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Newspapers & Magazines
Tiroler Land-Zeitung
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Page 14 of 20
Date: 01.10.1904
Physical description: 20
158 wohin verschiedene Finger zeigten, und wo man noch eben eine Sl.;ub- wolke sehen konnte, die wahrscheinlich von einem schnell dahinfahr' nden Wagen verursacht worden. „Hast du ihn auch gesehen?" „Nein, nein, wen denn?" „Oh, ich sage dir, das ist ein vornehmer Herr!" „Ja, wer war es denn?" „Heinrich Gaasdonk." „In einem Wagen?" „Ja, in einem offenen Wagen! Und es war noch ein feiner Herr dabei." Die ältern Männer schüttelten den Kopf; die jüngeren, die noch mit Heinrich auf der Schulbank

gesessen hatten, fühlten doch wohl ein klein wenig Neid. „Wo ist er jetzt eigentlich?" „Wo, das weiß ich nicht genau; er muß auf einem großen Bureau sein und viel Geld verdienen." „Aber er scheint es auch flott ausgeben zu können." „Pst! Da kommt sein Vater, der weiß sicher noch nicht, daß Heinrich hier ist." Gaasdonk war den plaudernden Gruppen genaht, wo es nun still wurde, und mehr oder weniger verlegene Gesichter nach der anderen Seite sahen. Der alte Bauer hatte schon ein einzelnes Wort

aufgefangeu und sofort die Wahrheit vermutet. „Ist Heinrich hier vorbeige kommen?" fragte er im allgemeinen, ohne sich an eine bestimmte Person zu wenden. „Ja, Gaasdonk, in einem offenen Wagen, mit noch einem Herrn dabei," sagte Swinkels, Gaasdonk's Nachbar. Der Bauer hätte lieber gehabt, daß ein anderer die Antwort gegeben hätte und dann wäre vielleicht das Wörtchen „noch" nicht ''o spöttisch betont worden. Mit einem kurzen „Danke Swinkels", wandte er sich um. „Komm, Dorus, dann müssen wir nach Hause

können den Weg noch mit Leichtigkeit zurücklegen, und dann junge Leute!" „Ich sage nicht nein, Baas, aber Heinrich mußte es vielleicht des fremden .Herrn wegen tun. Das wird so Mode sein in der Stadt, denke ich. Sie haben dort ganz andere Manieren als wir auf dem Dorfe." „Gewiß, ganz andere Manieren, Dorus, aber das will mir eben nicht gefallen. Und Heinrich stammt doch auch von Bauern ab, wenn er auch in kr Woche einen Stehkragen trägt. Ich finde es unerhört, Dorus, daß die Leute hier sehen müssen, wie Heinrich so sein Geld

verschwendet, während ich schwer arbeiten muß vom frühen Morgen bis zum späten Abend." „Ihr habt Recht, Baas: aber.... aber —" "Was aber? Ich habe so viel Reue darüber wie ich Haare auf dem Kopfe habe, daß ich zugegeben habe, daß Heinrich nach der Stadt ging." „Aber er wäre doch nie ein echter Bauer geworden, Baas. Er ist ganz anders als Gerhard. Der war von Jugend auf im Stalle und auf dem Acker, hatte Freude an der Viehzucht und allen ländlichen Arbeiten, während Heinrich, das wißt Ihr doch ebenso gut

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 13 of 20
Date: 03.09.1904
Physical description: 20
zu ihm: „Ich habe mit dem Vorstande des Volksbildungsvereins gesprochen. In einigen Wochen findet dort so eine Art Christbaumfest statt mit allerlei Vorstellungen, darunter auch mit musikalischen, und bei dieser Gelegenheit sollen Sie etwas aus dem Waldhorn vortragen. Nur nicht sein Licht unter den Scheffel stellen. Die Geister müssen auseinanderplatzen, miteinander ringen, dann gibt es erst das rechte Leben, und die Menschheit wandert wieder ein Stückchen weiter aus der Bahn des Fortschritts." Heinrich lächelte. „Gut", sagte

er, „ich bin's zufrieden, habe ich mir doch ohnedem heut' gewünscht, selbst in das musikalische Leben hier mit eingreifen zu dürfen." Mit einer gewissen Unruhe erwartete Heinrich nun doch das Fest des Volksbildungsvereins. Endlich erschien der Abend, und Heinrich wanderte mit Putke zusammen in das betreffende Lokal. Nun erschien auch der Augenblick, wo Heinrich sich mit seinem Waldhorn auf das Podium begab. Er wurde am Klavier von einem jungen Musiklehrer begleitet. Zuerst blies Heinrich eine Art Jagdlied

zum Ehekrüppel zu haben. Bald war er im ' vertrautesten Gespräch mit Heinrich, der ihm gern sein Herz erschloß, und das Ende vom Liede war, daß Heinrich das Versprechen gab, zur Musik überzusatteln. Gerade in kürzester Zeit sollte du neuer Hor nist engagiert werden bei der Hofkapelle, weil der Inhaber der Stelle sich pensionieren lassen wollte. Kompert wollte Heinrich dazu vor- ! schlagen, und der letztere sollte bald vor dem Theaterkapellmeister eine Probe seines Könnens ablegen

. „Es wird Ihnen nicht schaden, noch zu lernen," beschloß Kompert das Gespräch, „aber jedenfalls sind Sie reif, um in der Oper Ihrer Partie gerecht zu werden. Sie besitzen große musikalische Begabung und dabei ein tief poe tisches Empfinden, — Sie können ein bedeutender Künstler werden * und sich als Solist in Konzerten hören lassen." Mit Putke wurde bereits an diesem Abende alles geordnet, und der brave Mann war gern bereit, ohne vorherige gesetzliche Kündigung Heinrich zu ent lassen, weil er dem Glück des letzteren

nicht im Wege stehen wollte. Es war dies ja auch ein unerhörter Glücksfall. Wie lange und heiß müssen andere angehende und auch bereits fertige Künstler ! ringen, bis ihnen eine feste Stellung zu teil wird. „Ihnen verdanke ich mein Glück!" sagte Heinrich zu Putke, als sich Kompert entfernt hatte. „Wenn Sie nicht so liebevoll besorgt um mich gewesen wären, daß auch ich mein Licht leuchten lassen solle, um wieder neuen Lebensmut zu gewinnen, so wäre dieser Sonnenstrahl nicht auf meinen Weg gefallen

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 13 of 16
Date: 29.10.1904
Physical description: 16
1904. Kas alte Erbgut. Eine Dorfgeschichte von I. V e st e r s. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) „Ja, ich bin hart, und ich habe Freude daran, hart zu sein. Nun bin ich an der Reihe, Frau Gaasdonk." „Aber was willst du nun eigentlich von uns, Swinkels?" fragte der Ulmenbauer. „Wenn es dein Plan ist, Heinrich ins Gefängnis zu bringen, brauchst du uns das nicht erst zu erzählen." „Ich könnte das doch vielleicht tun, Nachbar, weil es mir Freude macht, dir das zu erzählen

; aber es ist nicht mein Plan " „Danke, Swinkels," sagte Frau Gaasdonk, „ich wußte wohl, daß Ihr nicht. . . ." „So schlecht wäret, wollt Ihr sagen," siel Swinkels ihr spöttisch in die Rede. „Aber seid nicht zu voreilig, Nachbarin.... Es ist nicht mein Plan, .Heinrich ins Gefängnis zu bringen, wenn der Ulmenbauer wenigstens etwas dafür übrig hat." „Du wirst das Geld doch geben, Vater?" fragte sie von neuem. „Wir werden uns einschränken, wir werden noch fleißiger sein." „Nein, Nachbarin

