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Subject heading: g.Europa ; s.Kleinstaat ; s.Weltkrieg <1914-1918> ; s.Vorgeschichte

Französisch-portugiesische Annäherung 99 zum Ausdruck. Nicht nur daß der Ministerpräsident wieder die miß trauischen Unterstellungen eines Interpellanten bezüglich des in Vor bereitung befindlichen deutsch-englischen Abkommens zurückwies: er fügte mit Nachdruck hinzu, die portugiesische Regierung sei be reit, ihre Kolonien der ausländischen Initiative weit zu öffnen; sie allein jedoch entscheide über die Annahme und den Aktionskreis dieser Mitwirkung. 1 Das war eine unmißverständliche Einladung

an alle kapitalistischen Mächte, nicht nur an die Partner des neuen Ab kommens. Aber Frankreich wäre nicht die imperialistische Großmacht ge wesen, die es tatsächlich war, wenn es nicht versucht hätte, gleich zeitig störend in die deutsch-englischen Verhandlungen einzugreifen und dabei eigene Forderungen geltend zu machen. Auf der Grund lage eines Vorschlags des Botschafters Paul Cambon, der sich auch in diesen Zusammenhängen als der Wegweiser der französischen Außenpolitik zeigte, 2 nahm die französische Regierung

ihrem eng lischen Verbündeten gegenüber das Recht in Anspruch, mit Portugal alle Arrangements zu treffen, die sie hinsichtlich ihrer Kolonien für nützlich erachte, und falls England und Deutschland ihr voreiliges Abkommen zur Anwendung brächten, zum Schutze Portugals wie ihrer eignen Interessen die ihr notwendig erscheinenden Maßnahmen zu ergreifen. Zugleich bezeichnete sie das Abkommen von Deutsch land aus gesehen als einen Verstoß gegen den Artikel 16 des deutsch- französischen Kolonialvertrags

vom 4. November 1911, der die beiden Partner in bezug auf territoriale Änderungen im Kongobecken an einander band, und stellte es als unangebracht hin, daß England auf den deutsch-englischen Vertrag von 1898 zurückgreife, weil dieser durch den deutsch-französischen Vertrag von 1911 modifiziert sei. 3 Im Hintergrund stand dabei der Wunsch, der eigentlich dem Ein treten für Portugal widersprach, bei der etwa doch eintretenden Auf teilung des pörtugiesischenKolonialbesitzes nicht ganz leer auszugehen, wobei

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1928

Author: Reut-Nicolussi, Eduard / Eduard Reut-Nicolussi

Page 26 of 266

Subject heading: g.Südtirol ; z.Geschichte 1918-1928

und, wie später noch ausgeführt werden wird, mit Deutschtirol ein einheitliches Ganzes gebildet hat und auch künftig bilden will. So war das Südtirol bis über Salurn hinaus seit mehr als einem Jahrtausend geschlossenes deutsches Sprachgebiet geworden, deutsch in seiner Sprache, deutsch in seinen Lebensgewohnheiten, deutsch in seiner Rechtsentwicklung, deutsch in seiner Kultur und Geistesrich- tung. — Der Großgrundbesitzer mit Kolonenwirtschaft des italienischen Gebietes ist dem deutschen Tirol

Tirols, die Reformationsbewegung und die größte deutsche soziale Erhebung der Vergangenheit, die Bauernrevolution des 16. Jahrhunderts, fanden besonders kräftigen Widerhall in um serem deutschen Berglande machten aber an der Grenze von Deutsch- und Welschtirol halt. — Die glänzendsten deutschen Minnesänger des Mittelalters hatten in dem sonnendurchleuchteten deutschen Südtirol ihre Heimat und der Nachwelt sind erhalten die Lieder eines Walther von der Vogeb Weid e, Leuth old von Gäben, Oswald

von Wolkenstein, Friedrich von Sonnenbmg und vieler anderer. Ja selbst das Nibelungenlied soll nach der jüngsten germanistischen Forschung in Deutsch-Süd- tirol entstanden sein. — Auch die bildende Kunst fand im deutschen Südtirol ihre glän- zende Heimstätte, Sterzing, Brixen, Bruneck, Klausen, Bozen, Kal-- tern, Meran und Glurns tragen selbst in ihrem neuzeitlichen Ge- wände die Spuren des deutschen mittelalterlichen Städtebaues an sich, ja haben diesen zum Teile noch rein erhalten. Das Überetsch

