von ihm getrennt hatte, wieder als ganz sein eigen in den Armen. Er gedachte der blnmen- umraukten Fenster und des schönen, zärtlichen Gesichts, das ihm daraus entgegenzulächeln Pflegte. Bei seiner Rückkehr gab es keine Blumen, die waren tot, nnd die kahlen Klematiszweige hingen schlaff herab, aber das heißersehnte Gesicht, die roten Lippen mit ihrem strahlenden Lächeln, die dunklen, freude- und glücksprühen den Augen wiirden ihm trotzdem ein frohes Willkommen znjnbeln. Wie langsam das Schiff die Wogen
durchschnitt. Wenn er doch zu seiner Marianne fliegen, sie mit Windeseile erreichen könnte. Tief aufatmend malte er sich aus, wie sie, schön wie ein funkeln der Stern, seiner harrend am Fenster saß. Sobald er den Fuß auf das Festland setzte, war sein erstes, ihr zu depeschieren: „Eben glücklich gelandet, in zwölf Stunden bin ich bei dir.' So konnte sie noch alles zu seinem Empfange vorbereiten und, eingedenk seiner Abschiedsworte, ihn am Fenster erwarten. Kaum noch vermochte er seine Ungeduld zu zügeln
, daß es ihm beschieden war, sie wiederzusehen. „Mockau!' erklang da des Schaffners Stimme, und noch be vor der Zug richtig hielt, stand er auf dem Bahnsteig. Nein — sie war nicht da! Halb hatte er das fast gehofft. Er hatte es sich nun einmal so schön gedacht, sie bei seiner Heimkehr am Fenster zu sehen. Ter Nachmittag war schon vorgeschritten, der Himmel war gran, leichte Nebel fielen, nur da uud dort ließ die dicke Luft noch einen einzelnen Stern hindurchschimmern. Schnellen Schrittes, nur an seine Marianne
denkend, eilte Gunter vorwärts. An der niedrigen Gittertüre blieb er eine Minute stehen; die freudige Erwartung raubte ihm fast den Atem. Sie kam ihm nicht entgegen. Nein, er hatte sie ja auch ge beten, ihn am Fenster zu erwarten. „Geduld!' beschwichtigte er sein heftig pochendes Herz, „noch eine Minute — und ich sehe sie am Fenster.' Jetzt den Kopf gehoben — ein Blick nach dem Fenster — und ein lauter Schreckensruf entrang sich seinen erbleichenden Lippen. Die Enttänschnng war zu groß — einen Moment
wurde ihm schwarz vor den Augen. „Marianne, mein Liebling!' rief er, die Hände nach dem leeren Fenster ausstreckend, „wo bist du?' Die Nebel wurden dichter; der Wind trieb mit leisen Klage tönen durch die kahlen Bäume, deren Äste sich seufzend hin nud her bewegten. — Für einen Moment umkrampfte Todesbangen sein Herz, dann raffte er sich auf und schritt eilends vorwärts. Hastig zog er an der Hausglocke. Sie würde ihm die Türe offnen — seine schöne, schwarzäugige Marianne! Doch nein, eine Dienerin