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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Page 10 of 16
Date: 24.04.1910
Physical description: 16
Ts* s NW 9 I » Ve- anl Das brachte vielleicht der ganze Zuschnitt des Hauses so mit sich. Frau Friesen bezog nur eine karge Pension, mit der man ohne den Verdienst der Tochter nicht hätte auskommkn können. Der unergründliche Schlund der Haushaltungskasse verschlang das Monatsgehalt der Lehrerin bis aus den letzten Groschen. „Muht du schon wieder los?" fragte unter einem herzhaften Gähnen Emil Friesen aus seinem Schaukelstuhl heraus. „Nein," lautete Tonis Entgegnung, „heute kommt eine kleine

Schülerin zu mir." „Na, dann will ich mich nur drücken," meinte Emil, sich gleichfalls erhebend. Er war ein kräftiger, schöner Mann von vielleicht acht undzwanzig Jahren. Sein volles Haupthaar war genial aufwärts gestrichen und gab dem Gesichte mit dem koketten, gepflegten Schnurrbärtchen ein kühnes Gepräge. Das Auge aber blickte matt, gelangweilt, wie auch über der ganzen Persönlichkeit etwas ungeheuer Blasiertes lag. „Die Klimperei ist greulich," sagte er, seine ebenmäßigen Glieder reckend. „Tonleiter

, Etüden, einfach schauderhaft. Ich kann bloß nicht begreifen, wie du das aushältst." Tonis schöne graue Augen richteten sich vorwurfsvoll auf ihren Bruder. Sie wollte etwas erwidern, doch als ihr Blick die vergrämte Mutter an dem Nähtisch streifte, unterdrückte sie die Entgegnung. Wozu auch etwas sagen, was nur die arme, geplagte Mutter kränken mußte, auf Emil aber gänzlich ohne Eindruck blieb. Auch Frau Friesen packte ihre Arbeit zusammen; denn da man nur über drei Zimmer verfügte, von denen zwei

als Schlafzimmer dienten, mußte der Wohnraum für die Klavieistunden, die Toni im Hause gab, zur Disposition stehen. „Wohin gehst du, Emil?" fragte Frau Friesen sanft. „Hast du auch nicht vergessen, dich bei dem Grcßkaufmann Aewerdieck vorzustellen? Eine solche Stelle wird dir so leicht nicht wieder geboten." „Herrgott, was ihr Frauenzimmer euch doch immer für Sorgen macht," rief Emil unwillig aus. „Soll der Mann etwa glauben, wir hungerten bereits auf den Posten? Nein, man soll sich nicht so klein

machen. Auf das Auf treten eines Menschen kommt's an. Das wollt ihr nur nicht begreifen. Ihr schuftet da so im kleinen herum, das hat keinen höheren Aufschwung — na, alles Reden ist bei euch doch nur für die Katz." „Emil," sagte Toni, vor ihren Bruder tretend und ihre Gestalt zu ihrer vollen Höhe aufreckend, „wenn du denn überzeugt bist, daß dein Reden umsonst ist, so laß es lieber und handle. Ein Kerl wie du —" „Toni," fiel die sanfte Stimme der Mutter ein, „Toni, ich bitte dich." „Ach, Mütterchen," Emil strich

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Tiroler Bauern-Zeitung
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Page 11 of 16
Date: 29.01.1904
Physical description: 16
Das Licht im Jenster. „Ich will das Licht im Fenster brennen lassen, bis du heimkommst, Emil." „Tu's nicht, Mutter, es dürfte spät werden," entgegnete der junge Mann und trat mit einer ge wissen Unentschlossenheit unter die Türe. „Doch. Das Gäßchen ist finster und der Stum pen Licht wäre schlecht gespart, wenn du allenfalls fielest. Merke also, ich werde das Licht brennen lassen, bis du zurückkommst." Es war eine gesunde kräftige Schottin, die, während sie mit dem Sohne sprach, emsig zu bügeln

fortfuhr, und die fertige Wäsche, weiß wie frischge- sallener Schnee, in einen großen Korb neben sich legte. Im Zimmer befanden sich noch vier Kinder, zu jung, um etwas zu verdienen, Emil aber zahlte achtzehn Jahre und war ein hübscher, lebensfroher Bursche. „Wenn er nur ernster und gesetzter wäre," seufzte die Mutter oft, er aber beachtete den stillen Kummer der Witwe nicht. Tag für Tag lungerte er mit den anderen Jungen am Strande herum, erwartete die ankommenden Boote oder warf Steine ins Wasser

, auf daß des Dorfes vierbeiniger Lieb ling, der große Neufundländer „Sultan", sie appor tiere. All' das sei nichts Schlimmes, meinte die Mutter, abends aber gestattete sich der Dinge Gang anders, und mit klopfendem Herzen lauschte die ehr bare Witwe den Schritten des Sohnes, weil sie stets fürchtete, er möchte einmal, gleich des Guts herrn Söhnen, zu viel trinken. Als sie aber Emil an diesem Abende so jugendfrisch und blühend unter der Türe stehen sah, erleichterte sich ihr Herz, und die gute Frau flüsterte

vertrauend: „Eines Tages wird er gewiß zur Einsicht kommen und mir bei Er ziehung der Kinder eine Stütze sein." Und so bügelte sie fort, bis ihr Tagewerk voll endet, und stellte dann ein Licht ins Fenster, auf daß eS dem Sohne den dunklen Pfad der Heimkehr erhelle. Die Kerze brannte ab und-erlosch flackernd, aber kein Emil erschien auf der Schwelle des be scheidenen Hüttchen: Emil Cameron, so hieß die Familie, war durchgegangen, kein Mensch wußte wohin. Das Leben zu Hause erschien ihm zu hart, der Mutter

wachsames Auge ärgerte ihn, und so ver ließ er das heimatliche Dach, um seinem Willen zu folgen, seinen Weg zu gehen; nie aber vermochte er sich die Worte aus dem Sinne zu schlagen: „Ich werde das Licht brennen lassen, bis du zurück kommst, Emil." Die vage Hoffnung schließlichen Reichtums, der Gedanke, unter günstigen Verhältnissen den Seinen eine Stütze werden zu können, mochte ihm vor schweben, seinen Entschluß beeinflussen, dennoch aber blieb der selbstsüchtige Wunsch, der mütterlichen Auf sicht

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Page 10 of 16
Date: 22.05.1910
Physical description: 16
Nr. AI Uhren neue \ denselben ein' besseres Geschäft zu machen? Das wäre allerdings' ein triftiger Grund. Was für ein Bewandtnis hatte r es nun aber mit dem Neffen des fchneidigen Marineoffiziers, der fo tapfer für seinen Schwiegervater die Lanze gebrochen? Unfehlbar wußte Emil Friesen mebr auszusagen. Denn da er nicht der Erpresser gewesen, war's ein anderer, und dieser andere mußte ihm bekannt sein. Dem Blicke des Kriminalkommissars eröffnete sich ein lohnendes Operationsfeld

