oft selbst nicht, auf was wir warten." Marianne Holder sagte es ohne merkliche Erregung, doch ihre Augen leuchteten in seltsamem Glanz, als sähen sie in dunkle, un erreichbare Tiefen, aus denen das gleißende, lachende Glück ver heißungsvoll die weißen Arme emporstreckte. „Das alte Lied," entgegnete Fred Stahl. „Der Mann ist frei, frei, bis seine vielgelobte Freiheit an irgendeiner Klippe zerschellt. Ein seltsames Wort: „Freiheit". Viel erörtert, viel mißbraucht und wenig gekannt. Was nennen
Sie frei sein? Ueber sich selbst bestimmen können?" Marianne blickte träumerisch ins Weite: „Ueber sich selbst bestimmen können? Ja! Und mehr als das. Mit helfen und schaffen am großen Menschenwerk, etwas können, etwas sein, oder noch besser, etwas werden können! Selbst eine Speiche im großen Rad des Weltgetriebes, nicht aber der armselige Staub, über den das Rad achtlos hinwegrollt. Was sind wir? Das Spielzeug des Mannes, seine „Königin", über die er herrscht. Es ist eine seltsame Ironie
; ein Mensch, der leben darf, wie es mir meine Vernunft, meine Sinne vorschreiben. Ich will „ich" sein und mit meinam Ich machen können, was mir gutdünkt, nicht was die Zwangsjacke der guten Sitte und der Gesellschaft aus mir zu machen beliebt. Ich will mein Ich frei verschenken, aber nicht auf dem öffentlichen Ehemarkt dem Meistbietenden verkaufen." „Sie sind eine großangelegte, starke Natur, gnädiges Fräulein, Sie wissen, was mit dieser Freiheit anzufangen ist. Glauben Sie aber nicht, daß es Mädchen gibt
, ein echtes, heißschlagendes Menschenherz, warum soll ich ihm nicht folgen können, wenn es — — —" sie unterbrach sich, ihre Augen suchten den Boden. Fred Stahl schwieg. Leise fuhr sie fort: „Frei sein! O, ich möchte etwas erleben, und sei es auch schmerzliches, trübes; nur hinaus aus dieser Enge, diesem konventionellen Ballsaal, den wir Welt nennen, voll steifer, sich wie ein Ei dem andern ähnelnder Gestalten. Ein Ballsaal, so ist es. Wir walzen durch das Leben mit lächelnden Mienen, niederge schlagenen
Augen, in den Armen irgendeines Jemand, dem unser Lärvchen gerade hübsch genug erschien, um uns zu diesem Tanz aufzufordern. Was weiß er von unserer Seele, von unserem Herzen! Wir sind ja hübsche Puppen. Könnte ich frei sein " „Warum können Sie nicht frei sein? Frei wie das eckn- r, , große, wirkliche Weib, das können " ' 0a§ „Und will ich sein," unterbrach sie ihn, leise erschauernd Er hatte der übrigen Gesellschaft fast nicht geachtet gesehen, was die Diener ihm auf silbernen Platten servierten