¬Der¬ Kunstfreund ; N.F., 24 - 26. 1908 - 1910
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Author:
Verein für Kirchenkunst und Kunstgewerbe in Tirol und Vorarlberg
Place:
Innsbruck
Publisher:
Verein für Kirchenkunst und Gewerbe in Tirol und Vorarlberg
Physical description:
Getr. Zählung
Language:
Deutsch
Notations:
Abschlussaufnahme von: 1908,1-12 ; 1909,1-12 ; 1910,1-10
In Fraktur
Subject heading:
g.Tirol;s.Christliche Kunst;f.Zeitschrift
g.Vorarlberg;s.Christliche Kunst;f.Zeitschrift
Location mark:
III Z 294/N.F.,24-26(1908-10)
Intern ID:
483818
Ebenso sind die venezianischen Ko stüm studien in der Albertina ohne alle Be weiskraft. Trachtenbilder wurden überall hin verbreitet; dazu bedurfte es keines Modejournales. Auch hat keine Bedeutung die Ausfüh rung Springers (Dürer, S, 29): „Der Kultus der Antike hat dort' (in Venedig) „reiche Nahrung empfangen, das Reich der alten Götter- und Heldensage auch sein Herz gewonnen'. Aber der junge Dürer hätte zu weuig die italienische Literatur und Rede verstanden, als daß er „reiche Nah rung
' über das griechisch-römische Alter tum in Venedig hätte sich zuführen können. Wir erblicken ferner in seiner damaligen Knnst keinen besonderen italienischen Ein fluß, und es genügen deshalb nicht die Worte Springers: „Trachtentreue kümmert den Künstler nicht'. Bei seiner realistischen Neigung hätte er sich sicher an italienische Vorbilder gehalten. Wir sehen jedoch nur die nordische Phantasie walten. Vielmehr hat W. Pirkheimer, der große Humorist, seinen Altersgenossen und Frennd Albrecht gelegentlich in Sage
und Dichtung einge führt, wenn ihm auch lateinische und grie chische Sprache sremd blieben. Als weiteren Grund für die Anwesenheit Dürers in Italien in den neunziger Jahren hat mai: die ungerechtfertigte Behauptung angebracht, Dürer habe in Venedig An leitung zu seinen Forschungen über den nackten Körper erhalten. Aber schon diesseits der Alpeu wurden schon vorher -— im Mittelalter ^ unbekleidete Menschen in Plastik und Malerei gefertigt. Wie nor dische Künstler nackte Darstellungen schu fen, ohne Italien
ein Geschäft, bald aber verläßt er Frau und Heim, um eine Reise nach Ita lien zu machen, die er als Junggeselle auf seiner Wanderschaft leichter hätte ausfüh ren können, den angeblichen Aufenthalt in Venedig ab. Mit Recht fragt M. Fried länder: „Was sollte denn Dürer, der ja eben erst auf der Wanderschaft gewesen war, bewogen haben, so kurz nach seiner Ver heiratung und Etablierung nochmals eine weite Reise zu unternehmen?' Schon die Tatsache, daß von einer Reise Dürers in den neunziger Jahren nach Ita
lien kein urkundlicher Beweis vorliegt, wäh rend von seiner Reise 1505—07 nach Ve nedig und Bologna eigene (Briefe) und fremde Angaben, sowie echte künstlerische Zeugnisse erhalten sind, sollte hinterdenk- lich machen. Darum gilt für die behandelte Frage nicht mehr der Satz: „Vor dem Richter schwebt der Streit', sondern „es sollte das Nebelgebilde der ersten Reise Dürers nach Venedig unter den Sonnenstrahlen der Kri tik zerstieben'. Diesem berechtigten Wun sche tritt Berthold Daun