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Sterne und Blumen
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Page 3 of 8
Date: 13.12.1914
Physical description: 8
— 395 der Hahn Pettis krähte nicht. Und jetzt bemerkte Lorenz, daß im Innern des durchbrochenen kleinen Gebäudes, in welchem diese Uhr untergebracht war, ein Licht schimmerte, wie er auch zugleich das Geräusch einer Feile hörte. Er trat näher, und seine Augen anstrengend, gewahrte er Meister Hirkan, der beim Schein einer kleinen Lampe arbeitete. Er grüßte ihn und Hirkan ließ, seine Stimme erkennend, einen freudigen Ausruf vernehmen. „Sie kommen wirklich gelegen, Herr Lorenz! Ich wußte

!" versetzte Lorenz lachend. „Eine Sänfte, Pferde und ein einfältiger Mensch find allerdings nicht schwer zu beschaffen, aber eine Stahlring-Rüstung kostet so schweres Geld, daß dazu meine Finanzen nicht ausreichen, und was das Verbringen Ihrer Person morgen früh in den Wald . betrifft, so wäre mir dies zwar eine sehr angenehme Auf gabe, allein ich bin zu einem Bogenschießen, an das sich ein Bankett anreiht, eingeladen worden, und ich muß offen ge stehen, daß es mir sehr leid tun

würde, wenn ich diesem Vergnügen entsagen müßte." „Sie dürfen aber überzeugt sein, daß Sie es niemals zu bereuen haben werden, wenn Sie darauf verzichten. Was das nötige Geld betrifft, hier haben Sie's. Wollen Sie noch mehr? Sie sollen es bekommen." Und seine Hand gegen Lorenz ausstreckend, überreichte er ihm eine mit Goldgulden gefüllte Börse. „Sie verfügen über ein ausgezeichnetes Verfahren, um Einwendungen zu begegnen", sagte Lorenz. „So werde ich denn morgen früh um acht Uhr bei Ihnen sein. Haben Lie

mir sonst noch etwas anzuempfehlen?" „Nichts mehr, als daß Sie sich jetzt fortbegeben, damit ich mein Werk da vollenden kann. Sie glauben gar nicht, was für eine Qual es für mich ist, meine Aufmerksamkeit | und kostbare Stunden auf eine rein mechanische Arbeit ver wenden zu müssen, gerade jetzt, wo meine Gedanken ganz wo anders sind und ich so nahe am Ziele bin." Er machte sich wieder daran, wütend an einer Stahl stange zu feilen, wogegen Lorenz sich schnell entfernte und einen Waffenschmied aufsuchte, um hier die schönste

Stahl ring-Rüstung, die er finden konnte, zu kaufen. Am folgenden Morgen gegen zehn Uhr kam Hirkan mittelst Sänfte und mit einem ziemlich umfangreichen Paket versehen, von Lorenz zu Pferd begleitet, bei einen: eine Stunde von Nürnberg gelegenen Walde an. Er ge hörte dem Baron von Ittenbach, war von Wassergräben umgeben und durch eine Gittertüre abgeschlossen, zu welcher Lorenz, der hier gerne jagte, stets den Schlüssel bei sich führte. Lorenz ließ vor der Gittertüre anhalten und be fahl den: Knecht

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Sterne und Blumen
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Page 2 of 8
Date: 13.12.1914
Physical description: 8
schlug sich und fiel zweihundert Schritte vom Jäger entfernt auf einen mit Heidekraut bedeckten Bergabhang nieder. Triumphierend stieg Lorenz hinab und es war ihn: eine unsägliche Freude, konstatieren zu können, daß der erlegte Raubvogel eine außergewöhnliche Größe hatte. Er schnitt ihm die Flügel ab und bas übrige den Raben überlassend, kehrte er nach Ittenbach zurück, wo er seine Vorbereitungen traf, um sich schon am nächsten Tage wieder nach Nürnberg zu begeben. 5. Meister Hirkan

. Um so wenig als möglich die Aufmerksamkeit der Nach barn des Uhrmachers zu erwecken, ließ Lorenz sein Pferd im Gasthof zurück und die Flügel sorgfältig unter seinem Mantel verborgen, begab er sich auf den Marktplatz. Es war der letzte Tag des Jahrmarktes und Meister Hirkan, von zahlreichen Kunden umdrängt, schien ^brillante Ge schäfte zu machen. Dennoch bebte er vor Freude, als er die Stimme des jungen Ritters hörte und dessen entzücktes Gesicht mit seinen hochgeröteten Wangen über den dicht aneinander

gepreßten Köpfen der Kunden erscheinen sah. Lorenz gab ihm ein verständnisvolles Zeichen. Heut abend, Herr Ritter," rief ihm Hirkan möglichst heimlich zu. „Bevor es Nacht wird, kann ich da nicht weg. Bitte, kommen Sie zum Abendtisch zu mir in die Wohnung." „Einverstanden!" erwiderte Lorenz. „Aber mein Bündel?" „Bitte, geben Sie es her!" Und die Hand ausstreckend, empfing er über die Schul tern zweier guter Bürger hinweg ein von grauer Leinwand umgebenes und gut verschnürtes Bündel, das ihm Lorenz

überreichte. Hirkan barg es mit großer Sorgfalt in seiner Schublade und erregte dadurch die Neugier einer Klatsch base, welche sofort fragte, was Schönes darinnen sei. „Eine Hirschhaut, die ich gerben lassen werde, um da mit meine Wand- und Daschen-Uhren zu putzen", sagte Hirkan. Und er fuhr fort, seine Uhren und goldenen und silbernen Ketten anzupreisen. Während dieser Zeit vergnügte sich Lorenz damit, die Budenreihen zu durchwandern. Dabei bemerkte er den Haushofmeister der Fürstin von Drachenberg

Sonne". Ich habe noch viele Einkäufe zu be sorgen. Wenn Sie wollen, können Sie die Rechnung gleich begleichen lassen." Dann ging er und Lorenz sah ihn noch Spitzen, Seiden- und Goldborten und eine Menge anderer Gegenstände ein kaufen, deren Verzeichnis er in der Hand hielt. „Hat Ihnen etwa auch Fräulein Hilda von Nauenburg Aufträge gegeben?" fragte er den Haushofmeister. „Gewiß, Herr von Ittenbach, gewiß." „Ah! und möchten Sie nicht so gut sein, ihr ein Päck chen zu übergeben, welches ihr jemand

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Außferner Zeitung
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Page 11 of 30
Date: 23.12.1914
Physical description: 30
»' 395 der Hahn Petr-is krähte nicht. Und jetzt bemerkte Lorenz, daß im Innern des durchbrochenen kleinen Gebäudes, in welchem diese Uhr untergebr-acht war, ein Licht schimmerte, wie er auch zugleich das Geräusch einer Feile hörte. Er trat näher, und seine Augen anstrengend, gewahrte er Meister Hirkan, der beim Schein einer kleinen Lampe arbeitete. Er grüßte ihn und Hirkan ließ, seine Stimme erkennend, einen freudigen Ausruf vernehmen. „Sie kommen wirklich gelegen, Herr Lorenz! Ich wußte

!" versetzte Lorenz lachend. „Eine Sänfte, Pferde und ein einfältiger Mensch find allerdings nicht schwer zu beschaffen, aber eine Stahlring-Rüstung kostet so schweres Geld, daß dazu meine Finanzen nicht ausreichen, und was das Verbringen Ihrer Person morgen früh in den Wald betrifft, so wäre mir dies zwar eine sehr angenehme Auf gabe, allein ich bin zu einem Bogenschießen, an das sich ein Bankett anreiht, eingeladen worden, und ich muß offen .ge stehen, daß es mir sehr leid tun

würde, wenn ich diesem Vergnügen entsagen müßte." „Sie dürfen aber überzeugt sein, daß Sie es niemals zu bereuen haben werden, wenn Sie darauf verzichten. Was das nötige Geld betrifft, hier haben Sie's. Wollen Sie noch mehr? Sie sollen es bekommen." Und seine Hand gegen Lorenz ausstreckend, überreichte er ihm eine mit Goldgulden gefüllte Börse. „Sie verfügen über ein ausgezeichnetes Verfahren, um Einwendungen zu begegnen", sagte Lorenz. „So werde ich denn morgen früh um acht Uhr

bei Ihnen sein. Haben Sie mir sonst noch etwas anzuempfehlen?" „Nichts mehr, als daß Sie sich jetzt fortbegeben, damit ich mein Werk da vollenden kann. Sie .glauben gar nicht, was fiir eine Qual es für mich ist, meine Aufmerksamkeit und kostbare Stunden auf eine rein mechanische Arbeit ver wenden zu müssen, gerade jetzt, wo meine Gedanken ganz wo anders sind und ich so nahe am Ziele bin." Er machte sich wieder daran, wütend an einer Stahl stange zu feilen, wogegen Lorenz sich schnell entfernte und einen Waffenschmied aufsuchte, um hier die schönste