. Aber, wie gesagt, diplomatisch wollte die Sache angegriffen sein, damit der Schuldige nicht Wind bekam und verduftete. Auch Emil Friesen wollte man lieber eine Zeitlang beobachten, bevor man ihn zu weiteren Aussagen zu zwingen versuchte. Es konnte sein, er ließ sich überhaupt nicht zwingen, er erfand Aus flüchte, und damit wurde nichts erreicht. So hatte es äußerlich den Anschein, als läge man bex Sache weiter keinen Wert bei, da alles blieb, wie es vorher gewesen. Doch der Apparat der Sicherheitspolizei

arbeitet still und im verborgenen. Detektive waren in voller Tätig keit . .. Emil ahnte natürlich nichts von alledem. Bon Georg Buschmann aus wurden keine Schritte unternommen, ihn zu weiterem Reden zu veranlassen, was er auch, durch sein Wort gebunden, hätte ablehnen müssen. Vetter Erwin war abgereist, ohne irgend etwas von sich hören zu lassen. Er machte es, wie er es früher ge tan: aus den Augen — aus dem Sinn. Emil hätte freilich gern gewußt, wie der Vetter sich seinen Enthüllungen gegenüber

gestellt. Scheinbar hatte auch er geschwiegen, man verbrannte sich nicht gern den Mund. Wenn Erwin also geschwiegen, brauchte auch er sich nicht mit selbstquälerischen Gedanken die Tage zu trüben. Schon wurden die Seinen auf sein verändertes Wesen aufmerksam. Man fragte teilnahmsvoll, ob er sich nicht wohl fühle, Frau Friesen hatte sogar angedeutet, wenn ihn die Annahme der neuen Stelle gereue, sie doch nicht erst anzutreten, oder wieder aufzugeben, sobald ein Ersatz gesunden. Emil wehrte

alle Bemühungen ab mit den Bemerken, sich doch nicht um ihn dergleichen unnütze Gedanken zu machen. Vielleicht stecke ihm ein Schnupfen in den Gliedern, er habe Kopfschmerzen. — So kam der erste Mai heran und die Eröffnung des Detektivbureaus „Argus" fand statt. Singer hatte ein kleines Gelage arrangiert, an welchem das Personal teilnahm. Dieses bestand aus den beiden Chefs, Eduard Singer und John Knuth, aus dem Bureauvorstand Emil Friesen, einem Schreiber und einem Detektiv. Die Chefs waren äußerst freigebig

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 13 of 16
Date: 23.06.1906
Physical description: 16
, wenn das für sie geschähe! Nicht ein Nagel dürfte eingeschlagen werden, ohne daß sie es anordnete, wie; von einem Geschäft zum andern flöge sie, wählte, gustierte. Die Hoheit Wölser? Die seufzt und klagt über die Mühe, die ihr die Beantwortung der Fragen nach ihren Wünschen verursacht, und macht Vetter Emil süße Augen, damit der die Arbeiten überwacht. Kaum hat er Lilli guten Tag gesagt, ist sie auch schon mit ihren tausenderlei Anliegen da und Lilli wieder sich selbst überlassen. Und Vetter Emil ist jetzt ihr einziger

Trost. Vetter Emil! Der hat gründlich Feuer gefangen! Lilli weiß es ganz genau, wenn sie auch so harmlos tut, als merke sie nicht das Geringste. Auch Graf Heini ist das nicht entgangen und es ärgert ihn furchtbar. Sie kennt das ganz gut, trotz seinen Bemühungen, es ihr nicht zu zeigen. Sie ist darum während Graf Heinis Anwesenheit noch einmal so liebenswürdig gegen Emil. Das ist ihre Revanche. Und ein Glück ist's, daß Anna von dem allem keine Ahnung hat. Denn die versteht keinen Spaß. Lilli

wird Vetter Emil schon dazu bringen, ihr einen Antrag zu machen. Ihn zu heiraten, ist tausend mal besser, als selbst der beste Erzieherinnen-Posten. Schon jetzt ist seine Position gar nicht ohne, die Auszeichnung aber, mit der ihn hier alle behandeln, ist eine sichere Bürgschaft, daß er noch höher steigen wird. Umsonst gesellen sie ihm nicht stets Grete oder Martha Wollheim als Tischdamen zu. Die sollen sich womöglich hier verheiraten, das liegt klar auf der Hand. Schwerreiche Mäd chen. Im xten Grxid

mit Portschach verwandt. Und deshalb aus ihrem heimatlichen Provinznest zu ihm auf Besuch geschickt. Emil jedoch macht sich nicht das Geringste aus ihnen. Aus ihr dagegen, na! Anna wird Augen machen, wenn die Bombe einmal platzt. Tadeln kann sie sie nicht, daß sie eine Vernunftehe schließen will. Waren denn die Heiraten der Hoheiten etwas anderes? Sie will ebenso gut wie jene Villenbesitzerin werden. Ein bißchen Zeit hätte es damit freilich noch gehabt. Der dumme Heini! Wie prächtig hätten

ihrer Schwester über ihren Studienheften brütet und es stets freudig begrüßt, wenn sein Erscheinen sie von den letzteren erlöst. „Wo ist denn Lilli?" fragt Emil darum arg los, nachdem er Anna begrüßt hat. „Ich habe Elisabeth gebeten, sie mit in die Stadt zu nehmen, weil ich etwas unter vier Augen mit dir zu besprechen habe," antwortet Anna gelassen. Es wird Emil unbehaglich zu Mute. Aber er faßt- sich. „Ich stehe ganz zu deiner Verfügung," erwidert er verbindlich. Anna steuert ohne lange Umschweife direkt

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 14 of 16
Date: 12.05.1906
Physical description: 16
74 Salten durch das Verschweigen des Umstandes, daß die gewünschten Pläne fix und fertig in feinem Schreibtisch lägen, eine möglichst günstige Meinung über sich beizubringen. „Ein erlaubtes Manöver — denn es nützt mir!" dachte er bei sich. Daß er Baron Salten auch in Zukunft zufrieden stellen würde, wußte Emil. Er war begabt, und auch an Fleiß würde er es nie fehlen lassen. Seine Tüchtigkeit sollte ihn dem unternehmungslustigen Kavalier unent behrlich machen. Sein Zusammentreffen mit Salten

war ein-großer Glücksfall für ihn. Auf der ersten Stufe der emporführenden Leiter hatte er Fuß gefaßt, nun hieß es weiter in die Höhe klimmen! „Sie tanzen doch, Herr . . ?" Frau von Portschach taucht neben Baron Salten und Emil auf und macht ihrer eifrigen Unter haltung durch ihre Frage ein Ende. „Gewiß, Gnädigste. . „Das kenn' ich — wenn erst einmal mit der Hopserei an- gefangen wird... na, Herr Preyer, da will ich Sie nicht län ger mit Beschlag belegen, hoffe Sie bald bei mir zu sehen." Frau von Portschach

schiebt ihren Arm unter den des jungen Architekten. „Kommen Sie und lassen Sie die Damen, mit denen ich Sie jetzt bekannt machen will, nur recht tüchtig tanzen, es fehlt furchtbar an Tänzern — unsere Her ren sind gar so bequem." Das ist deutlich! denkt Emil belustigt, jetzt sieht er alles durch eine rosige Brille. „Unsere Herren", die Zeit wird kommen, in der du mich auch zu ihnen rechnest. Laut versichert er, daß er mit Vergnügen bereit fei. Die Dame ist von huld vollster Freundlichkeit

gegen ihn, sie hat solche „Utilites" gern in ihrem Salon zur Verfügung. Daß Emil nur die reizlosesten unter den an wesenden Damen zugewiesen werden, versteht sich natürlich ganz von selbst. Und auch das nimmt Emil Preyer ruhig hin, ihm ist das Verständnis für seine Situation aufgegangen. Er nimmt sich vor, sich durch nichts be irren zu lassen, sondern unentwegt seinem Ziel zuzusteuern. Wo wohl Anna steckt? Eine Tour muß ich ja doch wohl auch mit ihr tanzen. Er sieht sich nach ihr um, entdeckt sie aber nirgends

. Doch ja, dort am Klavier steht sie ja. Neben Frau von Portschach. Mein Himmel — die arme Anna! Sie sticht mit ih rer einfachen Toilette förmlich auf fällig gegen die glänzend geschmück ten anderen Damen ab. Warum wohl Frau von Portschach gar so liebenswürdig auf Anna einredet? Ah — sie zieht die Handschuhe aus — blättert in den Noten. . . bren nend heiß läuft's Emil über's Ge sicht. „Ich möchte nur wissen, wie ich eigentlich zu der Ehre komme, ton Frau von Portschach eingeladen zu werden," hat Anna beim Herfahren