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1927

¬Die¬ Südtiroler Frage : Entstehung und Entwicklung eines europäischen Problems der Kriegs- und Nachkriegszeit

Page 437 of 446

Subject heading: s.Südtirolfrage ; z.Geschichte 1900-1926

- waltungsgerichtspräsident 21. g4. i43. i 5 i . 4ao. Grandi, Dino, italienischer Unterstaats sekretär 33o. 35o. 357. Gray, Ezio M., italienischer Abgeordneter 202. 285. 3a5. Gruber, Dr., deutsch-südtiroler sozialde mokratischer Parteiführer 129. x5o. Guadagnini, Dr. Giuseppe, italienischer Präfekt 264. 205. 292. 2g3, agS. 3i3, 346- 347. 364- Gùerriero, Dr., italienischer Regie rungskommissar 25a. 270. Gu erri ni, Domenico, italienischer Gene ral 3o5. 3oß. Habich er, deutsch-südtiroler Politiker i5o. Hardt, Fred, deutscher

Journalist 19s. Ilassell, v., deutscher Botschaftsrat 171. Hay m eri e, v,, österreichischer Militär attache ig. Heinrich IL, deutscher Kaiser 5. Heinrich IV., deutscher Kaiser 5. Held, Heinrich, bayerischer Ministerprä sident 375. Herff, v., deutscher Generalkonsul i48. 171. Herford, G. H., englischer Professor 319. 38o. 381. Hindenburg, Paul v., deutscher Gene ralf eldmarschall u. Reichspräsident 338. 33g. Hitler, Adolf, deutsch-völkischer Führer 3 00. Hofer, Andreas, Tiroler Freiheitsführer

12. 38. 45. 52. 90. 118. 211. 293.387. House, Oberst, amerikanischer Politiker 81. 87. 95. Innerhofer, Franz, deutsch-südtiroler Lehrer 187. 238. Karl, Kaiser von Österreich 47- 211. K i n s el e, deutsch-südtiroler Politiker i5o. Kogl er, Prof. Dr. Rudolf, Tiroler Poli tiker 228. Konrad II., deutscher Kaiser 5. Kopsch, deutscher Abgeordneter 176. Krafft von Delmensingen, deutscher General 5a, Kraft, Tiroler Abgeordneter 110. Lafontaine, belgischer Senator 237. Lambertenghi, Prof., italienischer Se kretär ia5. 143

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Year:

1927

¬Die¬ Südtiroler Frage : Entstehung und Entwicklung eines europäischen Problems der Kriegs- und Nachkriegszeit

Page 230 of 446

Subject heading: s.Südtirolfrage ; z.Geschichte 1900-1926

218 VIII. WACHSENDE ENTFREMDUNG In Verhältniszahlen ausgedrückt setzen sich die verschiedenen, Sprach anteile folgendermaßen zusammen: Deusch-Südtirol, deutscher Anteil: Bezirk oder Gebiet Von je 100 Staats angehörigen sprachen : deutsch 1 Ualienis <* jotter lacumsch Von je 100 der anwesenden Bevölkerung waren Staats fremde Schlanders 96 .4 I 3-6 2 .8 Meran 91-5 1 8.5 17,2 Brixen ........ 88.7 '•3 9.8 Bozen Stadt u. Land . 76.2 23,8 9^ Bruneck 82.0 18.0 4-9 | 83.8 1 16.2 1 9.7 Deutsch-Südtirol

