie Kompagnie rückte schon am dritten Mobilmachungstage zur Front. Am fünf ten Tage stand sie auf feindlichem Moden. ' Ter Hauptmann freute sich über die ehr liche Begeisterung unter seinen Leuten; sie brannten vor Ungeduld, an den Feind zu kommen. Er vergast auch nicht, unauffällig den roten Philipp zu beobachten, sah aber nichts, das ihm irgendwie hätte mißfallen können. Er beschloß trotzdem, den Mann im Auge zu behalten. Tie Kompagnie näherte sich langsam

den feindlichen Borhut-Stellungen. Für eine un gewöhnlich gewagte Erkundung sollten sich Freiwillige zur Patrouille melden. Als einer der ersten trat der rote Philipp vor. Ter Hauptmann tat, als sähe er ihn nicht. Und wählte vier Mann aus. Philipp ging zu seinem Zug zurück. Wenige Tage später galt es, auf völlig ungedecktem Gelände einige hundert Meter vorwärts einen dort vermuteten Graben fest- zustellen. Nur ein einzelner Mann konnte das machen. Ter rote Philipp meldete sich. Nun wurde der Hauptmann

aufmerksam. „Sie wollen das machen?" „Jawohl, Herr Hauptmann." „Warum?" Ter rote Philipp wußte erst keine Ant wort; dann sagte er: „Ich meine, es wäre die Pflicht jedes ein zelnen von uns." , Ter Hauptmann sah sein Gegenüber auf- -tznerksam an. Tiefe Antwort hatte er nicht verwartet. Tann befiel ihn wieder das alte ^Mißtrauen. Ob der Kerl nicht doch, .etwas gegen ihn im Schilde führte? „Sie schießen mir zu schlecht." Ein an derer erhielt den Auftrag. * Es kamen anstrengende Tage für die Kom pagnie

. Gewaltmärsche, schlechtes Quartier und mangelhafte Verpflegung. Die Kolon nen kamen ,auf den durchweichten Straßen nicht so rasch vorwärts. Eines Abends rief der Leutnant von Phi lipps Zuge feinen Hauptmann zu folgen der Szene: fn einem Holzschuppen saß der rote Philipp, umgeben von seinen Kame raden, und spielte auf einer Mundharmonika: „Am Brunnen vor dem Tore. .." Nachdenklich ging der Hauptmann weiter. Bald darauf sollte die Kompagnie die Feuertaufe erhalten. Ein kleines, vom Feind besetztes Dorf

. Die Kompagnie verteilte sich in den Häusern soweit nicht die errichtete Barrikade als Dek- kung benutzt wurde. i In diesem Augenblick fühlte der Haupt- mann einen heftigen Schlag gegen die rechte Schulter und fiel hintenüber. Philipp, der aus dem ersten Stock eines Hauses feuerte, sprang auf die Straße. We nige Sekunden später hatte er den verwun deten Offizier in dem Haus in Sicherheit gebracht. Tie Lage für die Kompagnie wurde kri tisch. Die Barrikade hatte bereits geräumt werden müssen

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 23 of 24
Date: 20.12.1913
Physical description: 24
Nr. 292 Samstag den 20. Dezember Volks-Zeitung Seite 23 Novelle von Heinrich ZschEe. 3 Philipp nahm den Zettel. Mit Bleistift war von einer weiblichen Hand darauf geschrieben: „Aen- dern Sie die Maske. Alles kennt Sie. Mein Mann beobachtet Sie. Mich kennt er nicht. Wenn Sie artig sind, lohn' ich's Ihnen." „Hm!" brummte Philipp. „Das ist, so wahr ich lebe, nicht an mich geschrieben. Ich bekümmere mich um Ihre Gemahlin wenig." „Himmel und Hölle, Prinz, machen Sie mich nicht rasend. Wissen

Sie, wen Sie vor sich haben? Ich bin der Marschall Blankenschwerd. Daß Sie meinem Weibe nachstellen, ist mir seit der letzten Redoute am Hofe nicht mehr unbekannt." „Herr Marschall," versetzte Philipp, „nehmen Sie mir's nicht übel, die Eifersucht blendet Sie. Wenn Sie mich recht kennten. Sie würden von mir so tol les Zeug gar nicht denken. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, Ihre Gemahlin soll Ruhe von mir haben." „Ist es Ihr Ernst, Prinz?" „Vollkommen." „Geben Sie mir den Beweis." „Wie verlangen

Sie ihn?" „Sie haben sie bisher abgehalten, ich weiß es, zu ihren Verwandten nach Polen mit mir zu reisen. Bereden Sie sie setzt dazu." „Von Herzen gern, wenn Ihnen damit gedient ist." „Alles, königliche Hoheit, alles! Sie verhüten ent setzliches, unvermeidliches Unglück." Der Mameluck plauderte noch ein Langes und Breites, bald weinerlich, bald flehend, bald drohend, daß dem guten Philipp bange ward, der Mensch könne in seiner Tollheit mit ihm vor aller Welt Händel beginnen. Und das lnar ihm eben nicht ge legen. Er war froh

, als er von ihm abkam. Kaum hatte er sich in der Masse der übrigen ver loren, kniff ihn eine weibliche Maske, die schwarz beflort, in tiefen Trauerkleidern einherging, freund lich in den Arm und flüsterte: „Schmetterling, wo hin? — Flößt Ihnen die verlassene Witwe kein Mit leid ein?" Philipp erwiderte gar höflich: „Schöne Witwen finden nur der Tröster zu viel; darf ich mich zur Zahl Ihrer Tröster zählen?" „Warum sind Sie so ungehorsam und ändern die Maske nicht?" sagte die Witwe, indem sie mit ihm seitwärts ging

, wo sie freier mit ihm ins Geivräch treten konnte. „Glauben Sie denn Prinz, daß Sie nicht von jedem hier erkannt sind?" „Die Leute," versetzte Philipp, „sind doch ungewiß und irren sich in mir." „Wahrhaftig nicht, Prinz; und kleiden Sie sich nicht auf der Stelle anders, so verlasse ich Sie für den ganzen Abend. Denn ich möchte meinein Mann keinen Anlaß zu einem Auftritte geben." Jetzt wußte Philipp, mit wem er es zu tun hatte. „Sie waren das schöne Rosenmüdchen. Sind die Rosen so schnell verblüht

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 9 of 12
Date: 22.12.1913
Physical description: 12
Nr. 293 Montag den 22. Dezember Volks-Zeitung Seite 9 Kill Mer In her leiinit Novelle von Heinrich Zschokke. 4 Darum ging es mit Ihrer Vermählung den Krebsgang. Machen Sie sich keine Hoffnung län ger; Sie warten vergebens. So hat die Marschallin dem Herzog gesagt und ist verschwunden." Philipp schüttelte den Kopf und brummte: „Das sind mir auch saubere Geschichten! Solcher Streiche schämt man sich ja im gemeinsten Pöbel. Was Teu feleien und kein Ende!" „Nein," rief der Oberst, „Rasenderes

, Pöbelhaf teres kann man nicht tun, als die Marschallin. Das Weib muß eine Furie sein. Gnädigster Herr, ret ten Sie mich." „Wo ist denn der Herzog?" fragte Philipp. „Der Kammerjunker sagte, er sei schnell ausge standen und habe bloß gerufen: „Ich gehe zum König!" Denken Sie, Prinz, wenn er zum König geht und unsere Historie nach seiner Art malt!" „Ist denn der König hier?" „Allerdings. Er spielt im Nebenzimmer mit dem Erzbischof und dem Polizeiminister l'Hombre." Philipp ging mit großen Schritten

durch das Ka binett. Hier war guter Rat teuer. „Königliche Hoheit," sagte der Neger, „retten Sie mich. Es gilt Ihre eigene Ehre. Es wird Ihnen leicht sein. Uebrigens bin ich auf alles gefaßt und beim ersten bösen Wind über die Grenze. Ich packe ein. Morgen erwarte ich Ihre letzten Befehle über mein Verhalten." Mit diesen Worten verschwand der Neger. 6 . „Es ist hohe Zeit, daß du wieder Nachtwächter wirst, Philipp!" dachte Philipp bei sich selber. „Du verwickelst dich und deinen Substitut in gottlose Händel

hier mehr Bübereien gut zu machen, als ich in meinem ganzen Leben begangen habe." „So einsam, mein Prinz?" flüsterte hinter ihm eine Stimme. „Ich preise mich glücklich, Ihre könig liche Hoheit einen Augenblick allein zu treffen." Philipp sah sich um. Es war ein Bergknappe in Gold Seide und Juwelen. „Was wollen Sie?" fragte Philipp. „Nur einen Augenblick gnädigstes Gehör!" ant wortete der Knappe. „Es ist dringend, das Resul tat Ihnen vielleicht lieb." „Wer sind Sie denn, Maske, wenn ich fragen darf