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Page 10 of 16
Date: 08.05.1910
Physical description: 16
mit ihrer Tochter Toni." „Stimmt aufs Tüftelchen," rief der Ingenieur aus. „Also die kennt ihr schon. Ist auch ein Sohn da, Emil." „Ein Sohn, ja," bemerkte Frau Buschmann etwas zögernd. „Ob er Emil heißt, weiß ich nicht." „Ja, Emil," fiel Emmeline ein. „Soll ja wohl nicht viel dran sein." „Aber, Kind," mahnte der stets korrekte Sekretär. „Emmeline hat recht," stimmte jedoch Erwin seiner Braut zu. „Ist sonst ein so scharmanter Mensch. Schade, daß er — ich möchte wohl sagen — durch eine falsche Erziehung

an ein genaues Rechnen gewöhnt waren, schien das indes nicht der Fall zu sein. Emil stand am Fenster und kaute an den gepflegten Fingernägeln, von Zeit zu Zeit ein paar Worte über die Schulter werfend zu Mutter und Schwester, die im Zimmer beschäftigt waren. Er war wirklich ungehalten, und das mit Recht. Immer hatten sie etwas .zu mäkeln. Verdiente er nichts da war's natürlich nicht recht, und brachte er Geld heim ~ da hatte er's wieder nicht getroffen. Er hatte ihnen, weil's zu Ende des Monats ging

und es um diese Zeit immer ein wenig knapp bei ihnen herzu- gehen pflegte, soeben den blauen Lappen da auf den Tisch gelegt. Er war wirklich ganz glücklich gewesen, wie er sich selber gestand, daß er so generös auftreten konnte. Und da hatten beide Frauen die Augen so unsagbar weit aufgerissen und ihn so erstaunt, direkt vorwurfsvoll ange- schaut und die Mutter hatte geseufzt: „Emil, das viele Geld! Wo hast du's her, Emil?" „Verdient," hatte er gesagt. Dann war eine momentane Stille eingetreten

, während welcher Emil sich angelegentlichst mit seinen Fingernägeln beschäftigte. Ueber die Schulter hinüber sagte er jetzt: „Daß ihr überhaupt mich für fähig halten könnt, etwa gar eine ehrlose Handlung zu begehen, ist mindestens eine Infamie." „Aber, Emil, lieber Junge, wer denkt denn so etwas," flehte die Mutter, ihrem Liebling die zitternde Hand auf die Schulter legend. »Ich sage euch, ich habe ein Geschäft gemacht." „Was für ein Geschäft?" warf Toni in etwas herri schem Tone ein. „Was geht es dich an?" brauste

dich fragen, lieber Emil," sagte Toni, „welche Garantie gibt uns eigentlich Eduard Singer für seine Ehrenhaftigkeit? Wir kennen den Menschen nicht." „Du brauchst nicht dein hochmütiges Wesen herauszu kehren, Schwester," meinte Emil, „es kleidet dich nicht. Du solltest stolz sein, wenn ein Mann wie Eduard Singer dich eines Tages zum Weibe begehrte —" Da klang ein herzliches Lachen durchs Zimmer. Wie jung, wie froh war dieses Lachen! Man hörte es nicht oft. Emil drehte sich voll der Schwester

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Page 11 of 16
Date: 29.05.1910
Physical description: 16
. Noch stritten Ungläubigkeit an die Schuld Georg Buschmanns und eine große Verwirrung in ihnen. Sie konnten und wollten es nicht glauben, daß Georg Buschmann, der ihnen als die verkörperte Ehrenhaftigkeit erschienen, der Mörder seines Bruders feilt sollte. Wenigstens konnte nicht Habgier das Motiv der Tat gewesen fein. Wie muhte die arme Frau und die liebliche Emmeline leiden, sobald das Gerücht, welches über den Sekretär in Umlauf war, zu ihren Ohren drang. An das alles dachte Emil nicht; er zitterte

nur für sein eigenes Ich. Und da gerade die Entreeglocke anschlug, rief er schier verzweifelt aus: „Jetzt kommen sie, mich zu holen." Wenn man ihm schließlich auch nichts anhaben konnte, auf eine Untersuchungshaft mußte er sich gefaßt machen. Und daß eine solche unter Umständen lange währen kann, lehrt die Erfahrung. Emil glaubte die Blamage nicht überleben zu können, obgleich feilt leichtes Naturell ihm sicher auch darüber hinweghelfen würde; an die Seinen dachte er vorläufig nicht. Auf Toni wirkten die Worte

des Bruders fast lähmend. Konnte man es wirklich wagen, Emil zu verhaften —? Emil von Polizisten abgeführt —?! Sie schritt langsam hinaus, um zu öffnen. Ein stattlicher Herr, vielleicht Mitte der Dreißiger, mit einem blonden, wohlgepflegten Vollbart, stand vor der Tür. Er verbeugte sich respektvoll vor der ihn empfangenden Dame. „Gestatten Sie, daß ich für einen Augenblick eintrete?" ftagte er höflich. Und als Toni den Weg freigegeben, stellte er sich vor. „Mein Name ist Dethleffsen, ich bin Kriminal

mit der Person des Emil Friesen befaßt und waren diese Beobach tungen natürlich auch auf die Allgehörigen des jungen Mannes ausgedehnt worden. Bei dieser Gelegenheit war ihm das junge, stolze Menschenkind in die Augen gefallen, das so unbeirrt den schweren Weg der Pflicht dahinging. Er hatte von einer Verhaftung Emil Friesens Abstand genommen, welche Rücksicht er vielleicht unter andern Verhältnissen nicht hätte gelten lassen. Da aber bisher keine weitere Schuld des jungen Menschen nachzuweisen

gewesen, als seine Mitwisserschaft, so war eilte Verhaftung nicht unumgänglich ltotwendig. Er konnte Emil Friesen eittweder in seiner Wohnung ver nehmen yder ihn sich auf das Kriminalkommissariat zum Verhör vorladen. Der Kriminalkommissar wählte das erstere aus dunklen Gründen, die er sich vorläufig nicht eingeftehen wollte. Und dennoch war das Interesse für Toni Friesen der Grund, weshalb Kriminalkommissar Dethleffsen an dem heutigen Morgen in der Friesenschen Wohnung stand. „Armes Kind," flüsterte er, zärtlich die blassen

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Page 10 of 16
Date: 29.05.1910
Physical description: 16
III Uhren neue ! k_ i Ver befei der unsl entf: mürbe Georg Buschmann nicht mit in den Abgrund gerissen? Was würde überhaupt für ihn selbst die Folge dieses Geständnisses sein? Heißt es nicht: „Mitgefangen — mit gehangen" ? Mit schlotternden Knien kam er in seinem Heim an. Kaum war er imstande, die Korridortür mit dem Drücker zu öffnen, den er stets bei sich führte, so zitterten ihm die Hände. Wie vernichtet sank er auf einen Stuhl. „Emil!" rief Frau Friesen tödlich erschrocken aus. „Toni

, unser Emil ist krank!" Das große, schlanke Mädchen kam bestürzt herbei. Es war ein Mittwoch, sie hatte nachmittags keinen Unterricht zu geben. Sie war bereits zu Hause gewesen, als Emil fortging; es war nur eine verhältnismäßig kurze Zeit verstrichen, man hatte ihn noch lange nicht zurück erwartet. Natürlich war er umgekehrt, weil er sich unwohl gefühlt, denn nach ihrer Berechnung konnte er kaum das Geschäftslokal erreicht haben. Die beiden Frauen bemühten sich um Emil, Frau Friesen rang die Hände

