dem Touristen aus den ein samen Bergwegen in Wälschtirol kleine Karawa nen, welche in ihrer malerischen Armseligkeit ein gutes Stück der dortigen, oft mehr als ärmlichen Lebensverhältniffe widerspiegeln. Hoch droben in den kleinen Bergdörfern der Seitenthäler, wo es Menschen gibt, welche noch nie eine Landstraße gesehen, und denen die Eisenbahn fast nur vom Hö rensagen bekannt ist, dort gilt der in jeder Woche einmal wiederkehrende Tag, an welchem der Bote vom Thal hereinkommt, als ein förmlicher Festtag
, und es entwickelt sich auf dem Dorfplatze ein Le ben und Treiben, wie man etwa in einsamen, abgelegenen Fischerdörfern am Meercsstrande es findet, wenn wöchentlich einmal das Postschiff zwischen all' den Nachen und Barken seine Anker fallen läßt. Der Dorfbote ersetzt diesen europäische« Hinter- wäldlern zum größten Thcil sämmtliche, sonst auf der Welt bekannten Verkehrsanstalten; er ist Post bote und Marktkommissionär, Frachtenlieferant und wandelnde Zeitung, Vermittlungsorgan mit den Behörden
und Kleiderstoffen, Elsenwaaren und sonstigen Gebrauchs gegenständen, welche bis auf Schuhnägel und Näh nadeln in solcher Weise in die Gebirgsdörfer hinaus geschleppt werden müssen. Aus halbwegs prakli- kabeln Wegen führt der Bote wohl auch einen zweirädigen Karren von so primitiver Bauart mit sich, daß derselbe seinen Kollegen in den Tiroler Kolonien am Pozuzu oder in Neu-Oesterreich nicht einmal um eine Radschraube voraus sein dürfte. Dieser Karren enthält nun die werthvolleren Transportgegenstände unseres
zu den geistlichen Behörden, für den letzteren in derselben Weise allerlei Kom missionen beim Steueramt und Bezirksgericht rc. zu besorgen. Auch ist der Bote in beinahe alle Bermögensverhältnisse seiner Landsleute eingeweiht, da er ihnen meist ihre Einlagen und Rücknahme bei der Sparkassa besorgt, ebenso sind ihm die Herzensangelegenheiten der jüngeren Generation nicht unbekannt, hat er ja doch im Sommer alle die Briefe zu befördern, welche zwischen den Mädchen des Ortes und ihren weit draußen in der Fremde
als Maurer, Erdarbeiter u. s. w. beschäftigten „amorosi“ gewechselt werden. Bei den Bäuerinnen ist der Bote in den meisten Fällen persona grata und besonders dann, wenn er ihnen die Hühner und Eier in der Stadt möglichst theuer verkauft, dabei besonders gute Einkaufs- quellen für Zucker und Kaffee ausfindig macht und