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Schlern
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Page 16 of 184
Date: 01.04.2008
Physical description: 184
für einen nicht nur äußerlichen Wiederaufbau bezeichne- te (abgedruckt auf S. 31). Sollte er eine Aufgabe beim „Tagblatt der Südtiroler“ übernehmen? Das Schicksal in Gestalt des Bozner kommissarischen Präfekten Bruno De Angelis und des deutschen Vizepräfekten Walter Amonn hatte eine andere Aufgabe für ihn: Die Leitung des deutschen Schulwesens, das es galt, aus den Trümmern des Großdeutschen Reiches zu retten. Es war ein schwieriges Unterfangen, denn von italienischer Seite war die deutsche Schule der Options

. Die Kurie schickte ihn am 1. März als Kurat nach St. Josef am See, wo er bis Kriegsende blieb. Neue Aufgabe: die Rettung der deutschen Schule D er Zusammenbruch des national sozialistischen Systems 1945 gab Josef Ferrari seine Handlungsfreiheit wieder zurück. Er dachte über die Zu kunft unseres Landes nach und schrieb einen profunden Leitartikel für die Aus gabe Nr. 4 der wiedererstandenen „Do lomiten“, in dem er die Überwindung des Hasses und gerechtes Handeln als die Voraussetzungen

- und Be satzungszeit, waren insbesondere die in aller Eile ausgebildeten Hilfslehrer als nazistisch geformt verschrieen, nicht in allen Fällen zu Unrecht. Die zum Teil noch unter Österreich ausgebildeten Be rufslehrer waren zum großen Teil schon alt und, sofern Optanten, zunächst ohne Staatsbürgerschaft. Die meisten hatten mit den deutschen Behörden zu sammengearbeitet und mussten sich als Kollaborateure den von den Alliierten vorgeschriebenen Epurationsverfahren unterziehen und kamen, auch infol ge der völlig

ungesicherten rechtlichen Stellung des deutschen Vizeschuiamts- leiters, nicht ernstlich als Verhand lungsführer in Frage. Es brauchte eine politisch absolut unbescholtene Persön lichkeit von großer Dynamik und Über zeugungskraft, mit ausgesprochener Führungsbegabung und hohen diplo matischen Fähigkeiten; sie musste zu dem das volle Vertrauen der Südtiroler Volkspartei und der Kirche genießen. Hellmuth Ladurner hat zu Beginn seines Beitrags (S. 164) Ferraris Auf gabenstellung und Eignung sehr plas tisch

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Page 77 of 184
Date: 01.04.2008
Physical description: 184
gendgruppen in den Städten folgten ei ner eigenen Dynamik und hatten kaum Verbindung mit der Organisation der Landjugend. Bekanntlich gab es in Südtirol bis 1964 zwei Diözesen: Den deutschen Anteil der Erzdiözese Trient, der von der südlichen Landesgrenze bis zu den Dekanaten Klausen im Norden und Schlanders im Westen reichte, und die Diözese Brixen, die den restlichen Nor den und Westen umfasste. Seit dem 19. Jahrhundert waren die so genannten Naturstände - Frauen, Männer, Mädchen

und Jungmänner - in den „Standesbündnissen“ erfasst. Nach dem Aufbau der Katholischen Aktion, die nach dem zweiten Weltkrieg in „Katholische Bewegung“ unbenannt worden war, verstärkte sich das Bemü hen, die Jugendlichen von den Standes bündnissen in den „Bund der Katho lischen Jugend“ überzuführen. Erster Diözesanführer der Jungmän ner im deutschen Anteil der Erzdiözese Trient nach 1945 war Klaus Webhofer, Schriftleiter der Jugendzeitschrift „Ju gendwacht“, treibende Kraft der Diöze- sanassistent

der Jungmänner Heinrich Demanega. Die Mädchen führten Fan ny Lehmayr und der Geistliche Assis tent Msgr. Adolf Werth. Im Mai 1948 organisierte die Mäd chenjugend in Lana ihren ersten Be kenntnistag. Das erste öffentliche Auftre ten der männlichen Jugend vollzog sich am 24. Oktober 1948. Einige tausend Jungmänner aus allen deutschen De kanaten der Trienter Erzdiözese zogen vom Waltherplatz in die Vintlerstraße, wo auf dem ehemaligen Sportplatz der italienischen GIL-Jugend der Festplatz bereitet

war. Die kirchlichen Behörden führte Weihbischof Oreste Rauzi an. 1950 wurde Peter Plattner zum Diö- zesanpräsidenten der Jungmänner im deutschen Anteil der Erzdiözese Trient ernannt. In regelmäßigen Dekanats tagungen erfuhr die Organisation der männlichen Jugend eine wesentliche Er weiterung und Festigung. Am 14. Oktober 1953 gab es neuer dings einen diözesanen Bekenntnistag der deutschen Jungmänner der Erzdiö zese Trient, diesmal im Stadtzentram, südöstlich des Domes, auf der Baustelle der heutigen Südtiroler