. „Zum Arzt, zum Arzt!" rief sie in ihrer Ratlosigkeit. Emil machte auch jetzt gegen eine Hilfe ärztlicherseits Einwendungen. „Hier kann kein Arzt helfen," stammelte er. „Mich hat der Schreck so untergekriegt — denkt euch, man hat den Singer verhaftet?" Diese Nachricht wirkte überwältigend. Sprachlos standen die armen Frauen da. Toni raffte sich zuerst empor. „Weshalb?" „Ach, das ist eine häßliche Geschichte, wenn meine Ahnung mich nicht trügt. Ich habe kaum den Mut, euch dieselbe mitzuteilen

." „Schwindeleien?" riefen beide Frauen wie aus einem Munde. „Können auch dir Unannehmlichkeiten er wachsen?" „Darüber kann ich nicht urteilen, da ich überhaupt Positives nicht weiß." „Erzähle!" drängte Toni. „Was es auch sei, Emil, verschweige uns wenigstens jetzt nichts." „Nein, ihr sollt erfahren, was mich seit geraumer Zeit bedrückt. Dann bin ich es von der Seele los, obgleich das ja auch nicht viel nützt. Wenn man mich haben will, findet man mich doch. Ihr sollt aber wenigstens aus meinem Munde den wahren

Tatbestand hören." Die erschütterten Frauen wagten kaum zu atmen. Sie setzten sich zu Emil, dem merklich die Zähne aufeinander- schlugen. „Es war im März," begann er, „als Eduard Singer mich fragte, ob wir beide ein Kompagniegeschäft gründen wollten. Ich war natürlich sofort einverstanden, zeigte ihm aber meine leeren Hände. Er streckte' lachend die seinen dazu. „Wie wollen ja gerade Geld verdienen, weil wir nichts haben," sagte er. Er entwarf nun ein herrliches Zukunftsbild — ein Detektivbureau, fein

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Tiroler Bauern-Zeitung
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Page 12 of 16
Date: 29.01.1904
Physical description: 16
waren alle Boote in See — die einen bestimmt zum Leben, die andern zum Tode — alle waren in der Dunkelheit verschwunden, und Kapitän Oaks stand mit seinem ersten Offizier Emil Cameron allein auf, dem Verdeck. Näher und näher züngelten die Flam men, gleich tanzenden Geistern. „'s wird bald überstanden sein, Kapitän." „Ja, Emil, gib mir die Hand. Wir segelten lange zusammen und scheinen für die letzte Reise bestimmt. Gott sei uns gnädig!" „Noch ist Rettung möglich. Hoffen wir Kapitän." „Nein

. Mich erwartet nicht Weib, nicht Kind ich gehe mit meinem Schiffe." Es war des Kapitäns letztes Wort. Eine Ex plosion gebrannter Wasser unterbrach die Rede. Stille und Dunkelheit folgte. Der Lauf der Zeit pausierte auch für Emil Cameron. * * Endlich vornahm er wiedex einen Laut — das Tosen des Wassers, sah die roten Lampen des Leucht- turmes, fühlte sich umgeben von nassem Sand. Die Vorsehung hatte barmherzig Emils Leben gefristet, das Meer ihn ans Ufer gespült. Schwach und zer schlagen, blieb er lange

hilflos liegen. Plötzlich bemerkte er über sich im ungewissen Mondlicht bekannte Felsenbildungen. Die See hatte ihn in den heimischen Hafen geworfen, und ein Mann, der am Ufer entlang schritt, sang leise das Methodistenlied: „Dort erwartet dich Licht, Bruder, Dort erwartet dich Licht." Heiße Tränen rollten über des Seemanns ge bräunte Wangen, als er die alte Heimat erkannte, und sein Herz sehnte sich nach der Mutter, die einst gesagt: „Ich will das Licht brennen lassen, bis du wiederkommst, Emil

." Zwanzig Jahre waren seitdem vergangen, und damals schon zählte sie mehr denn vierzig. Sie war wohl lange tot. Vielleicht aber konnte er im alten Heimatdörfchen noch Kunde von ihr erhalten. Und so machte er sich auf in finsterer Mitternacht und wankte totmüde durch den verän derten Ort, geleitet von dem Magnet des Herzens, nach dem Gäßchen, in dem einst seiner Mutter Hütte gestanden. Das Gäßchen hatte sich in eine breite mit Häusern besetzte Straße verwandelt, aber ganz am Ende glaubte Emil

ein flackernd Kerzenlicht zu er kennen. Er eilte vorwärts. Nein, ihn trügte kein Gebilde der Phantasie im Fenster der alten Heimat stand wirklich ein brennendes Licht. Des Mannes Herz pochte laut; er klopfte an die Türe und wartete zitternd. Langsame Schritte näherten sich und auf der Schwelle erschien ein altes, altes Mütterchen mit schneeweißem Haar. Emil er kannte sofort seine Mutter. „Was gibt's? fragte sie. „Ein armer schiffbrüchiger Seemann bittet um Obdach." „Kommt herein und wärmt

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Tiroler Post
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Page 2 of 20
Date: 18.05.1906
Physical description: 20
Mit! 8 leisten bessere Nutzen, schäl allein. Der Stück fl. 3-5C sonst. Rudolf < Bor Schwiw Pc e.j 1 geg< Riesige A Billig I gut gut in der -< Ehe Sic vergeh Sie Vc Preisbere Ännonc Heinric Salten durch das Verschweigen des Umstandes, daß Me gewünschten Pläne fix und fertig in seinem Schreibtisch. lägen, eine möglichst günstige Meinung über sich beizubringen. „Ein erlaubtes Manöver — denn es nützt mir!" dachte er bei sich. Daß er Baron^ Salten auch in Zukunft zufrieden stellen würde, wußte Emil

. Er war begabt, und auch an Fleiß würde er es nie fehlen lassen. Seine Tüchtigkeit sollte ihn dem unternehmungslustigen Kavalier unent behrlich machen. Sein Zusammentreffen mit Salten war ein großer Glücksfall für ihn. Aus der ersten Stufe der emporführenden Leiter hatte er Fuß gefaßt, nun hieß es weiter in die Höhe klimmen! „Sie tanzen doch, Herr . . . ?" Frau von Pörtschach taucht neben Baron Salten und Emil auf und macht ihrer eifrigen Unter- haltung durch ihre Frage ein Ende. „Gewiß, Gnädigste

..." ^ r . . „Das kenn' ich — wenn erst einmal mit der^ Hopserer an gefangen wird. . . na, Herr Preyer, da will ich Sie nicht län ger mit Beschlag belegen, hoffe Sie bald bei mir zu sehen." Frau von Portschach schiebt ihren Arm unter den des jungen Architekten. „Kommen Sie und lassen Sie die Damen, mit denen ich Sie jetzt bekannt machen will, nur recht tüchtig tanzeu, es fehlt furchtbar an Tänzern — unsere Her ren sind gar so bequem." Das ist deutlich! denkt Emil belustigt, jetzt sieht er alles durch eine rosige

Brille. „Unsere Herren", die Zeit wird kommen, in der du mich auch zu ihnen rechnest. Laut versichert er, daß er mit Vergnügen bereit fei. Die Dame ist von huld vollster FreuMichkeit gegen ihn, sie hat solche „Utilitös" gern in ihrem Salon zur Verfügung. Daß Emil nur die reizlosesten unter den an wesenden Damen zugewiesen werden, versteht sich natürlich ganz von selbst. Und auch das nimmt Emil Preyer ruhig hin, ihm ist das Verständnis für seine Situation aufgegangen. Er nimmt

aus — blättert in den Noten . . , bren nend heiß läuft's Emil über's Ge-^ sicht. „Ich möchte nur wissen, wiei ich eigentlich zu der Ehre komme, von Frau von Portschach eingeladen beim Herfahren lächelnd hingeworfen. Amerikanische Egge zu werden," hat Anna Emil weiß jetzt, war um sein Büschen eine Einladung erhalten hat — um den andern zum Tanz aufzuspielen! Und er ist so stolz an ihrer Seite in den Saal geschritten. Das hätte er nur ahnen sollen — einmal und nicht wieder! Im nächsten Moment schon denkt