Stahl- ring-Rüstung, die er finden konnte, zu kaufen. Am folgenden Morgen gegen zehn Uhr kam Hirkan mittelst Sänfte und mit einem ziemlich umfangreichen Paket versehen, von Lorenz zu Pferd begleitet, bei einen: eine Stunde von Nürnberg gelegenen Walde an. Er ge hörte dem Baron von Ittenbach, war von Wassergräben umgeben und durch eine Gittertüre abgeschlossen, zu welcher Lorenz, der hier gerne jagte, stets den Schlüssel bei sich führte. Lorenz ließ vor der Gittertüre anhalten und be fahl dem Knecht

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Lienzer Nachrichten
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Page 11 of 16
Date: 15.12.1914
Physical description: 16
% 395 der Hahn Petris krähte nicht. Und jetzt bemerkte Lorenz, daß im Innern des durchbrochenen kleinen Gebäudes, in welchem diese Uhr nntergebracht war, ein Licht schimmerte, wie er auch zugleich das Geräusch einer Feile hörte. Er trat naher, und seine Augen anstrengend, gewahrte er Meister Hirkan, der beim Schein einer kleinen Lampe arbeitete. Er grüßte ihn und Hirkan ließ, seine Stimme erkennend, einen freudigen Ausruf vernehmen. „Sie kommen wirklich gelegen, Herr Lorenz! Ich wußte

!" versetzte Lorenz lachend. „Eine Sänfte, Pferde und ein einfältiger Mensch find allerdings nicht schwer zu beschaffen, aber eine Stahlring-Rüstung kostet so schweres Geld, daß dazu meine Finanzen nicht ausreichen, und was das Verbringen Ihrer Person morgen früh in den Wald betrifft, fo wäre mir dies zwar eine sehr angenehme Auf gabe, allein ich bin zu einem Bogenschießen, an das sich ein Bankett anreiht, eingeladen worden, und ich muß offen ge stehen, daß es mir sehr leid tun

würde, wenn ich diesem Vergnügen entsagen müßte." „Sie dürfen aber überzeugt sein, daß Sie es niemals zu bereuen haben werden, wenn Sie darauf verzichten. Was das nötige Geld betrifft, hier haben Sie's. Wollen Sie noch mehr? Sie sollen es bekommen." Und seine Hand gegen Lorenz ausstreckend, überreichte er ihm eine mit Goldgulden gefüllte Börse. „Sie verfügen über ein ausgezeichnetes Verfahren, um Einwendungen zu begegnen", sagte Lorenz. „So werde ich denn morgen früh um acht Uhr

bei Ihnen sein. Haben Sie mir sonst noch etwas anzuempfehlen?" „Nichts mehr, als daß Sie sich jetzt fortbegeben, damit ich mein Werk da vollenden kann. Sie glauben gar nicht, was für eine Qual es für mich ist, meine Aufmerksamkeit und kostbare Stunden auf eine rein mechanische Arbeit ver wenden zu müssen, gerade jetzt, wo meine Gedanken ganz wo anders sind und ich so nahe am Ziele bin." Er machte sich wieder daran, wütend an einer Stahl stange zu feilen, wogegen Lorenz sich schnell entfernte und einen Waffenschmied aufsuchte, um hier die schönste Stahl

- ring-Rüstung, die er finden konnte, zu kaufen. Am folgenden Morgen gegen zehn Uhr kam Hirkan mittelst Sänfte und mit einem ziemlich umfangreichen Paket versehen, von Lorenz zu Pferd begleitet, bei -einem eine Stunde von Nürnberg gelegenen Walde an. Er ge hörte dem Baron von Ittenbach, war von Wassergräben umgeben und durch eine Gittertüre abgeschlossen, zu welcher Lorenz, der hier gerne jagte, stets den Schlüssel bei sich führte. Lorenz ließ vor der Gittertüre anhalten und be fahl dem Knecht

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Tiroler Post
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Page 10 of 16
Date: 18.12.1914
Physical description: 16
©eite 8. ♦ ilert Sin* S Äsiis wahü | stoffen, §' ♦ Loden, Sc ♦ gehöre. S tigen H» J kieidern, ♦ In S^lanyf ♦ stets des 4> ♦ 555 4 , | Bei Eir $ gewähi ch 1371 Zahutechl Mil Lander Sprechstm Au Wochentag, bis 4 Uhr. A und Feiertage» biS LL U 394 fe schlug -sich und fiel zweihundert Schritte vom Jäger entfernt auf einen mit Heidekraut bedeckten Bergabhang nieder. Triumphierend stieg Lorenz hinab und es war ihn: eine unsägliche Freude, konstatieren zu können, daß der erlegte Raubvogel

eine außergewöhnliche Größe hatte. Er schnitt ihm die Flügel ab und das übrige den Raben überlassend, kehrte er nach Ittenbach zurück, wo er seine Vorbereitungen traf, um sich schon am nächsten Tage wieder nach Nürnberg zu begeben. 5. Meister Hirkan. Um so wenig als möglich die Aufmerksamkeit der Nach barn des Uhrmachers zu erwecken, ließ Lorenz sein Pferd im Gasthof zurück und die Flügel sorgfältig unter seinem Mantel verborgen, begab er sich auf den Marktplatz. Es war der letzte Dag des Jahrmarktes und Meister

Hirkan, von zahlreichen Kunden umdrängt, schien brillante Ge schäfte zu machen. Dennoch bebte er vor Freude, als er die Stimme des jungen Ritters hörte und dessen entzücktes Gesicht mit seinen hochgeröteten ■ Wangen über den dicht aneinander gepreßten Köpfen der Kunden erscheinen sah. Lorenz gab ihm ein verständnisvölles Zeichen. Heut abend,.Herr Ritter," rief ihm Hirkan möglichst heimlich zu. „Bevor es Nacht wird, kann ich da nicht weg. Bitte, kommen Sie zum Abendtisch zu mir in die Wohnung

." „Einverstanden!" ' erwiderte Lorenz. „Aber mein Bündel?" „Bitte, geben Sie es her!" Und die Hand ausstreckend, empfing er über die Schul tern zweier guter Bürger hinweg ein von grauer Leinwand umgebenes und put verschnürtes Bündel, das ihm Lorenz überreichte. Hirkan barg es mit großer Sorgfalt in seiner Schublade und erregte dadurch die Neugier einer Klatsch base, welche sofort fragte, was Schönes darinnen fei. „'Eine Hirschhaut, die ich gerben lassen werde, um da mit meine Wand- und Taschen-Uhren zu putzen

", sagte Hirkan. Und er fuhr fort, seine Uhren und goldenen-und silbernen Ketten anzupreisen. Während dieser Zeit vergnügte sich Lorenz damit, die Budenreihen zu durchwandern. Dabei bemerkte er den Haushofmeister der Fürstin von Drachenberg, welcher far bige Stoffe einkaufte, und sich ihm nähernd, suchte er ein Gespräch mit ihm anzuknüpfen. „Die Fürstin legt demnach ihre Trauer ab?" fragte er ihn grüßend. „Ja, Herr von Ittenbach", antwortete der Haushof meister, seinen Hut ziehend. „Gott gebe

