Florenz: Alexander Langer (49). grüner Abgeordneter zum Europäischen Parlament, wählt den Freitod Ein Leben für die Anderen Mit einer Geste, die niemand erwartet oder erahnt hätte, ging der Politiker Alexander Langer von der Bühne, auf der er sich zeitle bens rastlos für die anderen einge setzt hatte. „Die Lasten sind mir zu schwer geworden, ich derpack’s einfach nimmer. Bitte verzeiht mir alle - auch die Art des Weggehens. Dank habe, wer mir beim Tragen ge holfen hat - keine Bitterkeit ver
bleibt gegen jene, die nur drauf geladen und erschwert haben. .Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid.' Auch dieser Einladung zu folgen, fehlt die Kraft. So gehe ich weg als Verzweifelter, der nicht mehr kann. Seid nicht traurig, macht weiter, was gut war. “ Das waren die letzten Worte, die Alexander Langer kurz vor 21 Uhr am Abend des 3. Juli 1995, einem Montag, auf einen Zettel kritzelte. Dann stieg er aus seinem weißen Fiat Uno, kletterte barfuß auf einen Marillenbaum, die Schlinge
, nicht nur in Südtirol, wo der Land tag, der gerade tagte, seine Ar beiten sofort abbrach. Viele seiner Freunde und Weg gefährten wollten die Version vom Selbstmord zunächst nicht glau ben. Zu aktiv war Langer, der privat zwischen Florenz, Bozen und Sterzing pendelte, immer ge wesen. Politisch war sein Radius noch weitaus größer: Brüssel und Straßburg, Dublin und Cannes wa ren nur einige der letzten Stationen des geachteten Fraktionschefs der Grünen im Europaparlament. Stationen im Leben des Politikers Alexander
Langer immer kämpferisch A lexander Langer erblickte am 22. Februar 1946 in Sterzing das Licht der Welt. Sein Vater, ein Wiener jüdischer Abstammung, war damals der einzige Chirurg am Krankenhaus, seine Mutter entstammte einer bekannten Sterzinger Familie. ln Szene setzt sich Alexander Langer erstmals in seiner Obfer- schulzeit am Bozner Franziska nergymnasium, wo er nur dank seiner außergewöhnlich guten schulischen Leistungen diese „Eskapaden“ übersteht. 1964 beginnt er in Florenz das Studium
der Neuen Linken/Nuova Sinistra in den Südtiroler Landtag ein. 1981, zur Halbzeit, räumt er seinen Platz für Luigi Costalbano, ob gleich er dessen politische Ein stellung für falsch hält, aber: „Ab machungen sind Abmachungen.“ • 1983 heißt seine Liste ALFAS. Sie verbessert sich von 3,65 auf 4,52 Prozent und erobert zwei Sitze. Langer zeigt fünf Jahre hin durch auf, wie man Opposition machen kann und muß. Er besetzt wichtige Themen, die Kleinkrä merei, heutzutage allgegenwärtig, liegt ihm nicht. 1988