?" „Graf Bodenlos, der Finanzminister, Ihrer kö niglichen Hoheit zu dienen!" versetzte der Knappe und lüpfte die Larve, um ein Gesicht zu zeigen, das mit den kleinen Augen und der großen, kupferroten Nase eine neue Larve zu sein schien. „Nun, Herr Graf, was steht zu Befehl?" fragte Philipp weiter. „Darf ich freimütig reden? Ich ließ mich schon dreimal bei Ihrer königlichen Hoheit melden und genoß nicht die Gnade, vorgelassen zu werden. Und doch — Gott ist Zeuge! — nimmt am ganzen Hofe niemand

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 9 of 10
Date: 17.12.1913
Physical description: 10
Nr. 289 Mittwoch den 17. Dezember Volks-Zeitung Seite 9 Weibnad )ts-ANj zeiger * W Irnteeet In her WWmW. Novelle von Heinrich Zschvkke. 3 Dazu hatte der Nachtwächter keine Lust. Die Maske gab aber mit Bitten nicht nach und wie beide in ein finsteres Gäßchen traten, wurde kapituliert. — Philipp fror erbärmlich; eine warme Stube hätte ihm wohlgetan, ein gutes Trinkgeld nicht minder. Er bewilligte dem jungen Herrn also das Nachtwächter- Vikariat auf eine halbe Stunde, nämlich bis zwölf Uhr

vertauscht. Die Maske ver-> nachtwächerte sich. Philipp band die Larve an, setzte den von einer funkelnden Schleife gezierten Feder hut auf und wickelte sich in den langen, feuerroten Seidenmantel. Als er seinen Stellvertreter verließ, fiel es ihm aber doch aufs Herz, der '""ae Herr könnte vielleicht aus Uebermut die nachtwächterliche Würde entweihen. Er drehte sich noch einmal um und sagte: „Ich hoffe, Sie werden meine Gutwillig keit nicht mißbrauchen und Unfug treiben. Das könnte mir Verdruß zuziehen

und den Dienst rau ben." „Was denkst du denn, närrischer Kerl?" rief der Vikar. „Meinst du, ich wisse nicht, was meines Am tes sei? Dafür laß mich sorgen. Ich bin ein Chri stenmensch, so gut als du. Packe dich, oder ich werfe dir die Stange zwischen die Beine. Um zwölf Uhr bist du unfehlbar bei der Gregorienkirche und gibst mir meine Kleidung wieder. Adieu! Das ist ein Teufelsspaß für mich." Trotzig ging der neue Nachtwächter seines Weges. Philipp eilte, ein nahegelegenes Bierhaus zu er reichen

. 8 . Indem er um die Ecke des königlichen Palastes bog, fühlte er sich von einer maskierten Person be rührt, die soeben vor diesem Palaste aus einem Wa gen stieg. Philipp blieb stehen und fragte nach Maskenart, nämlich mit gedämpfter, leiser Stimme: „Was steht zu Befehl?" „Gnädiger Herr, Sie sind in Gedanken hier vor der Tür vorübergegangen!" erwiderte die Maske. > „Wollen Ihre königliche Hoheit nicht —" „Was? Königliche Hoheit?" sagte Philipp la chend. „Ich bin keine Hoheit. Wie kommen Sie zu dem Einfall?" Die Maske

verbeugte sich ehrfurchtsvoll und schielte nach der strahlenden Diamantschleife auf Philipps Federhut. „Ich bitte um Gnade, wenn ich Maskenrecht verletzte. Aber in welches Gewand Sie sich hüllen mögen, Ihre edle Gestalt wird Sie im mer verraten. Belieben Sie gefälligst vorzutreten. Werden Sie tanzen, wenn ich fragen darf?" „Ich? Tanzen? - Nein. Sie sehen ja, ich habe Stiefeln an!" antwortete Philipp. „Also spielen?" fragte die Maske weiter. „Noch weniger; ich habe kein Geld bei mir!" er widerte

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Alpenrosen
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Page 2 of 4
Date: 08.07.1916
Physical description: 4
... weil sie eine deutsche Mutter war! Der rote Philipp. Skizze von Fritz M a ck. (Nachdruck verboten.) Eigentlich hieß er Philipp Merk. Er war kein guter Soldat. Er gewöhnte sich nur schwer an die Ordnung. Seinem bis zur Leidenschaft gesteigerten Drang nach Unab hängigkeit war jeder Zwang verhaßt. Seine leicht erregbare Natur neigte gern zu Ueber- griffen und Gewalttätigkeiten. Unrecht, das er selbst leiden oder auch nur mitansehen mußte, nahm ihm alle Selbstbeherrschung. Bei dieser Veranlagung war es durchaus

nicht verwunderlich, daß der rote Philipp bereits mancherlei auf dem Kerbholze hatte. Aus der Zeit por seinem (Eintritt zum Mi litär erzählte man sich folgende Geschichte: Philipp war von Beruf Schlosser. Er ar beitete dainals in einer Maschinenfabrik. Eines Tages hatte ein Lehrling neben ihnt an der Bohrmaschine zu tun; der war krank Und konnte nicht so, wie er wollte. Der die Aufsicht führende Werkmeister hielt jedoch die Schwäche des Jungen für Faulheit und fuhr ihn wegen seiner Langsamkeit derb an. Ter

Lehrling erwiderte nichts. Und der Werk meister wurde gröber. Philipp mischte sich ein. Nun wandte sich der Meister gegen ihn, hieß ihn den Mund halten und nannte ihn einen Aufwiegler; dem Jungen aber ver setzte er eine Ohrfeige, daß er hintenüber siel. Darauf nahm Philipp eine kurze Eisen stange und schlug sie seinem Beleidiger auf den Kopf. Mit sechs Monaten Gefängnis hatte er diese Tat büßen müssen. Ein ander Mal weilte Philipp .gerade in einer Wirtschaft, als ein Streit aus- brach

. Er war nicht daran beteiligt und wollte sich eben entfernen. Die Polizei nahm ihn aber, trotz seiner Aufklärung, auf die irrtümliche Aussage eines dritten hin, fest. Philipp geriet immer mehr in Wut, leistete Widerstand und richtete schließlich den Be amten übel zu. Auch dieser Vorfall trug ihm eine längere Freiheitsstrafe ein. Diese und noch einige kleinere.Vorstrafen, alle wegen Körperverletzung, bewirkten, das; Philipp in dem Ruf eines rohen, gewalttäti gen Menschen stand. Ta er sich außerdem auch als Soldat

gefaßt, deren Betreten den Soldaten verboten war. Schließlich mußte man ihn auch wegen Wachvergehens bestrafen, nach dem er bei der Torwache einige zu spät heimkehrende Kameraden ungemeldet hatte passieren lassen. Beim Schießen war er der pinzige, der aufs erste Mal nie eine Uebnng erfüllte. Beiin Parademarsch hatte er verschiedene Male das Pech, die Richtung zu verderben und bei der Kompagniebesichtigung war er ebenfalls gufgefallen. Ter .Grimm des Hauptmanns gegen den roten Philipp steigerte