Straße. Wieder erlebten einige tausend Jungmänner Gemeinschaft und holten sich Begeiste rung für die religiöse Formung. Am 3. November 1957 feierte der Bund der Katholischen Jugend sein zehnjähriges Nachkriegsbestehen. Die Führungen der Mädchen und Jung männer aus allen Pfarreien des Trienter deutschen Anteils waren nach Bozen ge laden, wo nach einem Gottesdienst mit Weihbischof Heinrich Forer die Jugend vertretungen sich in den Festsaal der Gewerbeoberschule in der Cadornastra- ße begaben

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Page 86 of 184
Date: 01.04.2008
Physical description: 184
Der Kampf um die Errichtung deutscher Mittelschulen Von Rainer Seberich 1. Die Ausgangslage J osef Ferrari wird im Allgemeinen der Wiederaufbau des Südtiroler Schulwesens nach der faschistischen Unterdrückung zugeschrieben. Das gilt nur mit Einschränkungen, denn für die Volksschule konnte er auf Personal und Strukturen der deutschen Sprachkurse und Schulen der Options- und Besat zungszeit zurückgreifen - ein allerdings belastetes und belastendes Erbe des Großdeutschen Reiches

-rechtlichen Charakter und ihre Zeugnisse volle staatliche Gültig keit erhielten. Die Wiedererrichtung der unter Österreich bestandenen und unter Italien anfangs geduldeten geist lichen Mittelschulen und Gymnasien, wie sie der von den deutschen Behör den eingesetzte und von den Alliierten im Amt belassene Landesschulinspektor Heinz Deluggi in einem „Dolomiten“-In- terview angekündigt hatte 5 , hätte dafür keine Garantie gegeben. Als Privatschu len wären sie immer dem Ermessen des Staates ausgeliefert

gewesen, der ihnen das Öffentlichkeitsrecht hätte verwei gern oder entziehen können. Josef Ferrari, der am 29. Mai 1945 vom kommissarischen Präfekten Bru no De Angelis zum Vizeschulamtsleiter für die deutsche Schule ernannte junge Geistliche ohne klare rechtliche Stel lung, ohne akademischen Titel und ohne Schul- und Verwaltungserfahrung, sah sich politischen und wissenschaft lichen Schwergewichten gegenüber, die ganz andere Vorstellungen hatten als die Vertreter der deutschen Schule. Da war der oberste alliierte Erzie hungsdirektor

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Page 19 of 184
Date: 01.04.2008
Physical description: 184
und die Befugnisse des deutschen Vizeschulamtsleiters Schritt für Schritt immer mehr eingeschränkt. Der deut schen Abteilung des Schulamts wurde die Verwaltung der Italienischlehrer an den deutschen Schulen sowie jene der Schulen Ladiniens entzogen; der italie nische Landesschulinspektor Francesco Zorzi kontrollierte insgeheim auch die deutschen Volksschullehrer und griff ein, wenn er in einer Schulklasse eine Landkarte von Tirol aus der österrei chischen Zeit entdeckte. Das Ministeri um wollte den Zutritt

zu den deutsch sprachigen Schulen auf die italienischen Staatsbürger deutscher Muttersprache beschränken, so dass deutschsprachige Schüler ohne die italienische Staatsbür gerschaft die italienische Schule hätten besuchen müssen. Das Regierungskom missariat verlangte den Gebrauch der italienischen Sprache im Verkehr der Schulen mit dem Schulamt und den Gemeinden. Der Rechnungshof und das Ministerium verlangten von Prov- veditore Mattedi ultimativ die fristlose Entlassung der von der deutschen Ver waltung