, so meine ich es nicht. Ich wollte wissen, was dem Ulmen bauer der Brief wert ist, den ich besitze, und mein Schweigen." „Was verlangst du?" fragte Gaasdonk. „Gerade so viel, wie Heinrich: zehntausend Mark, keinen Pfennig weniger!" „Du willst also unfern Untergang, du willst uns vom Ulmen hofe vertreiben?" sagte Gaasdonk. „Du bist der größte Schurke, den ich jemals gesehen habe. Hätte Heinrich auch zwanzigtausend Mark gestohlen, du bist ein noch viel größerer Schurke." „Deine Schimpfworte tun mir nicht weh, Ulmenbauer, aber ich möchte

dir doch raten, etwas vorsichtiger zu sein, denn meine Geduld hat ihre Grenzen. Uebrigens, ich lasse dir die Wahl: siehst du Heinrich lieber im Gefängnis, dann kostet es dich keinen Pfennig. Es ist sicher am vorteilhaftesten." „Nein, nein," schrie Frau Gaasdonk, „Heinrich muß vor dem Gefängnis bewahrt bleiben. Unser guter Name darf nicht durch den Schmutz gezogen werden. Denke an Gerhard und Trude, Vater." Ter Ulmenbauer schwieg. Gewiß, er dachte an seine andern Kinder: an Gerhard, dem er einst den Hof

Ihr kein Mit leid mit den Tränen und den Schmerzen einer Mutter?" „Nein, ich habe kein Mitleid. Noch einmal: Ihr habt die Wahl. Fällt das Geldopfer dir zu schwer, Ulmenbauer, nun, dann geht Heinrich ins Gefängnis, dann hat er seinen verdienten Lohn." „Willst du mir einen Tag Zeit geben, Swinkels?" fragte der Ulmenbaüer tonlos. „Um dann Herrn Heinrich zu warnen, damit er sich aus dem Staube macht! Nein, Gaasdonk, so dumm bin ich nicht. Wenn ich dein Haus verlasse, mußt du deine Wahl getroffen haben; ent weder

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 14 of 16
Date: 12.11.1904
Physical description: 16
wie er noch nie gewesen, ver ließ der Notar den Hof, den Bauern in tiefen Gedanken zurücklassend. VII. Heinrich hatte eine Einladung erhalten, um am folgenden Tage, einem Sonntage, gegen Mittag einmal zum Notar Geiner zu kommen. Ter junge Mann hatte das Briefchen erstaunt betrachtet. Er gebracht. Er begann zu fürchten, daß seine Eltern ihn seinem Schick sal überließen und hatte den Entschluß gefaßt, wie schwer ihm dieser Schritt auch werden mochte, nach dem Ulmenhofe zu gehen, seinen Eltern die Sachlage

auseinanderzusetzen und sie um Hülfe anzuflehen. F Im russischen Feldlazarett zu Mulden. kannte den Notar nicht viel mehr als dem Namen nach, und konnte sich nicht erklären, warum dieser ihn zu sprechen wünschte. Heinrich war in einer glücklichen Stimmung. Des Mittags war Dorus bei ihm gewesen und hatte ihm die erforderliche Summe Mieders mit Frauenstein-Gletscher an der Ltubaitalbahn. als der treue alte Knecht eintrat. Dorus hatte nicht geschimpft, er hatte überhaupt nicht viel gesagt, und gerade darum machten

seine Worte einen so tiefen Eindruck. „Heinrich, Junge, sei doch vorsichtig. Der Ulmenbauer ist nicht reich genug, um so etwas zum zweitenmale gut zu machen. Und was müßte dann geschehen?" Heinrich war ganz beschämt, viel mehr, als wenn man ihm in heftigen Worten sein Vergehen vorgeworfen hätte. Bewegt hatte er die Hände des treuen Knechtes gedrückt. „Bitten Sie zu Hause für mich um Verzeihung, Torus. Morgen komme ich selbst. . . Sollte Vater mich sehen wollen?" „Komme ruhig, Heinrich. Tein Vater

wird dann sehen, daß du Reue fühlst. Das wird eiu Trost für ihn sein." Zum erstenmal seit langen Tagen war Heinrich ruhig, nun er von den. quälenden Gedanken befreit war, der Furcht vor der Ent deckung, die ihn wie ein Alp verfolgte. Zwar mußte er beschämt die Augen Niederschlagen vor seinen Eltern, aber sie würden ihm seinen Leichtsinn verzeihen, und er seinerseits würde seinen Fehler gut zu machen suchen. Ar beiten würde er, kein Ver gnügen noch Erholung sich gestatten, ehe er seine Schuld — eine Ehren

schuld — getilgt hätte. Als der junge Mann am folgenden Tage zum Notar kam, sagte dieser: „Heinrich, ich weiß alles, was mit Ihnen ge schehen ist." Heinrich sprang be stürzt auf und stammelte einige unverständliche Worte. „Beruhigen Sie sich, Heinrich, ich schweige wie das Grab. Betrachten Sie es vielmehr als ein Glück, daß ick es weiß, denn da durch habe ich Ihren guten Vater vor dem schweren Schlage, der ihm drohte, vor dem Verluste des Ulmenhofes, bewahren können." „Aber was ist denn geschehen

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Tiroler Post
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Page 18 of 20
Date: 30.09.1904
Physical description: 20
Seite 16 Josef K Tapezieren Univers empfiehlt sich fr Arbeiten, sowie solide ui Die P. T. P von Seite der I_ begünstigung. MU" S Divans, Ottomanen Georj optisch Innsbr Elektrotet 158 wohin verschiedene Finger zeigten, und wo man noch eben eine Staub wolke sehen konnte, die wahrscheinlich von einem schnell dahinfahrenden Wagen verursacht worden. „Hast du ihn auch gesehen?" „Nein, nein, wen denn?" „Oh, ich sage dir, das ist ein vornehmer Herr!" „Ja, wer war es denn?" „Heinrich Gaasdonk

." „In einem Wagen?" „Ja, in einem offenen Wagen! Und es war noch ein feiner Herr dabei." Die ältern Männer schüttelten den Kopf' die jüngeren, die noch mit Heinrich auf der Schulbank gesessen hatten, fühlten doch wohl ein klein wenig Neid. „Wo ist er jetzt eigentlich?" „Wo, das weiß ich nicht genau; er muß auf einem großen Bureau sein und viel Geld verdienen." „Aber er scheint es auch flott ausgeben zu können." „Pst! Da kommt sein Vater, der weiß sicher noch nicht, daß Heinrich hier ist." Gaasdonk

war den plaudernden Gruppen genaht, wo es nun still wurde, und mehr oder weniger verlegene Gesichter nach der anderen Seite sahen. Der alte Bauer hatte schon ein einzelnes Wort aufgefaugen und sofort die Wahrheit vermutet. „Ist Heinrich hier vorbeige kommen?" fragte er im allgemeinen, ohne sich an eine bestimmte Person zu wenden. „Ja, Gaasdonk, in einem offenen Wagen, mit noch einem Herrn dabei," sagte Swinkels, Gaasdonk's Nachbar. Der Bauer hätte lieber gehabt, daß ein anderer die Antwort gegeben hätte

vom Bahnhofe nach dem Gute, Baas," entschuldigte der Knecht. „Was, eine ganze Strecke! Anderthalb Stunden, nennst du das eine weite Strecke? Unsere alten Beine können den Weg noch mit Leichtigkeit zurücklegen, und dann junge Leute!" „Ich sage nicht nein, Baas, aber Heinrich mußte es vielleicht des fremden Herrn wegen tun. Das wird so Mode sein in der Stadt, denke ich. Sie haben dort ganz andere Manieren als wir auf dem Dorfe." „Gewiß, ganz andere Manieren, Dorus, aber das will mir eben nicht gefallen

. Und Heinrich stammt doch auch von Bauern ab, wenn er auch in der Woche einen Stehkragen trägt. Ich finde es unerhört, Dorus, daß die Leute hier sehen müssen, wie Heinrich so sein Geld verschwendet, während ich schwer arbeiten muß vom frühen Morgen bis zum späten Abend." „Ihr habt Recht, Baas; aber.... aber —" „Was aber? Ich habe so viel Reue darüber wie ich Haare auf dem Kopfe habe, daß ich zugegeben habe, daß Heinrich nach der Stadt ging." „Aber er wäre doch nie ein echter Bauer geworden, Baas

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Tiroler Post
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Page 17 of 20
Date: 26.08.1904
Physical description: 20
1 ü*. 85 Gratisbeilage zur „Tiroler Post". 1804 derkauschle Schicksale. Roman von A. Benfey-Schuppe. Nachdruck verboten. vertrautesten Gespräch mit Heinrich, der ihm gern sein Herz erschloß, und das Ende vom Liede war, daß Heinrich das Versprechen gab, zur Musik überzusatteln. Gerade in kürzester Zeit sollte ein neuer Hor nist engagiert werden bei der Hvfkapelle, weil der Inhaber der Stelle (Fortsetzung.) Aber doch war es vor allem die Musik, die ihm die höchsten Wonnen schenkte. Wenn irgend