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Lienzer Nachrichten
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Page 10 of 16
Date: 15.12.1914
Physical description: 16
von sam machen wc sein nicht. Als sah, geschah die. zes. (Z.) schlug sich und fiel zweihundert Schritte vom Jäger entfernt auf einen mit Heidekraut bedeckten Bergabhang nieder. Triumphierend stieg Lorenz hinab und es war ihn: eine unsägliche Freude, konstatieren zu können, daß der erlegte Raubvogel eine außergewöhnliche Größe hatte. Er schnitt ihm die Flügel ab und das übrige den Raben überlassend, kehrte er nach Ittenbach zurück, wo er seine Vorbereitungen traf, um sich schon am nächsten Tage

wieder nach Nürnberg zu begeben. 5. Meister Hirkan. Um so wenig als möglich die Aufmerksamkeit der Nach barn des Uhrmachers zu erwecken, ließ Lorenz sein Pferd im Gasthof zurück und die Flügel sorgfältig unter seinem Mantel verborgen, begab er sich auf den Marktplatz. Es war der letzte Tag des Jahrmarktes und Meister Hirkan, von zahlreichen Kunden umdrängt, schien brillante Ge schäfte zu machen. Dennoch bebte er vor Freude, als er die Stimme des jungen Ritters hörte und dessen entzücktes Gesicht

mit seinen hochgeröteten Wangen über den dicht aneinander gepreßten Köpfen der Kunden erscheinen sah. Lorenz gab ihm ein verständnisvolles Zeichen. Heut abend,. Herr Ritter," rief ihm Hirkan möglichst heimlich zu. „Bevor es Nacht wird, kann ich da nicht weg. Bitte, kommen Sie zum Abendtisch zu mir in die Wohnung." „Einverstanden!" erwiderte Lorenz. „Aber mein Bündel?" „Bitte, geben Sie es her!" Und die Hand, ausstreckend, empfing er über die Schul tern zweier guter Bürger hinweg ein von grauer Leinwand umgebenes

und put verschnürtes Bündels das ihm Lorenz überreichte. Hirkan barg es mit großer Sorgfalt in seiner Lchublade und erregte dadurch die Neugier einer Klatsch base, welche sofort fragte, was Schönes darinnen sei. „Eine Hirschhaut, die ich gerben lassen werde, um da mit meine Wand- und Taschen-Uhren zu putzen", sagte Hirkan. Und er fuhr fort, seine Uhren und goldenen und silbernen Ketten anzupreisen. Während dieser Zeit vergnügte sich Lorenz damit, die Budenreihen zu durchwandern. Dabei bemerkte

Sie dies alles schnell in den Gasthof zur „Goldenen Sonne". Ich habe noch viele Einkäufe zu be sorgen. Wenn Sie wollen, können Sie die Rechnung gleich begleichen lassen." Dann ging er und Lorenz sah ihn noch Spitzen, Seiden- und Goldborten und eine Menge anderer Gegenstände ein kaufen, deren Verzeichnis er in der Hand hielt. „Hat Ihnen etwa auch Fräulein Hilda von Nauenburg Aufträge gegeben?" fragte er den Haushofmeister. „Gewiß, Herr von Ittenbach, gewiß." „Ah! und möchten Sie nicht so gut sein, ihr ein Päck chen

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Tiroler Post
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Page 11 of 16
Date: 18.12.1914
Physical description: 16
r 395 der Hahn Petr-is krähte nicht. Und jetzt bemerkte Lorenz, daß im Innern des durchbrochenen kleinen Gebäudes, in welchem diese Uhr untergebracht war, ein Licht schimmerte, wie er auch zugleich das Geräusch einer Feile hörte. Er trat' näher, und seine Augen anstrengend, gewahrte er Meister Hirkan, der beim Schein einer kleinen Lampe arbeitete. Er grüßte ihn und Hirkan ließ, seine Stirnme erkennend, einen freudigen Ausruf vernehmen. „Sie kommen wirklich gelegen, Herr Lorenz! Ich wußte

!" versetzte Lorenz lachend. „Eine Sänfte, Pferde und ein einfältiger Mensch 'sind allerdings nicht schwer zu beschaffen, aber eine Stahlring-Rüstung kostet so schweres Geld, daß dazu meine Finanzen nicht ausreichen, und was das Verbringen Ihrer Person morgen früh in den Wald betrifft, so wäre mir dies zwar eine sehr angenehme Auf gabe, allein ich bin zu einem Bogenschießen, an das sich ein Bankett anreiht, eingeladen worden, und ich muß offen ge stehen, daß es mir sehr leid tun

würde, wenn ich diesem Vergnügen entsagen müßte." „Sie dürfen aber überzeugt sein, daß Sie -es niemals zu bereuen haben werden, wenn Sie darauf verzichten. Was das nötige Geld betrifft, hier haben Sie's. Wollen Sie noch mehr? Sie sollen es bekommen." Und seine Hand gegen Lorenz ausstreckend, überreichte er ihm eine mit Goldgulden gefüllte Börse. „Sie verfügen über ein ausgezeichnetes Verfahren, um Einwendungen zu begegnen", sagte Lorenz. „So werde ich denn morgen früh um acht Uhr bei Ihnen fein

. Haben Sie mir sonst noch etwas anzuempfehlen?" „Nichts mehr, als daß Sie sich jetzt fortbegeben, damit ich mein Werk da vollenden kann. Sie glauben gar nicht, was für eine Qual es für mich ist, meine Aufmerksamkeit und kostbare Stunden auf eine rein mechanische Arbeit ver wenden zu müssen, gerade jetzt, wo meine Gedanken ganz wo anders sind und ich so nahe apr Ziele bin." Er machte sich wieder daran, wütend an einer Stahl- stcmge zu feilen, wogegen Lorenz sich schnell entfernte und einen Waffenschmied aufsuchte, um hier die schönste

Stahl ring-Rüstung, die er finden konnte, zu kaufen. Am folgenden Morgen gegen zehn Uhr kam Hirkan mittelst Sänfte und mit einem ziemlich umfangreichen Paket versehen, von Lorenz zu Pferd begleitet, bei einem eine Stunde von Nürnberg gelegenen Walde an. Er ge hörte dem Baron von Ittenbach, war von Wassergräben umgeben und durch eine Gittertüre abgeschlossen, zu welcher Lorenz, der hier gerne jagte, stets den Schlüssel bei sich führte. Lorenz ließ vor der Gittertüre anhalten und be fahl dem Knecht

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Außferner Zeitung
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Page 10 of 30
Date: 23.12.1914
Physical description: 30
j Fertij aus federdichtem N Tuchet (Bett) 180 c Polstern, jeder 80 und aufwärts. Pre Joh. Paul r Innsbruck. Marl Apotheli Empfiehlt alle mini Biogiobin blutbi Flasche . . . Oreson gegen ali Verschreibung Odalgine gegen PiSSen gegen Blei Frau Hitt-Glyzer nSonl Blanc-Glc Für Lan( Frau Hittcrerae, Mc des Betrages in Ms schlug sich und fiel zweihundert Schritte vom JägeL entfernt auf einen mit Heidekraut bedeckten Bergabhang nieder. Triumphierend stieg Lorenz hinab und es war ihn: eine unsägliche Freude

,' konstatieren zu können, daß der erlegte Raubvogel eine außergewöhnliche Größe hatte. Er schnitt ihm die Flügel «ab und das übrige den Raben überlassend, kehrte er nach Ittenbach zurück, wo er seine Vorbereitungen traf, um sich schon am nächsten Tage wieder nach Nürnberg zu begeben. 5. Meister Hirkan. Um so wenig als möglich die Aufmerksamkeit der Nach barn des Uhrmachers zu erwecken, ließ Lorenz sein Pferd im Gasthof zurück und die Flügel sorgfältig unter seinem Mantel verborgen, begab

er sich auf den Marktplatz. Es war der letzte Tag des Jahrmarktes und Meister Hirkan, von zahlreichen Kunden umdrängt, schien brillante Ge schäfte zu machen. Dennoch bebte er vor Freude, als er die Stimme des jungen Ritters hörte und dessen entzücktes Gesicht mit seinen hochgeröteten Wangen über den dicht aneinander gepreßten Köpfen der Kunden erscheinen sah. Lorenz gab ihm ein verständnisvolles Zeichen. Heut abend, Herr Ritter," rief ihm Hirkan möglichst heimlich zu. „Bevor es Nacht wird, kann ich da nicht weg. Bitte