übernommenen deutschen Be amten des Schulamts, da sie nicht die vorgeschriebenen Voraussetzungen hät ten. Dagegen leistete selbst der sonst so vorsichtige Proweditore entschlossenen Widerstand. 42 Der Auftrag des deutschen Vize schulamtsleiters wurde gegen den wach senden Widerstand des Schatzministe riums, das auf eine Regularisierung der Verwaltung der deutschsprachigen Schu len drängte, von Jahr zu Jahr verlängert, wobei Ernennungsdekret und Gehalt meist erst bei Jahresablauf eintrafen. Im Archiv

von Abg. Toni Ebner hegen zahllose Schriftstücke, mit denen der Parlamentarier auf die Ausstellung der Emennungsdekrete und die Auszahlung des Gehalts und der Außendienstvergü tungen sowie auf eine Regelung seiner Links: Der erste Nachkriegs- Provveditore agli Studi von Bozen, Gymnasialdirektor Erminio Mattedi, war um Ausgleich bemüht. Aus; Seberich, Schulgeschichte Rechts: Der unermüdliche Einsatz des Südtiroler Kammerabgeordneten Dr.Toni Ebner galt vor allem der deutschen Schule und der Stellung

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Page 166 of 184
Date: 01.04.2008
Physical description: 184
Wirken und Nachwirken 3 D ie Ziele, die der Vize-Schulamts leiter umsetzen wollte, hat er kurz und prägnant selbst formuliert: „Die Verhandlungen gingen damals um drei Fragen: • um die Unterrichtssprache und die Stellung der italienischen Staatsspra che in der deutschen Schule; • um die Eltementscheidung bei der Einschreibung der Kinder in die Volksschule und • um die Errichtung der deutschen Mittelschule.“ 17 Es war ein Kampf an mehreren Fronten: • die rechtliche Absicherung der deut schen

“ von Ferrari, ge gründet im Jahr 1945), durch seine Wer bemaßnahmen bei den kinderreichen Bauernfamilien und durch Stipendien der Südtiroler Landesregierung „es im Laufe von elf Jahren möglich [war], den deutschen Berufslehrerstand im Jahre 1957 auf nahezu 1000 Berufslehrkräfte zu erhöhen“ 18 , ausgehend von 40 defi nitiven Lehrkräften im Jahr 1945 und von „rund 200 Berufslehrkräften, die in den Jahren 1923 bis 1927 vom Dienst entlassen worden waren und sich nun wieder für den Lehrdienst zur Verfü gung

stellten“ 19 . Und die Lehrkräfte für die Mittel schulen? Das Bild im Jahr 1955 war er schreckend: „Man begann im Jahr 1945 mit wenigen Lehrkräften.... 1955 waren an den deutschen unteren und oberen Mittelschulen nur 22 definitive Lehr personen der „Staatlichen Stammrolle“ tätig. Von den anderen 240 Lehrper sonen waren rund 100 Hilfslehrkräf te ...“ 20 Dabei war die Sekundarschule (Mittel- und Oberschule) immer noch in der Aufbauphase. 21 „So war denn in Südtirol nichts so dringend wie die Errichtung

von deut schen Mittelschulen, um wieder an den Aufbau einer jungen deutschen Intelli genzschicht schreiten zu können.“ 22 4 D as Schulamt verfügte über genaue Schülerdaten; die Zahl der Hoch schüler, die gewählten Fachrichtungen und Studienorte waren unbekannt. Diese Informationen waren jedoch die Voraussetzung, um ein Bild über den Lehrernachwuchs in der Sekundarstufe zu erhalten: Wie viele Hochschüler der deutschen und ladinischen Sprachgruppe studierten ein Fach, das zum Lehrberuf führen konnte

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Page 98 of 184
Date: 01.04.2008
Physical description: 184
Heft Durch die Talschaftsvertreter der SVP, gestützt von der Zentrale in Bozen, wurde die gesamte Bevölkerung gegen das ladinische Modell auf den Weg zur deutschen Schule gebracht. Mit Fanatis mus und Parolen ging die Propaganda so weit, dass man die Befürworter der ladinischen Schule als Feinde und Verrä ter am eigenen Volk abstempelte. Selbst Ferrari wurde von dieser tendenziösen Propaganda nicht verschont. Aber trotz allem versuchte er, seinen Weg konse quent weiter zu beschreiten. Wenige

