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Sterne und Blumen
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Page 5 of 16
Date: 28.06.1914
Physical description: 16
ein ihn wenig befriedigendes Werk. „Ich habe nur Psycho logische Studien über die Kinder, Helene; wir bedurften ja niemals praktischer Ratschläge." Und da er befürchtete, sie möchte in seinen Worten einen Vorwurf erblicken, umarmte er sie zärtlich. „Du bist mein Kind, und ich kann dich ohne Buch studieren." „O Leo, wie magst >du mich also verwöhnen! Man könnte ja glauben, wir seien noch in den Flitterwochen." In bemselben Augenblick trat Martha ein und fragte in spitzem Tone, ob es wahr fei

, daß die gnädige Frau ihr befohlen habe, bei dem fremden Kinde zu schlafen. „Ja, gute Martha, ich wollte dich bitten", begann Helene schüchtern. „Ich werde der gnädigen Frau gehorchen," fiel ihr die Magd in unverschämtem Tone in die Rede, „muß aber sagen, daß..." „Sie vergessen, daß Sie mit Ihrer Herrin reden", sagte Leo barsch. „Tun Sie augenblicklich und ohne Widerrede, was sie Ihnen gesagt." Helene zitterte bei dem unge wohnten Zorne ihres Mannes; sie fürchtete, Martha werde ant worten

, doch diese verschwand augenblicklich. „Wie konntest du nur, Leo!" meinte die erschrockene, junge Frau. — „Soll ich vielleicht dul den, daß dieses Weib in solchem Tone mit dir spricht?" „Aber es ist di.es so ihre Art." „So wird sie gut daran tun, dieselbe zu ändern." „Du weißt, daß- sie mich auf dem Arm getragen und .mich über alles liebt/'. „Dann ist es noch viel schlimmer, daß sie so wenig TM besitzt." . Er setzte sich an seinen Schreibtisch und wandte seiner Stunde herzubringen. Sie hatte es nicht aus Liebe

zu ihm, sondern aus purer Selbstsucht getan! Jetzt quälte sie die Angst, er könne krank werden, und doch wagte sie aus Furcht vor Martha nicht, zu ihm zurückzukehren. „Es ist Zeit, zu Bett zu gehen", sagte gegen 10 Uhr Leo. Beide standen auf. Helene schlief trotz ihrer Be sorgnis rasch ein. Aber noch glaubte sie kein Auge ge Eine hessische vauernhochreil. Der Orotzglockner vom Vurgltall aus gesehen. Frau den Rücken zu. So verflossen ihre Abende seit vielen Jahren; aber der Hauch der Zärtlichkeit

, welcher über sie dahingegangen, ließ Helene die gegenseitige Absonderung noch viel schmerzlicher empfinden. Ihr Mann zürnte ihr und auch Martha, und zwar immer wegen des Kindes! Nein, es war ihre Schuld, denn es war unvernünftig von ihr gewesen, den Kleinen zu solcher schlossen zu haben, als ein durchdringender Schrei sie eben falls aufschreien ließ. . „O weh, Leo, das Kind! Licht!" Sie sprang in der Dunkelheit aus dem Bette, und bevor ihr Mann eine Kerze angezündet, befand sie sich bereits an der Tür des blauen Zimmers

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Tiroler Post
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Page 21 of 24
Date: 26.06.1914
Physical description: 24
rgang umlauert uns uno vor unseren rnugen gullgeul j utujlvtlius uuu vev a»u»u»cu» en.iu.jiei gu. iju= faml S«ff eOaoflj Extra-Ausgabe. ein ihn wenig befriedigendes Werk. „Ich habe nur psycho logische Studien über die Kinder, Helene; wir bedurften ja niemals praktischer Ratschläge." Und da er befürchtete, sie möchte in seinen Worten einen Vorwurf erblicken, umarmte er sie zärtlich. „Du bist mein Kind, und ich kann dich ohne Buch studieren." „O Leo, wie magst du mich also verwöhnen

! Man könnte jo glauben, wir seien noch in den Flitterwochen." In demselben Augenblick trat Martha ein und fragte in spitzem Tone, ob es wahr sei, daß die gnädige Frau ihr befohlen habe, bei dem fremden Kinde zu schlafen. „Ja, gute Martha, ich wollte dich bitten", begann Helene schüchtern. „Ich werde der gnädigen Frau gehorchen," fiel -ihr die Magd in unverschämtem Tone in die Rede, „muß aber sagen, daß..." „Sie vergessen, daß Sie mit Ihrer Herrin reden", sagte Leo barsch. „Tun Sie augenblicklich ' und ohne Widerrede

, was sie . Ihnen gesagt." Helene zitterte bei dem unge- wohnten Zorne ihres Mannes; sie fürchtete, Martha werde ant worten, doch diese verschwand ; augenblicklich. „Wie konntest du nur, Leo!" meinte die erschrockene junge Frau. — „Soll ich vielleicht dul den, daß dieses Weib in solchem Tone mit dir spricht?" „Aber es ist dies so ihre Art." „So wird sie stut daran tun, dieselbe zu ändern." „Du weißt, daß sie mich auf dem Arm getragen und mich über alles liebt." „Dann ist es noch viel schlimmer, daß sie so wenig Takt

besitzt." Er fetzte sich an seinen Schreibtisch und wandte seiner Stunde cherzubringen. Sie hatte es nicht aus Liebe zu ihm, sondern aus purer Selbstsucht getan! Jetzt quälte sie die Angst, er könne krank werden, und doch wagte sie aus Furcht vor Martha nicht, zu ihm zurückzukehren. „Es ist Zeit, zu Bett zu gehen", sagte gegen 10 Uhr Leo. Beide standen auf. Helene schlief trotz ihrer Be sorgnis rasch ein. Aber noch glaubte sie kein Auge ge Der Großglockner vom Burgftal! aus gesehen. Frau den Rücken

zu. So verflossen ihre Abende seit vielen Zähren; aber der Hauch der Zärtlichkeit, welcher über sie dahingegangen, ließ Helene die gegenseitige Absonderung noch viel schmerzlicher empfinden. , Ihr Mann zürnte ihr und auch Martha, und zwar immer wegen des Kindes! Nein, es war ihre Schuld, denn es war unvernünftig von ihr gewesen, den Kleinen zu solcher ^*5 eine hessische Bauernhochzeit. schlossen zu haben, als ein durchdringender Schrei sie eben falls aufschreien ließ. ! „O weh, Leo, das Kind! Licht!" Sie sprang

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Lienzer Nachrichten
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Page 5 of 16
Date: 01.07.1914
Physical description: 16
ein ihn Wenig befriedigendes Werk. „Ich habe nur Psycho logische Studien über die Kinder, Helene; wir bedurften ja niemals praktischer Ratschläge." Und da er befürchtete, >sie möchte in seinen-Worten einen Vorwurf erblicken, umarmte er sie zärtlich. „Du bist mein Kind, und ich kann dich ohne Buch studieren." „O Leo, wie magst du mich also verwöhnen! Man könnte ja glauben, wir seien noch in den Flitterwochen." In demselben Augenblick trat Martha ein und fragte in spitzem Tone, ob es wahr sei