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 13 of 20
Date: 13.12.1913
Physical description: 20
Läden und Gewölben der Kaufleute Neu jahrsgeschenke einkauften, oder von und zu Kaffee häusern und Weinkellern, Kränzchen und Tanz sälen strömten, um das alte Jahr mit dem neuen in Lust und Freuden zu vörmählen. Als ihr aber ein paar große, kalte Flocken die Nase belegten, zog sie den Kopf zurück, schob das Fensterlein zu und sagte zu ihrem Manne: „Gottliebchen, bleib zu Hause und laß die Nacht den Philipp für dich gehen. Denn es schneit vom Himmel, wie es mag, und der Schnee tut, wie du weißt

, deinen alten Beinen kein Gutes, auf den Gassen wird es die ganze Nacht lebhaft sein. Es ist, als wäre in allen Häusern Tanz und Fest. Man sieht viel Masken. Da hat unser Philipp ge wiß keine Langeweile." Der alte Gottlieb nickte mit dem Kopfe und sprach: „Käthchen, ich laß es mir wohl gefallen. Mein Barometer, die Schußwunde über dem Knie, hat mir's schon zwei Tage vorausgesagt, das Wetter werde sich ändern. Billig, daß der Sohn dem Vater den Dienst erleichtert, den er einmal von mir erbt." Nebenbei

. Aus Mitleid gab man ihm eine Schulmeisterstelle, denn er war ein ver ständiger Mann, der eine gute Handschrift hatte und gern Bücher las. Bei Verbesserung des Schulwe sens ward ihm aber auch die Lehrerstelle entzogen, weil man einen jungen Menschen, der nicht so gut als er lesen, schreiben und rechnen konnte, versor gen wollte, indem einer von den Schulräten dessen Pate war. Den abgesetzten Gottlieb aber beförderte man zum Nachtwächter und adjungierte ihm seinen Sohn Philipp, der eigentlich

das Gärtnerhandwerk erlernt hatte. Die kleine Haushaltung hatte dabei ihr kümmer liches Auskommen. Doch war Frau Käthe eine gute Wirtschafterin und gar häuslich, und der alte Gott lieb ein wahrer Weltmeister, der mit Wenigem recht glücklich sein konnte. Philipp verdiente sich bei dem Gärtner, in dessen Lohn er stand, sein tägliches Brot zur Genüge, und wenn er bestellte Blumen in die Häuser der Reichen trug, gab es artige Trink gelder. Er war ein hübscher Bursche von sechsund zwanzig Jahren. Vornehme Frauen gaben

ihm bloß seines Gesichtes wegen ein Stück Geld mehr, als jedem andern, der eben solch ein Gesicht nicht aufweisen konnte. Frau Käthe hatte schon das Mäntelein umgewor fen, um aus des Gärtners Hause den Sohn zu ru fen, als dieser in die Stube trat. „Vater," sagte Philipp, und gab dem Vater und der Mutter die Hand, „es schneit und.das Schnee wetter tut dir nicht wohl. Ich will dich die Nacht ab- lösen, wenn du willst. Lege dich schlafen." „Du bist brav!" sagte der alte Gottlieb

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 1 of 8
Date: 09.01.1914
Physical description: 8
abgelehnt, kleine Gesetze, wie das über das Halten von Hektographen — Ge- setze, die an den Machtverhältnissen im Staate wahr- tii ileuteuet 1 h Kr MML Novelle von Hemrich Zschvkke. 13 Nun sing dem erschrockenen Röschen über ihr Abenteuer im dunkeln Hausgang ein Licht aus. War er ihr doch damals schon ausgefallen, daß der ver neinte Philipp so etwas Fremdartiges in seinem Nesen gehabt hatte. Da nun die Reihe an sie kam, aller hsarkleirr zu beichten, wie sie zu dem Gelbe für daS Lstterielos gelangt wäre

, stotterte sie lange und suchte nach Worten herum, lwß dem Philipp ganz bange ward. Sie erzählte endlich alles, was vorgefallen war; aber wie es zum Kuß und Gegenkuß kam, stockte sie wieder mit der Sprache. Doch mußte es heraus. »Ts ist nicht wahr!" rief Philipp. „Ich habe dir keinen Kuß gegeben und von dir keinen empfangen." »So hat es dir doch gegolten," sagte Röschen leise und schmeichelnd. Philipp rieb sich die blonden Haare «uf dem Wirbel herum, damit sie nicht zu Berge Stehen sollten. »Höre

, Philipp, bist du eS nicht gewesen," sagte NäSchen ängstlich, »so glaube ich dir alles Unglaub liche, daS du mir gesagt hast — so ist Prinz Julian i# deinen Kleidern gewesen." Das hatte Philipp schon lange geahnt und er rief: »Der Spitzbube! Er hat mich um deine Küsse bestoh len. Nun begreif' ich! Nur darum gab er mir seine Maske, nur darum wollte er auf eine halbe Stunde M fein!" Und nun fiel ihm die Maske ein, die ihm von der Opernsängerin Rollina, dann von Röschen erzählt hatte, und er erneuerte

.Herz wieder leicht ward. Er warnte sie vor den Schleichern und vor der Barmherzigkeit der Vornehmen, und Röschen hin wieder warnte vor den Gefahren der Maskenbälle und allen Abenteuern mit Frauenzimmern hohen Standes, durch welche mancher junge Mensch schon unglücklich geworden sei. Man vergab sich alle in der Unwissenheit begangenen Sünden und Philipp stand im Begriff, den Kuß einzufordern, der ihm bestimmt gewesen und den er nicht empfangen hatte — als das Pärchen im besten Augenblicke

durch eine fremde Erscheinung unterbrochen wurde. Es kam im vollen Lauf und Sprung ein Mensch gegen sie gerannt, der atemlos bei ihnen stehen blieb. An Mantel, Stange, Hut und Horn erkannte Philipp auf der Stelle seinen Mann. Dieser hin gegen suchte den Maskenträger. Philipp reichte ihm den Hut und Seidenmantel und sagte: „Gnädigster Herr, hier Ihre Sachen. In dieser Welt tauschen wir die Rollen nicht wieder miteinander: ich käme zu kurz dabei!" Der Prinz rief: „Nur geschwind, nur geschwind!" warf

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 7 of 12
Date: 24.12.1913
Physical description: 12
. Warum hat der Arbeiter trotzdem das bürgerliche Blatt abonniert? Eigentlich aus purer Nachlässigkeit, aus Ueberlieferung, aus alter Ge wohnheit. Das ist beschämend! Beschämend für alle diejenigen, die, solange es gut gehr, die bürger liche Presse unterstützen, und erst in Zeiten der Not und des Kampfes an ihre eigenen Blätter denken. Agitiert für den TagbLaLtfond! Gin leitteiier in kt Mini®. Novelle von Heinrich ZschoLke. 6 „Wenn Sie sich unterstehen," fuhr Philipp fort, „und stellen

war, der, des süßen Weines voll, auf den Einfall gekommen, in die Nachtwächterei hinein-, zupfnschen. Sobald er den Philipp verlassen hatte, rief und blies er von Straßenecke zu Straßenecke die Stunden nach Herzenslust, machte zu seinem Gesang allerlei komische Zusätze und bekümmerte sich wenig um das vorgeschriebene Revier, das er zu behüten und zu beblasen hatte. Indem er auf einen neuen Vers sann, ging seit wärts eine Haustüre auf, ein wohlgekleidetes Mäd chen trat hervor und winkte mit einem lockenden Bst

! bst! Dann zog es sich in die Dunkelheit des Hausgangs zurück. Der Prinz ließ seine Verse fuhren und folgte der angenehmen Erscheinung. In der Finsternis er griff ihn eine zarte Hand, und eine Weiche Stimme lispelte: „Guten Abend, lieber Philipp! Sprich leise, daß uns niemand hört. Ich bin nur auf ein Augen- mckchen von der Gesellschaft weggeschlichen, dich im Vorbeigehen zu grüßen. Bist du vergnügt?" „Wie ein Gott vergnügt, du Engel!" sagte Julian. Wer könnte bei dir auch traurig sein?" „Philipp