Tage nach der Eingabe für die Errichtung einer „ladinischen Schule“ wurde ebenfalls von Ladinern eine Peti tion für die deutsche Schule eingereicht. Andere folgten nach, teils für eine pari tätische, teils für eine deutsche Schule. Im Laufe der kommenden Wochen wur de das Verlangen nach einer deutschen Schule immer lauter. Man wollte Rom zeigen, dass man sich die Schule, in der man Deutsch lernen kann, nicht mehr nehmen lasse, auch nicht durch die Ein führung einer paritätischen Schule

, die als eine Art italienische Schule angese hen wurde, als erster Schritt zur neuer lichen Italienisierung der Ladiner. Bei der Versammlung in Pikolein/ Picolin vom 23. August war man zu einem bedeutenden Ergebnis gekommen, sei es, was den Unterricht der deutschen und italienischen Sprache, sei es, was die Aufwertung des Ladinischen betrifft. Es wurde für die ladinische Bevölkerung eine eigene Schulordnung verlangt, die sich von den restlichen Schulen der Pro vinz Bozen unterscheiden sollte. Mit der Eingabe

für die Beibehal tung der deutschen Schule kehrte man wieder zur einsprachigen Schule zurück, ohne das Ladinische, ohne den zwei sprachigen Unterricht, ohne die Not wendigkeit einer eigenen Schulordnung für die Ladiner zu erwähnen. Im Ge genteil, man verlangte für Ladinien die deutsche Schule wie im übrigen Gebiet der Provinz Bozen. Ferrari, der alle Eingaben zur Ein sicht bekam und den Kampf um den einen oder anderen Schultyp als Verant wortlicher der deutschen Schule mitver folgte, machte sich eigene

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Page 101 of 184
Date: 01.04.2008
Physical description: 184
Die Versammlung von Pikolein, zu der Ferrari die Volksvertreter sowie ei nige Lehrpersonen eingeladen hatte, brachte kein Ergebnis. Die Mehrzahl der Anwesenden bestand nämlich auf der deutschen Schule. Der Vizeschulamtslei ter konnte die Anwesenden mit seinen Argumentationen nicht überzeugen. Die wenigen, die für die „ladinische“ Schule plädierten, vor allem Lehrpersonen und einzelne Priester, wurden isoliert und als Kollaborateure der italienischen Be hörde abgestempelt. Mitte November

schließlich erlaubte die lokale Schulbe hörde, vor allem aufgrund der Einfluss nahme der alliierten Militärbehörde, die Errichtung der deutschen Schule. Die Genehmigung bezog sich allerdings aus schließlich auf das Schuljahr 1945/46. Damit erhielt der Wille der Mehrheit seine erste offizielle Anerkennung. Und der Unterricht konnte in allen Grund schulen Grodens und des Gadertales aufgenommen werden. Am Ende des Schuljahres 1946/47 wurde die bis dahin durchgeführte Schulordnung wieder in Frage gestellt

waren. Er mein te damals, es sei illusorisch zu glauben, die Ladiner könnten endgültig auf einer rein deutschen Schule bestehen. Das Unterrichtsministerium würde nie einer Bevölkerung romanischer Sprache eine Schule genehmigen, die im Pariser Ver trag ausschließlich den Bürgern deut scher Muttersprache gewährt worden war. Die Ladiner wurden im Pariser Ver trag gar nicht erwähnt. Ferrari empfahl deshalb, jenen Schultyp anzunehmen, der den Ladi nern die Möglichkeit gab, die deut sche und die italienische Sprache

zu erlernen, ohne das Ladinische zu ver nachlässigen. Es wäre ein Kompromiss zwischen einer rein deutschen und einer rein italienischen Schule. Eine neue Schulordnung, außerhalb der bis dahin experimentierten Schemata, die der Bevölkerung die Möglichkeit ge ben würde, sich schrittweise als dritte Volksgruppe zu behaupten. Von den Anwesenden wurde der Vorschlag Ferra ris lange diskutiert, Vor- und Nachteile wurden abgewogen, wobei auch poli tische und volkstümliche Überlegungen vorgebracht wurden

, in den verschiedenen Gemeinden statt. Fast vollzählig sprach sich die Bevölkerung für die Beibehal tung der deutschen Schule aus und schlug die vorgeschlagene Änderung aus. Am 27. August schickte die zustän- Heft