, kommen Sie zum Abendtisch zu mir in die Wohnung." „Einverstanden!" erwiderte Lorenz. „Aber mein Bündel?" „Bitte, geben Sie es her!" Und die Hand ausstreckend, empfing er über die Schul tern zweier guter Bürger hinweg ein von grauer Leinwand umgebenes und gut verschnürtes Bündel, das ihm Lorenz überreichte. Hirkan barg es mit großer Sorgfalt in seiner Schublade und erregte dadurch die Neugier einer Klatsch base, welche sofort fragte, was Schönes darinnen sei. „Eine Hirschhaut, die ich gerben lassen

werde, um da mit meine Wand- und Daschen-Uhren zu putzen", sagte Hirkan. Und er fuhr fort, seine Uhren und goldenen und silbernen Ketten.anzupreisen. Während dieser Zeit vergnügte sich Lorenz damit, die Budenreihen zu durchwandern. Dabei bemerkte er den Haushofmeister der Fürstin von Dvachenberg, welcher far bige Stoffe einkaufte, und sich ihm nähernd, suchte er ein Gespräch mit ihm anzuknüpfen. „Die Fürstin legt demnach ihre Trauer ab?" fragte er ihn grüßend. „Ja, Herr von Ittenbach", antwortete der Haushof meister

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Sterne und Blumen
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Page 3 of 12
Date: 06.12.1914
Physical description: 12
as~ Tr — 387 Leider weckte das böse Morgenrot die Hähne auf, und diese erbarmungslosen L-chreier riefen ihn aus seinem wunderbaren Traume in die nüchterne Wirklichkeit zurück. Als Lorenz erwachte, hörte er in seiner Nähe ein eigentüm- liches Geräusch. Wie er alsbald feststellte, war es die schöne silberne Uhr, die -ihm Meister Hirkan überlassen hatte, die er aber leider wieder zurückzugeben gezwungen war, nach dem ihn das verwünschte Würfelspiel um all sein Geld ge- ' bracht hatte.. Seufzend

stand Lorenz auf und kleidete sich an. Während er kn seinem Zimmer hin und her ging, sah er sein Gesicht in einem Spiegel. „Es ist unsinnig von mir, mich so ab zuhärmen", sprach er bei sich. „Meister Hirkan ist weder ein ;; Türke noch ein Jude. Er wird mir auf mein ehrliches Aus sehen Kredit gewähren; mit einigen Würfen werde ich wieder gewinnen, was ich verloren habe, und außerdem geht es ja schon dem Ende des Monats entgegen, wo mir mein Bruder meinen Gnadensold auszahlen

des ersten Stockes, hatte ein Bildhäuermeister des 14. Jahr hunderts den Gott der Zeit dargestellt. Seine gewaltige Sense, sein mächtiger Bart und sein grimmiger Blick bildeten . den Schrecken der kleinen Kinder. Die Tauben der Nachbar schaft dagegen fürchteten sich davor nicht, und es war selten, daß man, wenn man durch die Sebaldusstraße ging, nicht einige Pärchen.ruhig auf dem Kopf, den Flügeln und der Sense des Zeitgottes sitzen sah. Als Lorenz von Ittenbach bei Meister Hirkan eintrat, war die alte

Magd am Kochherd, ein Lehrling fegte den Laden und Hirkan, der in einem fahrbaren Lehnstuhl saß, war eben damit beschäftigt, eine Uhr aufzuziehen. Er empfing Lorenz mit großer Höflichkeit und rollte dann mit eigener >Kraft den Lehnstuhl samt seiner Person in ein kleines Nebenzimmer, wo auf einem mit weißer Leinwand gedeckten Tische die Teller für zwei Personen bereitstanden. Ein einfaches, aber vorzügliches Frühstück wurde auf einer silbernen Platte aufgetragen, und zum Nachtisch bot Hirkan

, nachdem er den Lehrling weggeschickt hatte, seinem Gaste ein Glas Xerxeswein, der selbst dem deutschen Kaiser alle Ebre gemacht haben würde. Bis dahin hatte man nur von gleichgültigen Dingen gesprochen; Lorenz wollte zwar das Gespräch auf den Gegenstand, der ihn beschäftigte, führen, aber Hirkan kam ihm mit der Bemerkung zuvor, daß er vor Ablauf einer Woche nichts Bindendes abschließen wolle. „Sie müssen sich zuerst überzeugen, ob die Uhr richtig geht," sagte er, „und außerdem

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Sterne und Blumen
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Page 4 of 8
Date: 13.12.1914
Physical description: 8
396 - Zweigen und dann einen dumpfen Fall in das Wasser. Als Lorenz an den Graben kam, war das Wasser noch in Be wegung, aber er sah niemand. Im Ungewissen darüber, ob er es mit einen: Menschen Ottpreutzjsche Flüchtlinge, die im freien wohnen müllen. oder Tier zu tun gehabt, kehrte er zu Hirkan zurück, der da mit beschäftigt war, seinen kostbaren Apparat einzupacken. „Begeben wir uns wieder nach Nürnberg", sagte der Erfinder. „Ich sehne mich dahin zurück, um etwas zu ver- besser-n." „Lassen

Sie mich noch ein wenig fliegen," sagte Lorenz, „ich möchte mich gerne über die Bäume erheben, um mich zu vergewissern, ob ich bis nach Drachenberg sehen kann." „Was geht Sie denn Drachenberg an? Wir dürfen uns nicht der Gefahr aussetzen, ge sehen zu werden. Mein Geheimnis muß ge wahrt bleiben. Ich will nach Wien reisen, will Sie meine Flügel vor den Augen des Kaisers versuchen lassen. Er allein wird meine Er findung zu belohnen wissen." „Aber," erwiderte Lo renz, „wer sagt Ihnen denn, daß ich niich dazu hergebe

, vor des Kai sers Augen den Hans wursten zu machen? Da zu stamme ich doch aus zu gutem Hause." Hirkan zitterte. „Was!" rief er, „Sie schlagen mir dies aus? Ach, Herr Lorenz, das wäre doch sehr hart herzig. Bedenken Sie doch, daß ich auf Sie gerechnet habe. Wo würde ich wie in Ihrer Person Mut, Geschicklichkeit und Intelligenz vereinigt finden? Was für eim schöner Anblick wäre es für den kaiserlichen Hof, Sie in den Lüften schweben zu sehen wie vorhin. Ach, Herr Lorenz, verweigern Sie mir es nicht! Kommen

, meine Glieder be ginnen wieder steif zu wer den wie zuerst auch. O Lorenz, lassen Sie. mich nicht im Stiche. Ich werde Sie reich, berühmt machen. Bedenken Sie doch. Sie träumen da von, in den Krieg zu ziehen. Erwägen Sie, welche Dienste bei Belagerungen und in Schlachten ein geflügelter Soldat.. leisten könnte!" Lorenz fühlte sich ins Wanken geraten. Dieses wun derbare Abenteuer, die Ver sprechungen schnellen Reich tums verlockten ihn. „Ich werde mich vielleicht dazu entschließen," sagte er, „aber lassen

Sie mich Ihre Flügel noch.einmal probieren." Er versuchte sie neuerdings, überzeugte sich von der Vor züglichkeit der Erfindung Hirkays und stellte zu seiner Ein willigung nur eine Bedingung: in der folgenden Nacht eine Die Zitadelle in Kairo. Luftreise nach dem Schlosse Drachenberg machen zu dürfen. Das gefiel Hirkan, er weihte Lorenz in alle Einzelheiten des Mechanismus ein, versicherte sich, daß sein Flugschüler den Apparat beherrschte, und in Nürnbergs angekommen, erwar teten der Erfinder und sein Gehilfe

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Sterne und Blumen
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Page 5 of 8
Date: 13.12.1914
Physical description: 8
7. Tie nächtliche Luftreise. Endlich kam die Nacht, ^friedlich und klar, aber ohne Mond; und die funkelnden Sterne am wolkenlosen Himmel erleuchteten sanft die Kirchtürnre Nürnbergs, als Hirkan, cuf einen Stock gestützt, und Lorenz, die Flügel tragend, sich in den in der Nähe der Wälle gelegenen Garten des Uhrmachers begaben. Das Abendgeläute war längst verklungen und alles schlief. Eine kleine Türe ward von Hirkan ge öffnet; sie gewährte Zugang zu einer Treppe, welche den Wall hinaufführte