Sie etwas auf dem Waldhorn vortragen. Nur nicht sein Licht unter den Scheffel stellen. Die Geister müssen auseinanderplatzen, miteinander ringen, dann gibt es erst das rechte Leben, und die Menschheit wandert wieder ein Stückchen weiter auf der Bahn des Fortschritts." Heinrich lächelte. „Gut", sagte er, „ich bin's zufrieden, habe ich mir doch ohnedem heut' gewünscht, selbst in das musikalische Leben hier mit eingreifen zu dürfen." Mit einer gewissen Unruhe erwartete Heinrich nun doch das Fest des Volksbildungsvereins

. Endlich erschien der Abend, und Heinrich wanderte mit Putke zusammen in das betreffende Lokal. Nun erschien auch der Augenblick, wo Heinrich sich mit seinem Waldhorn auf das Podium begab. Er wurde am Klavier von einem jungen Musiklehrer begleitet. Zuerst blies Heinrich eine Art Jagdlied, dann eine schwärmerische, sehnsuchtsvolle Weise, in die er seine ganze Seele legte. Reicher Beifall wurde ihm zu teil. Kaum hatte er sich wieder auf seinen Platz neben Putke gesetzt, als ein Herr auf ihn zustürzte

als Hornist von der königlichen Oper vor, als Kammermusikus Kompert. Er war eine ehrliche, offene Natur mit warmem Herzen, voll Begeisterung für die edle Musika, dabei derbe und stets bereit, mit einer „göttlichen Grobheit" herauszurücken. Er war ein verstockter Junggeselle und behauptete, kein Talent zum Ehekrüppel zu haben. Bald war er im sich pensionieren lassen wollte. Kompert wollte Heinrich dazu Vor schlägen, und der letztere sollte bald vor dem Theaterkapellmeister eine Probe seines Könnens ablegen

. „Es wird Ihnen nicht schaden, noch zu lernen," beschloß Kompert das Gespräch, „aber jedenfalls sind Sie reif, um in der Oper Ihrer Partie gerecht zu werden. Sie besitzen große musikalische Begabung und dabei ein tief poe tisches Empfinden, — Sie können ein bedeutender Künstler werden und sich als Solist in Konzerten hören lassen." Mit Putke wurde bereits an diesem Abende alles geordnet, und der brave Mann war gern bereit, ohne vorherige gesetzliche Kündigung Heinrich zu ent lassen, weil er dem Glück des letzteren

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Unterinntaler Bote
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Page 14 of 20
Date: 22.01.1910
Physical description: 20
193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 207 208—20£ 210—212 213—214 215 216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233 234 235 236 237—238 239 240 241 242 243 18 „Nun, die Ehr' hat sie mir angetan. Sch nimmt mich." Das erstaunte Aufblicken der Eltern belehrte Heinrich darüber, wie wenig sie dies erwartet hatten. „Ich bin kein Hergelaufener," sprach er gereizt. „Und sie kriegt ja einen Lehrer," warf Rosi ahnungslos ein, Willens, den Sohn zu besänftigen

gegeben, obwohl es offen kundig ist, daß du sie nur wegen ihres Geldes nimmst." „Sie weiß ihren Vorteil, ich. den meinen. Sie kommt in die Stadt, sie hat Umgang mit den Äpothekersleuten und dem Bürger meister, kann sich Mägd' halten und . . ." „Das Hab' ich ja gerad' vorhin sagen wollen," wagte die Rosi schüchtern zu bemerken, nachdem sie erst den Giese, dann den Heinrich am Rockzipfel gezupft und vergeblich nach rechts, bald nach links mit den Augen gezwinkert. Heinrich wendete sich der Kommode

zu, wo zwischen zwei bunten Kaffeetassen ein Teller mit einem mächtigen Gugelhopf prangte. Seine Miene sänftigte sich etwas. „Das sieht ja aus wie ein Verlobungskuchen," sagte er, sich erhebend. Die Mutter aber geriet in Verlegenheit. „Ach Gott, diemal nit," stotterte sie. „Den — den Hab' ich gebacken — für den Lenz —" Heinrich blieb wie zu Stein erstarrt stehen. „Für wen?" schrie er, sich ermannend. „Mutter", sagte der Giese, „schau du einmal nach den Mägden, ich Hab' mit dem Heiner zu reden." „Aber —" „Geh

der Giese dumpf. „Ja", rief Heinrich eifrig, „wenn's in der Nachbarstadt ge schehen wär'. Aber weit über dem See, im Bayerischen, eine Tag- rcis' von hier, bei den Blauweißen! Wer sollt's sagen?" „Das ist wahr." „Für Euch rechtschaffene, alte Leut' wär's eine Schand'. Da sieht man, was die Gieses für Leute sind, wird's heißen, und das ganze Torf geht Euch aus b?m Weg. So ein Sohn, der seine alten Eltern in die Grube bringt! Und die Mutter — das werdet Ihr nit wollen, Vater, daß die Bäuerinnen

in der Kirch' von ihr wegrücken — gelobet mir nur, Vater, daß auch Ihr schweigen wollt." Ter Alte stöhnte. Er sank ganz in sich zusammen. „Ich werd' das Unglück von meinem Jüngsten nit in die Welt schreien." „Also Ihr gelobt es?" „Wenn ich einmal etwas gesagt Hab', braucht's kein Gelöbnis." Heinrich wischte sich den Schweiß ab. „Das andere magst mit dem Lenz selber ausmachen," fuhr der Vater fort. „Der Lenz ist gestern freikommen — der Lorenz kommt heut' nachts noch heim — ich hab's nit eh' wollen sagen

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Unterinntaler Bote
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Page 13 of 18
Date: 08.01.1910
Physical description: 18
trockene Moosbüschel und tiefer, mehliger, glitzernder Sand eine geheimnisvolle, lauliche Wärme ans. Ein Kuckuck flog über die Baumwipfel hinweg, sein Ruf verklang in der Ferne, wo es düster rot dämmerte. Christine wandte sich um und blickte Heinrich an, als erwarte sie etwas von ihm. „Ein böser Weg," sagte er zögernd. „Das ist gar kein Weg," erwiderte sie ruhig. „Bückt Euch!" rief sie dann. Ter Alte kroch unter tief hängenden, wirr verschlungenen, süß duftenden Zweigen auf spitzem, lockerem

Gcrölle einen Pfad ent lang, in dessen morastigem Boden seine schweren Schuhe tiefe, nasse Spuren zurückließen. Plötzlich war alle Fernsicht wie abgeschnitten — Heinrich und Christine standen vor einem großen, unbehauenen Stein, um den die Erde festgestampst und trocken schien. „Setzt Euch," sagte sie gleichmütig. „Der Vater wandert noch ein Stückle in den Wald hinein. Aber verhaltet Euch ruhig — von wegen dem Fuchs!" Heinrich betrachtete die „Schwarz'", die furchtlos neben ihm aus den: seltsamen

, „wie der Vater mich vorhin gefragt hat, ob ich Euch nehmen will, oder nit, da war mir's just, als ob ich keinen Willen hält'." „Warum habt Ihr denn ja und nicht nein gesagt?" erkundigte .Heinrich sich mit einem unangenehmen Mischgefühl von Aerger und Neugier — vielleicht hoffte er doch noch etwas zu seinen Gunsten zu hören. „Weil mir's 10 eing'fallen ist," warf sie schnippisch hin, ohne sich zu besinnen. Ein gelindes Grauen überrieselte den Lehrer. Sein zukünftiges Familienglück schien ihm an einem seidenen

