, mich reuts doch nicht, daß ich gekommen bin! Die arme Fortuna hätte Verdruß, wenn der einzige Bruder sich gar nicht um sie be kümmerte." Halb murmelnd, halb in Gedanken hielt der alte Mann dieses kleine Selbstgespräch. Auf seinen ein samen Wanderungen hatte er sichs angewöhnt, laut zu reden. Auf solche Weise leistete er sich selber Ge sellschaft und die Zeit wurde ihm nicht so lange. Plötzlich hielt er inne. Draußen am Gange hörte er eine bekannte Stimme. Fortuna war heimge kehrt. Sie sprach
Farbe überzogen, wie wenn eine heimlche Krankheit an ihr zehrte. Das war nicht mehr die flinke, kleine Alte, von der alle, die sie kannten, zu sagen pflegten, sie sei ärger als zehn Junge. Mehr, unendlich mehr als Worte ausspre chen, war über diese Elende gekommen. Und der Bruder konnte nichts tun, als seine zitternden Hände nach ihr strecken und mit erstickter Stimme murmeln: „O poveretta!" Einen Augenblick stand Fortuna still und sah den Unerwarteten an, als sei er eine Erscheinung
aus einer anderen Welt. Es war ein Blick starren Entsetzens, der den warmherzigen Mann an die Stelle bannte. Als hätten sie einander nie gesehen, so starrten sich die Geschwister wortlos an. Endlich erhob Fortuna die dürre Hand und streckte sie abwehrend gegen den Bruder aus. „Rühr mich nicht an, die Wunde tut zu weh!" das sagte diese beredte Geberde. Im nächsten Augenblicke hatte sie sich abge wendet und war hinter einer Tür verschwunden. Faustino wagte nicht ihr zu folgen; traurig ver ließ er das Haus
er nicht denken. Ihm ging alles wirr durcheinander. Immer heißer brannte es in seinem Hirn, immer lauter und hef tiger hämmerte es. Und zwischen all den schmer zenden Hammerschlägen bewegten sich Fortuna und Lorenzo und sein Giovanni, einem geisterhaf ten Reigen gleich, in seinem Kopse herum. Als er nachts todmüde in der Scheune des gast freundlichen Rösselwirts lag, kam das heiße Träu men noch heftiger über ihn. Ja, Lorenzo war frei lich gestorben, aber Giovanni nicht. Niemand hatte ihn sterben sehen
, niemand über seinen Tod be richtet. Wie hatte er, der Vater, nur je glauben können, daß Giovanni tot sei? Nein, jetzt glaubte er es nicht mehr! Und auch Fortuna glaubte es nicht; ihr hatte es weh getan, ihn zu sehen, weil er noch einen Sohn hatte und sie keinen mehr. O gleich am nächsten Morgen mußte er nach Hause, die arme Giovanna trösten. Sie war ja ein gutes, treues, liebendes Weib! Sie würde gewiß weinen vor Freude, wenn er ihr sagen konnte: „Gio vanna, denke doch: unser Giovanni lebt