. Lorenz rüstete sich, drückte dem Greise -die Hand und stieg die Treppe hinauf. Bald hörte Hirkan Flügelrauschen und sah eine schwarze Gestalt durch die Lüfte schießen. Er -lauschte. Die auf einem benachbarten Turme postierte Schildwache hatte nichts gehört. Wieder schlugen die Uhren, und die ferne Stimme des Wächters auf dem Wachtturme ließ ihr: „Alles ist ruhig, betet für die armen Seelen!" vernehmen. Geängstigt hüllte sich Hirkan in einen Pelzmantel und wartete,- ohne sich zur Heimkehr entschließen

zu können. Mit Bangen zählte er die Stunden. Mitter nacht, zwei Uhr, drei Uhr ertönte von den Türmen her. Die Sterne begannen zu verbleichen, und schon drohte die Angst Hirkans Brust zu zersprengen, als er über sich endlich das Rauschen der Flügel ver nahm und kurz darauf Lorenz, bleich und entkräftet,-sich neben ihm zu Boden ließ. Hirkan gab ihm ein belebendes Mittel zu trinken und bestürmte ihn mit Fragen. Lorenz, der sich schnell erholt hatte, nahm feine unversehrten Flügel ab, und die Schritte des Erfinders

unterstützend, führte er ihn wieder in das Haus zurück. Sie machten Feuer und nahmen etwas Nahrung zu sich. Aber Lorenz blieb finster und schweigsam. Er teilte Hirkan mit, daß er genötigt sei, nach Ittenbach zu gehen und er ihn erst in zwei Tagen wieder sehen würde. Hirkan bat ihn inständig, nicht länger bei seinem Bruder zu bleiben und versprach ihm, diese zwei Tage den Vor- Doch nein, es war kein Traum. Ruhigen, aber raschen Fluges war er den Bergen entgegengeflogen, und beim sanften Schimmer der Sterne

hatte er die Türme des Schlosses Drachenstein, über dessen Giebeln das herrschaft liche Banner flatterte, erblickt. Trotz der vorgerückten Stunde — es war schon Mitter füllung des Torpedos mit komprimierter cutt. bereitungen zur Reise nach Wien zu widmen. Als'sich beide trennten und Lorenz durch die Tore Nürnbergs hinausritt, lugte bereits die Sonne über den Horizont. Während er wie zerschlagen durch die Felder, auf denen schon die Schnitter arbeiteten, dahin ritt, durchlebte er im Geiste nochmals fein

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Außferner Zeitung
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Page 13 of 30
Date: 23.12.1914
Physical description: 30
7. Tie nächtliche Luftreise. Endlich kam die Nacht, friedlich und klar, aber ohne Mond; und die funkelnden Sterne -am wolkenlosen Himmel erleuchteten sanft die Kirchtlirnie Nürnbergs, als Hirkan, auf einen Stock gestützt, und Lorenz, die Flügel tragend, sich in den in der Nähe der Wälle gelegenen Garten des Uhrmachers begaben. Das Abendgeläute war längst verklungen und alles schlief. Eine kleine Türe ward von Hirkan ge-, öffnet; sie gewährte Zugang zu einer Treppe, welche den Wall hinaufführte

. Lorenz rüstete sich, drückte dem Greise die Hand und stieg die Treppe Hinauf. Bald hörte Hirkan Flügelrauschen und sah eine schwarze Gestalt durch die Lüfte schießen. Er lauschte. Die auf einem benachbarten Turme postierte Schildwache hatte nichts gehört. Wieder schlugen die Uhren, und die ferne Stimme des Wächters auf dem Wachtturme ließ ihr: „Alles ist ruhig, betet für die armen Seelen!" vernehmen. Geängstigt hiillte sich Hirkan in einen Pelzmantel und wartete, ohne sich zur Heimkehr entschließen

zu können. Mit Bangen zählte er die Stunden. Mitter nacht, zwei Uhr, drei Uhr ertönte Von den Türmen her. Die Sterne begannen zu Verbleichen, und schon drohte die Angst Hirkans Brust zu zersprengen, als er über sich endlich das Rauschen der Flügel ver nahm und kurz darauf Lorenz, bleich und entkräftet, sich neben ihm zu Boden ließ. Hirkan gab ihm ein belebendes Mittel zu trinken und bestürmte ihn mit Fragen. Lorenz, der sich schnell erholt hatte, nahm seine unversehrten Flügel ab, und die Schritte des Erfinders

unterstützend, führte er ihn wieder in das Haus zurück. Sie machten Feuer und nahmen etwas Nahrung zu sich. Aber Lorenz blieb finster und schweigsam. Er teilte Hirkan mit, daß er genötigt sei, nach Ittenbach zu gehen und er ihn erst in zwei Tagen wieder sehen würde. Hirkan bat ihn inständig, nicht länger bei seinem Bruder zu bleiben und versprach ihm, diese zwei Tage den Bor Doch nein, es war kein Traum. Ruhigen, aber raschen Fluges war er den Bergen entgegengeflogen, und beim sanften Schimmer der Sterne

hatte er die Türme des Schlosses Drachenstein, über dessen Giebeln das herrschaft liche Banner flatterte, erblickt. Trotz der vorgerückten Stunde — es war schon Mitter- Füllung des Torpedos mit komprimierter Cuft. bereitungen zur Reise nach Wien zu widmen.. Als sich beide trennten und Lorenz durch die Tore Nürnbergs hinausritt, lugte bereits die Sonne über den Horizont. Während er wie zerschlagen durch die Felder, auf denen schon die Schnitter arbeiteten, dahin ritt, durchlebte er im Geiste nochmals

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Lienzer Nachrichten
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Page 11 of 16
Date: 11.12.1914
Physical description: 16
-- 387 Leider weckte das böse Morgenrot die Hähne auf, und diese erbarmungslosen Schreier riefen ihn aus seinem wunderbaren Traume in die nüchterne Wirklichkeit zurück. Als Lorenz erwachte, hörte er in seiner Nähe ein eigentüm liches Geräusch. Wie er alsbald feststellte^ war es die schöne silberne Uhr, die ihm Meister Hirkan überlassen hatte, die er aber leider wieder zurückzugeben gezwungen war, nach dem ihn das verwünschte Würfelspiel um all sein Geld ge bracht hatte. Seufzend stand Lorenz

, hatte ein Bildhauermeister des 14. Jahr hunderts den Gott der Zeit dargestellt. Seine gewaltige Sense, sein mächtiger Bart und sein grimmiger Blick bildeten den Schrecken der kleinen Kinder. Die Tauben der Nachbar schaft dagegen fürchteten sich davor nicht, und es war selten, daß man, wenn-man durch die Sebaldusstraße ging, nicht einige Pärchen ruhig auf dem Kopf, den Flügeln und der Senfe des Zeitgottes sitzen sah. Als Lorenz von Ittenbach bei Meister Hirkan eintrat, war die alte Magd am Kochherd, ein Lehrling fegte

den Laden und Hirkan, der in einem fahrbaren Lehnstuhl saß, war eben damit beschäftigt, eine Uhr aufzuziehen. Er empfing Lorenz mit großer Höflichkeit und rollte dann mit eigener Kraft den Lehnstuhl samt seiner Person in ein kleines Nebenzimmer, wo' auf einem mit weißer Leinwand gedeckten Tische die Teller für zwei Personen bereitstanden. Ein einfaches, aber vorzügliches Frühstück wurde auf einer silbernen Platte aufgetragen, und zum Nachtisch bot Hirkan, nachdem er den Lehrling weggeschickt

hatte, seinem Gaste ein Glas Terxeswein, der selbst dem deutschen Kaiser alle Ebre gemacht haben würde. Bis dahin hatte man nur von gleichgültigen Dingen -gesprochen; Lorenz wollte zwar das Gespräch auf den Gegenstand, der ihn beschäftigte, führen, aber Hirkan kam ihm mit der Bemerkung zuvor, daß er vor Ablauf einer Woche nichts Bindendes abschließen wolle. „Sie müssen sich zuerst überzeugen, ob die Uhr richtig geht," sagte er, „und außerdem habe ich Sie um eine Ge fälligkeit anzugehen. Sie find ein Edelmann

, Herr von Ittenbach, und ich weiß, daß bis jetzt noch kein Ittenbach sein Wort gebrochen hat. Wollen Sie mir versprechen, über das, was ich Ihnen anzuvertrauen vorhabe, Verschwiegenheit zu bewahren?" . „Gewiß", antwortete Lorenz, dem das offene Wesen Meister Hirkans und dessen Gastfreundschaft jedes Miß trauen benommen hatte. „Gewiß, ich gebe Ihnen mein Wort darauf: hier meine Hand." Hirkan drückte die frische und kräftige Hand des jungen. Jägers zwischen seinen mageren und sehnigen Fingern