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Page 10 of 16
Date: 19.02.1905
Physical description: 16
, wenn du Gebrauch davon hast, nimm es gern." „Mein gutes Kind," sagte Adelaide gerührt. „Ja, wenn du es missen kannst, gib mir's. Es macht mich so traurig, daß mein Bruder, leidend wie er ist, darben muß." „O nein, darben soll Onkel Emil nicht," rief Lenore lebhaft. „Ich will nicht, daß dich außer der Trauer um den unersetzlichen Verlust, der uns betroffen, auch noch andere Sorgen quälen." Gott, wieder dieser larmoyante Ton! Wie er Ade laide auf die Nerven fiel. Sie sagte hastig: „Das ist nett

man nichts." „Na, Kind, das ist ja auch egal. Hin ist hin. Aber nicht wahr, diesen Oktoberzuschuß gibst du mir für den Onkel? Und Lenore, sieh zu, daß du fünfzehnhundert Mark ergatterst. Was sollen dem armen Emil ein paar Hundert nützen, wo er einen Arzt bezahlen muß und nichts verdienen kann. Aerzte sind furchtbar teuer in Amerika. Ich hörte, zehn Dollars eine Visite. Denke, vierzig Mark!" . Lenore fand das auch furchtbar viel, obgleich sie, im Ueberfluß ausgewachsen, sich nicht so recht ein klares Bild

von lumpigen vierzig Mark machen konnte. Bei ihnen handelte es sich stets um Tausende. Daher leuchtete es ihr ein, daß fünfzehnhundert Mark zum Lebensunterhalt verhältnismäßig nur eine geringe Summe war. Also versprach sie um die höchste Summe anzuhalten, mußte aber ihrer Mutter geloben, nicht zu verraten, zu welchem Zwecke sie das Geld verwenden wolle. Als Lenore gegangen war, setzte sich Adelaide an ihren Schreibt.sch und schrieb: „Lieber _ Emil! Ich wünsche dringend, daß du wieder abreisest

. Nur dann werde ich dich in Zukunft unterstützen. Mir sind diese Heimlichkeiten sehr zu wider und sie sind, wie du selbst zugibst, verdacht erregend. Verschwinde noch für einige Monate, dann können wir weiter beraten. Wenn ich erst im Voll besitz des großen Vermögens bin, wollen wir auch wissen, daß wir leben. Halte dich bereit- ich komme morgen nachH , um mit dir ein Billett zu deiner Ueberfahrt zu lösen. Etwas Geld gebe ich dir mit- sobald du drüben bist, erhttlst du mehr. Adelaide. Emil Winkler erhielt den Brief

seiner Schwester, als er gerade seinen Morgenkaffee gemütlich im Bette schlürfte. Er war doch so ein bischen Patient und wollte auch als solcher gelten, trotzdem ihm absolut nichts weiter fehlte als der freie Gebrauch des linken Armes. Da er aber auf dieser Welt nichts weite» zu tun hatte, als pMrm lieben Herrgott die Tage zu stehlen, so konnte ihn ba* nicht gerade allzusehr genieren. Schmerzen hatte er ja nicht und der Heilungsprozeß ging naturgemäß seinen ebenen Gang weiter. Als Emil den Brief gelesen, mußte

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Page 11 of 16
Date: 19.02.1905
Physical description: 16
Emil schnitt eine kleine Grimasse. //Ja, Schwester chen, das Gute erkennt man immer erst an, wenn man's nicht mehr hat. 'ne alte Jacke." „Ja, leider. Wie sorglos lebte ich alle die Jahre dahin. Denke dir, Ernil, ich fand heute morgen das erste graue Haar." „Im Kaffee? In der Suppe?" fragte Emil naiv. „Nein, aus meinem Kopse." „Solche vereinzelt auftretende Spuren des heran nahenden Alters lassen sich ja vertilgen," belehrte der galante Bruder. „Rausreißen, immer rausreitzen, mit der Wurzel

hier, Schwesterchen?" bat Emil. „Es kommt ein nettes Zimmer neben dem meinen leer, ich habe es vorsichtshalber für eine Nacht bestellt. Du wirst mir doch das Vergnügen machen, mich morgen an Bord des Dampfers glücklich abzuliesern." „Spotte nur, du leichtsinniger Mensch," lächelte Adelaide. „Ich als deine ältere Schwester muß für dich denken, für dich sorgen." „Das letztere lasse ich mir schon gefallen," meinte Emil leichthin. „Das erstere muß ich wohl allein besorgen." Sein heiteres Naturell verfehlte

aus die leichtlebige Frau ihren Reiz nicht. Ach was, Sorgen ! Und warum überhaupt Sorgen? Diese peinliche, langweilige Zeit nahm schließlich auch ihr Ende. Und heute wollte sie vergnügt sein. Weg mit der Pedanterie und mit dem Zwang, den die Gegenwart ihrer Familie und ihrer Be kannten, ja selbst die der Dienerschaft ihr auserlegte. Hier kannte sie niemand. Heute wollte sie ' genießen, heute wollte sie lustig sein. „Wir wollen heute abend ins Theater gehen, Emil," schlug sie vor. „Vorsichtshalber habe ich zu Hause

! Eilig huschten die Leute unter den aufgespannten Regenschirmen über die nassen Wege) die Pferde vor den Wäger: ließen die Köpfe hängen, der Regen hing schroer an ihren warmen Leibern. Klitsch, klatsch! Klitsch, klatsch! Mein, das ist zum Verrücktiverden," ries Adelaide und klopfte energisch an ihres Bruders Tür. „Steh aus, Emil. Mach dich fertig, um elf Uhr mußt du an Bord sein. Vielleicht kann ich mit dem Zwölfuhrzuge wieder heimwärts ziehen." „Reg dich nicht aus, Schwesterlieb," antwortete

die frische Stimme aus dem Nebenzimmer, „sonst stellt sich ein weiteres graues Haar ein. Ewig kann die Sonne nicht scheinen, es wechselt alles ab im Leben. Im übrigen bin ich in einer kleinen Stunde reisefertig." Gott, über diesen Humor! Adelaide konnte Emil darum beneiden. Sonst war sie ja auch so gewesen. Nichts hatte sie verstimmt, alles hatte sie im rosigsten Lichte gesehen. Die Leute, die ganze Welt. Ob's ge regnet oder ob die Sonne geschienen, rb's Sommer war oder Winter — in ihrem Herzen

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 13 of 16
Date: 12.05.1906
Physical description: 16
nicht. Emil Preyer fing an einzusehen, daß er eine unzutreffende Meinung von den Personen gehabt hatte, mit denen er hier beisammen war. Wo es sich Um seinen Vorteil handelte, hielt er nicht eigensinnig an irrigen Meinungen fest. Während er eifrig mit der Baronin technische Fragen über Wintergärten, heiz bare Schwimmbassins, Verwendung der Elektrizität zu Heizung und Beleuchtung und dergleichen erörterte, musterte er die übri gen Teilnehmer an der Tafelrunde und fragte

nach diesem oder jenem, der ihm besonders auffiel. Bereitwillig erteilte ihm die Baronin Auskunft, lenkte aber stets das Gespräch in die frühere Bahn zurück. Sie staunte im Stillen über die Fachroutine des noch so jungen Mannes. Auf jede ihrer Fragen hatte er sofort eine prä zise Antwort. Ein ihm günstiger Zufall war die Ursache davon. Emil Preyer glaubte fest an seine Zukunft und machte sich bis weilen durch Entwürfe, wie er sein Leben gestalten werde, wenn er sich zum Erfolg durchgerungen, seine jetzige ärmliche Lage weni ger

förmlich zum Greifen deutlich vor ihr standen. Der junge Mann war ein Fund für sie und ihren Gatten! Als das Souper beendet war, begleitete Emil Preyer die Ba ronin Salten in den Salon. Alle Schüchternheit war von ihm algefallen. Er fühlte, daß er einen angenehmen Eindruck hervor- gebracht hatte, und das hob sein Selbstgefühl nicht wenig. Er gab sich von seiner vorteilhaftesten Seite, und seinem natürlichen Humor gelang es, die Damen, denen ihn die Baronin vorstellte, aufs beste zu unterhalten