Faden zu hängen — an dem Haar eines nichts überlegenden, leichtfertigen Frauenkopfes. Wer hätte das gedacht! Der stolze Ernst dieses Mädchens, wie vertrug er sich mit den soeben geäußerten Worten? Etwas Uner hörtes in dem strengen, schwerfälligen, abwägenden Bauernstände. „Aber -- aber —" stammelte Heinrich. „Gelt, Ihr meint, ich sei ein gar dummes, kopfloses Ding, weil ich so daher red'? Aber ich Handel' nit im Leichtsinn — schon oft haben wir überlegt und überlegt, der Vater und ich, und nachher

ist alles bös' ausg'fallen — und wenn wir gerad' getan haben, was uns eine Stimm' gleich am Anfang eingibt, war's alleweil das Richtige. So mein' ich, daß es Gott's Will' ist. Das übrige, ist Euere Sach'; wenn Ihr mich richtig leitet, so finde ich schon den rechten Weg." „Maidle", sprach Heinrich, indem er sie plötzlich duzte, „Gott hat dir den Verstand gegeben zum Denken - ." „Ter Vater macht's auch so wie ich. Er heißt das eine Ein gebung, oder eine Erleuchtung. Manchmal hockt er halbe Stunden lang

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Tiroler Post
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Page 18 of 20
Date: 11.11.1904
Physical description: 20
ivie ein Kind, glücklich wie er noch nie gewesen, ver ließ der Notar den Hos, den Bauern in tiefen Gedanken zurücklassend. VII. Heinrich hatte eine Einladung erhalten, um am folgenden Tage, einem Sonntage, gegen Mittag einmal zum Notar Geiner zu kommen. Ter junge Mann hatte das Briefchen erstaunt betrachtet. Er Im russischen Feldlazarett zu Mulden. kannte beit Notar nicht viel mehr als dem Namen nach, und konnte sich nicht erklären, warum dieser ihn zu sprechen wünschte. Heinrich

war in einer glücklichen Stimmung. Des Mittags war Dorus bei ihm gewesen und hatte ihm die erforderliche Summe Mieders mit Frauenstein-Gletscher an der Stubaitalbahn. als der treue alte Knecht eintrat. Dorus hatte nicht geschimpft, er hatte überhaupt nicht viel gesagt, und gerade darum machten seine Worte einen so tiefen Eindruck. „Heinrich, Junge, sei doch vorsichtig. Ter Ulmenbauer ist nicht reich genug, um so etwas zum zweitenmale gut zu machen. Und was müßte dann geschehen?" Heinrich war ganz beschämt, viel mehr

, als wenn .man ihm in heftigen Worten sein Vergehen vorgeworfen hätte. Bewegt hatte er die Hände des treuen Knechtes gedrückt. „Bitten Sie zu Hause für mich um Verzeihung, Torus. Morgen komme ich selbst . . . Sollte Vater mich sehen wollen?" „Komme ruhig, Heinrich. Tein Vater wird dann sehen, daß du Reue fühlst. Das wird ein Trost für ihn sein." Zuni erstenmal seit langen Tagen ivar Heinrich ruhig, nun er von dem quälenden Gedanken befreit war, der Furcht vor der Ent deckung. die ihn wie ein Alp verfolgte. Zwar mußte

er beschämt die Augen Niederschlagen vor seinen Eltern, aber sic würden ihm seinen Leichtsinn verzeihen, und er seinerseits würde seinen Fehler gut zu machen suchen. Ar beiten würde er, kein Ver gnügen noch Erholung sich gestatten, ehe er seine Schuld — eine Ehren schuld — getilgt hätte. Als der junge Manu am folgenden Tage zum Notar kam, sagte dieser: „Heinrich, ich weiß alles, was mit Ihnen ge schehen ist." Heinrich sprang be stürzt auf und stammelte einige unverständliche Worte. „Beruhigen

Sie sich, Heinrich, ich schweige wie das Grab. Betrachten Sie es vielmehr als ein Glück, daß ich es weiß, denn da durch habe ich Ihren guten Vater vor dem schweren Schlage, der ihm drohte, vor dem Verluste des Ulmenhofes, bewahren können." „Aber was ist denn geschehen, Herr Notar?" fragte Heinrich entsetzt. „Ich werde Ihnen alles erzählen, um Ihnen zu zeigen, welche Karton und Malbretter, Skizzenbücher, Paket-Adressen, "WM Notenpapier und Hefte, Parteien-Tafeln, RecltDungen, auct} perforierte, Registratoren

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 13 of 16
Date: 24.09.1904
Physical description: 16
Nr. 38. Unttthlütrmgsblall zur „Tiroler Land-Zeituug". 1SV4. dertauschke ^DcKsale Roman von A. B e n f e y - S ch u p p e. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) „Nehmen Sie Platz," sprach nun der Mann fast tonlos und wies auf das Sopha, indem er selbst sich auf einen Stuhl daneben setzte. So tief diese Männerstimme sie auch bewegte, so klar und deutlich ihr Herz ihr sagte: es ist Heinrich Grüner, so glaubte sie doch zweifeln zu müssen, weil er äußerlich verändert war. Dieselben schönen dunklen

, eine feste Stellung zu erhalten, wenn sie nur ihr Kind mitbringen dürfe! Grüner hatte zusammengezuckt, als sie zu sprechen begann. Sie hatten sich beide erkannt, aber beide hielten es für das Beste, dieses Erkennen vorläufig nicht kundzugeben. Cölestine bebte am ganzen Körper, wie sie neben Heinrich saß, und als sich seine Augen voll tiefsten Mitleids und innigster Liebe fest, und für ein paar Augen blicke unverwandt auf ihr Gesicht richteten, senkte sie ihre Blicke zu Boden und Tränen tropften herab

aus ihre Hände. Heinrich sah es wohl. Daß er sie ausnehmen würde, unterlag keinem Zweifel, aber jetzt wollte er um keinen Preis den Liebenden herauskehren, darum hielt er es für besser, einer Erkennungsszene auszuweichen. Er mußte sich furchtbar beherrschen, denn am liebsten hätte er sie doch in seine Arme geschlossen und gesprochen: Sei mein Weib! Nun sagte er aber so trocken wie möglich: „Ich werde mit meiner Mutter sprechen. Sie ist es, welche einer Gesellschafterin, respektive Krankenpflegerin bedarf

, denn sie ist an einer Seite des Körpers völlig gelähmt. Ihr Name, werte Dame?" „Frau Arkoli." Heinrich ging ins Nebenzimmer und blieb wohl zehn Minuten dort. Diese zehn Minuten erschienen Cölestine wie zehn Stunden. Als er wieder hereintrat, sagte er halb lächelnd: „Meine Mutter will Sie gern engagieren. Ihr Kindchen bringen Sie nur mit, es soll uns Beiden willkommen sein. Unsere Familie besteht nur aus meiner Mutter und mir, der ich mich täglich mehr dem verstockten Jung- gesellentume nähere. Bitte kommen Sie so bald

wie möglich, heut' schon, oder spätestens morgen. Meine Mutter möchte gern noch mit Ihnen sprechen, — jetzt gleich, wenn ich bitten darf." „O, welches Glück für mich!" lispelte Cölestine und bedeckte ihr Antlitz mit dem Taschentuche, denn ihre Tränen strömten unaufhaltsam vor Ergriffenheit. Da sie noch schwankend, gewissermaßen ratlos dastand, bot Heinrich ihr den Arm und führte sie ins Nebenzimmer. Von Frau Grüner wurde sie herzlich begrüßt. Diese versicherte ihr sogar, wie sehr sie sich auf das kleine

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 14 of 16
Date: 24.09.1904
Physical description: 16
150 „Woher wissen Sie denn . . . ?" antwortete Cölestine mit glück lichem Lächeln, — brach ihre Gegenrede in seligem Erröten aber bald ab, weil Heinrich sagte: „Halten Sie mich denn für so vergeßlich?" Und bei dieser Anspielung auf frühere Zeiten ließ ihn alle Selbstbeherrschung im Stich. Er schloß die Geliebte in seine Arme, welche auch nicht widerstrebte, sondern die heißen Küsse entgegennahm und wiedergab. Dann sag te er: „Jetzt wollen wir nicht länger mehr zögern. Ich fühle es, Cölestine