, daß die gnädige Frau ihr befohlen habe, bei dem fremden Kinde zu schlafen. „Ja, gute Martha, ich wollte dich bitten", begann Helene schüchtern. „Ich werde der gnädigen Frau gehorchen," siel ihr die Magd in unverschämtem Tone in die Rede, „muß aber sagen, daß.. ." „Sie vergessen, daß Sie mit Ihrer Herrin reden", sagte Leo barsch. „Tun Sie augenblicklich und ohne Widerrede, was sie Ihnen gesagt." Helene zitterte bei dem unge wohnten Zorne ihres Mannes; sie fürchtete, Martha werde ant worten

, doch diese verschwand augenblicklich. „Wie konntest du- nur, Leo!" meinte die erschrockene junge Frau. — „Soll ich vielleicht dul den, daß dieses Weib in solchem Tone mit dir. spricht?" „Aber es ist dies so ihre Art." „So wird sie gut daran tun, dieselbe zu ändern." „Du weißt, daß sie mich auf dem Arm getragen und mich über alles liebt." „Dann ist es noch'viel schlimmer, daß sie so wenig Takt besitzt." Er setzte sich an seinen Schreibtisch und wandte seiner Stunde herzubringen. Sie hatte es nicht aus Liebe

zu ihm, sondern aus purer Selbstsucht getan! Jetzt quälte sie die Angst, er könne krank werden, und doch wagte sie aus Furcht vor Martha nicht, zu ihm zurückzukehren. „Es ist Zeit, zu Bett zu gehen", sagte gegen 10 Uhr Leo. Beide standen auf. Helene schlief trotz ihrer Be sorgnis rasch ein. Aber noch glaubte sie kein Auge ge Oer Orotzglockner vom Burgftall aus gesehen. Frau den Rücken zu. So verflossen ihre Abende seit vielen Jahren; aber der Hauch der Zärtlichkeit, welcher über sie dahingegangen, ließ Helene

die gegenseitige Absonderung noch viel schmerzlicher empfinden. Ihr Mann zürnte ihr und auch Martha, und zwar immer wegen des Kindes! Nein, es war ihre Schuld, denn es war unvernünftig von ihr gewesen, den Kleinen zu solcher Eine hessische vauemhochreit. schlossen zu haben, als ein durchdringender Schrei sie eben falls aufschreien ließ. „O weh, Leo, das Kind! Licht!" Sie sprang in der Dunkelheit ans dem Bette, und bevor ihr Mann eine Kerze angezündet, befand sie sich bereits an der Tür des blauen Zimmers

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Sterne und Blumen
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Page 3 of 16
Date: 28.06.1914
Physical description: 16
Gründen beleidigt nach Hause zurück. Was sie am meisten ärgerte, war, daß sie ihren Wunsch, das Kind wiederzusehen, nicht befriedigen konnte, aber sie wollte sich nun durchaus einmal über Leo ärgern. Warum hakte er nicht einfach von dem Plane gesprochen, den Kleinen zu holen? Hatte sie nicht bas Vorrecht auf ihren Neffen? Raschen Schrittes ging sie im Salon hin und her, in Gedankenberatend, welche Vorwürfe sie ihm wohl machen wolle; die Schwere der Beleidigung von ferner Seite und ihre Gereiztheit

griffen immer weiter um sich. Endlich hielt ein Wagen vor der Tür; Leo stieg aus, aber allein. Das war denn doch zu stärkt Sie lief ihm entgegen. „Warum hast du Nando nicht mitgebracht?" „Nando? Ja, zu was denn?" antwortete er erstaunt. „So hole ich ihn", meinte Helene entschlossen. Eilends setzte sie den Hut auf und sprang in den Wagen, welcher soeben davonfahren wollte. „Aber, Helene, sei doch vernünftig!" rief Leo. Seine Frau hörte nicht auf ihn. "Sie wollte das Kind und empfand einen wahren Zorn

gegen ihren Mann, baß er alle diese Geheimnisse vor ihr gehabt und ihr, wie es ja klar zu Tage lag, den ersten Platz in der Zuneigung ihres Neffen rauben wollte. Leo hatte sich ahnungslos an den Tisch gesetzt und blätterte in seinen Akten. Als Helene um sieben Uhr in bas Pensionat kam, lag das Kind, bereits im Bett. Sie zögerte einen Augenblick, aber sie hatte nie gelernt, ihre Launen zu beherrschen, und glaubte Marthas zufriedenes Lächeln zu sehen, wenn sie allein nach Haufe käme. So befahl

; aber ich will recht brav sein, damit die Zeit rasch vergeht." Trotzdem seufzte er ein zweites Mal, und Helene wußte nicht, was sie diesem stummem Schmerze gegenüber an fangen sollte. „Hat dir Onkel Leo gesagt, daß Papa abgereist ist?" fragte sie endlich. „Nein, aber er hat gesagt, er wisse es nicht, und da habe ich es erraten", erwiderte Nando in seiner verständigen Weise. Helene empfand ein Gefühl der Erleichterung, als der Wagen endlich in den Hof fuhr und sie ihren Neffen in Sicherheit bringen konnte. Leo

rührte sich nicht, da er sie hörte, und Helene fragte sich, was er wohl haben könne. Aber Nando eilte auf seinen Onkel zu, pflanzte sich vor ihm auf und sagte: „Hier bin ich, Onkel Leo!" „Recht, mein Lieber!" In demselben Augenblick rief man zum Abendessen, bas eine Stunde später wie gewöhnlich eingenommen wurde. Leo nahm Nando bei der Hand und führte ihn in den Speisesaal. Neben dem Gedecke des Hausherrn lag die . Zeitung, welche er, nachdem er seine Suppe gegessen hatte, sofort entfaltete. Nando

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Außferner Zeitung
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Page 21 of 24
Date: 28.06.1914
Physical description: 24
ein ihn toentfl befriedigendes Werk. „Ich habe nur Psycho logische Studien über die Kinder, Helene; wir bedurften ja niemals praktischer' Ratschläge." Und da er befürchtete, >sie möchte in seinen Worten einen Vorwurf erblicken, umarmte er sie zärtlich. „Du bist mein Kind, und ich kann dich ohne Buch studieren." „O Leo, wie magst !du mich also verwöhnen! Man könnte ja glauben, wir seien noch in den Flitterwochen." ————— - In demselben Augenblick trat ,,JrflIJ, 0 " Martha ein und fragte

in spitzem - r-\ Tone, ob es wahr sei, daß die gnädige Frau ihr befohlen habe, bei dem fremden Kinde zu i M - *'•: schlafen. f' 1 „Ja, gute Martha, ich wollte |||||lf . ,| -H dich bitten", begann Helene Stunde herzubringen. Sie hatte es nicht aus Liebe zu ihm, sondern aus purer Selbstsucht getan! Jetzt quälte sie die Angst, er könne krank werden, und doch wagte sie aus Furcht vor Martha nicht, zu ihm zurückzukehren. „Es ist Zeit, zu Bett zu gehen", sagte gegen 10 Uhr Leo. Beide standen auf.' Helene

schlief trotz ihrer Be sorgnis rasch ein. Aber noch glaubte sie kein Auge ge- r-sa K » SV. - Für 4* in Innsbruck, Adalhcr! Ihren' -. . rhrgang schlossen zu haben, als ein durchdringender Schrei sie eben falls aufschreien ließ. „O weh, Leo, das Kind! Licht!" Sie sprang in der Dunkelheit aus dem Bette, und bevor ihr Mann eine Kerze angezündet, befand sie sich bereits an der Tür des blauen Zimmers, welche sie vergebens zu öffnen suchte. Leo folgte ihr und drehte den Schlüssel um, welcher außen steckte

