mit seiner Gabe. Er war ein junger Tiermaler, der trotz seiner enormen Be gabung noch immer vergeblich um die Anerkennung kämpfte. Er hatte ein kleines, humorvolles Genrebild gemalt, das er „Ein Kunstkenner" benannte; es stellte einen Schafbock dar, der vor einem Bild, einer gemalten grasgrünen Wiese, bewundernd steht und am liebsten das gemalte, saftig grüne Gras- auffressen möchte. Als Herr Heinz Hartwig das Bild ansah, wußte er zuerst nicht, ob er sich freuen oder ärgern sollte; im heimlichen Zweifel sah
er das Bild, bald auch seine Gatrin an, als suche er bei ihr Beistand in dieser Ungewißheit. Aber Frau Therese ging es nicht viel besser, auch sie wußte nicht, was sie davon denken sollte; schließlich aber ermannte sie sich doch, betrachtete das Bild durch ihr Lorgnon, und endlich sagte sie höflich, aber ein wenig kühl: „Sehr nett, sehr: wirkungsvoll, und auch, recht lebenswahr." Als aber eine halbe Stunde das Ehepaar allein war, trat Frau Therese noch einmal vor das Bild hin und sah es langte und prüfend
an, und endlich schüttelte sie den Kopf, indem sie sagte: „Das Bild muß fort — wir dürfen es nicht: zeigen — wir machen uns lächerlich damit!" Ein wenig erstaunt fragte der Gatte: „Aber weshalb denn nmr, Frauchen?" Und sie nun lächelnd, überlegen: „Ja, merkst du denn gar nicht, daß der Mensch dich uzen wollte!? Sieh dir doch nur das Bild genau an." Plötzlich blitzte es in ihm auf. Jetzt verstand er, was sie e'öen gedacht hatte. Wütend sah er das Bild an und rief: „Das ist ja direkt empörend! Was erlaubt
sich denn biefe.x Hungerleider!" Wütend lief er umher, denn jetzt war er an seiner empfindlichsten Stelle verletzt. Und noch in derselben Minute verschwand das Bild in Eer Rumpelkammer, da, wo sie am tiefsten war. Als am Abend dann Herr Karl Meinhold zum Souper karn, suchte er sein Bild vergebens, und außerdem mußte er die Bemerkung machen, daß die Gastgeber, besonders der Mäzen, ihn recht ohnehin behandelten; er war aber ein junger Mann mit Humor, der junge Maler, und so lächelte er nur dazu, verschwand
sehr bald — und mied fortan das Haus Hartwig. Vier Wochen später war der große Weihnachtsbasar, oen die vornehme Welt alljährlich arrangierte. Frau Hartwig, die auch in diesem Jahr wieder ver schiedenes für die Wohltätigkeit tun mußte, schickte diesem Basar eine reiche Anzahl von Gaben, unter denen sich auch das Bild befand, das ehedem ihr Mißfallen erregt hatte; dies war — so fand sie — eine günstige Gelegenheit, das dumme Bild aus dem Hause zu schaffen, natürlich tat sie das ohne Wissen ihres Mannes