, ich habe dir etwas zu sagen. Du sollst borgen abends bei uns essen. Die Mutter hat es Erlaubt. Kommst du auch?" „Alle Abend, alle Abend!" rief Julian, „und so Mge du willst. Ich wollte, du könntest beständig jji mir sein, oder ich bei dir, bis an das Ende der e It. Das wäre ein Götterleben!" „Höre, Philipp, in einer halben Stunde bin ich der Gregorienkirche. Da erwarte ich dich. Du fehlst doch nicht? Laß mich nicht lange warten. Dann machen wir noch einen Gang durch die Stadt. Nun geh, damit uns niemand überrascht

." Sie wollte gehen. Julian aber zog sie zurück in seinen Arm. „Willst du mich so kalt von dir scheiden lassen?" fragte er und drückte seinen Mund aus ihre Lippen. Röschen wußte nicht, was zu Philipps Keckheit sa gen. Denn Philipp war immer so bescheiden und zärtlich gewesen, daß er höchstens einen Kuß ans ihre Hand gewagt hotte, ausgenommen einmal, da ihnen beiden die Mutter allen und jeden Umgang hatte verbieten wollen. Damals war von ihnen im Ge fühl der höchsten Liebe und des höchsten Schmerzes der erste Kuß

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Neueste Zeitung
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Page 1 of 8
Date: 19.09.1929
Physical description: 8
. Sie mutzte ihre Aussage öfters unterbrechen, um die verlorene Fassung,wieder zu gewin nen. Alle Zuhörer waren von der Aussage der unglück lichen Frau und Mutter sichtlich tief berührt. Biele Frauen im Auditorium weinten laut. Frau Hals mann erzählte: Ich habe nur meine bei den .Kinder Philipp Und L i ü b a. Bor meiner Hochzeit im Jahre 1901 hatte ich eine Schule: ich leitete daher die Erziehung meiner Kinder selbst. Vorsitzender: Was können Sie uns über die Jugend Ihres Sohnes und seiner Stellung

zum Vater er zählen? Zeugin: Wir führten ein harmonisches Familienleben . .. ich bin zu aufgeregt, ich muß mich erholen.... wir haben den Kindern immer die beste Erziehung gegeben. Die Kinder haben'uns geehrt und geliebt. Mein Mann hat alles für die Erziehung der Kinder getan, da war ihm nichts zu schwer. Mein Mann war ein seelensguter Vater. Philipp konnte schon mit fünf Jahren lesen. Er war stets der b e st e S ch ü l e r 5er Klasse. Bei der Matura war er der einzige

von allen, der keine P r ü f u n g machen brauchte. Philipp war unsere Freude und unser Stolz. Alle, die uns kannten, Haben uns beneidet um unsere Kinder.. . . Ich muß mich erholen... In der S ch u l e war Philipp von den Kameraden und Lehrern geliebt. Trotzdem er selbst keine Maturaprüfung ablegen mußte, hat er mit den Kameraden die ganzen Nächte gearbeitet, um ihnen zu helfen. Als Student an der Hochschule hat er die Prüfungen immer rechtzeitig und mit bestem Erfolg abgelegt. Als Philipp älter wurde, wurde das Verhältnis zum Vater

noch inniger und kameradschaftlicher. Ich selbst babe ja mein Kind erzogen, ich kenne die Seele meines Kindes. Philipp kann Niemandem ein Leid tun, er konnte nie Blut sehen. (Aufschreiend:) Philipp ist un schuldig, ganz gewiß! Er hat nie ein schlechtes Wort gegen den Vater ge richtet .. . Ich kann nicht mehr weiter, bitte Herr Vorsitzender, fragen Sie mich. . Der Vorsitzende richtete nun einige Fragen an die Zeugin und verlas auch ihre früheren Angaben, wobei er sie aufforöerte, nur dort Einwürfe

zu machen, wo sie etwas zu e r g ä n z e n habe. Vorsitzender: Hat es nicht eine Auseinan 5 er- setzung zwischen Vater und Sohn wegen des Stu diums des Sohnes gegeben? Frau Halsmann: Mein Mann wollte, daß Philipp Arzt werde, er selbst wollte aber Techniker werden. Der Vater hat aber s o so r t na ch gegeben und sonst gab es keinen Anlaß zu Differenzen. Die Prüfungen hat Philipp alle gut bestanden, und wenn er vor einer Prü fung stand, haben wir ihm schon vorher telegra phisch gratuliert, weil wir wußten, daß er sie be stehen werde. Vorsitzender

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Neueste Zeitung
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Page 1 of 4
Date: 22.09.1926
Physical description: 4
Frankreichs mit der Barbarei , Muck verboten.) 6 j Schicksalstncke. Roman von Molloy-Walter. D Men los von der Menge vorwärtsschicben lassend, »zte Philipp an eine Straßenecke, wo das Gedränge I Mrs stark war. Achtlos über den Weg schreitend, Nm er plötzlich laute Zurufe und das Stampfen von \ Musen in seiner nächsten Nähe. Erschreckt aus Gedankeu ausfahrend, blieb er verwirrt stehen, ( Ek schon hatte ihn eine kräftige Faust am Rockkragen j M und auf das Trottoir Herübergezogen

, so daß die A des ihn bedrohenden Wagens nur leicht seine «er streifte. l .« Sie verletzt?" fragte eine Stimme neben ihm, M seltsam bekannt vorkam, obgleich er nicht wußte, ^kr ße Hon gehört hatte. ich glaube nicht," stammelte er. sich nur langsam z «ent Schrecken erholend. Sein Retter sah ihm for- «ins Gesicht. „Ist das nicht Erhardt?" rief er über- W aus. i D heiße allerdings so," entgegnete Philipp, erstaunt, Jgt andere seinen Namen wußte. DoL dieser batte W seinen Arm in den seinen geschoben und ihn mit I Mziehend, sagte

er in jovialem Ton: „Nun, alter ' M, erkennst du mich nicht?" 'Mu," erwiderte Philipp kopfschüttelnd. ' K du besinnst dich nicht auf Oskar Werner?" i rf erst schaute Philipp in das intelligente, glatt- Gesicht seines Begleiters. „Ich hatte einmal ^ £ .^ulkameraden," sagte er zögernd und mit der u6er die Stirne fahrend, „aber meine Gedanken r. tzEt ^e so verwirrt — ich habe alles vergessen/ nur % l r ffach Plötzlich ab, mit leerem Blick vor sich hinstar- i- ^ >" daß Werner zu der Ueberzeugung gelangte

. TU. Genf, 31. Sept. In der gestrigen Sitzung des Böl- kerbundrates, in der die D a n z i g e r Frage behandelt konnte er sich uicht erkläre», aber um ihrer ehemaligen Freundschast willen wollte er ihn jetzt nicht sich selbsL überlassen. „Komm mit mir, alter Junge," sagte er in herzlichem Ton. Philipp machte keine Einwendung und da er in Gang und Haltung durchaus keine Trunkenheit verriet, so glaubte Werner, das verstörte Wesen seines Freundes müsse eine ernstere Ursache haben. „Was hast du?" fragte

er teilnehmend. „Was ist dir geschehen?" „Ich habe mein ganzes Vermögen verloren, — fast eine Million Mark," stammelte Philipp. „Eine Million Mark?" wiederholte Werner, dem diese Antwort ein deutlicher Beweis zu sein schien, daß sein ehemaliger Kamerad den.Verstand verloren habe. Um zu sehen, in wieweit feine Annahme richtig war, fragte er weiter: „Wann hat dich denn das Unglück getroffen?" „Vor einer Stunde. Doch wohin führst du mich?" „Nach meinem Büro- dort sind wir ungestört und hu kannst