. Helene wußte nicht mehr, ob sie wirk lich schreien gehört oder nur ge- träumt habe, daß Martha dem Kinde Böses zufüge. Sie hatte nicht geträumt, denn Nando warf sich weinend in ihre Arme. „O Tante Helene, ich rief immer nach dir! Der schwarze Mann wollte mich mitnehmen; glücklicherweise war die Tür ver schlossen. Tante Helene, bitte, geh' nicht mehr fort!" Er hatte Fieber, seine Augen glänzten, die Stimme klang hei ser und er atmete schnell. Leo setzte das Licht aus den Tisch und nahm das Kind

auf den Arm, um es ins Bett zu legen. „Laß mich ihn mit auf mein Zimmer nehmen", sagte Helene. „Nein, sei ruhig und ver nünftig; gib ihm zu trinken. Dann kleidest du dich an, denn du wirst bei ihm bleiben müssen." Leo hatte bemerkt, daß das große Bett noch unberührt da stand. Der kleine Kranke hatte also die halbe Nacht allein und eingeschlossen zugebracht. Er Nando Oer Srotzgloctmer vom Burgftaü aus gesehen, Frau den Rücken zu. So verflossen ihre Abende seit vielen Jahren; aber der Hauch der Zärtlichkeit

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Tiroler Post
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Page 19 of 24
Date: 26.06.1914
Physical description: 24
. „Ja, gnädige Frau, der Onkel des Kleinen." Helene kehrte aus vielen Gründen beleidigt nach Hause zurück. Was sie am meisten ärgerte, war, daß sie ihren Wunsch, das Kind wiederzusehen, nicht befriedigen konnte, aber sie wollte sich nun durchaus einmal über Leo ärgern. Warum hatte er nicht einfach von dem Plane gesprochen, den Kleinen zu holen? Hatte sie nicht das Vorrecht auf ihren Neffen? Raschen Schrittes ging sie im Salon hin und her, in Gedanken beratend, welche Vorwürfe sie ihm wohl machen wolle

; die Schwere der Beleidigung.von seiner Seite und ihre Gereiztheit griffen immer weiter um sich. Endlich hielt ein Wagen vor der Tür; Leo stieg aus, aber allein. Das war denn doch zu stark. Sie lief ihm entgegen. „Warum hast du Nando nicht mitgebracht?" „Nando? Ja, zu was denn?" antwortete er erstaunt. „So hole ich ihn", meinte Helene entschlossen. Eilends setzte sie den Hut auf und sprang in den Wagen, welcher soeben davonfahren wollte. „Aber, Helene, sei doch vernünftig!" rief Leo. Seine Frau hörte

nicht auf ihn. Sie wollte das Kind und empfand einen wahren Zorn gegen ihren Mann, daß er alle diese Geheimnisse vor ihr gehabt und ihr, wie es ja klar zu Tage lag, den ersten Platz in der Zuneigung -ihres Neffen rauben wollte. Leo hatte sich ahnungslos an'den Tisch gesetzt und blätterte in seinen Akten. Als Helene um sieben Uhr in das Pensionat kam, lag das Kind bereits im Bett. Sie zögerte einen Augenblick, aber sie hatte nie gelernt, ihre Launen zu beherrschen, und glaubte Marthas zufriedenes Lächeln zu sehen

wieder." „Nein, gar nicht bald; aber ich will recht brav sein, damit die Zeit rasch vergeht." Trotzdem seufzte er ein zweites Mal, und Helene wußte nicht, was sie diesem stummem Schmerze gegenüber an fangen sollte. „Hat dir Onkel Leo gesagt, daß Papa abgereist ist?" fragte sie endlich. „Nein, aber er hat gesagt, er wisse es nicht, und da habe ich es erraten", erwiderte Nando in seiner verständigen Weise. Helene empfand ein Gefühl der Erleichterung, als der Wagen endlich in den Hof fuhr und sie ihren Neffen

in := fF Sicherheit bringen konnte. Leo rührte sich nicht, da er sie hörte, und Helene fragte sich, was er wohl haben könne. Aber Nando eilte auf seinen Onkel zu, pflanzte sich vor ihm auf und sagte: „Hier bin ich, Onkel Leo!" „Recht, mein Lieber!" Jn^demselben Augenblick rief man zum Abendessen, das eine Stunde später wie gewöhnlich -eingenommen wurde. Leo nahm Nando bei der Hand und führte ihn in den Speisesaal. Neben dem Gedecke des Hausherrn lag die Zeitung, welche er, nachdem er seine Suppe gegessen

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Außferner Zeitung
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Page 19 of 24
Date: 28.06.1914
Physical description: 24
Gründen beleidigt nach Hause zurück. Was sie am meisten ärgerte, war, daß sie ihren Wunsch, das Kind wiederzusehen, nicht befriedigen konnte, aber sie wollte sich nun durchaus einmal über Leo ärgern. Warum hatte er nicht einfach von dem Plane gesprochen, den Kleinen zu holen? Hatte sie nicht das Vorrecht auf ihren Neffen? Raschen Schrittes ging sie im Salon hin und her, in Gedanken beratend, welche Vorwürfe sie ihm wohl machen wolle; die Schwere der Beleidigung von seiner Seite und ihre Gereiztheit

griffen immer weiter um sich. Endlich hielt ein Wagen vor der Tür; Leo stieg aus, aber allein. Das war denn doch zu stark. Sie lief ihm entgegen. „Warum hast du Nando nicht mitgebracht?" „Nando? Ja, zu was denn?" antwortete er erstaunt. „So hole ich ihn", meinte Helene entschlossen. Eilends setzte -sie den Hut auf und sprang in den Wagen, welcher soeben davonfahren wollte. „Aber, Helene, sei doch vernünftig!" rief Leo. Seine Frau hörte nicht auf ihn. Sie wollte das Kind und empfand einen wahren Zorn

gegen ihren Mann, daß er alle diese Geheimnisse vor ihr gehabt und ihr, wie es ja klar zu Tage lag, den ersten Platz in der Zuneigung ihres Neffen rauben wollte. Leo hatte sich ahnungslos an den Tisch gesetzt und blätterte in seinen Akten. Als Helene um sieben Uhr in das Pensionat kam, lag das Kind bereits im Bett. Sie zögerte einen Augenblick, aber sie hatte nie gelernt, ihre Launen zu beherrschen, und glaubte Marthas zufriedenes Lächeln zu sehen,, wenn sie allein nach Hause käme. So befahl