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Page 97 of 184
Date: 01.04.2008
Physical description: 184
gruppe die deutsche Schule zu erhalten, von der Mehrheit der ladinischen Be völkerung selbst, die auf der deutschen Schule bestand. In diesem Spannungs feld von Macht und von verschiedenen entgegengesetzten Meinungen musste sich Ferrari bewegen, in einer poli tischen Situation, die sehr komplex und teilweise undurchschaubar war. In dieser Auseinandersetzung hatte Ferrari kaum Freunde, auf die er sich verlassen konnte, weder in Rom noch in Bozen noch in Ladinien selbst. Abge sehen von wenigen

ladinischen Schul leuten, Priestern, Bürgermeistern (die aber nicht vom Volk gewählt, sondern von der Militärregierung eingesetzt wa ren), konnte er auf wenig Verständnis hoffen. Eher konnte er sich mit dem italienischen Schulamtsleiter Erminio Mattedi beraten, zu dem er ein gutes Verhältnis hatte und mit dem er sich auch in delikaten Fragen offen ausspre chen konnte. Zudem ist zu bedenken, dass Ferrari der höchste Garant der wie dererrichteten deutschen Schule war und als solcher eigentlich die Pflicht

gehabt hätte, das Weiterbestehen der deutschen Schule auf dem gesamten Gebiet des Landes zu gewährleisten, al so auch auf dem Gebiet der ladinischen Täler. Auch weil diese Schule von der Mehrheit der Bevölkerung verlangt wurde. Und gerade da, wohlwissend dass viele ihm nicht folgen würden, ver suchte er den Weg zu beschreiten, der sich dann als der richtige erweisen sollte. Mit viel Geduld und der nötigen Vor sicht versuchte er, in sich selbst Klarheit zu verschaffen. Er war ein überzeugter

Befürworter des muttersprachlichen Un terrichts und ein mutiger Verfechter der deutschen Schule. Und für die Südtiro ler deutscher Muttersprache erreichte er die Schule in der Muttersprache. Für die Ladiner, die nicht deutscher, sondern ladinischer Muttersprache sind, wollte er das Gleiche erreichen. Es schien ihm wichtig, auch den Ladinern das zu ge ben, was die Deutschen erhalten hatten: eine Schule, in der sie ihre Identität und Sprache pflegen und gleichzeitig durch den paritätischen Unterricht sowohl

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Page 124 of 184
Date: 01.04.2008
Physical description: 184
Anschrift: Dr. Walter Egger Vergilstraße 79 39012 Meran de, als ein oberflächlicher Blick vermu ten ließe. Beim Tod von Josef Ferrari hatte die deutsche Volksschule die ärgs ten Schwierigkeiten ihres Wiederauf baues überwunden und ihre Stellung einigermaßen gesichert, es galt nun das Werk des ersten deutschen Schulamts leiters in seinem Sinne fortzusetzen und nach innen und außen weiter zu festigen. Wie Vergleichsstudien heute zeigen, ist dies auch erfolgreich gelun gen. Im Laufe der fünf

Jahrzehnte war es möglich, den Besorgnis erregenden Bildungsrückstand der deutschen Be völkerung aufzuholen, die hohen Repe tentenquoten abzubauen, das starke Bil dungsgefalle zwischen Stadt und Land zu begrenzen sowie Mitverantwortung und Mitbestimmung der Schulgemein schaft gesetzlich zu verankern. Die akademische Ausbildung der Lehrper sonen, zahlreiche Lehrerfortbildungsan gebote und Beratungsdienste sichern eine hohe Professionalität des Perso nals. Schulbauten und Einrichtungen wie auch Ausstattung

der Schulen mit Medien und finanziellen Mitteln brau chen keinen Vergleich zu scheuen. Das Bücher- und Medienangebot aus dem gesamten deutschen Sprachraum steht den Schulen heute praktisch ohne jeg liche gesetzliche Einschränkung offen. Staatsgrenzen spielen kaum oder keine Rolle mehr, im Gegenteil, internationa le Zusammenarbeit ist gefragt. Mehr sprachigkeit wird für die Menschen in einer globalisierten und von zuneh mender Mobilität gekennzeichneten Welt zur Notwendigkeit. Eine Grundforderung

ge der Muttersprache unentbehrliche Voraussetzung für den Fortbestand der eigenständigen Kultur einer Volksgrup pe und sprachlichen Minderheit. Dies zu bedenken, wird nicht zuletzt den deutschen Schülereltern nahe gelegt, die durch ihre Willensäußerungen die künftigen Entwicklungen der deutschen Schule in Südtirol entscheidend mitbe stimmen werden. Dr. Walter Egger, Volks- und Sonderschul lehrer, Grundschulinspektor i. R. <D 3= DERSCHLERN 124