, daß du mich noch lieb hast wie früher." „O mehr, mehr noch, Heinrich." „Darum laß uns bald Hochzeit fei ern. Willst du?" „Ja, ich will, wenn — ich dir nur nicht zu gering bin." „Aber Cölestine, — du herrliches Weib" — „Ja, Heinrich, — du bist ein großer Künstler, und ich — bin nichts, bin arm, iringe dir noch ein Töchterchen zu" — „Hör auf, hör auf." „Seelengröße ist es von dir, daß du mich zu deinem Weibe erheben willst, — nachdem damals mein Bruder" — — Sie konnte nicht weiter und brach in Schluchzen

aus. Heinrich umarmte sie von neuem. „Was du mir bist, ahnst du nicht. Du selbst hast Unsägliches erduldet, weil du deine erste junge Liebe zu mir nicht unterdrückt hast. Standesunterschied exi stierte für dich nicht. So schwer es mich auch damals getroffen hat, so gestaltete mein Leben sich doch um vieles besser als das deine. Ich fand einen mich befrie digenden, ja sogar beglückenden Beruf, fand Anerkennung, Ehre, Ansehen und besitze auch ein genügendes Einkommen. Du warst es, die vor allem für unsere

Liebe büßen mußte, und das sollte ich dir jetzt nicht vergelten? Abgesehen davon, daß ich über haupt ohne dich nicht mehr le sen kann." , O , Heinrich, wie groß bist du. Wir haben die Rallen getauscht. Du warst bei meinem Vater in Stellung und ich bin bei deiner Mutter im Dienst, nur mit dem Unterschie de, daß ich ein süßes Heim da bei finde, wäh rend du damals" „Still, still, Geliebte." „Deine Mut ter hatte dir da mals schon eine Braut ausge sucht . . ." „Nur halb und halb. Lies chen

ein Unterschied," dachte sie. Aber auch ihr, der treuen Freundin, nahte das Glück der Liebe. Bei dem Hochzeitsfeste der beiden Grüners lernte sie einen mit Heinrich befreundeten Künstler kennen, mit dem sie sich bald darauf verlobte. Frau Grüner lebte nur noch wenige Jahre und pries diese Zeit als die schönste ihres Lebens, denn sie sah das Glück ihres Sohnes, genoß die liebevollste Pflege der Tochter und hatte noch die Freude, ein klei nes Enkelsöhnchen zu begrüßen. Dann starb sie gern. Ihren Sohn Heinrich

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 16 of 18
Date: 22.10.1904
Physical description: 18
hauptete, daß er viele Ausgaben hätte, wenn er seinem „Stande" gemäß leben wollte, und daß in der Stadt das Leben so teuer wäre. Sie wagte ihrem Manne nichts davon zu sagen, denn dieser wäre imstande gewesen, Heinrich aus der Stadt nach Hause zurück Die Moselbrücke in Trier, auf römischen Fundamenten ruhend. ihrer Empfindungen dem falschen Manne zu verraten, aber doch nicht verhindern konnte, daß ihre Lippen mitunter zitterten und ihre Mundecken zuckten. Sie war eine gute Frau, fleißig

, daß ein Bauernjunge es weit in der Welt ge bracht hatte. Warum sollte Heinrich das nicht können? Und war es auch eigentlich nicht besser, daß Gerhard allein auf dem Hofe blieb und ihn später übernehmen konnte, als daß sie beide Bauern würden und nachher vielleicht nur Schwierigkeiten entstehen würden? Hatte Heinrich eine Stellung in der Stadt, dann waren mit einem Male alle Schwierig keiten aus dem Wege geräumt. Gaasdonk hatte sich zuerst gesträubt, aber endlich dem Drängen von Mutter und Sohn nachgegeben

. Heinrich war ein Herr geworden und das Herrenleben gefiel ihm zu gut. Aber der unerfahrene Landjunge kam mit Kameraden in Berührung, die viel ausgingen und alles mitmachten, und ihn bald so weit gebracht hatten, daß er an ihren Vergnügungen teilnahm. Frau Gaasdonk vernahm natürlich nicht viel, aber wohl klopfte Heinrich manchmal bei ihr an, und die Frau, die stolz war auf ihren tüchtigen Sohn, war schwach genug, ihm mit Geld zu helfen, zwar jedesmal mit der Warnung, daß es nun das letzte Mal wäre

, aber doch ebenso oft wieder den Bitten Heinrichs nachgebend, der be zuholen und. ihn auf dem Lande oder im Stalle an die Arbeit zu setzen. Truda wußte davon, und diese hatte die Mutter wohl einmal gewarnt, aber dann war Frau Gaasdonk böse geworden und hatte ihre Tochter gefragt, ob sie denn nichts für ihren Bruder übrig hätte, ob sie nicht leiden könnte, daß Heinrich ein Herr wäre, und kein Bauer wie Gerhard und Walter. Weil ihr Gewissen nicht ganz ruhig war, suchte Frau Gaasdonk einen Zusammenhang

. „O, das kann ich dir in wenig Worten sagen: Tein Sohn Heinrich ist ein Dieb!" Bei diesem furchtbaren Worte war Gaasdonk aufge sprungen, als ob man ihm einen Stich versetzt hätte. Er tat ein paar Schritte auf Swinkels zu, als ob er ihm zu Leibe wollte, während seine Frau die Hände vor ihr Gesicht schlug und in lautes Schluchzen ausbrach. Wohnzimmer im sibirischen Eisenbahnzug.

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Page 17 of 18
Date: 22.10.1904
Physical description: 18
, weil du das willst. Aber weißt du denn nicht, daß du nicht zu wollen hast, nichts, sage ich dir! Augenblicklich habe ich hier zu befehlen. Verstehst du das, Ulmenbauer? Wenn ich ein Wort sage, sitzt Herr Heinrich in einigen Stunden im Gefängnis." „Mein Gott, mein Gott!" jammerte Frau Gaasdonk, die Hände ringend. „Aber was hat Heinrich denn getan, Swinkels?" fragte sie. „Sagt es doch, wenn Ihr es wißt." „So höre ich es gerne," sagte Swinkels, „Ihr zweifelt also nicht mehr, nicht wahr? Und du siehst

die. Frage des Ulmenbauers. „Heinrich schreibt, daß er aus der Kasse seines Prin- Weinprobe. Nach dem Gemälde von Th. Lindenschmit. „Du bist ein Elender, Swinkels, das bist du!" rief Gaasdonk, der sich nicht mehr beherrschen konnte. „Wäre Gerhard zu Hause, dann ließe ich dich hinauswerfen." „Dann würden schnell deine beiden Söhne im Gefängnis sitzen, Gaasdonk. Mich dünkt, einer ist vorläufig genug." Frau Gaasdonk legte ihre Hand auf den Arm ihres Mannes. „Er wird uns alle unglücklich machen," flüsterte

sie. „O nein, Nachbarin," entgegnete Swinkels, der diese Worte gehört hatte, „ich kam aus reinem Interesse hieher, aber wenn Ihr so gegen mich auftretet, ja, dann weiß ich nicht, wie das Ende sein wird. — Willst du auf mich hören und vernünftig mit mir sprechen, Ulmenbauer?" „Nun, was hast du zu sagen?" fragte dieser finster, am Tische Platz nehmend, während seine Frau an den Herd gelehnt stehen blieb. „Ich habe dir schon gesagt, daß Heinrich gestohlen hat. . . ." „Bei dir?" „Falle mir nicht in die Rede

, sondern laß mich aussprechen. — Nein, nicht bei mir. Er hat gestohlen, sage ich, zehntausend Mark . ." „Jesus, Maria!" rief. Frau Gaasdonk wie in Todesangst aus; zipals zehntausend Mark gestohlen habe, — du hast dafür lange arbeiten müssen, ehe du sie verdient hattest, Ulmenbauer! — und nun bittet er dich, ihm dieses Sümmchen zu besorgen." „Du wirst das tun, nicht wahr, Vater?" fragte Frau Gaasdonk. „Du wirst Heinrich und uns die Schande ersparen, daß er ins Ge fängnis kommt. — Und Ihr, Swinkels, erzählt

doch niemand, was Heinrich getan hat. Ich bitte Euch darum, Swinkels," drängte sie, als sie sah, daß der Mann in unverwüstlicher Ruhe mit einem spöttischen Lächeln um die Lippen sitzen blieb. „Ja, nun bittet Ihr, nun Ihr mich nötig habt; aber als ich für meinen Martin um Trudes Hand warb, habt Ihr mich abgewiesen. Und mein Martin ist doch ein ehrlicher Junge, gegen den nichts zu sagen ist, kein Dieb, wie „Herr" Heinrich." „Aber wir konnten Trude doch nicht zwingen, Swinkels." „Nicht zwingen, nein, Ihr habt