; aber ich will recht brav sein, damit die Zeit rasch vergeht." Trotzdem seufzte er ein zweites Mal, und Helene wußte nicht, was sie diesem stummem Schmerze gegenüber an fangen sollte. „Hat dir Onkel Leo gesagt, daß Papa abgereist ist?" fragte sie endlich. „Nein, aber er hat gesagt, er wisse es nicht, und da habe ich es erraten", erwiderte Nando in seiner verständigen Weise. Helene empfand ein Gefühl der Erleichterung, als der Wagen endlich in den Hof fuhr und sie ihren Neffen in Sicherheit bringen konnte. Leo

riihrte sich nicht, da er sie hörte, und Helene fragte sich, was er wohl haben könne. Aber Nando eilte auf seinen Onkel zu, pflanzte sich vor ihm auf und sagte: „Hier bin ich, Onkel Leo!" „Recht, mein Lieber!" In demselben Augenblick rief man zum Abendessen, das eine Stunde später wie gewöhnlich eingenommen wurde. Leo nahm Nando bei dör Hand und führte ihn in den Speisesaal. Neben dem Gedecke des Hausherrn lag die Zeitung, welche er, nachdem er seine Suppe gegessen hatte, sofort entfaltete. Nando

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Lienzer Nachrichten
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Page 3 of 16
Date: 01.07.1914
Physical description: 16
Gründen beleidigt nach Hause zurück. Was sie am meisten ärgerte, war, daß sie ihren Wunsch, das Kind wiederzusehen, nicht befriedigen konnte, aber sie wollte sich nun durchaus einmal über Leo ärgern. Warum hatte er nicht einfach von dem Plane gesprochen, den Kleinen zu holen? Hatte sie nicht das Vorrecht auf ihren Neffen? Raschen Schrittes ging sie im Salon hin und her, in Gedanken beratend, welche Vorwürfe sie ihm wohl machen wolle; die Schwere der Beleidigung von seiner Seite und ihre Gereiztheit

griffen immer weiter um sich. Endlich hielt ein Wagen vor der Tür; Leo stieg aus, aber allein. Das war denn doch zu stark. Sie lief ihm entgegen. „Warum hast du Nando nicht mitgebracht?" „Nando? Ja, zu was denn?" antwortete er erstaunt. „So hole ich ihn", meinte Helene entschlossen. Eilends setzte sie den Hut auf und sprang in den Wagen, welcher soeben davonfahren wollte. „Aber, Helene, sei doch vernünftig!" rief Leo. Seine Frau hörte nicht auf ihn. Sie wollte das Kind und empfand einen wahren Zorn

gegen ihren Mann, daß er alle diese Geheimnisse vor ihr gehabt und ihr, wie es ja klar zu Tage lag, den ersten Platz in der Zuneigung ihres Neffen rauben wollte. Leo hatte sich ahnungslos an den Tisch gesetzt und blätterte in seinen Akten. Als Helene um sieben Uhr in das Pensionat kam, lag das Kind bereits im Bett. Sie zögerte einen Augenblick, aber sie hatte nie gelernt, ihre Launen zu beherrschen, und glaubte Marthas zufriedenes Lächeln zu sehen, wenn sie allein nach Hause käme. So befahl

; aber -ich will recht brav sein, damit die Zeit rasch vergeht." Trotzdem seufzte er ein zweites Mal, und Helene wußte nickt, was sie diesem stummem Schmerze gegenüber an fangen sollte. „Hat dir Onkel Leo gesagt, daß Papa abgereist ist?" fragte sie endlich. „Nein, aber er hat gesagt, er wisse es nicht, und da habe ich es erraten", erwiderte Nando in seiner verständigen Weise. Helene empfand ein Gefühl der Erleichterung, als der Wagen endlich in den Hof fuhr und sie ihren Neffen in Sicherheit bringen konnte. Leo

rührte sich nicht, da er sie hörte, und Helene fragte sich, was er wohl haben könne. Aber Nando eilte auf seinen Onkel zu, pflanzte sich vor ihm aus und sagte: „Hier bin ich, Onkel Leo!" „Recht, mein Lieber!" In demselben Augenblick rief man zum Abendessen, das eine Stunde später wie gewöhnlich eingenommen wurde. Leo nahm Nando bei der Hand und führte ihn in den Speisesaal. Neben dem Gedecke des Hausherrn lag die Zeitung, welche er, nachdem er seine Suppe gegessen hatte, sofort entfaltete. Nando

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Tiroler Wastl
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Page 6 of 12
Date: 05.02.1911
Physical description: 12
; durchaus politisch aus den scheuß lichsten Machiav elliAnius und auf Weltherrschaft Der Leo Caxil-Scbwindel, ein Viele Leser unseres Blattes werden sich sicherlich noch an den Leo Taxil-Schwindel erinnern, der aml Ende des vorigen Jahrhundert die Oesfentlichkeit be schäftigt hat. Bis heute ist die Welt darüber noch immer im Unklaren geblieben, was der eigentliche Zweck dieser Mystifikation gewesen, welcher Sorte von Leuten dieser Leo Taxil angehörte und wer dabei den Kürzeren gezogen

hat. Nun ist es endlich einem Geschichtsfor scher, dessen Spezialgebiet politische Geheimnisse sind, gelungen, dem Leo Taxil-Schwindel auf den Grund zu kommen. Die Grundtendenz dieses Schwindels soll im nachstehenden nach den sensationellen Enthüllungen des Forschers gekennzeichnet werden. Taxil, ein gut eingeweihter Jesuitenmäurer (viel leicht illuminatischer Observanz) mit völlig wissenden Hintermännern in Form jesuitischer Oberen, hatte die Aufgabe, als reuiger Sünder in den Schoß der „Al leinseligmachenden

Verbrecherorganisation, die v!om Temple in Paris ihren Ausgang genommen, hat durch ihren Größenwahn zwar die blutigsten Kriege herauf beschworen, allein triumphieren konnte ihre Teufelei bis jetzt nie. Und so wird es auch fürderhin der Fall sein, so wahr eine ewige Gerechtigkeit im Grunde der Dinge waltet. Nach dieser kurzen Abschweifung wenden wir uns wieder dem Taxilschwindel zu. Einer der Hauptteil- heiber an deM jesuitischen Blendwerk der Firma Leo Taxil !u. Co. war ein rheinischer Medizinmann namens Dr. Karl

aber auch dem Papsttum einen gehörigen Hieb versetzt, dem er jetzt wieder mit seinem modrigen Modernismus das vatikanische Dasein verbittert. Tie Neckereien der Jesui ten veranlassen ihn zu allerlei Fehlgriffen, die seinem Ansehen schaden. Wir erwähnen hier von beit Taxil - Schriften folgende: 1. Dr. Leo Taxil. „Die drei Punkte: Brüder". Deutsche Uebersetzung von H. Gruber S. I., Paderborn, Bonifaziusdruckerei. — 2. Dr. Leo Taxil. „Der Meuchelmord in der Freimaurerei". Erschienen bei M. Mittermüller, Salzburg

. — 3. Dr. Leo Taxil.

