Jahrgang 1913. Samstag, „Brixener Chronik.' 22. März. Nr. 33/34. — Seite 17. Der Köiligsumd in Saloniki. Die ganze Kulturwelt steht unter dem Ein drucke des furchtbaren Verbrechens, welches in Saloniki begangen worden ist. Der König der Hellenen, Georg, ist einem Revolverattentate zum Opfer ge fallen. Fast sträubt sich der Verstand dagegen, an dies? Untat zu glauben, und doch ist sie furchtbare, bittere Wahrheit. Ein Fanatiker, oder besser gesagt, ein Verblendeter, ein Grieche
war es, der mit einem wohlgezielten Schusse seinen König niederstreckte. Unsere Sprache ist zu schwach, um diese ruchlose Tat mit den treffenden Worten zu brandmarken. Die alten Griechen hatten für einen Königsmord sowie für einen Vatermord in ihren Gesetzen keme Strafe vorgesehen, weil sie es nicht fassen konnten, daß ein Untertan seinen König oder ein Sohn seinen Vater ermorden könne. König Georg der Hellenen, der ein Menschen leben lang unermüdlich, aufopferungsvoll, mit Ueberwindung der größten Schwierigkeiten
und der schwersten äußeren Krisen für das Wohl des Landes und seiner Bewohner gearbeitet hat, König Georg der Hellenen, welcher sich gerade in diesem Jahre anschickte, sein 50jähriges Regierungs-Jubiläum zu begehen, König Georg, dem nach einer langen Periode innerer Unruhen und äußerer Niederlagen und schwerer Zeiten für den Bestand seiner Dynastie nun die Sonne des Sieges, der Ruhe und der Popu larität zulächeln sollte, er ist durch Verbrecherhand gefällt worden. Dem ermordeten König, der aus dem zerrütteten
Glück nicht nur für die Türkei, sondern auch für Europa ist es, daß der Mordgeselle auch kein Muselmann ist. Hätte irgend ein fanatischer Mohammedaner Hand an den König der Hellenen gelegt, so hätte stch die Wut des ganzen Balkan bundes gegen die Pforte gewendet, der seinem Ende sich zuneigende Balkankrieg wäre mit entsetzlicher Rachsucht von neuem losgebrochen, er wäre auch für den europäischen Frieden eine starke Belastungs probe gewesen. Angesichts dieser Gründe wäre man fast geneigt, auszurufen
am Balkan zu schreiten. Zögert Europa noch, dem Balkankriege ein rasches Ende zu bereiten, streitet die europäische Diplomatie um akademische Erörterungen herum, so ist die Gefahr vorhanden, daß die Bluttat von Saloniki vielleicht auch anderswo am Balkan eine Wiederholung findet. Sowohl in Belgrad als auch in Sofia werden Stimmen des Unmutes gegen die Dynastien laut und in den Schwarzen Bergen wackelt Nikitas Thron ganz bedenklich. Vie erste Nachricht lautete: „Während der König am 18. März nach mittags