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Page 19 of 24
Date: 05.11.1904
Physical description: 24
„Ich brauche Ihnen darüber keine Rechenschaft zu geben, Swinkels, und ich ersuche Sie, nicht einen so hochmütigen Ton anzuschlagen. Sie müssen nicht denken, daß Sie Gaasdonk vor sich haben, den Sie in Ihrer Gewalt zu haben glaubten. Es könnte Ihnen sehr schlecht bekommen." „Was, schlecht bekommen!" sagte Swinkels, zwar frech, aber innerlich doch nicht ruhig. „Das will ich Ihnen auseinandersetzen. In betrügerischer Weise haben Sie in Erfahrung gebracht, daß Heinrich Gaasdonk gestohlen

hat." „Hat er das denn vielleicht nicht getan?" „Ja, das hat er, aber was Sie getan haben, ist noch viel ärger, viel gemeiner, und noch viel gefährlicher. Daß Sie seine Eltern so tief gekränkt haben, übergehe ich: es war niederträchtig, aber darum bekümmert das Gesetz sich nicht. Aber daß Sie von Gaasdonk zehntausend Mark erpreßt haben, daß Sie allein für diese Summe den Brief abgegeben haben, der Ihnen nicht gehörte, das ist etwas, was das Gesetz sehr schwer bestraft. Wenn Heinrich für seinen Diebstahl zwei Jahre bekäme

gesetzt. Aber ich bürge Ihnen dafür, daß das nicht so gehen wird. Ich werde eine Anklage beim Staatsanwalte gegen Sie ein reichen, und dann müssen Sie die Folgen abwarten. Sie können sich darauf verlassen, daß sie Ihnen nicht besonders Zusagen werden. Die Richter werden nicht gerade für Sie eingenommen sein, denn was Sie getan haben, ist hundertmal ärger, als das, was Heinrich Gaasdonk in jugendlichem Leichtsinn tat. Mit dem kann man noch Mitleid haben, mit Ihnen aber nicht." Swinkels wußte

, „Aber dann kann ich auch allen Leuten erzählen, daß Heinrich I Gaasdonk ein Dieb ist?" Hausmütterchen. Von W. Schütz e. „Ich glaube nicht, daß Sie damit verständig handeln, Swin kels. Sie haben beide Interesse dabei, zu schweigen. Heinrich und Sie sind beide schuldig. Kommt es von dem einen ans Licht, dann kommt es von den: anderen auch ans Licht. Sie können Heinrich ins Gefängnis bringen, und i ch kann Sie hineinbringen. Und wenn Sie mich dazu zwingen, werde ich es auch tun. Aber wenn Sie klug sind, geschieht weder

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 13 of 20
Date: 20.08.1904
Physical description: 20
Mr. Bö Anterhaltungsblatt ;ur „Tiroler Lond-Zeituug". 1904 Derlauscßke Schicksale. L^jühung von A. Brnsry-Schuppe. Flachdruck verboten (Fortsetzung.) . Verzeih, Mutterle," stammelte Heinrich. „Habe Geduld mit mir. Ich wili mich zu fassen suchen." Gegen Abend trat ein junges blühendes Mädchen in die Grüner'sche Wohnung. Es war Lieschen. Schüchtern begrüßte sie Heinrich und reichte ihn die Hand Heinrich dankte ihr in gemessenen Worten für ihre freundlichen Gaben. Zu einer fließenden Unter haltung

be- leitete sie heraus. „Nicht wahr, er ist sehr verändert?" fragte sie as junge Mädchen. „Ja", antwortete letzterer, „äußerlich und'innerlich. Ich war ja ganz erschrocken, wie ich ihn sah." Die Mutter seufze. „Besuche uns nur wieder, Lieschen." „Soll ich denn wirklich kommen?" „Ja, bitte, komme nur. Heinrich wird mit der Z?it wieder auf tauen. Man muß Geduld mit ihm haben. Und für mich wäre es eine große Entbehrung, wenn ich Dein liebes, frisches Gesicht nicht mehr sehen und Deine freundliche Stimme

nicht mehr hören sollte. Du kommst doch gewiß?" „Ja, ich werde kommen." Beide Frauen küßten einander mit Tränen in den Augen. Etwa vierzehn Tage vegetierte Heinrich so weiter fort unter der Pflege seiner Mutter. Lieschen erschien auch ab und zu bei Grüners. Der Verkehr mit ihr von seiten Heinrichs wurde wieder etwas zutrau licher. Auf feine Mutter wirkte der Besuch des jungen Mädchens wie Sonnenschein, und dieser Sonnenschein warf auch einen Abglanz auf Heinrichs blosses Gesicht, weil er seine Mutter

Großvaterstuhle, den er gewöhnlich etnnahm, erhoben hatte, an allen Gliedern zitternd, mit dem Ausdruck der Der- zweiflung im Gesicht, in der einen Hand «in Zeitungsblatt haltend. „Heinrich — um Gottes willen! —" „Da lies. Mutter, lies, wie man mit dem unschuldigen Wesen umgeht — ja. ja — sie ist verlobt — hier steht die Anzeige und zwar mit dem Grafen Arkoli. O dieser Schurkenstreich! O — daß ich sie nicht retten, — nicht entführen kann —! Mich packt der Wahnsinn!" „Aber Hetndel

einige Minuten bei einander. Da klopfte es an der Tür. Es vergingen ein paar Augenblicke, ehe die Mutter im stände war. „herein!" zu rufen. Die Tür öffnete sich leise, und ein grauer Kopf blickte herein. Es war der Förster Birkhold. Er erkannte sofort, daß er an einer Stätte der Trauer, wenn nicht gar der Verzweiflung angelangt sei und begriff auch worum. Heinrich reichte ibm stumm die Hand, ohne sich von seinem Sitz zu erheben. Wie Blei lag es nun in seinen Gliedern, er konnte nicht aufstehen. „Sie kommen

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Page 23 of 24
Date: 18.01.1902
Physical description: 24
, als liefen Schlangen hinter Dir her." Heinrich strich sich mit der Hand würdig über den Kinnbarl, in dem bereits hie und da ein graues Haar sich vordrängte, und schmunzelte vergnügt. „Hab' keine Angst um mich, Marie! Ich krieg' schon meine Frau. Und wenn ich dann verheiratet bin, dann sorg' ich auch dafür, daß Du unter die Haube kommst. Denn für ein Stift bist Du zu schade, Du verdienst einen braven, rechtschaffenen Mann. Lach' nicht, daß ich mich so sicher fühle, ich bin zwar ein ungeschickter Kerl

Heinrich barsch die in geschätfsmästigem Tone vorgetragenen Worte, „ich möchte nur wissen, ob also in der That sich eine junge Dame gefunden hat, die geeignet wäre, mit mir eine Ehe einzugehen." „Gewist ist sie da. Natürlich ist sie da. Ich sage Ihnen, sie pastt für Sie. Sie pastt ausgezeichnet für einen feinen Mann wie Sie. Groß, hübsch, hat etwas Geld, hat gesunde Zähne." „Schon gut, also bringen Sie mich mit ihr zusammen!" Heinrich Messerschmidt fühlte sich nicht gerade behaglich in dem „Geschäft

" des Herrn Julius Werth; aber den „nicht mehr ungewöhnlichen Weg", den er nun einmal eingeschlagen hatte, wollte er auch zu Ende gehen, denn es lag ihm an einer Frau'. Er wollte der „berühmten" Familie das Opfer bringen. So wurde denn ausgemacht, dast Herr Julius Werth ein Stell dichein mit der grosten, hübschen, etwas Geld und gute Zähne habenden Dame zu stände bringen sollte. Am nächsten Tage bereits erhielt Heinrich den Bescheid, dast heute Abend um neun Uhr am Stadtthor die Zusam menkunft stattfinden

sollte. Diesen Tag über mar Heinrich in ganz unbe schreiblicher Unruhe. Er lief bereits am frühen Morgen zum Friseur, liest seinen Kinnbarl jugendlich kurz schneiden, dast seine Schwester Marie fast vor ihm erschrak, so sehr hatte ihn das verändert. Sein sonst so schlichtes Haar glänzte weithin von Oel und Pomade. Als er zur Dienst stunde auf dem Gericht er schien, hatte er aus Ver sehen gar keinen Schlips' umgebunden, und statt des bürgerlichen Rockes trug er seinen Galafrack. Er säst wie abwesend heute

aus seinem Richter- stuhl. Seine ganzen Ge danken waren bei dem Stelldichein. Er zählte die tunden und fluchte, dast sie so langsam dahin schlichen. Die neunte Stunde kam heran. Heinrich warf seinen weiten Havelock um, stülpte seinen Schlapp auf und machte sich klopfenden Herzens auf den Weg zum Denkmal. Er warf noch einen wehmütigen Blick auf sein Heim, wo ihn seine Schwester jahrelang so gut verpflegt hatte. „Was thut man nicht alles seiner Familie we gen!" schimpfte er und dachte dabei an die Ahnenbilder

