. Innsbruck ist das Schmerzenskind der Bauarbei- terorganisation in Tirol. Bis voriges Jahr waren die Innsbrucker Maurer ohne einen Vertrag, der ihnen einen Minimallohn garantiert hätte, und die Unternehmer konnten die Arbeiter nach Belieben bezahlen. Die einheimischen Maurer weigerten sich, der Organisation beizutreten mit dem Bemerken, dieselbe mache doch nichts für sie. Endlich ist es der Organisation gelungen, einenVertrag abzuschließen, welcher mit 1. Februar d. I. in Kraft getreten ist und außer
vielen anderen für die Maurer günstigen Bestimmungen wurde erreicht, daß der Minimal- Stundenlohn für 1912 mit 66, für 1913 mit 68 und für 1914 mit 61 Heller festgesetzt wird. Tat sache ist, daß Innsbruck die teuerste Stadt Tirols, ja sogar eine der teuersten Städte Oesterreichs ift; ober eine weitere Tatsache ist auch, daß noch in kei nem anderen Ort unseres Landes ein so günstiger Vertrag abgeschlossen wurde. Nach einer solchen Errungenschaft müßte man denken, daß der letzte Maurer soviel Vernunft
?n Arbeiter. Die einheintischen Maurer hatten immer zu kla gen, daß die fremden Kollegen, sveziell die böhmi schen, Akkordarbeit verrichten und daß, solange in dieser Sache nicht Ordnung gemacht wird, überhaupt nichts zu machen sei. Die Organisation bemühte sich, im Frühjahr ein Flugblatt herauszugeben in deutscher, tschechischer und italienischer Sprache, in welchein betont wurde, daß derjenige Maurer, wel cher in Innsbruck noch Akkordarbeit übernehmen würde, als ein Verräter der Bauarbeiter betrachtet
werden müsse. Von diesem Flugblatt wurden auch 400 Exemplare nach Böhmen gesendet, von wo so- viele Maurer nach Innsbruck kommen. Die böhmi schen Maurer sind wieder nach Innsbruck gekom men, aber keiner derselben hätte sich getraut, noch im Akkord zu arbeiten. Aber diejenigen, welche über das Akkordsystem der fremden Maurer geschimpft haben, waren auch die ersten, welche wiederum an fingen, im Akkord zu arbeiten. Es ist dies die Tratter- und Bader-Partie einerseits, die Hatzl- und eine andere Partie
einheimischer Maurer anderer seits. Somit ist eLZeicht begreiflich, daß sich auch die anderen sagten: Warum dürfen andere im Akkord arbeiten und wir nicht! Und so ist es wieder soweit gekommen, daß heute Maurerpartien aller Natio nen im Akkord arbeiten. Durch diese Akkordarbeit leiden vor allem die armen Bauhilfsarbeiter, welche von allen Seiten angetrieben werden: aber zugleich leiden die Mau rer selbst, da mit diesem System nur die Unterneh mer den Profit davontragen können. Jede Partie bietet