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Alpenländer-Bote
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Page 10 of 20
Date: 21.10.1934
Physical description: 20
©eite 10. Nr. 42. (24. Fortsetzung). Gejohle und lautes Aufdröhnen erfüllten den Raum. „Daß ich dächte", lachte der Angerufene. „Jawohl, bestimmt, in zwei Wochen. Sie bringt sieben Mägde mit, damit die schmutzigen Kittel endlich gereinigt werden." Man lachte von neuem und johlte noch zustimmen der, als Beltig aufstand und Philipp einen Kelch, ge füllt mit Wein, vor die Nase hielt. „Bist doch die Amme vom Gabriel Keller. Trink, trink, mein alter Knabe, damit du dich stärkst und damit du neues

— bravo —", riefen die Leute und mun terten den Wirt auf: „Los, Michel. Rin in die Kan dare. Einen Schoppen aus dem besten Faß — der Beltig hat das große Los gezogen — Donnerwetter — dessen Tochter einen Assessor — da wird Gabriel Augen machen. Er wird sich einen Strauß aus wel kem Laube brechen, sich hinter eine Hecke verziehen und Tränen verlorener Liebe in die verdorrten Blät ter weinen." „Das wird er, bravo — das wird er." Philipp hatte sich gesetzt, denn er merkte, daß jede Verteidigung

nicht so laut sprechen", flüsterte ihm Sindig, der Dorfschneider, zu. „Dein Mädel hört es und ihr künftiger Bräutigam ebenso. Es könnte chnen peinlich sein." „Woher denn. Wieso denn. — Und die, mich ver nehmen? Ausgeschlossen, die sind mit sich selber be schäftigt. Aber — was wollte ich noch, weswegen habe ich mich erhoben?" Philipp richtete sich unvermittelt auf, das Gesicht weiß wie die Wand, die Augen groß und gläsern. „Wegen Philipps, du wolltest dem Altknecht eine Standpauke halten." „Ja. Gewiß

. — Zufällig, du triffst den Nagel auf den Kopf. Also — mein lieber Philipp — so heißt du ja, und du gehörtest ja auch zu den drei Anfragern, die damals für Gabriel Keller zu mir auf den Hof ritten. Soeben fällt mir das ein. Also, Philipp, ich an deiner Stelle, das habe ich dir schon soeben vorgehalten, ich an deiner Stelle würde vor den Haiderhofbauer hin treten und sagen: „Mein lieber Keller, ich habe deiner Familie zwar länger als ein Menschenalter gedient. Jetzt aber Schluß

. Es ist aus. Ich kann nicht mehr. Ein bißchen Wert muß ich auf den inneren Menschen legen. Ich meine auf den eigenen. Auf meinen. Jawohl, Philipp, so mußt du sagen, und so mutzt du zu ihm gehen. Sonst bist du kein Mann mehr. Sonst nicht. Ich aber verkünde euch, Leute", wandte er sich an seine Zuhörerschaft, „hier der Altknecht, das ist ein anstän diger Charakter. Der tut, was ich sage, und der schmeißt den Krempel hin." „Bravo — bravo", erscholl es ringsumher. „Er bleibt nicht bei Gabriel. Er sagt ihm den Dienst

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 24 of 24
Date: 20.12.1913
Physical description: 24
die Köhe seiner Seligkeit. Philipp dachte bei sich: „Schade, daß ich nicht Prinz für Zeitlebens bin. Die Leute sollten bald alle mit mir zufrieden sein. Es ist in der Welt nichts leichter, als Prinz zu sein. Mit einem Worte vermag er mehr, als der beste Advokat mit einer langen Rede. Er hat das Vorrecht, gerade zu gehen und frei von der Leber weg zu sprechen. Ja, wenn ich Prinz wäre, dann wäre mein Röschen — für mich verloren. Nein, ich möchte nicht Prinz sein." Er sah nach der Uhr, es war erst halb

zu geben. Mein Dank ist ewig. Leben Sie wohl!" „.ftaltl" rief Philipp, da der Marschall schnell davon wollte. „Was soll ich mit dem Papier?" Der Marschall antwortete: „Es ist meine Spiel schuld von voriger Woche, die ich fast vergessen hatte und setzt bei der Abreise nicht vergessen möchte. Ich habe den Wechsel auf Ihre königliche Hoheit endos- siert." Damit verschwand der Marschall. 6 . Philipp schielte in das Blatt, las da etwas von fünftausend Gulden, steckte das Papier zu sich und dachte: „Schade

, daß ich nicht Prinz bin." Indem wisperte" ihm jemand ins Ohr:,, König liche Hoheit, wir sind beide verraten. Ich erschieße mich." Philipp sah sich mit großen Augen um und erblickte einen Neger. „Was wollen Sie, Maske?" fragte er ganz ge lassen. „Ich bin der Oberst Kalt!" antwortete flüsternd der Neger. „Die unselige Marschallin hat dem Her zog Hermann geplaudert, und dieser speit setzt Feuer und Flammen gegen Sie und mich." „Meinethalben?" versetzte Philipp. „Aber der König erfährt alles!" seufzte der Neger

ängstlich. „Vielleicht werde ich diese Nacht schon arretiert und morgen auf die Festung gebracht. Ich erhänge mich lieber." „Davon haben Sie keinen Nutzen!" sagte Phi lipp. „Soll ich mich lebenslänglicher Schande preisge ben? Ich bin verloren. Der Herzog wird blutige Genugtuung fordern. Sein Rücken ist gewiß noch blau von der Tracht Schläge, die ich. ihm gab. Ich bin verloren und das Bäckermädchen dazu. Ich springe von der Brücke und ersäufe mich noch diese Nacht." „Behüte Gott!" sagte Philipp

. „Was hätten Sie und das Bäckermädchen davon?" „Ihre königliche Hoheit scherzt und ich bin in Verzweiflung. Ich flehe untertänigst, nur ein paar Augenblicke unter vier Augen gönnen Sie mir." Philipp folgte dem Neger in ein einsames Sei tengemach, wo wenige Kerzen einen düsteren Schein verbreiteten. Der Neger warf sich wie gelähmt auf ein Sofa nieder und seufzte laut. Philipp fand auf einem Tische Erfrischungen nebst feinen Weinen und ließ sich's schmecken. „Ich begreife nicht, wie Ihre königliche Hoheit

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Page 1 of 8
Date: 07.01.1914
Physical description: 8
von Heinrich Zschvkke. 11 Das war dem Philipp recht; desto ungestümer bestand der Herzog darauf, daß sie beide in den Wa gen sitzen und, der Himmel weiß wohin, fahren woll ten, um die Ehrensache mit Pistolen und Säbeln ab zutun. Das war nun dem bedrängten Philipp gar nicht gelegen. Er stellte dem Herzog alle bösen Fol gen dieses Schrittes vor. Jener aber in seinem Grimme ließ sich durch nichts in seinem Verlangen abwendig machen; versicherte, er habe schon Für sorge für alles getroffen

und werde nach Beendigung ihres Geschäftes noch in der Nacht abreisen. „Wenn Sie nicht," fuhr der Herzog fort, „der feigste Mensch in ihrem Lande sind, so folgen Sie mir zum Wagen, Prinz." „Ich bin kein Prinz!" antwortete Philipp, der sich zum Aeußersten getrieben sah. „Sie sind es. Jeder hat Sie hier auf dem Balle erkannt. Ich kenne Sie am Hut. Sie hintergehen mich nicht." Rhilipp zog die Larve ab, zeigte dem Herzog sein Gesicht und sprach: „Nun, bin ich der Prinz?" Herzog Hermann, wie er das wildfremde Gesicht

erblickte, prallte zurück und stand wie versteinert. Seine geheimste Angelegenheit einem Unbekannten verraten zu haben, vermehrte seine Bestürzung und seine Verlegenheit. Ehe er sich noch aus dieser sam- ^meln konnte, hatte Philipp schon die Türe in der Kand und weg war er. eine ruthenische Literatur heranwächst, dann wird auch in der russischen Ukraina die Anziehungskraft der ruthenifchen Sprache gekräftigt, auch dort die Ab sonderungsbewegung gestärkt. Dem russischen Natio nalismus erscheint

sich darum des Erstarkens der Ruthenen. Sie empfehlen Zugeständnisse an die Ruthenen in Galizien, um da durch die ruthenische Bewegung in Rußland zu stär ken. Was will es besagen, wenn das polnische Volk 11 . Sobald sich Philipp im Freien befand, nahm er blitzschnell Hut und Seidenmantel ab, wickelte jenen in diesen und so, beides unter dem Arm tragend, sprang er die Gasse entlang, der -Gregorienkirche zu. Da stand Röschen schon in einem Winkel neben der hohen Kirchenpforte und harrte sein. „Ach Philipp