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 17 of 24
Date: 05.11.1904
Physical description: 24
Nr. 45. MechiltnugMatl ;ur „Tiroler Land-Mimg". LVV4. Das alte Erbgut. Eine Dorfgeschichte von I. V e st e r s. —— Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) „Vater!" rief Frau Gaasdonk aus, „Heinrich ist doch unser Kind. Habe Mitleid mit ihm!" „Sprich mir nicht von Heinrich, Frau. Nicht um ihn, sondern um meine anderen Kinder vor der Schande zu bewahren, habe ich den Schein unterschrieben. Es ist genug, dünkt mich, daß wir unglück lich werden; wir dürfen nicht von Dorus verlangen, daß . . . ." „Hört

einmal, Baas, es ist nun keine Zeit, um lange und breit zu schwätzen. Es muß gehandelt werden. Ich gehe nach der Stadt und zunl Notar. Und wenn Heinrich geholfen ist, werden wir weiter sehen. Aber Swinkels bekommt den Ulmenhof nicht." Gaasdonk widersprach nicht mehr, und seine Frau drückte weinend die beiden Hände des treuen Knechtes. Eine Viertelstunde nachher war dieser aus dem Wege nach der Stadt. Keinen Augenblick dachte er daran, daß das, was er tat, eine edle, erhabene Tat war. Er fand es natürlich

Angelegenheit, Walter." Er hielt es für den Augenblick nicht geraten, mehr zu sagen, weniger, weil er an Walter zweifelte, als weil er es Trude doch nicht so unvorbereitet auf der Straße erzählen konnte. „Ist zu Hause etwas nicht in Ordnung, Dorus?" fragte das junge Mädchen, das sich von wilder Angst befangen fühlte, — „oder mit Heinrich?" Diese drei Wörtchen kamen mit der größten Mühe aus ihrer Kehle, die wie zugeschnürt war. „Mit Heinrich?" wiederholte Dorus. „Wie kommst du dazu?" Trude merkte an dem Tone

, in dem Dorus dies sagte, daß er mehr von der Sache wußte. „Sprich, Dorus, was hat Heinrich getan? Ist er im Gefängnis?" „O nein, Trude, er hat einen dummen Streich gemacht, aber beruhige dich, wir werden ihm helfen." „Hat er gestohlen, Dorus? Erzähle doch alles, Martin Swinkels hat zu Walter gesagt. . . ." „Was, hat der etwas gesagt? Das werden wir ihm heimzahlen." „Es ist also doch wahr, Walter. Ich habe es dir ja gesagt. Ich war so bang, so bang. O Walter, was bin ich unglücklich! Und unser armer Vater

alles. Nur das verschwieg er, daß er sein Geld bei dem Notar holte, um Heinrich zu helfen. Truda schluchzte, Walter machte seiner Entrüstung über Swinkels Ehrlosigkeit Luft und erzählte seinerseits, was Martin ihm mit ziem lich deutlichen Anspielungen gesagt hatte. „Der Ulmenhof muß den Gaasdonks erhalten bleiben, nicht wahr, Walter?" fragte Dorus. „Das wird er, Dorus, rechne auf mich. Dü kennst mich genug, und Truda auch, um zu wissen, daß sich zwischen uns nichts geändert hat. Und glaubst du, daß ich große Lust

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Tiroler Post
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Page 17 of 20
Date: 28.10.1904
Physical description: 20
verboten. (Fortsetzung.) „Ja, ich bin hart, und ich habe Freude daran, hart zu sein. Nun bin ich an der Reihe, Frau Gaasdonk." „Aber was willst du nun eigentlich von uns, Swinkels?" fragte der Ulmenbauer. „Wenn es dein Plan ist, Heinrich ins Gefängnis zu bringen, brauchst du uns das nicht erst zu erzählen." „Ich könnte das doch vielleicht tun, Nachbar, weil es mir Freude macht, dir das zu erzählen; aber es ist nicht mein Plan " „Danke, Swinkels," sagte Frau Gaasdonk, „ich wußte wohl

, daß Ihr nicht . . . ." „So schlecht wäret, wollt Ihr sagen," fiel Swinkels ihr spöttisch in die Rede. „Aber seid nicht zu voreilig, Nachbarin .... Es ist nicht mein Plan, Heinrich ins Gefängnis zu bringen, wenn der Ulmenbauer wenigstens etwas dafür übrig hat." „Du wirst das Geld doch geben, Vater?" fragte sie von neuem. „Wir werden uns einschränken, wir werden noch fleißiger sein." „Nein, Nachbarin, so meine ich es nicht. Ich wollte wissen, was dem Ulmenbauer der Brief wert ist, den ich besitze, und mein Schweigen

." „Was verlangst du?" fragte Gaasdonk. „Gerade so viel, wie Heinrich: zehntausend Mark, keinen Pfennig weniger!" „Du willst also unfern Untergang, du willst uns vom Ulmen hofe vertreiben?" sagte Gaasdonk. „Du bist der größte Schurke, den ich jemals gesehen habe. Hütte Heinrich auch zwanzigtausend Mark gestohlen, du bist ein noch viel größerer Schurke." „Deine Schimpfworte tun mir nicht weh, Ulmenbauer, aber ich möchte dir doch raten, etwas vorsichtiger zu sein, denn meine Geduld hat ihre Grenzen. Uebrigens

, ich lasse dir die Wahl: siehst du Heinrich lieber im Gefängnis, dann kostet es dich keinen Pfennig. Es ist sicher am vorteilhaftesten." „Nein, nein," schrie Frau Gaasdonk, „Heinrich muß vor dem Gefängnis bewahrt bleiben. Unser guter Name darf nicht durch den Schmutz gezogen werden. Denke an Gerhard und Trude, Vater." Ter Ulmenbauer schwieg. Gewiß, er dachte an seine andern Kinder: an Gerhard, dem er einst den Hof übergeben zu lönnen gehofft hatte, an Trude, die im nächsten Frühjahr mit Walter Willigen

. Noch einmal: Ihr habt die Wahl. Fällt das Geldopfer dir zu schwer, Ulmenbaner, nun, dann geht Heinrich ins Gefängnis, dann hat er seinen verdienten Lohn." „Willst du mir einen Tag Zeit geben, Swinkels?" fragte der Ulmenbauer tonlos. „Um dann Herrn Heinrich zu warnen, damit er sich aus dem Staube macht! Nein, Gaasdonk, so dumm bin ich nicht. Wenn ich dein Haus verlasse, mußt du deine Wahl getroffen haben: ent weder gibst du mir zehntausend Mark, oder du überläßt Heinrich seinem Schicksal, und ich sorge

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Unterinntaler Bote
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Page 12 of 18
Date: 08.01.1910
Physical description: 18
' dich auch bei dem da!" ß Heinrich Giese erschrak. Seitwann war das Mode bei den Bauersleuten? Er verlor den M. Denn daß das Maidle ihn frei füllig nehmen würde, daran hxe er nie gedacht. Unwillkürlich recktsW^r seinen Körper und hiß d Lippen fest zusammen. Dc»r Alte nahm eine Prise. -Freilich," sagte er unentwegt. Heinrich fühlte, daß er jetzt rem müsse. „Ich Hab' Euch in der KiHch' gesehen", sprach er, „uh in die Kirch' möcht' ich mit Euch X— wenn's Euch so beliebt." „Warum nit?' dagegen." gab Christine ur Antwort

