r. 293 Samstag, den 24. Dezember 1910 Uachdrnck für sämtliche Artikel veröoterr. Sterbende Däuser. Lokalhistorische Skizze ^on Prof. Dr. F. L enin er. ^ In unseren verkehrsreicheren Straßenzügen, pro das Leben von Jahr zu Jahr lebendiger pulsiert, fällt ein altes Haus itmJ das andere der Baulust zum Opfer, sei es, daß in das¬ selbe Bresche gelegt wird, um Raum für zins¬ ergiebige Kaufläden zu schaffen, sei es, daß es ohneweiters
und Rats- hcschlüsse debattiert und wohl auch raifonniert worden, bis fvät in die sinkende Nacht hin¬ ein. Denn, wer damals gegen Bargeld und prompte Bezahlung ein Haus inmitten der Stadt sich konnte bauen lafsen, nahm sich kein Matt vor den Mund, war ein unabhängiger Mann und guter Dinge, falls die Stener- ( chraube nicht allzu prall angezogen wurde, lud auch den Bauhandwerkern, die sich bei her Arbeit nicht faul finden ließen und alles !tzut
und dauerhaft herstellten, war reichlicher Trunk herzlich vergönnt. Sodann hat der Hausherr mit Kind und Kegel den Neubau bezogen, Wohnungen und Gewölbe an ihm bekannte, anständige Parteien vermietet, und die Mieter, welche in das Haus zogen, gedachten mindestens ein Menschenalter darin zu verbleiben; dem war auch meist fo> tzis sie sich nach und nach hinlegten und das Zeitliche segneten. Hierauf haben wieder andere Mietsleute ihren Platz eingenommen
, andere Aauseigenrü.mer sind im Wechsel der Genera¬ tionen einander gefolgt und immer haben sich die Hausgenossen gewundert, wenn dieser oder diese unter den Hausgenossen unversehens hin¬ ausgestorben sind. Wenn dann ihre eigene Stunde geschlagen, haben sich wieder andere Leute gewundert und darob gekränkt, falls sie nicht lachende Erben waren. Darüber ist das Haus alt und unansehnlich geworden, wurde Baracke, alter Rump elkast.".: und was derlei
Stunde geschlagen hatte. Auf der Straße blieben einige Passanten stehen und betrachteten das Zerftörungswerk, sichtlich be¬ troffen darüber, daß dem Neuerungsdrängen abermals ein Haus geopfert werde, <m das sich heimatliche Erinnerungen knüpften. Da war mir, als ob das sterbende Haus zu sprechen begänne: „Was schaut Ihr Mich so mitleidig an? Es wird sicher eine Zeit kommen, da es den Ge¬ bilden Eurer extremen Bauart, mit bizarren Fassaden