Julius Ficker : (1826 - 1902) ; ein Beitrag zur deutschen Gelehrtengeschichte
Obwohl dem Rezensenten nahegelegt wurde, durch Nennung seines Namens zu verhüten, daß der Verdacht, Nebenabsichten zu verfolgen, sich auf wahrscheinlich ganz unbeteiligte Personen lenken könnte, meldete sich Niemand. Nur daß 0. Lorenz gegen den Glauben an die Unfehlbarkeit Fickers als an etwas Selbstverständliches in seiner Deutschen Geschichte Verwahrung einlegte, während andererseits Ficker seine Schüler davor warnte, plötzlichen Einfällen nachzugeben, wie 0. Lorenz in der Frage
nach der Entstehung des Kurfürstenkolle- giums, die er auf päpstlichen Einfluß zurückführte 1 ). Man gewöhnte sich schließlich so an die angeborene Unart von Lorenz, daß man sie ihm fast nicht mehr übel nahm, zumal anerkannt wurde, daß er ein Mensch von Talent sei. Als im Jahre 1858 Böhmer zum letzten Male nach Wien kam, lernte er auch den jüngeren Nachwuchs an Historikern dahier kennen, und in seinem Briefwechsel mit Ficker steht manches bezeichnende Urteil. Lorenz hatte damals eine Berufung als katho lischer
Historiker nach Tübingen in Aussicht (wo die einen Janssen nicht haben wollten, die anderen die Ablehnung von Lorenz als eines schlechten Katholiken schließlich durchsetzten). Von Sicke! merkte Böhmer, daß er ein gescheidter Mann sei: auffallend war ihm, wie viel mehr Überblick jener zu haben schien, als die älteren, die doch sonst ganz tüchtige Leute seien. Ficker fand, daß die jungen Wiener Historiker eine bedauerliche Neigung zu einem „sehr oberflächlichen Liberalismus“ hätten, „besonders
“ vor, der dann auch eine Besprechung für das Liter. Zentralblatt schrieb, ') Als Picker 1874 in der akademischen Abhandlung über die Entstehungs zeit des Schwabenspiegels auf diese Frage zurückkam, machte 0. Lorenz gel tend, daß er schon vor 20 Jahren die betreffende Leseart des Sehwabenspiegels für die älteste erklärt habe (1875 Febr. 18), worauf ihm Ficker zusagte, im' 2. Bande des „Reichsfürstenstandes“ davon Notiz zu nehmen. 2 ) Ficker hatte in Wien 1857 außer mit den älteren Bekannten Aschbach, Feil, Chmel, Karajan, Riemer
noch mit Lorenz, Sickel, Büdinger, Baerwald und Rummler verkehrt. Jenes Urteil über die jungen Wiener Historiker basiert auf der Bekanntschaft (abgesehen von Lorenz) mit Stögmann, einem bald verstor benen Lieblingsschüler von Jäger, der im Sommer 1857 auf dem Archive in Innsbruck über Clesiana arbeitete. „Wir waren fast keinen Abend im Wirts-