, lieber Philipp!" sagte sie zu ihm, sobald sie ihn erkannte, und drückte seine Hand. „Welche Freude hast du mir doch gemacht! O, wie glücklich sind wir! Sieh', ich habe keine Ruhe mehr bei meinen Freundinnen gehabt. Gottlob, daß du da bist Schon seit beinahe einer Viertelstunde stehe ich hier und friere. Aber ich denke vor Freuden gar nicht an die Kälte, die ich leide." „Und ich, liebes Röschen, danke Gott auch, daß ich wieder bei dir bin. Hole der Geier all den Schnick schnack der großen Herren

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 13 of 16
Date: 03.12.1910
Physical description: 16
hatten, er hoben ein lautes Gelächter. „Meiter, Meiter!" wiederholte spottend ein Trüppchen Knaben im Chor. Wieder und wieder rief der Philipp; umsonst; der Schall seiner Worte ging unter im Lachen und Höhnen einer immer mehr sich ansammelnden Menge. „Was hat denn der verrückte Trottel zu brüllen?" rief ein hinzutretender Büttel und glotzte mit seinem geröteten Gesichte den Philipp grimmig an. „Willst du nicht gleich dein Maul halten, so marschierst du sofort hinein in die „Kuh", in unser schwärzestes Loch

. Ist das eine Art, schon um diese Zeit die ehrsamen Bürger mit deinem unverständlichen Gebrüll aus dem Schlafe zu wecken! Und Ihr Andern, entfernt Euch; es ist noch nicht einmal halb sechs Uhr, und bei unserm Herrn Bürgermeister beginnt der Tag erst des Morgens in der Früh um neune." Wieder lachten die Um stehenden. „Meiter! Meiter! Halt! Halt!" ries Philipp noch einmal in gewaltiger Seelenangst. „So, ist das der Gehorsam, d?n du deiner Obrigkeit und ihren Dienern schuldig bist?" rief der Büttel, aufgebracht

?" fragte der Pferdemeister und schaute fragend um sich. „Seid ohne Sorge, es ist nur der, den ich gestern gerettet. Er hat Angst um mich, denn er meint, ich entlaufe ihm; er weiß eben nichts von unserm heutigen Vorhaben." Ter Pferdemeister lächelte beruhigt und sprach; „Hört Ihr das Gelächter? Das Rufen cheint die Menge zu belustigen." Er befahl dem Manne am Steuer, das Schiff weiter in den See hinauszulenken. Noch einmal ließ der Philipp seine Stimme erschallen. „Meiter! Meiter! Halt! Halt!" drang

es bis zu den Ohren der Schiffsleute. „Es muß doch etwas nicht in Ordnung sein," sprach der Pferde meister. Auch das Schiff, welches Soland der Schmied be fehligte, lenkte seine Spitze wieder mehr dem Lande zu. Ter Schneider Anastasius Rümelin. welcher sich auch unter de>- Menge befand, und sich schon seinen Judaslohn entgehen sah, fluchte ingrimmig vor sich hin, wandte sich ebenfalls an Philipp, hielt ihm die Faust unter die Nase und rief: „Halt ein mit deinem Geschrei, oder man wird dich krumm und lahm

schließen." „Krumm und lahm schließen," pustete der Büttel, der sich dem Schneider, dem er noch einen Mantel schuldete, gefällig er zeigen wollte Philipp riß beim Anblicke des so drohend vor ihm auftauchenden Männchens seine Augen weit auf, hielt einen Augenblick inne, zeigte dann mit der Hand auf dessen Stirne und schrie; „Tu! Tu!. Tu!" Mehr brachte er nicht heraus. Wieder brach die Menge in ein lautes Gelächter aus. Das Gebaren des fremden Trottels war wirklich gar zu lustig. „Meiter! Meiter

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Tiroler Post
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Page 7 of 20
Date: 14.08.1908
Physical description: 20
sehr beträchtlicher Teil des Frei sinnheeres Lurchfallen könnte." (Arb.-Ztg., & Aug.) Die Drohung ist deutlich; aber wir meinen, auch die freisinnige Bürgerschaft kel des Bergmahds sich gesucht, wo er von der Felswand aus nicht gesehen werden konnte; er wollte dem Schützenhauptmann nicht unter die Augen kommen. Alleweil hat der Philipp ge mäht und alleweil waren seine Gedanken bald voll Sorge, bald voll Freud', bald beim Vater, bald bei der Maid. Vom Tagesgrauen an bis zum Läuten der Mittagsglocke ist eine lange

Zeit. Dem Philipp kam der Hunger an und noch mehr der Durst; dem abzuhelfen, mußte er hinauf zur Kochhütte. Richtig ist er unbemerkt hinauf- und hmeingekommen. Jetzt sitzt Philipp drinnen auf der Holzbank im Winkel. In der anderen Ecke ist aus ein paar Steinen etwas aufgebaut, wahrscheinlich soll es einen Herd vorstellen, die Pfanne steckt mit dem Stile zwischen zwei in den Boden ge triebenen Holzstecken über dem kleinen Feuer. In der Pfanne läuft eben ein großes Stück Schmalz fließend auseinander

. Zwischen seinen Knien hält Philipp eine Holzschüssel, darin rührt er Mehl, Eier und Milch zu einem Teig. Diese Hantierung geht ihm gar nicht recht vom Fleck; er ist das Kochen nicht gewohnt und seine Gedan ken sind wohl auch schon wieder fünf Klafter höher droben — und dann wieder daheim bei den Scheiben und Nummern. Fest ist er entschlossen, heute abends, wenn der Vater heraufkommt, heimzugehen, die ganze Nacht will er arbeiten, schreiben, rechnen, zählen, ordnen, und morgen kann der alte Franzelbauer

Zeitungen bringen lange Berichte darüber, wie im Sandschak Nowi bazar die Verfassung eingeführt wurde. Dieser Vorgang bestand im wesentlichen in lär menden Kundgebungen gegen die österreichischen ster ist Schützenkönig und am Frauentag ist Fest tag für die Schützen." Dann wird der Franzel bauer auch mit seiner Tochter zum Wirte kom men, dann wird der Philipp bei der Luise sitzen und ihr erzählen dürfen von dem Kaiserschießen, von der Heuarbeit, von der Bestverteilung, von der ... . Auf einmal verdunkelt

sich der Hüt tenraum, und wie Philipp zur Türe schaut, steht der alte Franzelbauer dort und grüßt und lächelt den sonderbaren Koch mit fragendem Blick an. „Nun, Philipp, wie geht's mit der Bestver teilung, wer bekommt das erste Best? Wer ist Schützenkönig? Hast alles schon beisammen?" Philipp fährt von seinem Sitze auf, in der einen Hand die Holzschüffel, in der anderen den Kochlöffel, von dem der Teig in dicken Tropfen auf den Boden fällt. Augen und Mund weit offen stehend, wäre er am liebsten