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Sterne und Blumen
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Page 5 of 8
Date: 21.06.1914
Physical description: 8
«" 197 -- „Es war auch zuerst meine Absicht, nächste Woche zu kommen; wäre es dir angenehm, wenn wir unsere Er mittelungen sosort beginnen würden? Uebermorgen muß ich wieder fort und ich niöchte doch meinen armen Jungen zuvor untergebracht wissen. Ist es nicht sonderbar, daß Gegenteil. Leo ließ sich die Konstruktion der Kriegsschiffe erklären und- beklagte sich über das Zollwesen in seiner Heimat. „Du hattest heute morgen ganz recht," meinte er. „alle ich, ein Mann, die Kinder so lieb

habe, und du, He lene, sie gar nicht magst?" „Ich, die Kinder nicht mögen? Ich bin ja ganz närrisch damit!" rief sie errötend, — „aber Leo!" Mit diesen Worten trat sie in ihr Toilettenzimmer, um sich zum Ausgehen an zukleiden. Drei Stunden lang durchstreiften sie die Stadt und besuchten alle öffent lichen und privaten Erzieh ungsanstalten. Hier wollte man einen so jungen Kna ben nicht aufnehmen, dort überschritt man eine be stimmte Zahl von Zög lingen nicht. Paul kam mutlos zurück. Helene tröstete

ihn, indem sie ihm vorstellte, daß sie ja noch verschiedene Adressen hät ten, wohin sie sich am nächsten Tage begeben könnten. Das Kind war einge schlafen. Leo war heimge- kommen und hatte kleine Gartenwerkzeuge für Nando mitgebracht. Paul hätte ihn gar zu gerne aufge weckt, um sich an seiner Freude zu ergötzen. „Dort hinter der Laube ist ein Eckchen, wo er nach Herzenslust hacken und pflanzen kann", sagte Leo, als er vor dem Mittagstisch mit dem Schwager im Garten auf- flus den deutschen Kolonien. Oie Kaiserliche

Schiffswerft in Tsingtau. halbe Stunde steht ein Zollhaus! Aber was nützt es denn, richtige Gedanken zu haben? Zwei Jahre lang sammelte ich Material, um den Bau meiner Beweise aufzuführen, dann begab ich mich zum Minister — unter einem nichtigen Borwand wurde ich abgewiesen. Untergebene dürfen eben nicht zu Worte kommen, flus den deutschen Kolonien. (Ein Erdwohnhaus in Veutsch-Gstafrika und abging. Helene, die etrt lästiger Besuch im Salon zu rückhielt, saß wie auf glühenden Kohlen. Sie fürchtete, Leo

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Tiroler Wastl
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Page 9 of 12
Date: 03.03.1912
Physical description: 12
Auswurf aller Nationen zusammengewürfeltes päpstliches Heer aufgestellt, das unter dem Kom mando des Schweizers Anton Schmid stand. Im Kirchenstaate brodelte und gährte es weiter. Die Verlotterung des päpstlichen Regimentes war eben eine derartige, daß der Zusammenbruch des Kirchenstaates zwar aubgeschoben, aber keineswegs mehr aufgehalten werden konnte. Im Juni des Jahres 1859 waren in Perugia, wo Freund Pecci, der spätere Leo Xlll., als Bischof saß, ein paar Hochrufe auf das geeinte Italien

Leo XIII. hatte auf ihren Katafalk die Worte gesrchiebcn: „Selig die Toten, die im Herrn sterben". Außerdem hatte er den glänzenden Einfall, die Mordbuben als „Märtyrer" der ka tholischen Kirche zu preisen. 1876 starb der Staatssekretär Antonelli, Peccis eifersüchtiger Gegner. Ersterer hinterließ bei seinem Tode ein ergaunertes und zusammengestohlenes Vermögen von 110 Millionen, um welches sich eine Unzahl mit den verschiedensten Frauenzimmern er- weil er, wie er selbst erklärte, den Tod

durch Gift vermeiden wollte. Dieser Kenner römischer Praxis hatte zweifellos eine feine Nase gehabt. Denn als der am 20. Februar zum Papst gewählte Leo XIII. den Iesuitengegner Franghi zum Staatssekretär er nannt hatte, ereignete sich schon am 30. Juni 1878 das „Wunder", daß dieser Franghi starb, nachdem er in der Sakristei eine Eislimonade getrunken hatte. In Rom zweifelte kein Mensch daran, daß die Li monade vergiftet war. Sein Nachfolger wurde der Jesuit Rampolta. Leo wurde bald das lächerliche

Werkzeug in den Händen des Jesuitenordens. Gleich seinem Nach folger Pius X. war auch er ein fanatischer Gegner des Protestantismus, der „Pest perversen Irrglau bens". Bekannt ist die untilgbare Blamage Leos in der Leo-Taxil-Schwindelangelegeuheit. Mit dem Jahre 1887 begann der körperliche Ver fall Leo XIII. Dr. Th. Eupert schreibt hierüber in seinem aufklärenden und sehr empfehlenswerten Buche „Die Sünden der Päpste", Leipzig bei Krü ger u. Eo., 1910: „Son seit 1887, sagte sein Neffe, litt

er an Al- tersdurchfall, vegetierte er nur noch so dahin, stünd lich den Tod erwartend. Seit 1898 schon konnte er nur mit Armschienen bekleidet unterzeichnen, im letzten Jahre vermochte er die vorgelegten Urkunden nicht mehr zu lesen. Mit der größten Raffiniert heit wußte man bei Empfängen und Audienzen die Leute zu täuschen, der Papst war nur Staffage; er lächelte, nickte und verfiel in Halbschlummer. Am 5. Juli hatte Leo seinen 3. Ohnmachtsanfall. Der alte, energische Oreglia, Leos Todfeind, zog als Camerlengo

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 7 of 8
Date: 03.02.1917
Physical description: 8
. Der „Phönix" will den deutschen Mittel- fchulstudenten eln geistiges Stelldichein sein. Treu-veutfch u. gut-österreichisch allerwege, probenummern sowie Prospekte verlangen Sie direkt von der Verlags-Abteilung der Verlagsanftalt „Tywtta" Znnsbmck 14 (Nachdruck verboten.) Der Schatz des Prälaten. Statt*« vo» GeLhard Schätzlsr-Perdsr»;. Und es hatte wirklich seine Richtigkeit. Leo Volmerding hatte Mi in der Gesellschaft einer befreundeten Familie kennen gelernt und sich auch sogleich in sie verliebt