. Die kleine Gruppe, deren Mittelpunkt er bildete, war beinahe ausgelassen heiter. Frau von Portschach, die sich ihr einen Moment lang anschloß, betonte sehr herzlich, daß sie ihrem Gatten dankbar sei, einen „so amüsanten jungen Mann" bei ihr eingeführt zu haben. Emil Preyer war höchlich zufrieden mit sich. Und er ward es noch mehr, als nun auch Baron Salten er schien und ein längeres Gespräch mit ihm anknüpfte. Das trieb allerdings sämtliche Damen, mit Ausnahme der Baronin Salten, in die Flucht

, war aber schwergewichtiger für Preyer, als alle erdenk lichen gesellschaftlichen Erfolge. Er mutmaßte schon bei den ersten Morten des Barons dessen Absichten mit ihm, gab sich aber so unbefangen, als ahne er sie auch nicht im entferntesten. Einige Bemerkungen der Baronin wurden jetzt wertvolle Fingerzeige für ihn. Die Beschäftigung seiner Mußestunden gewährte ihm uner warteter Weise einen ganz außerordentlichen Nutzen. „Seine" zu künftigen Wohnhäuser waren ja die Verwirklichung dessen, was Ba ron Salten plante. Emil

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Page 9 of 16
Date: 26.02.1905
Physical description: 16
Sonntagji^latt Deilage zum „Wtzbühetcr Dezirks-Dote". Redaktion, Druck und Verlag der Kgl. Bayer. Hofbuchdruckerei von Gebrüder Reichel in Augkburg. Maurice nouvier, der neue französische Mtuisterpräsidenl. Das Rätsel des Vrauerhauses. Kriminalroman von A. Wilcken. (s. Fortsetzung.) (Nachdruck verdolen Der Wagen Hielt. Der Kutscher kletterte vom Bock, den Wagensch'lag für die Herrschaften zu öffnen. Emil kam vorsichtig zum Vorschein, um seinen Arm nicht zu verletzen — da legte sich eine Hand

fest auf seine Schulter. „Im Namen des Gesetzes — Sie sind verhaftet!" Zwei Helme tauchten hinter dem Herrn aus, der diese verhängnis vollen Worte gesprochen. Einer energischen Aufforderung Folge leistend, stieg Emil wieder zu seiner Schwester ein, die mit einem Auf schrei in die Wagenpolster zurück gesunken war. Der Herr in Zivil nahm auf dem Rücksitz Platz, der eine Kriminalschutzmann setzte sich neben den Kutscher und ohne daß dieser Vorgang von Passanten groß bemerkt worden war, setzte

sich das Gefährt wieder in Bewegung. Adelaide war unfähig, ein Wort hervorzubringen, Emil aber gewann nach dem ersten Schreck seine Fassung wieder. „Darf ich mir die Frage er lauben, weshalb man mich verhaf tet?" fragte er ganz kleinlaut. „Beöaure," antwortete der Be amte höflich, aber kurz. „Wir wer den mit dem Zwölsuhrzuge nach K . . . fahren, dort werden die Herr schaften alles nähere erfahren." Mehr war nicht aus dem Manne herauszubringen und tief nieder geschlagen verfiel auch Emil in Schwergen

man nicht behaupten. Anfangs verwickelten sie sich in Widersprüche. Als aber der Kommissar ihnen deutlich zu verstehen gab, daß nur die lautere Wahrheit hier angebracht sei, kam es heraus, daß Emil Winkler am 15. September in K... gewesen. Die Heimlichkeit, mit der dieser Um stand betrieben, mußte Verdacht er regen. Wenn man erwog, daß der junge Mann bereits seitdem 13. Sep tember in H anwesend war und genau zu dem Tage, an dem der Brauherr verschwand, sich in K . . . aufhielt, so mußte das einen Haken

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Tiroler Post
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Page 1 of 20
Date: 29.06.1906
Physical description: 20
, die ihr die Beantwortung der Fragen nach ihren Wünschen verursacht, und macht Vetter Emil süße Augen, damit der die Arbeiten überwacht. Kaum hat er Lilli guten Tag gesagt, ist sie auch schon mit ihren tausenderlei Anliegen da und Lilli wieder sich- selbst überlasten. Und Vetter Emil ist jetzt ihr einziger Trost. Vetter Emil! Der hat gründlich Feuer gefangen! Lilli weiß es ganz genau, wenn sre auch so harmlos tut, als merke sie nicht das Geringste. Auch Graf Heini ist das nicht entgangen und es ärgert ihn furchtbar

. Sie kennt das ganz gut, trotz seinen Bemühungen, es ihr nicht zu zeigen. Sie ist darum während Graf Heinis Anwesenheit noch einmal so liebenswürdig gegen. Emil. Das ist ihre Revanche. Und ein Glück ist's, daß Anna von dem allem keine Ahnung hat. Denn die versteht keinen Spaß. Lilli wird Vetter Emil schon dazu bringen, ihr einen Antrag zu machen. Ihn zu heiraten, ist tausend mal besser, als selbst der beste Erzieherinnen-Posten. Schon netzt ist seine Position gar nicht ohne, die Auszeichnung

aber, mit der ihn hier alle behandeln, ist eine sichere Bürgschaft, daß er noch höher steigen wird. Umsonst gesellen sie ihm nicht stets Grete oder Martha Wollheim als Tischdamen zu. Die sollen sich womöglich hier verheiraten, das liegt Aar auf der Hand. Schwerreiche Mäd chen. Im xten Grad mit Portschach verwandt. Und deshalb aus ihrem heimatlichen Provinznest zu ihm auf Besuch! geschickt. Emil jedoch macht sich nicht das Geringste aus ihnen. Aus ihr dagegen, na! Anna wird Augen machen, wenn die Bombe einmal platzt. Tadeln

, weil ich etwas unter vier Augen mit dir zu besprechen habe," antwortet Anna gelassen. Es wird Emil unbehaglich zu Mute. Aber er faßt sich. „Ich stehe g-anz zu deiner Verfügung," erwidert - er verbindlich. Anna steuert ohne lange Umschweife direkt auf ihr Ziel lo§. „Ich habe nur ungern Elisabeths Bitten nachgegeben," beginnt sie, „den Sommer mit Lilli hier zuzubringen. Ich fürchtete das, was tatsächlich geschehen ist: die Ablenkung Lillis von ihren S-llidien, zu denen ich sie in ih-rem eigenen Interesse anhalten muß

. Ohne dir dies vielleicht Aar zu machen, hast du mir meine Pflicht in dieser Richtung beträchtlich erschwert. Es vergeht fast kein Tag, an dem du nicht ihrem Lernen vorzeitig ein Ende machst. Ich bitte dich ernstlich, das in Zukunft zu unterlassen, Lilli überhaupt so wenig als möglich zu zerstreuen. Ich. w-äre sonst gezwungen, uniern Aufenthalt hier abzukürzen und in unsere stille Stadtwoh nung zurückzukehren." Mit einer ungeduldigen Handbewegung schiebt Emil seinen Hut auf den Hinterkopf. „Bist du ein Pedant! Laß