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Neueste Zeitung
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Page 1 of 4
Date: 02.10.1926
Physical description: 4
traten aus den Höhlen — er war ^Ersticken nahe. Mit der Kraft der Verzweiflung «er sich au. befreien, doch umsonst. « 'werdet Ihr endlich reden?" fragte Philipp unge- Mg die Zuckungeir des Besiegten beobachtend, ohne ^ zu bemerken, daß 5er Unglückliüje nicht imstande ? r ' zu gehorchen. Diesem schwanden fast die Sinne: ^Gesicht nahm eine bleierne Farbe an und alles Blut Mgie sich ihm nach den Schläfen, als wollte es sie zer- Mgen. Md dann war es ihm, als griffe eine kalte nach seinem zuckenden Herzen

, als riefe ihm eine tauende Stimme ins Ohr: „Tu mutzt sterben!" Ster- Nein, nur das nicht! Lieber wollte er die kost en Steine lassen, aber nur nicht sterben! Wie um Er- Men flehend starrte er auf Philipp, doch dieser schien Jraw blinden Wut gar nicht zu erkennen, in welch' Msticher Lage sich Braun befand. Er war zu anfge- M, daß der schurkische Advokat sich trotz aller Dro'hun-. immer nicht zu einem Geständnis Herbeitassen M frage Sie zum allerletzten Male," rief er zornig, 'Wen Sie mir die Steine

hergeben?" A ia!" kam es in dumpfem Gurgelton über die Mn des halb Erstickten, dem plötzlich ein Blutstrom Nase quoll. Philipp zog sofort seine Hände zurück Straßenbahn eine fette Pfründe erhalten, indem er zum Nachfolgr des bisherigen Rechtsanwaltes Dr. Julius Floderer bestimmt wurde. * Wir beschränken uns auf die komwentarlose Wieder gabe der Meldung des „Tribunal", dem wir selbstver ständlich die volle Verantwortung für seine Angaben überlassen müssen. Daß im Tiroler Arbeiterkonsum verein

! sein energisches Vorgehen j hatte doch endlich Erfolg gehabt — er war Sieger ge- j blieben. „Stehen Sie ans!" befahl er Braun, der sich mühsam in die Höhe richtete, dabei einen verstohlenen Blick nach dem Revolver werfend, den sein Gegner vergessen zu haben schien. Zum Glück fing Philipp, der den Schurken keine Sekunde aus den Augen ließ, diesen Blick auf. Er bückte sich rasch nach der Waffe und sie in seine Rock tasche schiebend, sagte er finster: „Vielleicht bedarf ich ihrer noch, ehe wir uns trennen

." „Es ist kein Grund zu solchen Gewalttätigkeiten vor handen," entgegnete der Advokat in giftigem Ton. „Das werden wir ja sehen" versetzte Philipp gleich- wütig. Nun Braun sich nachgiebig zeigte, hatte er seine ganze Ruhe und Selbstbeherrschung wiedergewonnen. „Also, wo sind die Diamanten?" „Bei meinem Bankier." „Wie heißt er?" „Blum u. Co., Leipzigerstraße 24." „Stellen Sie mir einen Schein aus des Inhalts, daß man mir die Steine sofort ausliefern soll," befahl Philipp, Tinte, Feder und Papier iherbetholenö

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 13 of 16
Date: 20.05.1911
Physical description: 16
daran, vor Zorn zu platzen. 3 . Die Morvaud zog sich aus dem Hof zurück und betrat die Schreinerwerkstatt ihres Mannes. Sie warf sich auf die Hobel späne und blieb lange Zeit liegen, ohne ein Wort zu lagen. Säge mehl klebte sich an ihr schweißbedecktes Gesicht. Sie drehte sich mechanisch einen Ring aus einem Hobelspan. Mit trocknen Augen seufzte sie von Zeit zu Zeit, daß es fast wie Schluchzen klang. Philipp Morvaud sah nicht nach ihr hin. Er war ein kalt blütiger Mensch und brachte sein Leben

mit Nachdenken zu. Wenn er ein Brett gemessen hatte, so maß er es noch einmal, und wenn er dieselbe Länge fand, dachte er nach. Besonders aber dachte er nach, wenn er einen Sarg machen mußte. Dann nahm er seine Maße, ohne die Leiche zu berühren, und er zitterte in allen seinen Fasern, wenn er dachte, er könne am Ende zu knapp arbeiten, so daß man den Toten zusammenknicken müsse. „Das kann nicht so bleiben," stöhnte die Morvaud dumpf. Philipp erwiderte keine Silbe. Er hatte ein gehobeltes Brett

vor sich und schaute jetzt nach Unebenheiten aus, indem er ein Auge schloß. Dann fuhr sein Hobel rasch darüber hin und schaffte die Bucke! in dünnen Streifen weg. „Dieses Leben ist nicht zum Aushalten!" sagte die Morvaud und fügte hinzu, es müsse ein Ende gemacht werden. . Philipp widersprach nicht, stimmte aber auch nicht bei. Er begann nachzndenken. Die Morvaud setzte ihm die Sache aus einander. Sie war ruhig, und um gerecht zu erscheinen, insultierte sie niemand. Sie räumte ein, weder

sie noch die andere war sehr sanftmütig. Sie hatte nichts dagegen. Zugegeben, auf beiden Seiten ist man im Unrecht. Wenn man sich nicht mehr vertragen kann, geht man eben am besten auseinander. „Nun, was sagst du dazu, Philipp?" „Donnerwetter", sagte Philipp, „kehr' ihr den Rücken!" „Wenn sie aber zu mir spricht?" „Gib keine Antwort!" „Damit sie mich Gans schimpft?" „Dann gib es ihr zurück!" sagte Philipp. „Wenn du einer alten Stange Lumpen anzögest und die Vogelscheuche in der Nacht vor ihrem Fenster aufstelltest

, so würde die Gagnard sich am Morgen gehörig ärgern. Man kann es wenigstens versuchen." „Du tust mir leid," sagte die Morvaud. „Donnerwetter!" sagte Philipp. Der Fall interessierte ihn. Gestern hätte er einen andern Rat gegeben, aber er hatte keinen. Er nahm seine Pfeife, stopfte sie, und da er inmitten seiner Hobelspäne Angst vor Feuersgefahr hatte, begann er ernsthaft und ruhig kalt zu rauchen. Von Zeit zu Zeit schob er die Pfeife in den andern Mundwinkel oder nahm sie ganz heraus, spuckte auf den Boden

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Neueste Zeitung
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Page 1 of 4
Date: 21.09.1926
Physical description: 4
hatte. 3, Kapitel. Alles verloren. .jp Philipp in Berlin eintraf, war es bereits zu spät. ^ öen Advokaten aufzusuchen) er übernachtete deshalb imem kleinen Hotel und verbrachte den Abend damit, Hauptstraßen 5er Residenz zu durchwandern. Nach ^unstäten Leben, das er in Australien und dem Kap- ^geführt, fern von aller Zivilisation, übte das Trei ber Großstadt einen besonderen Reiz ans ihn ans er konnte nicht müde werden, die prächtigen Aus- «der Schaufenster zu bewundern und das Drängen vagen der Menschen

um sich her zu beobachten. Was aber vor allem anzog, waren die Iuwelierläden, die Beleuchtung des elektrischen Lichtes einen feen- l 2 Anblick boten. Da lagen funkelnde Brillanten, Muhen-e Nubinen, fleckenlos weiße Perlen nnd lench- 2 ^viaragden zu kunstvollem Schmuck gefügt. Philipp ß daran, in Gedanken für seine holde Braut Ge- Mre auszuwählen, Ohrgehänge, Armbänder und Ringe, 7 lyre Schönheit damit zu schmücken. Wie würde sie sich M, wie würde sie entzückt sein, wenn er ihr das Ge- j Etoe in den Schoß

geleistet Hätte. Er stand ja auf dem Gipfel des Glückes) da wachsen dem Menschen die Flügel, da fühlt er Schaffensfreudigkeit und Lebensmut in sich. Das empfand auch Philipp, als er am nächsten Nlorgeu gegen zehn Uhr mit leichten, elastischen Schritten das Büro Robert Brauns betrat. Ter Advokat fuhr in die Höhe und fein Gesicht entfärbte sich, als er den jungen Manu erblickte, aber er sprach kein Wort der Begrünung. „Nun, wie gehts, Herr Doktor?" rief ihm Philipp in seiner offenen, ungekünstelten Weife