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Tiroler Post
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Page 12 of 16
Date: 18.12.1914
Physical description: 16
Zweigen und dann einen dumpfen Fall in das Wasser. Als Lorenz cm den Graben kam, war bas Wasser noch in Be wegung, aber er sah niemand. Im Ungewissen darüber, ob er es mit einem Menschen Oltpreutzilche Flüchtlinge, die im freien wohnen müssen. oder Tier zu tun gehabt, kehrte er zu Hirkan zurück, der da mit beschäftigt war, seinen kostbaren Apparat einzupacken. „Begeben wir uns wieder nach Nürnberg", sagte der Erfinder. „Ich sehne mich dahin zurück, um etwas zu ver bessern." „Lassen

Sie mich noch ein wenig fliegen," sagte Lorenz, „ich möchte mich gerne über die Bäume erheben, um mich zu vergewissern, ob ich bis nach Drachenberg sehen kann." „Was geht Sie denn Drachenberg an? Wir dürfen uns nicht der Gefahr aussetzen, ge sehen zu werden. 'Mein Geheimnis muß ge wahrt bleiben. Ich will nach Wien reisen, will Sie meine Flügel vor den Augen des Kaisers versuchen lassen. Er allein wird meine Er findung zu belohnen wissen." „Aber," erwiderte Lo renz, „wer sagt Ihnen denn, daß ich mich dazu hergebe

, vor des Kai sers Augen den Hans wursten zu machen? Da zu stamme ich doch aus zu gutem Hause." Hirkan zitterte. „Was!" rief er, „Sie schlagen mir dies aus? Ach, Herr Lorenz, das wäre doch sehr hart herzig. Bedenken Sie doch, daß ich auf Sie gerechnet habe. Wo würde ich wie in Ihrer Person Mut, Geschicklichkeit und Intelligenz vereinigt finden? Was für ein schöner Anblick wäre es für den kaiserlichen Hof, Sie in den Lüften schweben zu sehen wie vorhin. Ach, Herr Lorenz, verweigern Sie mir es nicht! Kommen

, meine Glieder be ginnen wieder steif zu wer den wie zuerst auch. O Lorenz, lassen Sie mich nicht im Stiche. Ich werde Sie reich, berühmt machen. Bedenken Sie doch, Sie träumen da von, in den Krieg zu ziehen. Erwägen Sie, welche Dienste bei Belagerungen und in Schlachten ein geflügelter Soldat leisten könnte!" Lorenz fühlte sich ins Wanken geraten. Dieses wun derbare Abenteuer, die Ver sprechungen schnellen Reich tums verlockten ihn. „Ich werde mich vielleicht dazu entschließen," sagte er, „aber lassen

Sie mich Ihre Flügel noch einmal probieren." Er versuchte sie neuerdings, überzeugte sich von der Vor züglichkeit der Erfindung Hirkans und stellte zu seiner Ein willigung mir eine Bedingung: in der folgenden Nacht eine Die Zitadelle in Kairo. Luftreise nach dem Schlosse Drachenberg machen,zu dürfen. Das gefiel Hirkan, er weihte Lorenz in alle Einzelheiten des Mechanismus ein, versicherte sich, daß sein Flugschüler den Apparat beherrschte, und in Nürnberg angekommen, erwar teten der Erfinder und sein Gehilfe

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Lienzer Nachrichten
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Page 12 of 16
Date: 15.12.1914
Physical description: 16
zu billig e seit den vorleh zent. Das Pa Zweigen und dann einen dumpfen Fall in das Wasser. Als Lorenz an den Graben kam, war das Wasser noch in Be wegung, aber er sah niemand. Im Ungewissen darüber, ob er es mit einem Menschen «& 3 £ * ! -t Oltpreutzilche flüchtlinge, die im freier, wohnen müssen. oder Tier zu tun gehabt, kehrte er zu Hirkan zurück, der da mit beschäftigt war, seinen kostbaren Apparat einzupacken. „Begeben wir uns wieder nach Nürnberg", sagte der Erfinder. „Ich sehne mich dahin zurück

, um etwas zu ver bessern." „Lassen Sie mich noch ein wenig fliegen," sagte Lorenz, „ich mochte mich gerne über die Bäume erheben, um mich zu vergewissern, ob ich bis nach Drachenberg sehen kann." „Was geht Sie denn Drachenberg an? Wir dürfen uns nicht der Gefahr aussetzen, ge sehen zu werden. Mein Geheimnis muß ge wahrt bleiben. Ich will nach Wien reisen, will Sie meine Flügel vor den Augen des Kaisers versuchen lassen. Er allein wird meine Er findung zu belohnen wissen." „Aber," erwiderte Lo renz, „wer sagt

Ihnen denn, daß ich mich dazu hergebe, vor des Kai sers Augen den Hans wursten zu machen? Da zu stamme ich doch aus zu gutem Hause." Hirkan zitterte. „Was!" rief er, „Sie schlagen mir dies aus? Ach, Herr Lorenz, das wäre doch sehr hart herzig. Bedenken Sie doch, daß ich aus Sie gerechnet habe. Wo würde ich wie in Ihrer Person Mut, Geschicklichkeit und Intelligenz vereinigt finden? Was für ein schöner Anblick wäre es für den kaiserlichen Hof, Sie in den Lüften schweben mir es nicht! Kommen mit mir nach Wien. Ich werde Ihnen geben

den wie zuerst auch. O Lorenz, lassen Sie mich nicht im Stiche. Ich werde Sie reich, berühmt machen. Bedenken Sie doch. Sie träumen da von, in den Krieg zu ziehen. Erwägen Sie, welche Dienste bei Belagerungen und in Schlachten ein geflügelter Soldat leisten könnte!" Lorenz fühlte sich ins Wanken geraten. Dieses wun derbare Abenteuer, die Ver sprechungen schnellen Reich tums verlockten ihn. „Ich werde nach vielleicht dazu entschließen," sagte er, „aber lassen Sie niich Ihre Flügel noch einmal probieren

." Er versuchte sie neuerdings, überzeugte sich von der Vor züglichkeit der Erfindung Hirkans und stellte zu seiner Ein willigung nur eine Bedingung: in der folgenden Nacht eine Die Zitadelle ln Kairo. zu sehen wie vorhin. Ach, Herr Lorenz, verweigern Sie Luftreise nach dem Schlosse Trachcnberg machen zu diirfen. Das gefiel Hirkan, er weihte Lorenz in alle Einzelheiten des Mechanismus ein, versicherte sich, daß sein Flugschüler- den Apparat beherrschte, und in Nürnberg angekommen, erwar teten der Erfinder

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Tiroler Post
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Page 11 of 16
Date: 15.12.1914
Physical description: 16
387 Leider weckte das böse Morgenrot die Hähne auf, und diese erbarmungslosen Schreier riefen ihn aus seinem wunderbaren Traume in die nüchterne Wirklichkeit zurück. Als Lorenz erwachte, hörte er in seiner Nähe ein eigentüm liches Geräusch. Wie er alsbald feststellte, war es die schöne silberne Uhr, dre chm Meister Hirkan überlassen hatte, die er aber leider wieder zurückzugeben gezwungen war, nach- dein ihn das verwünschte Würfelspiel um all sein Geld ge bracht hatte. Seufzend stand Lorenz

, hatte ein Bildhauermeister des 14. Jahr hunderts den Gott der Zeit dargestellt. Seine gewaltige Sense, sein mächtiger Bart und sein grimmiger Blick bildeten den Schrecken der kleinen Kinder. Die Tauben der Nachbar schaft dagegen fürchteten sich davor nicht, und es war selten, daß man, wenn man durch die Sebaldusstraße ging, nicht einige Pärchen ruhig auf dem Kopf, den Flügeln und der Sense des Zeitgottes fitzen sah. Als Lorenz von Ittenbach bei Meister Hirkan eintrat, war die alte Magd am Kochherd, ein Lehrling fegte

den Laden und Hirkan, der in einem fahrbaren Lehnstuhl saß, war eben damit beschäftigt, eine Uhr aufzuziehen. Er empfing Lorenz mit großer Höflichkeit und rollte dann mit eigener Kraft den Lehnstuhl samt seiner Person in ein kleines Nebenzimmer, wo auf einem mit weißer Leinwand gedeckten Tische die Teller für zwei Personen bereitstanden. Ein einfaches, aber vorzügliches Frühstück wurde auf einer silbernen Platte aufgetragen, und zum Nachtisch bot Hirkan, nachdem er den Lehrling weggeschickt

hatte, seinem Gaste ein Glas Terxeswein, der selbst dem deutschen Kaiser alle Ebre gemacht haben würde. Bis dahin hatte man nur von gleichgültigen Dingen .gesprochen; Lorenz wollte zwar das Gespräch auf den Gegenstand, der ihn beschäftigte, führen, aber Hirkan karg ihm mit der Bemerkung zuvor, daß er vor Ablauf einer Woche, nichts Bindendes abschließen wolle. „Sie müssen sich zuerst überzeugen, ob die Uhr richtig geht," sagte er, „und außerdem habe ich Sie um eine Ge fälligkeit -anzugehen. Sie sind ein Edelmann