. Zur Abwechslung konnte er es ja auch einmal mit der Ehe versuchen. Er sprach mit seinem Vater, und dieser zeigte sich nicht abgeneigt. So hatte Leo Volmerding seine Werbung bei dem Vater vorgebracht und WörMünn hatte dem jungen Manne zugesagt, für ihn bei Mi zu sprechen. Mit diesem Bescheid mußte sich der Brautwerber zunächst begnügen. Und der Vater sprach mit seiner Tochter ganz allein in seinem Privatkabinett. Man hatte auf dem Korridor draußen den tief schmerzlichen Aufschrei hören

können, dem dann ein unterdrücktes Schluchzen folgte. Aber es gab hier keinen Horcher. Und dann sprach der toteiMeicke Vater lange auf sein Kind ein', in ruhiger, schmerzbeweater Weise. Was er seiner Gattin nickt zu entbüllen wagte, Mi erfuhr es in dieser Stunde. Durch diese Heirat hoffte Wörmann die drohende Ge fahr abzuwenden; denn Leo Volmerding war reich. sehr reich. Ellis Tränen versiegten. Sie verstand ja den Vater vollkommen; sie sah sein bleiches, gram entstelltes Gesicht, und so erklärte sie sich bereit zu dem Opfer

. Dabei aber war ihr zu Mute, als ginge es zum Sterben. Wenn Leo Volmerding eine liebende, ihn beglückende Braut erhoffte, so mußte er schwer getäuscht sein. Aber das kam alles später. Ob sie den Tag der Vermählung überhaupt erlebte? Es wurde Abend, und die rosigen Wogen, die über den fernen Horizont hinzitterten, erloschen allmählich. Langsam ging es in die Nacht hin über. Der Mond drang durch die Wolken, sein blasses Silberlicht fiel durch die Bäume des Parks und ließ den kleinen Weiher zauberisch

erglänzen. Elli hatte sich früher in ihr Zimmer zurückge zogen. Nur drei Tage waren vergangen, seitdem der Vater mit ihr gesprochen hatte und sie ihm ihr Jawort aab, Leo Volmerding zu heiraten, drei Tage. Und doch schien es ihr, als wäre ihr Brautstand ewig. Volmerbing war erschienen, elegant vom Sckei- tel bis zur Sohle, frisiert und parfümiert. Er war gewöhnt, Frauenherzen im Sturme zu er obern und wurde nun nickt wenig enttäuscht, Mi so kalt zu finden. Das hatte er nicht erwartet

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Neueste Zeitung
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Page 4 of 4
Date: 30.10.1919
Physical description: 4
. Etwas hiurt er ja immer noch. Achim Eaaendrecht hatte damals den iünaeren, unaeschickten Spielkameraden m der Klettcr- Mire auf das Scheunenüach veranlagt, er aab sich die Schuld an dem Unfall, und daher rührte seine unentwegte Liede zu Leo." .Eiaentlich ein schöner 3itö seines Charakters." «Vetter Leo" sagte Israu Therese, „war ein un- öbbenSwürdiaes Kind. Sie wurden zusammen erzogen. Leos Eltern hielten einen Hauslehrer und Achim ritt oder Altenwied nach Stolzen hinüber, um an Leos Unterricht

tetlzunehmen. Leo war der Gescheitere. Also machte der Altersunterschied nichts aus. ia Leo ttber- flüaelte den alteren freund bald, was diesen mit Bewnn- öeruna Mr die Gelehrsamkeit des iünaeren Kameraden erfüllte. Ich alnube, bis zuletzt hat Achim von Eaaendrecht sehr viel von Leos überleaenem Wissen aehalten und sein Vertrauen zu ihm scheint arenzenlos aewesen zu sein, da er ihm soaar seine Irau und sein Kind anvertraut, sozu sagen vermacht hat.^ Wolf Eaaenbrecht spielte nachdenklich mit einem kleinen

. Das Bevormunden liegt ihm arotzarttg." Klassen Wolf Eggenbi echt, ..dann wird .r sie ja wohl zuguterletzt noch heiraten." »Leo heiraten?^ staunte Frau Therese „Warum nicht? Sie sagten doch selbst, Achim habe ihin Frau uzrd Kind sozusagen vermacht." Theress sah plötzlich ganz erschrocken aus. „Memen Sw. . .? Das wäre ja . . . ach, nein." unter brach sie sich, „so hat tt c£ doch nicht gemeint! Und Leo. der denkt m nicht an das Heiraten!" u Ä v eC doch nicht zu wunderbar, wenn er sich in die hüüichc. junge Witwe

seines verstorbenen Freundes verliebte!" fand Wolf, aber Therese schüttelte mit Ent- schredenhert den Kopf: „Leo verliebt sich nicht! Leo ist viel zu fischblütig dazu! Wenn Leo einmal heiratet, tut er das nur aus Berech nung. und dazu ist Silvia doch nicht reich aenug!" Frcnr von Ranken hatte ihre besonderen Gründe, das mit solcher Entschiedenheit zu behaupten, aber die kannte Wols nicht, er sah nur, daß der Gedanke an eine Heirat zwischen Leo Branding und Silvia Eaaenbrecht sie er- noch- Um ^ iC ÄU llccjCen

' betonte er die Möglichkeit . „Der fischblütigste Mensch kann Feuer fangen, wenn er wrtgesetzt mit einer ratbedürftiaen hübsmen. jungen Wnwe verkehrt." meinte er bedenklich. -Leo nicht! Osch kenne ihn doch!" entschied Frau Therese. Frau^THeresit'auf^^ ^ob sich und ganz entsetzt sprang „Sie wollen doch nicht schon gehen?! Nein — nein. Sie e« beim Abendessen bet mir bleiben!" 2 nder nicht möglich," bedauerte er. „I-ch muß sogar , da ich versprochen habe, meinen Freund Welttn von nen?n^Rienn

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Außferner Zeitung
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Page 17 of 24
Date: 28.06.1914
Physical description: 24
K 1 . 60 . - Für 4* in Innsbruck, Mälbcrr Ihren' Beilage Zur „klutzferner Zeitung". Berlagsanstalt „Tyrolia" G» m. h. H. in Brixen. Verantwortlicher Redakteur: Robert Meixner Sonntag, den 28. Juni. 1914 los zu werden. „Meine Familie wird dir nicht lange zur Last fallen", sagte Helene und begab sich in ihr Zimmer. Leo hörte sie nicht; er schlummerte ruhig weiter, und sein erster Gedanke beim Auf wachen war, sich auf den Vers jenes Psalmes wieder zu besinnen, welchen inan ihn als Kind

hatte. „Du hast recht", antwortete sie trotzdem wie ein geschüchtert. Als Helene angekleidet war, ging Martha -hinaus, um Nando zu suchen, Lehrte aber bald mit der Nachricht zurück, daß er nirgends zu finden sei. Leo besaß die schwäche, des Morgens gern noch eine Weile Mtztz M', / hajb schlafend im Bette zu liegen, sMMptztz und trotz der vielen Fahre, die sie 'MMtztz' verheiratet waren, hatte Helene nicht gelernt, ihn in Ruhe zu lassen. Fast möchte man glauben, M daß ihr gerade

dann, wenn er noch M' s schlafen wollte, die wichtigsten Fra- tzDfFßw s gen einfielen, auf deren Beant- ptztzv - > Wortung sie unmöglich warten mi i konnte/ Leo antwortete mit einem U , dumpfen Brummen und drehte M » . sich nach der Wand. u' tz-ÄÄ „Wie pefällt dir der kleine Nando?" Keine Antwort. Sie wußte wohl, daß er nicht schlief und wie- derholte deshalb: Das erste €fperanto=D „Wie gefällt dir der kleine Nando? habe ich dich.gefragt." — „Unerträglich!" murmelte Leo verdrießlich. Helene lachte ebenso spöttisch

