Österreichische Reichs- und Rechtsgeschichte : ein Lehr- und Handbuch
— 858 — § 18 pflegten. Eben diese Ausbegleitung der abwandernden Gesellen an Wochen- tagen wird durch die Polizeiordnung (Blatt XXVII) abgeschafft, sie darf nur an Feiertagen geschehen, doch „ohne Schankung'. Die Polizeiordnung (Blatt XXV f.) stellt ferner grundsätzlich fest, daß alle Klagen von Mei- stern gegen Meister, von Gesellen gegen Gesellen sowie von Meistern und Gesellen gegen einander wegen Ungebührlichkeiten vor dem Bürgermeister oder Richter angebracht werden sollen
hat, sollen nicht die Meister, sondern nur Bürgermeister oder Richter „nachschreiben' (steck- brieflich verfolgen), wodurch es ihm unmöglich oder schwer gemacht wer- den sollte, anderswo Arbeit zu finden. Wird von auswärts einem Ge- sellen in einem Orte Tirols wegen unehrbarer Tat nachgefchrieben, der sich deswegen zu Verhör und Recht vor Bürgermeister oder Richter des Ortes erbietet, so soll er nicht weiter von dem Handwerk geirrt, d. h. hand werksunfähig gemacht, sondern dem, der ihm nachschrieb, Verhör
und Recht daselbst gestattet werden. Was endlich die Lehrjungen (garzoni) be trifft, so mußten auch sie sich mit einem bestimmten Betrage in die Bruderschaft einkaufen, wenn sie nicht ganz arm waren.**) Die Landes- ordnung von 1526, B. I, T. 5, R. 4, sowie die von 1532 und 1573, B. VI, T. 30, ermahnen die Meister, daraus zu sehen, daß jeder „Lehrjunger' oder Diener die vorgeschriebene Lernzeit völlig ausdiene; wer ohne redliche Ursachen nicht ausdient, soll von keinem Meister mehr gehalten
werden. Witwen dürfen nach der Polizeiordnung (Blatt XXVII), so lange sie un- verheiratet bleiben, das Handwerk ihres verstorbenen Gatten mit Hilfe von Gesellen weitertreiben, wenn sie sich wieder verheiraten, dagegen nicht mehr, es sei denn, daß ihre Gatten Meister desselben Handwerks werden. Bei den periodischen (z.B. vierwöchentlichen) Zusammenkünften***) hatten die Meister und Gesellen gleichfalls regelmäßige Beiträge in die Bruderschafts büchse zu entrichten.^) Die Obhut über letztere wechselte
. a. a. O. ***) Bei den deutschen Schustern in Trient hieß die Vollversammlung capiteli (capitolo). Rosati 292. f) Bei den Kürschnern in Bruneck zahlte jeder Meister 1 Kr., jeder Geselle 1 bis 5 Vierer, je nach dem Wochenlohn, bei den deutschen Schustern in Trient § 18 — 859 — alle vier Wochen; jener geschworene Meister, der jedesmal die Büchse samt dem einen Schlüssel hatte, und der geschworene Geselle, der den anderen Schlüssel besaß, sollten den Mitgliedern der Bruderschaft die Zu- sammenkunft ansagen und die Büchse