, Herr von Ittenbach, und ich weiß, daß bis jetzt noch kein Ittenbach sein Wort gebrochen hat. Wollen Sie mir versprechen, über -das, was ich Ihnen anzuvertrauen vorhabe, Verschwiegenheit zu bewahren?" „Gewiß", antwortete' Lorenz, dem das offene Wesen Meister Hirkans und dessen Gastfreundschaft jedes Miß trauen benommen hatte. „Gewiß, ich gebe Ihnen mein Wort darauf: hier meine Hand." Hirkan drückte die frische und kräftige Hand des jungen Jägers zwischen seinen mageren und sehnigen Fingern

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Außferner Zeitung
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Page 11 of 16
Date: 16.12.1914
Physical description: 16
387 ft Setbcr weckte das böse Morgenrot die Hähne auf und diese erbarmungslosen Schreier riefen ihn ans seinem wunderbaren Traume in die nüchterne Wirklichkeit zurück. Als Lorenz erwachte, hörte er in seiner Nähe ein eigentüm liches Geräusch. Wie er alsbald feststellte, war es die schöne silberne Uhr, die chm Meister Hirkan überlassen hatte, die er aber leider wieder znrückzugeben gezwungen war, nach dem ihn das verwünschte Würfelspiel um all sein Geld ge bracht hatte. Seufzend stand Lorenz

, hatte ein Bildhauermeister des 14. Jahr hunderts den Gott der Zeit dargestellt. Seine gewaltige Sense, sein mächtiger Bart und sein grimmiger Blick bildeten den Schrecken der kleinen Kinder. Die Tauben der Nachbar schaft dagegen fürchteten sich davor nicht, und es war selten, daß man, wenn man durch die Sebaldusstraße ging, nicht einige Pärchen ruhig auf dem Kopf, den Flügeln und der Sense des Zeitgottes sitzen sah. Als Lorenz von Ittenbach bei Meister Hirkan eintrat, war,'bie alte Magd am Kochherd, ein Lehrling fegte

den Laden und Hirkan, der in einem fahrbaren Lehnstuhl saß, war eben dainit beschäftigt, eine Uhr anfzuziehen. Er empfing Lorenz mit großer Höflichkeit und rollte dann mit eigener Kraft den Lehnstuhl samt seiner Person in ein kleines Nebenzimmer, wo auf einem mit weißer Leinwand gedeckten Tische die Teller für zwei Personen bereitstanden. Ein einfaches, aber vorzügliches Friihstück wurde auf einer silbernen Platte aufgetragen, und zum Nachtisch bot Hirkan, nachdem er den Lehrling weggeschickt

hatte, seinem Gaste ein Glas Xerxeswein, der selbst dem deutschen Kaiser alle Ebre gemacht haben würde. Bis dahin hatte man nur von gleichgültigen Dingen gesprochen; Lorenz wollte zwar das I Gespräch auf den Gegenstand, der ihn beschäftigte, führen, aber Hirkan kam ihm mit der Bemerkung zuvor, daß er vor Ablauf einer Woche nichts Bindendes abschließen wolle. „Sie müssen sich zuerst überzeugen, ob^ die Uhr richtig geht," sagte er, „und außerdem habe ich Sie um eine Ge fälligkeit anzugehen. Sie sind ein Edelmann

, Herr von Ittenbach, und ich weiß, daß bis jetzt noch kein Ittenbach sein Wort gebrochen hat. Wollen Sie mir versprechen, über das, was ich Ihnen anzuvertrauen vorhabe, Verschwiegenheit zu bewahren?" „Gewiß", antwortete Lorenz, dem das offene Wesen Meister Hirkans und dessen Gastfreundschaft jedes Miß- tranen benommen hatte. „Gewiß, ich gebe Ihnen mein Wort darauf: hier meine Hand." Hirkan drückte die frische und kräftige Hand des jungen Jägers zwischen seinen mageren und sehnigen Fingern

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Sterne und Blumen
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Page 5 of 8
Date: 07.06.1914
Physical description: 8
181 — Eines Tages saß ich nach dem Frühstück neben Hannes, der das Steuer hielt. „Steuer rechts! Steuer links!" rief Lorenz, der vorn stand, ihm hin und wieder zu. Und je nach dem Befehl steuerte Hannes, um Sandbänken und' dichtem Grasgewirr auszuweichen. Als er sich mir näherte, gewahrte ich ein Goldstück alter Prägung au der dicken Nickel kette, die auf seiner wollenen Weste hing. „Ah," bemerkte ich, „habt Ihr da aber eine merkwür dige Münze!" Hannes wiegte lächelnd den Kopf. „Ein Andenken

!" meinte er. Sein Lächeln ver sprach mir eine Geschichte, und er ließ lange nötigen, sie mir zu erzählen, gangenen Jahre, als uns das bei Alleriot passierte. Die Pinasse war mit dem Vorder teil auf eine Sandbank geraten, und es war nicht mög lich, sie los zu bekom men. Der Gaul zog sie rückwärts, und Lorenz und ich, wir stießen un sere langen Stangen mit aller Macht in den Grund. Da auf einmal spüre ich, daß der Haken etwas Schweres faßt. Im nächsten Augenblick stößt auch Lorenz

mit seinem Zur Erdbebenkatastrophe auf Sizilien. Obdachlose vor ihren Zelten, hatte. Eisen auf denselben Gegenstand. Wir ziehen... Es steckte im Sande fest...und da zerbricht mein Haken. „Der Teufel soll es holen! Lassen wir das Ding und kümmern wir uns um unser Schiff!" Lorenz aber bleibt halsstarrig. „Wir müssen es herausziehen! Man kann gar nicht wissen, was es ist!" Ich lachte laut auf: „Bah, irgend ein altes Eisen gerippe!" Immer hin ziehe ich an sei ner Stange mit, und nach einer hal ben Stunde fischen wir etvn alten

eichenen Koffer her aus, ganz mit Ei sen beschlagen, der auch wahrhaftig ein schönes Gewicht Blick auf die Hauptallee der flusltellung Mr vuchgewerbe und Graphik in Leipzig. „Da hast du's ja", sagte ich zu Lorenz, als wir den .Wenn Wäsche oder Schriftstücke darin sind, wer den sie wohl schön aus- sehen!" Die Kiste war in der Tat ganz mit Schlamm und ver schlungenen Gräsern be deckt. Ohne weiter da ran zu den ken, mach ten wir uns sofort ans Werk und arbeiteten hart, um die „Beiden Freunde" endlich los

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Außferner Zeitung
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Page 12 of 30
Date: 23.12.1914
Physical description: 30
396 -» Zweigen und dann einen dumpfen Fall in das Wasser. Als Lorenz an den Graben kam, war das Wasser noch in Be wegung, aber er sah niemand. Im Ungewissen darüber, ob er es mit einem Menschen Oltpreutzilche flüchtlinge, die im freien wohnen müllen. ober Tier zu tun gehabt, kehrte er zu Hirkan zurück, der da mit beschäftigt war, seinen kostbaren Apparat einzupacken. „Begeben wir uns wieder nach Nürnberg", sagte der Erfinder. „Ich sehne mich dahin zurück, um etwas zu ver bessern." „Lassen

Sie mich noch ein wenig fliegen," sagte Lorenz, „ich möchte mich gerne über die Bäume erheben, um mich zu vergewissern, ob ich bis nach Drachenberg sehen kann." „Was geht Sie denn Drachenberg an? Wir dürfen uns nicht der Gefahr aussetzen, ge sehen zu werden. Mein Geheimnis muß ge wahrt bleiben. Ich will nach Wien reisen, will Sie meine Flügel vor den Augen des Kaisers versuchen lassen. Er allein wird meine Er findung zu belohnen wissen." „Aber," erwiderte Lo renz, „wer sagt Ihnen denn, daß ich mich dazu hergebe