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 13 of 16
Date: 02.06.1906
Physical description: 16
zu einem neuen Verkehrsweg um die ganze Stadt herum ! ausgedehnt werden konnte. Der Enthusiasmus, mit dem Salten leinen Entwurf zur Kenntnis nahm, tvar eine verläßliche Bürg schaft für den erhofften Erfolg. Der Baronin war Emil sicher! Erreicht also! Von nun an nützte er seine Ideen nicht nur zu Gunsten anderer aus, jetzt partizipierte er in Gemeinschaft mit jenen, die sich finanziell an dem neuen Unternehmen beteiligen mürben, an dem Gewinn, den es abwerfen mußte. Die anderen steuerten das notwendige

und ganz auf sich emtvirken. Wie süße Erschlaffung und prickelndes Begehren zugleich dringt es ihm in alle Poren. Da stört ihn Lachen und lautes Sprechen aus seiner seltsamen Stimmung auf. Er springt in die Höhe, merkwürdig, so ist ihm noch nie zu Mute gewesen! Es ist auch schon wieder verflogen, wie leichtes Traumgewebe von ihm abgefallen. Er lacht, jetzt ist er wieder ganz er selbst. Caltens treten ins Zimmer. Die Baronin schüttelt Emil herz lich die Hand. „Sind Sie nicht ungeduldig geworden

, ob sie glücklich miteinander sind." „Na, er war mir ein bißchen zu still und sie ein bißchen zu laut dazu/' „Sie hat sich schrecklich verändert, ist von einer Rastlosigkeit und Unruhe, die geradezu unheimlich ist." „Wölsers wohnen bei Portschachs, lieber Preyer, somit ganz in der Nachbarschast." „Die haben stets das Haus voll Gäste. Sprach Lori nicht auch von Herrn Preyers Cousinen, Elise?" „Ich glaube, ja, ja, sie erzählte, daß die den ganzen Sommer über heraußen bleiben werden." Emil Preyer macht

eine unwillkürliche Bewegung. Baron Sal ten lächelt. „Aha, Sie sind ungeduldig! Wir wollen also l'aikaire Wölser auf morgen verschieben. Jetzt komme einmal her, Elise und sieh dir deine Leistung an." „Zeichnungen? Pläne? Hu, ein ganzer Stoß! Das ist —?" „Eine superbe Idee unseres lieben Preyer, eine elektrische Bahn." Die Baronin stößt einen Schrei aus und rltf-dt zum Tisch. Sie fiebert vor Eifer, während ihr Emil seinen Plan auseina der- setzt. Die Superlative sprühen ihr nur so von den Lippe... Eine Frage

drängt die andere, sie sind noch mitten in ihren Erörte rungen, als der Diener meldet, daß das Souper serviert sei. Baron Salten erhebt sich mit einem Seufzer der Erleichterung, er hat sich schon eine geraume Weile erschöpft und teilnahmslos in feinen Sessel zurückgelehnt, ohne daß seine Gattin und Emil dies beachteten. Als Preyer sich ihm jetzt zuwendet, erschrickt er über das matte und verfallene Aussehen des Barons, der die herzliche Einladung an Emil richtet, mit ihm und seiner Gemahlin

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Page 9 of 16
Date: 29.05.1910
Physical description: 16
Sonntags-Blatt Milage zum „Ikihbükeier Este." Redaktion. Druck und Verlag der Kgl. Bayer. Hofduchdruckerel von Gebrüder Reichel i» Augsburg. Km Abgrund. Kriminal-Erzählung von A. Wilcken. (S. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Neuntes Kapitel. Am folgenden Tage machte Emil Friesen sich gleichfalls um die Mittagsstunde auf den Weg ins Bureau. Er wollte einem abermaligen Besuch Singers Vorbeugen, wußte er doch, daß jener sich mit Heiratsgedanken trug und seiner Schwester am Ende lästig fallen

könnte. Sein Erstaunen war groß, als er die Bureauräumlich keitengeschlossen fand; ja, nach genauem Hin blick frappierte ihn das Siegel, das von Ge richts wegen an der großen Eingangstür angebracht war. Lange stand Emil vor der verschlossenen Tür und starrte das Siegel fassungslos an. Was konnte vor gefallen sein —? Der Angstschweiß drang ihm aus den Poren, er blickte ratlos um sich. Da sah er den Boten eines im unte ren Stockwerk gelege nen Kommissionsge schäftes die Treppe heraufkommen und er redete ihn an. „Sagen

Sie mal, Freundchen, was ist denn hier los? Ist Ihnen etwas zu Ohren gekommen?" Der Kontorbote lächelte verschmitzt. „Alles verhaftet; war ein fürchterliches Aufsehen." „Verhaftet? Weshalb —?" Obgleich Emil es sich denken konnte, stellte er doch die bange Frage, wohl in der dunkeln Erwartung, eine andere Antwort zu erhalten, als die er fürchtete. „Weiß ich natürlich nicht. Sie waren doch hier im Bureau beschäftigt?" »Ja, ja, freilich," stotterte Emil hinter trockenen Lippen hervor. Ihm war unsäglich

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 15 of 16
Date: 26.05.1906
Physical description: 16
83 günstiger gestaltete, als er angenommen hatte. Das Cottageviertel kam tu die Mode, alle reichen Leute wollten in den mit jeder modernen Bequemlichkeit ansgestatteten Häusern wohnen. Salten erhielt hohe Mietbeträge für seine Villen, und an denen, die er verkaufte, gewann er beträchtliche Summen. Sein Vermögen hatte sich durch sein Unternehmen mehr als vervierfacht. Auch Emil Preyer besaß schou einen ganz stattlichen Sparpsennig. Seine Mansarde hat er selbstverständlich sofort nach Abschluß

, die aus seinen Schultern lag, zu bewäl tigen. Mit einer Dame war er allerdings in ziemlich vertrauten Verkehr geraten, mit der Baronin Salten. Ein beinahe kamerad schaftliches Verhältnis bestand zwischen ihr und ihm. Für die zwischen ihnen herrschenden Beziehungen war es jedoch vollständig belanglos, daß die Baronin eine Frau war. Sie war Emil Prehers bester Gehilfe. Voll Tätigkeitsdrang, ganz Interesse für das Un ternehmen, zu dem sie die erste Anregung gegeben hatte, verfolgte sie das Entstehen des Cottageviertels

. . ." Er stutzte, ivard ein rvenig verlegen, war innerlich sehr verletzt und suchte sie lange Zeit nicht Ms Nur am zweiten Weihnachtssest nach ihrer Trennung sandte er ihr eine größere Summe zu, und bat sie, diese Leni einzuhändigen, deren Dienste er so lange ohne Entschädigung habe in Anspruch neh men müssen. Anna händigte Leni das Geld ein, diese bedankte sich erfreut bei Emil, Anna selbst berührte die Angelegenheit auch nicht mit einem Wort. Von da an wurden die: Zwischenpausen zwischen liehe Kenntnisse

meiner Frau," sagte er lachend zu Emil, wenn dieser mit einem neuen Vorschlag zu ihm kam, „auf die kann ich mich besser ver lassen, als auf mich selber." Und das war die Wahrheit. Sie ward es noch mehr, als sich unvermutet herausstellte, daß Saltens Gesundheit einen ernstlichen Leck erhalten habe. Er fing zuerst über große Mattigkeit zu klagen an, die ihm jede Tätig keit zur verdoppelten Anstrengung iverden ließ. Die befragten Aerzte wußten keinen Rat, dies und das ivard versucht, allein

nichts wollte helfen. Saltens Arbeitsunlust und Arbeitsunfähigkeit aber nahm so zu, daß es sehr schlimm um fein Unternehmen gestanden hätte, wenn er allein, nicht seine Frau und Emil die Seele des Ganzen gewesen wären. Der arme Salten sprach dies auch ganz