. „Ich Hab' nichts io wären wir ja einig," sqte der Kreuzhosbauer. „Euer Vatex-^st mir bekannt. Ein brave:, fleißiger Mann. He? Wollt eisernen Fleiß bis zum Lehrer einer Boti^iihulklasse m dem Städt- ->Jhr den Kreuzhof jetzt beschauen, her. . nicht veriu.oMM^M^ ' chen Hochkirch. Was Fleiß und Begabm/, die Zähigkeit des Bauern und das SelbftbMtWfffN! Lines Mannes, der sich über seine Gefährten von .e^chEm gesetzt sic/ Heinrich Giese sagte: „JA^ivill!" Er war harr, unbarmherzig hart mit sich selbst. nutz^ch"klomm

man ihn denn „in die Frömdi", zu einem Gärtner im Bayerischen drüben, fern über dem Bodensee, und seinen Eltern war gerade so zu Mute, als sei er nach Amerika ausgemandert. Er schrieb wenig, doch wenn er schrieb, waren es Briefe voll lustiger Einfälle, die der Alte später im Wirtshaus zum Besten gab. So war denn Heinrich Giese kaum in St. Landolin einge- getroffen, als er des Kreuzhosbauern Christine in der Kirche be gegnete. Der Reichtum ihrer Tracht, ihr stolzes, fast hochmütiges Aussehen fiel ihm auf. Bon

dem stattlichen Kreuzhof, in dessen leeren Säulengängen er als Kind sich oft getummelt, hatte er bereits etwas läuten hören, und während das schwarzhaarige Maidle, in der Reihe vor ihm knieend, betend sich bekreuzte, schoß ihm dies und jenes durch den Sinn. „Nach seinem Herzen wählen, das kann heut' zu Tag niemand mehr. Wo die äußeren Verhältnisse zu einander passen, da schicken sich auch die Leut' eins ins andere. Ja, es ist besser so für die Eh'." Also dachte Heinrich. Gern hatte er bisher noch keine gehabt

kann. Ein alter Mann bleibt doch stets der Gescheitere." Der Lehrer war einigermaßen erstaunt über diesen Bescheid, da er darauf gerechnet hatte, seine schöne Stellung als Lockspeise dem verwöhnten Bauern hinzuhalten und damit auch gleich das Fischlein zu fangen. „Tie Schwarz' soll kommen!" rief der Vater zur Tür hinaus, und Heinrich fühlte eine sonderbare Unruhe auf der linken Seite. Ja, das Uebel hat er von der Stadt mitgebracht, dort nennt man es „Nerven", und je mehr man weiß, daß man es hat, desto ärger

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 13 of 20
Date: 19.11.1904
Physical description: 20
, aber als Walter gegangen war, erhob sich im Herzen des Ulmenbauers wieder Zweifels nicht an Walters Aufrichtigkeit, sondern an der Bereitwilligkeit Willi- gens, die hilfsbereite Hand zu bieten. Doch Truda trat mit solcher Wärme für ihn ein, daß ihr Vater sich schließlich an diese schwache Hoffnung festklammerte. Als Dorus aus der Stadt zurückkehrte und Bericht erstattete, wurde die Stimmung ein wenig besser. Heinrich war gerettet, Heinrich zeigte bittere Reue, Heinrich würde sein Vergehen gut zu machen suchen

auf deine Hochzeit einladen," schloß er lachend. So hatte der Tag, der so unheilvoll begonnen hatte, ein gutes Ende, und die Freude wurde noch größer, als Walter, in einer ganz anderen Stimmung als des Morgens, auf dem Ulmenhofe erschien, um Truda und ihren Eltern zu sagen, daß sein Vater vollkommen beruhigt wäre und jetzt nichts mehr ihrem Glück im Wege stände. * Es war nach dem Gottes! neuste. Die ganze Familie war ver sammelt und wartete. Heinrich sollte kommen. Kein Wort war darüber gesprochen worden

Gott, daß es ihm vergönnt j war, auf diesem Boden weiter zu leben, ihn auch weiter bearbeiten zu können. Nach Hause gekommen, nahm der Ulmenbauer in seinem großen j Stuhle Platz, um auf Heinrich zu warten. Es war ein anderer Sonn- ! tag als derjenige, wo sein Sohn in einem offenen Wagen zum Dorfe ! hineingefahren war. Es war noch nicht lange her, und doch, was war in dieser kurzen Zeit alles geschehen. Aber er mußte nicht mehr an die Vergangenheit zurückdenken, er mußte sie ruhen lassen

, sie sollte tot und begraben bleiben. Da kam Heinrich mit dem Notar an. Der Ulmenbauer stand auf und öffnete halb die Tür. „Bester ! Junge," begann er, aber die Rührung machte es ihm unmöglich, weiter zu sprechen. „Pater, verzeihe mir, ich habe schwer gefehlt, ich habe Euch allen großen Kummer gemacht." „Höre auf, höre auf!" rief der Ulmenbauer durch seine Tränen hin. Es ist alles vergeben und vergessen. Ich bin glücklich, daß icb dich wiedersehe, Heinrich, daß du wieder der alte Heinrich gewordcu

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Unterinntaler Bote
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Page 17 of 22
Date: 26.03.1910
Physical description: 22
schielten nach der Tür. „Dageblieben!" donnerte der Lenz, und seine Haselgerte zog einen brennenden Streifen über das Gesicht des Tagelöhners. Sepp stemmte seine Arme gegen die mächtige Brust des Lenz. Sie rangen miteinander ... In dem Lärmen und Schreien hatte niemand das Rollen des Wagens vernommen, der vor dem Wirts- Hause hielt. Zwei Männer sprangen ab. Heinrich und ein Gendarm. Man hatte sie ins Wirtshaus verwiesen, und der Diener des Gesetzes öffnete die Tür, trat in das halbdunkle Zimmer

ab von ihm. Die Burschen und Knechte schlichen sich still zur Tür hinaus, der Sonnenwirt hatte das Lokal verlassen und lamentierte im Stall den Pferdest etwas vor. — Lenz und Heinrich standen einander allein gegenüber. „Ist es möglich, daß du es bist!" sagte Heinrich leise. „Ja, ich! Ich Hab' mir Recht verschafft," sprach der Lenz. „Gott sei Dank!" murmelte Heinrich. „Lenz — ich — ich tu' Abbitte vor dir — ich bin ein anderer Mensch seit heut — und wenn du nit doch ein verlorener Sohn geworden

bist, so ist es, weil du ein Braver und einer von den Besten und Ehrlichsten bist .... denn ich Hab' dich vertrieben und Hab' dir's Vaterhaus genommen. . ." Eine große Träne stand in Lenz' Augen. Die Hände der beiden Männer umschlossen sich und hielten sich fest. „Komm zum Vater," sagte Heinrich. Lenz folgte ihm mit glühenden Wangen und leichter Brust. Ein mildes Feuer loderte in seinen blauen Augen, aus denen aller Groll und alle Bitterkeit gewichen war. Wie ein Sieger zog er ein auf dem Lichtenhofe, wo er so düstere Stunden

erlebt. Heinrich riß weit die Tür aus. „Vater — da ist et!" sagte er mii erstickter Stimme. Der Alte fuhr auf. Er wollte lächeln — doch die Tränen rannen über seine welken Wangen. „Mutter — Mutter —" brachte er mühsam hervor — „dieser mein Sohn — war tot und ist wieder lebendig geworden — er war verloren und ist gefunden worden — und fingen an — fröhlich zu sein." * * * Tie Trud wurde spät am Abend von zwei Holzknechten gefunden, die über Land gewesen waren. Sie flochten eine Bahre von Zweigen

, aufmachen!" „Was gibt es?" „Ein Unglück!" „Maria und Joseph!" schrie die Rosi, „eine Tote!" Heinrich war rasch hinausgegangen. Lange, lange dauerte es, bis er ein Wort sprechen konnte. Dann schob er die Holzknechte beiseite, nahm den Körper in seine Arme und trug ihn in die Stube der Eltern, auf das Bett seiner Mutter . . . „Es ist die Trud", sagte er, „ich Hab' sie lieb gehabt." „Am Weiher hat sie gelegen," erzählten flüsternd die Knechte. „Mit den Füßen im Wasser, den Leib aber auf dem Gras am Rand

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