, vor des Kai sers Augen den Hans wursten zu machen? Da zu stamme ich doch aus zu gutem Hause." Hirkan zitterte. „Was!" rief er, „Sie schlagen mir dies aus? Ach, Herr Lorenz, das wäre doch sehr hart herzig. Bedenken Me doch, daß ich auf Sie gerechnet habe. Wo würde ich wie in Ihrer Person Mut, Geschicklichkeit und Intelligenz vereinigt finden?' Was für ein schöner Anblick wäre es für den kaiserlichen Hof, Sie in den Lüften schweben zu sehen wie vorhin. Ach, Herr Lorenz, verweigern Sie mir es nicht! Kommen

, meine Glieder be ginnen wieder steif zu wer den wie zuerst auch. O Lorenz, lassen Sie mich nicht in: Stiche. Ich werde Sie reich, berühmt machen. Bedenken Sie doch, Sie träumen da von, in den Krieg zu ziehen. Erwägen Sie, welche Dienste bei Belagerungen und in Schlachten ein geflügelter Soldat leisten könnte!" Lorenz fühlte sich ins Wanken geraten. Dieses wun derbare Abenteuer, die Ver sprechungen schnellen Reich tums verlockten ihn. „Ich werde mich vielleicht dazu entschließen," sagte er, „aber lassen

Sie mich Ihre Flügel noch einmal probieren." Er versuchte sie neuerdings, überzeugte sich von der Vor züglichkeit der Erfindung Hirkans und stellte zu seiner Ein willigung nur eine Bedingung: in der folgenden Nacht eine Die Zitadelle in Kairo. Luftreise nach dem Schlosse Drachenberg machen zu dürfen. Das gefiel Hirkan, er weihte Lorenz in alle Einzelheiten be*> Mechanismus ein, versicherte sich, daß sein Flugschüler den Apparat beherrschte, und in Nürnberg angekommen, erwar teten der Erfinder und sein Gehilfe

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Lienzer Nachrichten
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Page 13 of 16
Date: 15.12.1914
Physical description: 16
muji 397 7. Tie nächtliche Luftreise. Endlich kam die Nacht, friedlich und klar, aber ohne Mond; und die funkelnden Sterne am wolkenlosen Himmel erleuchteten sanft die Kirchtürme Nürnbergs, als Hirkan, auf einen Stock gestützt, und Lorenz, die Flügel tragend, sich in den in der Nähe der Wälle gelegenen Garten des Uhrmachers begaben. Das Abendgeläute war längst verklungen und alles schlief. Eine kleine Türe ward, von Hirkan ge öffnet; sie gewährte Zugang zn einer Treppe, welche den Wall

hinaufführte. Lorenz riistete sich, drückte.dem Greise die Hand und stieg die Treppe Hinauf. Bald hörte Hirkan Flügelraufchen und sah eine schwarze Gestalt durch die Liifte schießen. Er lauschte. Die auf einem benachbarten Turme postierte Schildwache hatte nichts gehört. Wieder schlugen die Uhren, und die ferne Stimme des Wächters auf dem Wachtturme ließ ihr: „Alles ist ruhig, betet fiir die armen Seelen!" vernehmen. Geüngstigt hüllte sich Hirkan in einen Pelzmantel und wartete, ohne sich zur Heimkehr

entschließen zu können. Mit Bangen zählte er die Stunden. Mitter nacht, zwei Uhr, drei Uhr ertönte Von den Türmen her. Die Sterne begannen zu verbleichen, und schon drohte die Angst Hirkans Brust zu zersprengen, als er über sich endlich das Rauschen der Flügel ver nahm und kurz darauf Lorenz, bleich und entkräftet, sich neben ihni zu Boden ließ. Hirkan gab ihm ein belebendes Mittel zu trinken und bestürmte ihn nüt Fragen. Lorenz, der sich schnell erholt hatte, nahm seine unversehrten Flügel

ab, und die Schritte des Erfinders unterstützend, führte er ihn wieder in das Haus zuriick. Sie machten Feuer und nahmen etwas Nahrung zu sich. Aber Lorenz blieb finster und schweigsam. Er teilte Hirkan mit, daß er genötigt sei, nach Ittenbach zu gehen und er ihn erst in zwei Tagen wieder sehen wurde. Hirkan bat ihn inständig, nicht länger bei seinem Bruder zu bleiben und versprach ihm, diese zwei Tage den Vor- Doch nein, es war kein Traum. Ruhigen, aber raschen Flnges war er den Bergen entgegengeflogen, und beini

sanften Schimmer der Sterne hatte er die Türme des Schlosses Drachenstein, über dessen Giebeln das herrschaft liche Banner flatterte, erblickt. Trotz der vorgerückten Stunde — es war schon Mitter- Füllung ckes Torpedos mit komprimierter Cuft. bcreitungen zur Reise nach Wien zu widmen. Als sich beide trennten und Lorenz durch die Tore Nürnbergs hinausritt, lugte bereits die Sonne über den Horizont. Während er wie zerschlagen durch die Felder, auf denen schon die Schnitter arbeiteten, dahin ritt

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Sterne und Blumen
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Page 6 of 8
Date: 13.12.1914
Physical description: 8
398 St Lorenz uinkreiste verschiedene Gebäude. Er sah be- trunkene Diener, die sich die Ueberreste eines Festmahles teilten und auf die Gesundheit der Schloßherrschaft tranken. Er umflog die Kapelle, und endlich ein Fenster entdeckend, in welchem ein ziemlich großes Stück einer Glasscheibe fehlte, konnte er sehen, was sich rm Innern zutrug. Er täuschte sich nicht: der Schloßkaplan segnete einen Ehebnnd. Ter Fürst von Drachenberg, ange tan mit golddurchwirktem Purpnr- gewand, reckte seine hohe

Gestalt, und die Ordenskette des goldenen Vließes mit derselben Würde tra gend wie seine fünfzig Jahre, seinen grauen Bart und seine unter dem Helm erbleichte Stirne, führte er eine schön gewachsene, verschleierte Dame, deren silber gestickte weiße Damastschleppe von zwei jungen Mädchen getragen wurde, zum Altar. Doch keine davon war Hilda, und auch unter den übrigen Anwesenden suchte Lorenz' Blick sie vergebens; als jedoch die Feier ihren Abschluß ge funden hatte, kehrte die Braut in ihren Betstuhl

zurück, und der arme Lorenz erkannte nun Hilda. Wie schön sie war, wie sie lachte, wie sie sich brüstete! Hätte er sich nicht am Gitter, das die Scheiben schützte, festge halten, er wäre, seine Flügel ver gessend, herabgefallen. Er er bleichte, wurde starr, dann schoß ihm das Blut jäh wieder ins Ge sicht, die Ohren summten ihm, der Zorn vertrieb den Schmerz, und, sich in die Luft erhebend, schoß er' init raschen Flügelschlägen davon. Bald aber kehrte er auf den Balkon Hildas zurück, legte ein Stück

ist deswegen leider nicht weniger König frieärich flugult mit dem deutschen Kronprinzen bei der Besichtigung einer eroberten französischen Ortschaft. verletzlich und. alle Reichtürner tlnd Erfindungen der Welt vermögen nichts, um sein Weh zu beschwichtigen. Lorenz ritt also traurig dahin, als er plötzlich Trompeten- gcschmetter vernahm. Blum spitzte die Ohren, Lorenz richtete sich aus dem Sattel auf und schaute nach allen Seiten. An der Wendung des Weges bemerkte er mehrere Reiter, die ihm entgegenkamen

, Fahnen und Helmbüsche flattern lassend. Sein Bruder war an der Spitze der Schar, bewaffnet vom Fuß bis zum Kopf. Er ries, als er ihn bemerkte: „Kömin doch, Lorenz, was tust du in Nürnbe'rg? Ein Bote des Herzogs von Bayern ist heute nacht gekommen und hat uns gerufen. Der Krieg ist erklärt. Einer von uns muß in Ittenbach bleiben, um das Schloß zu be wachen, der andere an der Spitze meiner Vasallen ansbrechen. Der Herzog läßt mir die Wahl. Itten bach ist eine wichtige Festung und könnte wohl belagert

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