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Page 88 of 184
Date: 01.04.2008
Physical description: 184
wird so eingehend betrieben, dass die Mittelschüler ohne wei teres in die Lage kommen, ihre Studien an einer italienischen Universität fortzusetzen. “ Die Südtiroler Studenten, die Leh rerbildungsanstalten im Deutschen Reich absolviert haben, sollten durch Ergänzungsprüfungen den für die Be rufsausübung erforderlichen Studienti tel erhalten. 20. Juli: Major Gregory, der britische Erziehungsoffizier in der alliierten Mili tärregierung (AMG) für die Region Vene- tien mit Sitz in Padua, kündigt für den 13. Juli

seinen Besuch in Bozen an und wünscht Antwort auf folgende Fragen: „Gab es früher ausschließlich deutsche öffentliche Schulen und zu welchen Bedin gungen? Welche soll nach der Meinung der ört lichen Bevölkerung die Hauptsprache in den Sekundarschulen sein? Italienisch im ganzen Gebiet oder Deutsch, wo die Bevölkerung diese Sprache spricht? Es wird angenommen, dass es für die Reifeprüfung die italienische Sprache braucht. Berücksichtigen die deutschen Lehrer und Professoren, dass sie nach italienischen Lehr

plänen, die ins Deutsche zu übersetzen sind, unterrichten müssen?“’’ Innerhalb von drei (!) Tagen verfasst das Schulamt den gewünschten Bericht im Umfang von acht Schreibmaschinen seiten und fügt eine lange Liste der bis zum Jahre 1927 bestehenden deutsch sprachigen Mittel- und Fortbildungs schulen bei. Ausdrücklich vermerkt Proweditore Mattedi den Wunsch der deutschen Bevölkerung nach deutsch sprachigen Mittelschulen, an denen die Matura in deutscher Sprache abgenom men werden solle

mit den italienischen und deutschen Schulbehörden nach Bo zen. Er verweist auf die Schwierigkeit, für höhere Schulen Lehrer und Schul bücher zu bekommen, und empfiehlt, sich für das laufende Jahr mit der Er richtung der deutschsprachigen Volks schulen zufrieden zu geben. Die Südti roler Vertreter lehnen dies entschieden ab und bestehen mit Nachdruck auf der Errichtung deutscher Mittelschu len, die vor allem für die Lehrerausbil dung unentbehrlich seien. Die deutsche Schulbehörde hat die nicht unbegrün dete

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Page 142 of 184
Date: 01.04.2008
Physical description: 184
Lehrerbildung in Südtirol Von Andreas Stoll 1. Der Lehrerstand an den deutschen Volksschulen 1945 Landesschulinspektor Heinz Deluggi (Mitte) war eine der Inte grationsfiguren der Südtiroler Schule. Die führenden Schulleute, Insp. Rudolf Mali (r.), Insp. Luise Waldner (I. neben Frau Deluggi) und Insp. Dr. Fried rich Zingerle (ganz links), verabschieden gemeinsam mit Vizeschulamtsleiter Josef Ferrari den Schulmann. Zur Verfügung gestellt von Rainer Seberich J osef Ferrari erklärte 1957, ein Jahr

vor seinem Tod: „Südtirol hatte bis zu seiner Eingliederung in den italie nischen Staat ein blühendes Schulwe sen“ und auch einen „blühenden Leh rerstand“ 1 . Ab 1922 hat der Faschismus in wenigen Jahren beides systematisch zerstört. Nach der Option 1939 kehrte eine kleine Gruppe von Lehrern, die während des Faschismus aus den öffent lichen Schulen entfernt worden waren, wieder in den Schuldienst zurück, zuerst in die so genannten deutschen Sprach kurse und ab 1943 in die wieder voll aus gebauten

Benedikter, dem Direktor am Realgymnasium in Brixen, für die Mittelschule und Höhere Schule. Sie haben es verstanden, gemeinsam mit anderen, mit Klugheit und nachhaltigem Einsatz die zuständigen Behörden der Alliierten Besatzungsmächte zu überzeu gen, dass die Südtiroler ein natürliches Recht auf muttersprachliche Schulen haben. Mit Zustimmung der Alliierten und des italienischen Unterrichtsminis teriums konnten im Herbst 1945 die be reits in den letzten Kriegsjahren wieder errichteten deutschen