entgegen. Der.An geredete rührte sich nicht, er schaute nur mit gutgcspieltem Erstaunen auf. „Sie erwarteten mich wohl nicht so bald?" bemerkte Philipp, der sich den kühlen Empfang nicht zu erklären vermochte. „Ich habe aber meine Pläne geändert." Eine immer größere Verwunderung malte sich in Brauns Zügen. „Wer sind Sie?" fragte er endlich mit so scharfer Stimme, daß sich Philipp unangenehm davon be rührt fühlte. „Wie? Erkennen Sie mich denn nicht?" fragte er nähertretend. „Ich erinnere

mich nicht, Sie je zuvor gesehen zu ha ben/ erwiderte Braun in kau^.uttgem Tone. „Da hätte ich Ihnen doch ein besseres Gedächtnis zu- getrant," meinte Philipp gutmütig lächelnd. „Allerdings, Sie sahen mich neulich bei Gaslicht, das macht vielleicht einen Unterschied." „Und ich versichere Ihnen nochmals, daß ich Sie nicht kenne," erklärte Braun. „Ich bin ja Philipp Erhardt." „Bedauere, der Name ist mir völlig unbekannt. Was wünschen Sie?" „Meine Diamanten!" cntgegn.ete der junge Mann, aufs höchste überrascht

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Tiroler Grenzbote
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Page 6 of 8
Date: 20.11.1929
Physical description: 8
würde. Wir haben uns nun gegenseitig Schmerz genug bereitet, glaube ich, nun soll mit allem Zwist ein Ende sein!" „Vater, willst du mir wirklich verzeihen?" Der Eichelbauer nickt. Selbst dem harten Mann werden die Augen feucht. Da legt die Trud beide Arme um ihn und weint sich aus an seiner Brust. Dann gehen Vater und Tochter vereint nach Hes selbach, das Kind zu suchen. VIII. Philipp war noch zu seinem Brotherrn gegangen, um ihm sein Späterkommen anzusagen, ehe er nach Schöffingen ging. So kam es, daß er Trud und ihrem Vater

nicht begegnete und erst nach ihnen nach Hessel bach zurückkam. Er hat den Arzt selbst nicht treffen können, doch wollte man ihn schicken, sobald er heim kommt. — Der Stengelbäuerin dünkt es eine Ewigkeit, die sie allein bei dem kranken Kinde verbringt. Und immer kehrt in dessen Fieberträumen der Wald und seine Märchen, vor allem aber die Furcht vor Philipp wieder. Die hilfsbereite Frau tut ihr Möglichstes, dem schwer atmenden Kinde Linderung zu verschaffen und das Fieber zu dämpfen. Da, plötzlich tritt

, was sie von dem Verbleiben des Kindes weiß und daß sie den Philipp zum Doktor geschickt. Dann faßt die Trud die kleine fieberheiße Hand: „Kind. Zrein liebes, liebes, nein, nun 'laß ich dich nimmer fort!" Margretlein öffnet die Augen: ein Erkennen läuft über das Gesichtchen: „Mutterle —" Aber sogleich fiebert sie mit geschlossenen Augen weiter. Auch der Eichelbauer ist an das Bettchen ge treten. Daß ihm sein Enkelkind nun auf diese Weise zugeführt wird — o, das Leben ist dunkel — — Und doch muß er jetzt fort

für eine Weile. „Trud, ich meine, besser ist, du sagst dem Philipp zuerst, was sich zwischen uns beiden zugetragen hat. Ich muß mich erst mit dem Gedanken an ihn aussöhnen und für ihn wird es auch besser kein, wenn ich nicht so plötzlich vor ihm stehe. Gegen Mittag komme ich wieder." Die Trud sieht das ein. Der Eichelbauer kann noch nicht weit gegangen sein, kommt Philipp heim. Düstern Blickes ist er an das Kopfende des kleinen Lagers ge treten. Trud sitzt am Bettchen, hält die kleine Hand

mir nichts mehr tun — Mann — hat langen Bart — nein — nein. Vater, tu nichts — kuckuck — o, so wilde Augen r— Mutterle weint — tut weh — schau — —" Leise weint die Trud vor sich hin. Plötzlich er greift Philipp ihre Hand, so wie er einst getan, als sie so glücklich waren, wie in der Heimat und wie er es seit jenen Tagen nimmer getan. Er hat erfaßt, was ihr schon lange klar ist, warum Margretlein von Hause fortgelaufen. „Trud, ich glaub', ich Hab' das Kind erschreckt, geängstigt, es fürchtet

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 15 of 16
Date: 20.05.1911
Physical description: 16
, daß von uns bei den du die unverträgliche Per son und schuld an dem Streit bist." Außerdem gaben sie den: Bedürfnis nach, sich an eine andere Person anzuschließen, wie dies die Regel ist, wenn mau einen Freund aufgibt. Über diesen Liebkosungen hatten Morvaud und Gagnard nicht die Kraft, die Frauen wegzujagen, und waren so verwirrt, daß sie sogar die Kosten des Mörtels vergaßen. 5 . Sie arbeiteten drei Tage lang. Als am dritten Tage alles beendet und eine Be lohnung verdient war, gab Philipp Morvaud das verab redete Zeichen: Theodule

, dazu das Recht zu haben. Philipp und Theodule hatten die Mauer oben hübsch glatt und eben gemacht, und dies brachte Frau Mor- vand auf die Idee, da oben ihre Blumentöpfe aufzustellen, um in Zukunft statt der unangenehmen Gestalt ihrer Nachbarin Rosen und Nelken vor sich zu haben. Dies war eine gute Idee und gefiel der Gagnard so sehr, daß sie alsbald das Beispiel ihrer Nachbarin nachahmte und ebenfalls ihre Blumen herbeibrachte. Ohne ein Wort zu sagen, fingen die beiden Frauen an, jede an einen: andern Ende

wieder an, „man zankt sich, weil man sich gern hat, zur Abwechslung, zur Unter haltung. Weshalb sind wir uns eigentlich böse geworden? Wissen Sie es? Ich weiß es wahrhaftig nicht. Nein, meine Freundin, das geht über meinen Horizont: am letzten Sonntag war hier ke:ne Mauer, und jetzt ist eine da, eine hohe Mauer, zwischen uns beiden." 6 . Philipp und Theodule kommen vom Wirtshaus zurück. Sie hatten genug getrunken, um ihre Übereinkunft zu vergessen und Arm in Arm zu gehen, auf die Gefahr hin, ihre Frauen zu erzürnen

. „Ich denke nach," sagte Philipp. „Vielleicht lassen sie uns jetzt in Ruhe." „Das kommt darauf an!" antwortete Theodule. „Auf was?" fragte Philipp beunruhigt. „O, das kommt darauf an!" wiederholte Theodule und wiegte sein zweifelndes Haupt hin und her. „Wenn wir uns jetzt trennten?" „Wir haben Zeit," sagte Philipp. „Es ist kein Mond und kein Stern am Himmel. Sie können uns nicht sehen." Die Dunkelheit und der Umstand, daß sie beide zusammen, die Frauen aber anderswo waren, machte ihnen Mut. „Darauf kannst

du dich verlassen", sagte Philipp, „wenn mich meine Alte ärgert, so werde ich sie schon zurechtdrechseln." „Still!" flüsterte Theodule, und beide bückten sich plötzlich und Mein Liebling. Nach dem Gemälde von C. Frösch l. Noch eine! Das war die „Eine schöne Mauer, mei ner Treu!" erwiderte Frau Gagnard, „ich könnte so ein Mäuerchen mit dem Fuß um stoßen !" „Mein Schatz", sagte Frau Morvaud ohne weiteres und breitete ihre Arme aus, ,geben Sie mir einen Kuß, und dann holen wir unsre Blumen wie der herunter

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