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Tiroler Land-Zeitung
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Page 15 of 16
Date: 02.06.1906
Physical description: 16
vergebens ver- llühen soll. Ihr Blick fliegt zu Graf Heini hinüber, dann legt sich ein leises Lächeln um ihre Lippen. Sie zieht Elisabeth ganz nahe an sich heran. „Und dein Herz lenkt er nicht nach den In eifriger Unterhaltung schreitet eine Gruppe distinguierter Personen, darunter Elisabeths Eltern, Herr und Frau von Wölser und Emil Preyer durch die Allee, die zu dem Lawn-Tennisplatz führt. Ein Zug leiser Ironie erscheint auf Annas Gesicht, während sie beobachtet, wie sich ihrem Vetter die allgemeine

Aufmerksamkeit zulenkt. Namentlich Portschachs und Wölsers beschäftigen sich an gelegentlich mit ihm, die Damen sind ganz strahlende Liebenswür digkeit. Emil Preyer scheint das sehr gelassen hinzunehmen, er antwortet allem Anschein nach zerstreut, seine Augen überfliegen suchend den Lawn-Tennis-Platz und ein flackerndes Leuchten flammt in ihnen auf, als sie' die Gruppe der Spielenden wahrnehmen. Jubelnd verkündet dort soeben Lilli, daß sie und ihr Partner auch Ein Pfingstchoral. Gemalt von O. Piltz. Wünschen

mit dem messen!" Lautes Sprechen hinter den beiden Mädchen verlöscht den Schimmer überirdischer Verklärung, der sich über Elisabeths Ge sicht gebreitet hat. Gelassen sieht sie sich um. Auch Anna tut dies. „Ein seltener Gast", flüstert ihr Elisabeth zu. „Dein Vetter Preyer." die siebente Partie glänzend gewonnen hätten. Dabei mustert sie flüchtig die Kommenden, am längsten Emil Preyer. Grete und Martha Wollheim schieben ihre Lawn-Tennis-Mützchen kokett in ihre nichtssagenden Backfischgesichter, sobald

sie den jungen Architekten gewahren. Emil Preyer ist eine Partie! Nach ihrer flüchtigen In spektion hat Lilli den Näherkommenden unmutig den Rücken zu gewendet. „Wenn doch nicht immer so viel fader Besuch käme!" tuschelt sie ärgerlich Graf Heini zu. „Am schönsten ist's stets, wenn wir unter uns sind . Wer ist denn der hölzerne Ritter, um den sich die Hoheiten so eifrig bemühen?" Lilli nennt die Damen Wölser und Portschach stets „die Hoheiten". (Fortsetzung folgt.)

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Kitzbüheler Bezirks-Bote
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Page 12 of 16
Date: 29.05.1910
Physical description: 16
geheimnisvoll. „Bewahren Sie sich den guten Glauben an Ihre Freunde," sagte er. „Ich darf heute noch nichts verraten, aber die Aufklärung dürfte nicht mehr lange auf sich warten lassen. Die Blätter werden schon dafür sorgen, es in alle Welt hinaus zu Posaunen, daß jener einstmcck Der Herr Kriminalkommissar könne ruhig fragen, die Seinen seien soeben über alles von ihm informiert worden. Man nahm Platz, und Emil berichtete den ganzen Hergang noch einmal in derselben Weise, wie er ihn kurz vorher bereits

erzählte. Ab und zu wurde er durch eine eingeworfene Frage des Kriminalbeamten unterbrochen, Beide Frauen dankten dem Kriminalbeamten in beredten Worten. O, welche Last wälzte er ihnen von der Seele herunter! eduard VII., König von öroßdrirannien und Irland, t. welche er ruhig, ohne sich aus dem Konzept bringen zu lassen, beantwortete. Die Erzählung des jungen Mannes trug unverkennbar den Stempel der Wahrheit. Und wenn ihm Emil Friesen auch als ein Taugenichts von seinen Geheimpolizisten ge schildert

worden, so mußte der Beamte als gewiegter Menschenkenner sich doch sagen, daß der Kern kein morscher sei. Ueberhaupt traf Emil keine Schuld. Denn selbst durch sein Wort gebunden, hatte ihn sein Gewissen dennoch König eduard VII. bei feinem letzten Aufenthalte in marienbad. „Und Buschmann?" fragte Toni. „Ist es möglich, daß eine Persönlichkeit wie die Georg Buschmanns so trügen kann? Er hat den Mord nicht begangen." Unterstützt und verbreitet den Kitzbüheler Boten. HrrausgKex» Verleger

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Tiroler Post
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Page 1 of 16
Date: 23.07.1909
Physical description: 16
sollte. Man wußte jedoch sehr wohl, daß ein solcher Schiedsspruch den Kon flikt nur verschärfen würde. In Buenos Aires war man erbittert darüber, daß Brasilien den Teilungsplan bezüglich Bolivias bekämpfte und den Bolivianern die Mittel zu kriegerischen Rü stungen geboten h atte. Der Spruch des argenti- Feuilleton. Ein Fehlgriff. Humoreske von E. F a h r o w. Emil Felder hatte von jeher eine unüber windliche Zuneigung zum kriminalistischen Be ruf verspürt und am liebsten wäre er Detektiv ge worden

. Er hatte jedoch das Malheur, einen wohlha benden Vater zu besitzen, und dieser wiederum verabscheute alles, was mit „dem Kriminal" zu sammenhing. Deshalb durfte auch Emil nicht einmal Staatsanwalt werden, was er doch so gern, als sozusagen ins Fach schlagend, getan hätte. „Na," dachte er mit dem ihm eigenen Mute, -mach ist ja nicht aller Tage Abend. Wenn der Alte sieht, daß ich Talent zu der Sache habe, kitzelt ihn doch vielleicht die Eitelkeit; denn einen berühmten Sohn möcht' er ja doch gar zu gern

haben! Zu komische Ideen haben doch manche Leute!" Ja, der alte Felder hätte wohl gern einen be rühmten Sohn gehabt; selbst Schauspieler hätte sr werden können; und dazu gehört doch, wie seder zugeben muß, schon ein sehr heroisches Va- ^rherz, um das zu erlauben. Aber Emil wurde Kaufmann. nischen Präsidenten fiel deshalb so aus, daß den Peruanern der größte Teil des Acre-Gebietes zuerkannt wurde, und zwar auch dasjenige, das Bolivia vor zwei Jahren an Brasilienverkaufthatte. Der Schieds spruch richtet daher

- bung des gekränkten Emil; denn nicht Heringe, sondern einen allerliebsten Goldfisch bändigte er alsbald. Oder vielleicht war es auch der Gold fisch, der ihn bändigte? Genaues hört man ja nie in solchen Fällen. Emil war also Volontär, und zwar Volon tär bei Ernsthagen u. Co., dem angesehensten Bankhaus der Friedrichstraße. — Bei der gro ßen Verachtung, welche der unerfahrene, junge Mann anfänglich seinem aufgedrungenen Beruf entgegenbrachte, machte er gar keinen Unterschied

zwischen den verschiedenen Zweigen des Kauf mannsstandes. Für ihn war ein wirklicher Heringsbändiger kaum etwas anderes als ein Bankkommis. Beide mußten höflich mit wildfremden Kunden verkeh ren, beide mußten sich von ihren Chefs Nasen ver abreichen lassen (als ob das irgend ein Sterblicher nicht müßte) und beide konnten, wenn sie von ihren Vätern was ererbt hatten, ein sorgloses, wenn auch rühmloses Dasein führen. Nach und nach gingen jedoch Emil die Augen dafür auf, daß er ganz ebenso angesehen in der Gesellschaft

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