Volksschulen mit deutscher Unterrichtssprache, nun aller dings nach den italienischen Lehrplänen, weitergeführt werden, und zwar, was sehr entscheidend war, mit Lehrern, die der deutschen Muttersprache angehörten. Da die Lehrerstellen nur zu einem klei nen Teil mit voll ausgebildeten Berufs lehrern besetzt werden konnten, wurde auch die Einstellung von Hilfslehrkräf ten erlaubt. 3 •** DERSCHLERN 142

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Page 64 of 184
Date: 01.04.2008
Physical description: 184
Wirken und Nachwirken Josef Ferrari, Pionier der liturgischen Erneuerung in Südtirol Von Josef Innerhofer Von Belgien und Deutschland nach Südtirol DDr. Alfons Ludwig, der Vorgänger Josef Ferraris als Diözesan- sekretär der KA. Schützenkompanie Montan D ie Ernennung von Josef Ferrari zum Jugendseelsorger für den deutschen Anteil der Erzdiöze se Trient hatte eine ungute Vorgeschich te, erwies sich aber post factum als ein Geschenk der Vorsehung. Der Priester Dr. Alfons Ludwig 1 war 1925

von den Bi schöfen von Trient und Brixen beauftragt worden, ein Sekretariat der Katholischen Aktion (KA) für die Diözese Brixen und den damaligen deutschen Anteil von Tri ent aufzubauen. Doch der interdiözesane Rat, den Dr. Ludwig ins Leben gerufen hatte, musste schon 1928 auf Betreiben der Faschisten aufgelöst werden. Somit beschränkte sich die Arbeit Dr. Ludwigs auf die Diözesanstelle der KA in Bozen. Er bemühte sich, im deutschen Anteil von Trient eine katholische Laienorga nisation aufzubauen. Bald jedoch

sahen die Faschisten in der fruchtbaren Arbeit der KA einen Herd des deutschen Wider standes gegen die Italienisierung. Zeitzeu gen meinen, Dr. Ludwig habe zu offen gearbeitet. Der Präfekt Mastromattei ver langte vom Erzbischof Coelestin Endrici die Absetzung des Seelsorgers und die Eingliederung der Südtiroler KA in jene der Italiener. Nach zähen Verhandlungen gelang es, Letzteres zu verhindern, aber Dr. Ludwig musste geopfert werden. Diese faschistische Schikane war letztlich ein Glück

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Page 91 of 184
Date: 01.04.2008
Physical description: 184
chigen in ihrer Existenz keineswegs ge fährdet seien. Dem Unterricht an den deutschsprachigen Sekundarschulen würden die italienischen Lehrpläne zu grunde gelegt, nur in Latein, das in den (reichs)deutschen Oberschulen eher ver nachlässigt worden sei, müssten für das erste Jahr in den drei obersten Klassen des wissenschaftlichen Lyzeums und der LBA gewisse Abstriche vorgenom men werden. Vom Proweditore und vom Erziehungsdirektor Col. Wash- bume geprüfte Lehrbücher würden aus der Schweiz eingeführt

Unterkommission für das Bildungswesen hat mitgeteilt, dass sie die Absicht hat, im Oberetsch für die deutschen Schüler Sekundarschulen mit deutscher Un terrichtssprache zu errichten. Ich habe dage gen meine Vorbehalte geltend gemacht, da eine solche Maßnahme die Gesamtlinie der Regierungspolitik tangiert, die nicht durch eine einseitige Entscheidung meinerseits in Frage gestellt werden kann. Ich halte es für wünschenswert, die Mei nung des Ministerpräsidiums in dieser An gelegenheit zu e fahren. Die Frage

Mittelschulen. Dar um bemühte sich Ferrari mit großem Nachdruck, vom geschäftsführenden Chef der AMG für die Provinz Bozen, Major W. H. Harrison, ein solches De kret ausgestellt zu bekommen. Die „Provincial Order“ Nr. 11 vom 29. Dezember war die letzte Verfügung der alliierten Militärregierung, bevor mit 1. Jänner 1946 die Verwaltung der Pro vinz Bozen an die italienischen Behörden übergeben wurde. Dieses in englischer Sprache verfasste Dekret ist gewisserma ßen die Geburtsurkunde der deutschen

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