nicht gewohnt war. „Komm, Lea, laß uns ins Haus treten und reiche den Willkommtrunk dem hohen Gast, der es nicht verschmäht, sich niederzulassen und auszuruhen im Hause des verachte^ ten Händlers!", sagte er. „Einen stolzen Namen trägt der Herr; edles Blut fließt in seinen Adern und er gehört zu den Großen des Landes. Ich nenne dir nicht den Namen, Lea, denn er will unerkannt bleiben, und keiner von den Knechten soll wissen, woher er kommt und wohin er seine Schritte lenkt. Eile dich, Lea, und bereite
das Haus!" Das Mädchen verbeugte sich und schritt voran, während der Graf der dahinschwebenden graziösen Gestalt bewun dernd nachblickte. „Barecchi, Ihr habt hier ein seltenes Kleinod geborgen!", sagte er. „Das Mädchen ist von berückender Schönheit und würde die Augen aller auf sich ziehen, wäre sie auch um geben von den Schönsten ihres Geschlechtes. So hat die Insel also doch ihre verzauberte Prinzessin und dem Mär chenbild fehlt nun nichts mehr als " Er vollendete seine Rede nicht. Er war im Begriff
gewesen, auf den Rit- anzuspielen, der im Märchen die verzauberte Prinzessin aus dem Bann erlöst: doch ein unbestimmtes Gesiihl ver- anlaßte ihn, plötzlich die Rede abzubrechen. Schweigend schritt der Kaufmann dem Gaste voran, ihm den Weg weisend. Hatte schon draußen der sorgfältig ge pflegte Garten mit den tausend Blumen und Blüten die Aufmerksamkeit des Grafen erregt, so wuchs sein Staunen ins Ungemessene, als er, ins Haus eintretend, um sich blickte. Im Hausgang machten weiche Gewebe über den Marmorfliesen
, der bis zum Rande mit Weiß gefüllt war, trat die Blinde ein. „Dem Gaste dieses einsamen Hauses zum Willkomm!", sagte sie leise, in der Mitte des Raumes stehen bleibend, und der Graf ergriff den Becher. „Ich trinke", sagte er, „auf das Wohl der schönsten Jungfrau, die mein Auge je gesehen!" Wiederum stieg tiefe purpürne Röte ihr ins Antlitz und als der Graf den Pokal, zur Hälfte geleert, ihr zurückgab, berührte sie mit den Lippen unbewußt an derselben Stelle das Gefäß, an der der Gast getrunken
. „Ich wenigstens für meinen Teil hätte einen besseren Vorschlag." „So laß doch hören, treue Seele. Oder bildest du dir ein, für mich ist diese Promenade ein Vergnügen. Ich tus doch nur, weil ich mir einfach keinen Rat weiß. Ich kann mir aber vorstellen, daß wir auf der Hauptstraße der Stadt doch vielleicht etwas sehen, das —" dem Grabgewölbe der Grafen Tarent bergen zu helfen, und die beiden waren allein. Die Blinde setzte sich neben den Gast, schien auf ihn zu schauen mit den starren, dunk len Augen, hilflos