, fährt sie .sich über die feuchte, heiße Stirn, als ob sie von dort all die quälenden Gedanken mit einemmal hinwegscheuchen wollte. Wenn nur dieses Herz einmal schweigen wollte! Würde es nie zur Ruhe kommen? Nicht die Grabes ruhe meinte sie damit, sondern jene weise Ruhe, die in dem Ueberwinden der Jugendstürme liegt, jene Zeit, da das menschliche Herz keinen Jugendillusionen mehr nach jagt. Würde es diese Ruhe, diesen Frieden für sie geben? Sie hatte gearbeitet, um den Schmerz zü übertönen
, sie hatte nach Ruhm und Ehre gestrebt, glaubend, hierin Ersatz für verlorene Liebe zu finden. Der Lohn für ihre Arbeit blieb nicht aus. Sie hatte gesäet, und sie durfte ern ten, reichlich ernten. Der Durst mach Ruhm und Ehre ward gestillt, der Durst nach Liebe blieb. Das Heim weh nach Glück, die Sehnsucht nach der Liebe würde bleiben, solange die ses Herz schlug. Es gibt ja so vieles im Leben, was nie und nimmer wie der erblühen kann. In dieser Stadt, an dieser Stätte kam ihr dieses -so recht zu Bewußtsein
. Die herrlichsten, erhabensten Baudenkmäler, die für Jahrtausende geschaffen schienen, waren Ruinen, aus allen Winkeln und Ecken lugt der Tod hervor, nichts kann sie vor dem Untergange retten. Menschenwerke! Gotteswerke, sie bleiben ewig! Ja, war ihre Liebe denn Menschenwerk? Hatte nicht Gott ihr diese Liebe ins Herz gelegt? Dann konnte diese Liebe ja niemals erlöschen! — Das würde sie ja auch nicht. Sie wußte es nur zu gut. Aber Gott gab uns auch einen freien Willen, dem wir folgen
können, wie wir wollen. Hatte sie diesen Willen immer zu ihrem Besten und zu dem Besten ihres Nächsten angewandt? Demütig beugte sie das Haupt und ihr Herz betete: „Herr, dein Wille geschehe." — Leise wandte sie sich zum . Gehen, da tönten an ihr Ohr deutsche Laute, überrascht blieb sie stehen, ein Gruß aus der Heimat! Ihr Auge suchte den Träger der Stimme. Durch Säulen halbverdeckt, sah sie zwei Herren, die ihr den Rücken zu wandten. Der kleinere Blonde sprach auf seinen Begleiter, eine schöne, stattliche Erscheinung, eifrig
Männer um. Was war das? Niemand zu sehen. Doch dort an der Säule lehnte eine Frauengestalt. Krampfhaft hebt sich die Brust, fest die Hände dagegen ge preßt, als wollte sie all das Weh und alle Qual, die darinnen tobten, zu rückdrängen. Marianne hatte die Unterredung der beiden angehört. Glück und Weh durchfluteten bei seinen Worten ihr Herz. Ihre Seele weinte, und jauchzte zugleich. Mit einem Satz war Paul Bucheck an ihrer Seite, er wußte, wer sie war. Sein Herz sagte es ihm. „Marianne!" Ein Laut