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Lienzer Nachrichten
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Page 7 of 8
Date: 02.02.1917
Physical description: 8
und futterfrei detto unzertrennt, reinwollene neue Schnei der-Abfälle. .. Kaufe alte Säcke zu an nehmbaren Preisen. . . Bei Post- od. Bahn sendungen wird das Geld sofort gesandt. Händler und Sammler sollen sich melden. Alte und neue Seiden-Abfälle, auch Seiden- 16228 fäden werden gekauft. 85 MW nimm, imftfi.nl Kur Mentlgra 18 o Nur Nur Eingang Karmelitergasse im Hofe. 14 (Nachdruck verboten.) Der Schatz des Prälaten. Noma» v»» Gebhard S«hätz!er»'Perastuh Und es hatte wirklich seine Richtigkeit. Leo

Volmerding hatte Elli in der Gesellschaft einer befreundeten Familie kennen gelernt und sich auch sogleich in sie verliebt. Zur Abwechslung konnte er es ja auch einmal mit der Che versuchen. Cr sprach mit seinem Vater, und dieser zeigte sich nicht abgeneigt. So hatte Leo Volmerding seine Werbung bei dem Vater vorgebracht und Wörmann hatte dem sungen Manne zugesagt, für ihn bei Clli zu sprechen. Mit diesem.Bescheid mußte sich der Brautwerber zunächst Begnügen. Und der Vater sprach mit seiner Tochter ganz

allein in seinem Privatkabinett. #i Man hätte auf dem Korridor draußen den tief schmerzlichen Aufschrei hören können, dem dann em unterdrücktes Schluchzen folgte. Wer es gab hier keinen Horcher. Und dann sprach der totenbleiche Vater lange auf sein Kind ein. in ruhiger, schmerzbewegter Weise. Was er seiner Gattin nicht zu enthüllen chagte. Clli erfuhr es in dieser Stunde. Durch btefe Heirat hoffte Wörmann die drohende Ge fahr abzuwenden; denn Leo Volmerding war reich, sehr reich. Ellis Tränen

geräucherte Wurst Kr. S.—, Salami Kronen 6.50, SÄlf lelsil R l.- per Kilo. — Versand per Nachnahme in 5 oder 10 Kilo Postkartons durch die „Hungaria-“ Pferdefleisch-Selchwarenfabrik A.-G., Kolozsvar, Malom- gasse. — Für Verpackung und Porto werden Kronen 1.50, bezw, Kronen 3.— berechnet. 16433 entstelltes Gesicht, und so erklärte sie sich bereit zu dem Opfer. Tabei aber war ihr zu Mute, als ginge es zum Sterben. Wenn Leo Volmerding eine liebende, ihn beglückende Braut erhoffte, so mußte^er schwer

hatte und sie ihm ihr Jawort gab, Leo Volmerding zu heiraten, drei Tage. Und dach schien es ihr, als wäre ihr Brautstand ewig. ^ Volmerding war erschienen, elegant vom Schei tel bis zur Sohle, frisiert und parfümiert. Er war gewöhnt, Frauenherzen im Sturme zu er obern und wurde nun nicht wenig enttäuscht. Elli so kalt zu finden. Das hatte er nicht erwartet. „Sie ist zu schüchtern, warten wirs ab," sagte er sich schließlich. Die nun folgenden zwei Tage ließ er sich nicht blicken. „Fch werde sie schmachten lauen!" saate

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Außferner Zeitung
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Page 17 of 20
Date: 21.06.1914
Physical description: 20
— 197 „Es war auch zuerst meine Absicht, nächste Woche zu kommen; wäre es dir angenehm, wenn wir unsere Er mittelungen sofort beginnen würden? Uebermorgen muß ich wieder fort und ich möchte doch meinen armen Jungen zuvor untergebracht wissen. Ist es nicht sonderbar, daß ich, ein Mann, die Kinder jo lieb habe, und du, He lene, sie gar nicht magst?" „Ich, die Kinder nicht mögen? Ich bin ja ganz närrisch damit!" rief sie errötend, — „aber Leo!" Mit diesen Worten trat sie in ihr Toilettenzimmer

, um sich zum Ausgehen an zukleiden. Drei Stunden lang durchstreiften sie die Stadt und besuchten alle öffent lichen und privaten Erzieh ungsanstalten. Hier wollte nian einen so jungen Kna-- ben nicht aufnehmen, dort überschritt man eine be stimmte Zahl von Zög lingen nicht. Paul kam mutlos zurück. Helene tröstete ihn, indem sie ihm vorstellte, daß sie ja noch verschiedene Adressen hät ten, wohin sie sich am nächsten Tage begeben könnten. Das Kind war einge schlafen. Leo war' heimge kommen unh hatte kleine

Gartenwerkzeuge für Nando mitgebracht. Paul hätte ihn gar zu gerne aufge weckt, um sich an seiner Freude zu ergötzen. . „Dort hinter der Laube ist ein Eckchen, wo er nach Herzenslust hacken und pflanzen kann", sagte Leo, als er vor dem Mittagstisch mit dem Schwager im Garten auf- Gegenteil. Leo ließ sich die Konstruktion der Kriegsschiffe erklären und beklagte sich über das Zollwesen in seiner Hermat. „Du hattest heute morgen ganz recht," meinte er. „alle plus den deutfcfjen Kolonien. Die Kaiserliche

Schiffswerft in Tsingtau. Huö den deutschen Kolonien. (Ein Trdwohnhaus in Veutsch-Dstafrika. und abging. Helene, die ein lästiger Besuch im Salon zu rückhielt, saß wie auf glühenden Kohlen. Sie fürchtete, Leo und Paul möchten sich verstehen und ohne ihr Vei- sern ein gefährliches Gebiet der Unterhaltung betreten. Im halbe Stunde steht ein Zollhaus! Aber was nützt es denn, rrchtrge Gedanken zu haben? Zwei Jahre lang sammelte ich Material, um den Bau meiner Beweise aufzuführen, dann begab

