in die Augen zu sehen. Dann nickte sie fast unmerklich und sagte leise: „Ja —." Anna war an diesem Nachmittag schwer zu zu bewegen, im Speiseraum zu bedienen. Der frechen Person auch noch Kaffee und Kuchen hinftellen, na, das fehlt! Anna warf sich aufs Bett und tat das, was alle einfältigen Mädels in solcher Verfassung tun: sie heulte! Käthe stand vor dem Spiegel und machte sich schön. — „Du bist eine dumme Gans!" sagte sie zu Anna, „ganz verkehrt, wie du dich be nimmst! Die Ohrfeige — das war sehr gut
! Aber heulen — bitte, bitte, hör doch schon auf, ich kann das nicht mehr hören —! Weißt du, was du jetzt tun mußt? Hinuntergehen in den Speiseraum und die fremde Frau ausftechen! Mein Gott, du hast es doch dazu!" Sie lief zum Bett, packte Anna, die dort plump wie ein nasser Sack lag, bei den Schultern, schüttelte sie ordentlich durch. Anna heulte noch lauter auf, wie ein Kind, das Prügel bekommt. „Du sollst hören, wenn dir deine ältere Schwester etwas sagt, sei doch nicht so eigensinnig! Hübsch
machen sollst du dich, hübsch machen! Geguob lene Augen wird die freche Person kriegen, wenn du plötzlich wie eine Prinzessin im Speiseraum erscheinst!" Nur klägliches Wimmern war Antwort. Aber dann erwachte in Anna doch der Ehrgeiz, ja, Käthe hatte vielleicht nicht so unrecht? Das einzige Mittel, Rothe Zurückzugewinnen, war. ihm zu zeigen, was er verloren hatte ! „Ich will!" sagte sie, „bitte, mach mit mir, was du willst, heute bin ich zu allem fähig!" Dabei stand sie wie ein begossener Pudel inmitten
des Zimmers. „Na also, das ist doch mal ein Wort!" Käthe nahm ein Taschentuch, wischte ihr die Tränen von den Wangen. „— komm her, kleines Nest kücken, verwöhntes, dummes Ding, ich will schon alles gut machen!" Und dann wurde aus Anna eine „Dame". Käthe legte die Brennschere über das Feuer, brannte Anna Locken. — „Ziepe doch nicht so!" krächzte diese, noch immer schluckend. „Schönmachen tut weh", erwiderte Käthe trocken, „das ist nun mal nicht anders. Man hat nichts umsonst auf dieser Welt. Uebrigens
ist dein Haar in einem geradezu unwürdigen Zustand, du solltest dich schämen. Versprich mir, daß das jetzt anders werden soll!" ja!" klang es aufseufzend zurück. „So, nun zeig mal dein Gesicht! Creme her — die Puderquaste gezückt — den Lippenstift geschwungen — die Augenbrauen nachgezogen Donnerwetter, du bist ein hübsches Mäd chen, Anna, wer hätte das gedacht?! Nun, wie gefällst du dir?" Anna sah lächelnd ihr Spiegelbild an, und dann lag sie der Schwester plötzlich um den Hals und schluchzte