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Lienzer Nachrichten
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Page 5 of 16
Date: 23.06.1914
Physical description: 16
Oiitimr 197 „Es war auch zuerst meine Absicht, nächste Woche zu kommen; wäre es dir angenehm, wenn wir unsere Er mittelungen sofort beginnen würden? Uebermorgen muß ich wieder fort und ich rnöchte doch meinen armen Jungen zuvor untergebracht wissen. Ist es nicht sonderbar, daß ich, ein Mann, die Kinder so lieb habe, und du, He lene, sie gar nicht magst?" „Ich, die Kinder nicht mögen? Ich bin ja ganz närrisch damit!" rief sie errötend, — „aber Leo!" Mit diesen Worten trat

sie in ihr Toilettenzimmer, um sich zum Ausgehen an zukleiden. Drei Stunden lang durchstreiften sie die Stadt und besuchten alle öffent lichen und privaten Erzieh ungsanstalten. Hier wollte man einen so jungen Kna ben nicht aufnehmen, dort überschritt man eine be stimmte Zahl von Zög lingen nicht. Paul kam mutlos zurück. Helene tröstete, ihn, indem sie ihm vorstellte, daß sie ja noch verschiedene Adressen hät ten, wohin sie sich' am Gegenteil. Leo ließ sich die Konstruktion der Kriegsschiffe erklären und beklagte

sich über das Zollwesen in seiner Heimat. „Du hattest heute morgen ganz recht," meinte er. „alle nächsten könnten. Das schlafen. kommen Tage begeben Kind war einge- Leo war heimge-. und hatte kleine Ms den deutschen Kolonien. ^^2 Die kaiserliche Schiffswerft in Tsingtau. Gartenwerkzeuge für Nando mitgebracht. Paul hätte ihn gar zu gerne aufge weckt, um sich an seiner Freude zu ergötzen. „Dort hinter der Laube ist ein Eckchen, wo er nach Herzenslust hacken und pflanzen kann", sagte Leo, als er vor dem Mittagstisch

mit dem Schwager im Garten auf- Ms den deutschen Kolonien. Ein Erdwohnhaus in Deutsch-Gftafrika. und abging. Helene, die ein lästiger Besuch im Salon zu rückhielt, saß wie auf glühenden' Kohlen. Sie fürchtete, Leo und Paul möchten sich verstehen und ohne ihr Bei sein ein gefährliches Gebiet der Unterhaltung betreten. Im halbe Stunde steht ein Zollhaus! Aber was nützt es denn, richtige Gedanken zu haben? Zwei Jahre lang sammelte ich Material, um den Bau meiner Beweise aufzuführen, dann begab

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Sterne und Blumen
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Page 1 of 16
Date: 28.06.1914
Physical description: 16
, und um eine Erklärung zu vermeiden, blieb sie ruhig im Bette liegen. Am nächsten Mor gen war sie froh darüber, denn in dem in Gedanken nochmals den ereigmsvollen Tag durchging, mußte sie sich sagen, daß Martha impertinent gewesen, und es an ihr, der Herrin, sei, die Fehler ihrer Dienerin zu unterdrücken. Sie überlegte aber nicht, daß es ein wenig zu spät war, um damit zu beginnen. „Schläfst' du noch?" rief sie ihrem Gatten zu. Leo besaß die Schwäche, des Morgens gern noch eine Weile halb schlafend im Bette

zu liegen, und trotz der vielen Jahre, die sie verheiratet waren, hatte Helene nicht gelernt, ihn in Ruhe zu lassen. Fast möchte man glauben, daß ihr gerade dann, wenn er noch schlafen wollte, die wichtigsten Fra gen einfielen, auf deren Beant wortung sie unmöglich warten konnte. Leo antwortete mit einem dumpfen Brummen und drehte sich nach der Wand. „Wie gefällt dir der kleine Nando?" Keine Antwort. Sie wußte wohl, daß er nicht schlief und wie^ derholte deshalb: „Wie gefällt dir der klein? Nando

? habe ich dich gefragt." Leo verdrießlich. Helene lachte ebenso spöttisch wie am Abend zuvor, da Martha ihre Meinung abgegeben hatte. Aber sie erging Das erste Esperanto-Denkmal in franrensbacl. „Unerträglich!" murmelte sich in bitterem Nachdenken über die Selbstsucht ihrer Um gebung. Ein entzückendes, wohlerzogenes Kind; ein Kind, wie sie noch nie eines gesehen, und trotzdem suchte jeder mann in ihrem Hause, dasselbe so bald als möglich wieder los zu werden. „Meine Familie wird dir nicht lange zur Last fallen

", sagte Helene und begab sich in ihr Zimmer. Leo hörte sie nicht; er schlummerte ruhig weiter, und sein erster Gedanke beim Auf wachen war, sich auf den Vers jenes Psalmes wieder zu besinnen, welchen man ihn als Kind vor der Mahlzeit hatte beten lassen. Zu seinem Bedauern vermochte er sich desselben nur zur Hälfte zu er innern, und er hätte ihn doch so gern Nando gelehrt. Martha erschien auf das erste Glockenzeichen ihrer Gebieterin. „Bringe mir den Kleinen", sagte Helene, ohne auf ihren Morgengruß

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Sterne und Blumen
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Page 6 of 16
Date: 28.06.1914
Physical description: 16
„Was redest du denn da für einen Unsinn? Das Kind fieberte gestern schon. Er hat vielleicht die Bräune, denn die /Stimme klingt heiser, oder eine Hautkrankheit. Ohne den Arzt um Rat zu fragen, können wir nichts tun. Armer Kleiner!" „Wie mußte er sich so ganz allein im Dunkeln fürchten! Wer weiß, wie lang er schon geschrien hat." Leo ging fort, und Helene verschluckte am Bettchen kniend ihre Tränen. Sie hielt Nandos Händchen, das sie beständig küßte. Was sollte sie dem lieben Gott versprechen

werden; sie wollte ihm alles, alles opfern, selbst die Liebe ihres Mannes, wenn Leo wirklich die Grau samkeit haben sollte, ihr des halb weniger Liebe entgegenzu bringen. Aber sie wußte, daß er sie nur noch mehr lieben würde, wenn sie sich um andere kümmerte, anstatt immer nur an sich zu denken. War er nicht heute abend zärtlicher denn feit Jahren ge wesen? Auf einmal wurde es ihr klar, wie hohl ihr sogenanntes Glück sei. Sie hatten jedes für sich gelebt, und wenn sie auch beide zu wohlerzogen waren, um mit einander zu streiten

, Geiftl. Rat Heinrich Ruttruff in Kirchen (Baden), verstand sie nicht, aber sie fühlte einen Stich im Herzen, als er auf sinmal nach seiner I darin besteht, sein Glück Mutter rief. ! finden. Diese machen wir uns nun Leo kam mit Endlich hielt ein Wagen vor der Türe, dem Arzt. Das Kind hatte eine für den Augenblick nicht gefährliche Halsentzündung, welche aber der Beginn des Scharlachs sein konnte. „Geh zu Bett, Helene," sagte Leo besorgt, da er die müden Augen seiner Frau sah, „du bist sonst morgen

, bei dem armen Kinde, könne sie sie unmög lich länger dulden. Leo schaute sie an. „Uebereile dich nicht, Helene, du könntest es nachher be reuen." „Was denn?" „Deine alte Dienerin fortge- . schickt zu haben." „O, du weißt nicht, wie sehr sie das arme Kind verabscheut. Und nicht wahr, wir behalten dasselbe jetzt doch immer bei uns?" „Natürlich, Helene, es wird uns nicht nur glücklicher, sondern auch besser machen." „So wollen wir es also aus Selbstsucht behalten?" „Entschieden. Aber es gibt eine erlaubte

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