, ladinischer Anteil: Bezirk oder Gebiet Von je 11 angehöriger deutsch 00 Staats sprachen: italienisch oder ladinisch Von je 100 der anwesenden Bevölkerung waren Staats fremde Ampezzo ....... Gavalese 0,6 4,9 99-à 95-i 0.2 0.2 Ii. 0 1 96-° 0.2 Deutsch-Südtirol zusammen : 1 7*.8 | 25.2 I 8.7 Es hatte seinen triftigen Grund, daß die Regierung die genauen Ziffern erst eine Reihe Jahre später bekanntgab, und zwar nach „Verbesserung' durch Nachzählungen, von denen noch die Rede sein wird. Schon im ersten

Überschlag zeigte sich, daß der nationale Charakter der Bevölkerung trotz aller äußeren Verschiebung im we sentlichen unverändert geblieben war. Denn die Rubrik der Staats fremden umfaßte in der Zählung von 1921 neben einigen tausend Reichsdeutschen und Angehörigen anderer Nationen vorwiegend die Deutsch-Österreicher, die sich in Südtirol ansässig gemacht hatten, von dort aber nicht gebürtig waren, während die entsprechende Ru brik von 1910 die verhältnismäßig geringe Zahl der Reichsdeut- von Wilhelm

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1928

Author: Reut-Nicolussi, Eduard / Eduard Reut-Nicolussi

Page 29 of 266

Subject heading: g.Südtirol ; z.Geschichte 1918-1928

der Natur so reich gesegneten Lande. Für uns aber ist es der em* zige deutsche Fleck mit der Sonnenglut des Südens, unsere uns ans Herz gewachsene deutsche Heimat. — Über eisstarrende Berge weg trugen unsere Boten diese unsere Bitte zu Ihnen. Seien Sie unserem Volkstum, unserem Lande der gerechte Richter, bringen Sie Deutsch-Südtirol die Freiheit, wie Sie der Welt den Frieden brachten und das Volk von Deutsch- Südtirol wird Ihren Namen von Geschlecht zu Geschlecht vererben als den des Retters

unserer Heimat. Darum bitten sämtliche Ge- meinden Deutsch-Südtirols und die zwölf ladinischen Gemeinden von Gröden, Enneberg, Buchenstein und Fassa.' Deutsch-Südtirol, im Feber 1919 Diese Denkschrift, von der ausgebluteten und hungergepeitschten Bevölkerung eines unterlegenen Landes, unter der Besetzung des Feindes gegen diesen gerichtet, kann wohl als die stärkste und ver- läßlichste Volksabstimmung, als ein unwiderlegliches Zeugnis der Tiroler Treue bezeichnet werden. Südtirol lehnte Italien

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Year:

1927

¬Die¬ Südtiroler Frage : Entstehung und Entwicklung eines europäischen Problems der Kriegs- und Nachkriegszeit

Page 68 of 446

Subject heading: s.Südtirolfrage ; z.Geschichte 1900-1926

56 1 IL SÜDTIROL UNTER MILITÄRISCHER VERWALTUNG i. Deutsch-Südtirol, deutscher Anteil: Bezirk oder Gebiet Von je ic angehörigen deutsch >o Staats sprachen: italienisch oder ladinisch Von je 100 der anwesenden Bevölkerung waren Staats- fremiie Schlanders . Meran ......... Bristen Bozen Stadt u. Land . . Bruneck 99-8 9 6 -4 97-3 90.7 8 3-7 0.2 3-3 i,4 9-3 i4.o O.6 B-3 2.7 3* 1 1.2 2. Beute 92 .4 1 6.9 1 3,7 sch-Südtirol, ladinischer Anteil: Bezirk oder Gebiet Von je 1 angefaörige deutsch

00 Staats- n sprachen : italienisch oder ladinisch Von je 100 der anwesenden Bevölkerung waren Staats fremde Ampezzo Cavalese 6.8 7-3 9 2 -5 9 x -7 2.9 0.2 7.2 1 91.8 0,8 3. Deutsch-Südtirol zusammen: I 82.7 j 16.6 J 3 .4 Zum richtigen Verständnis der Zahlen dieser beiden Tabellen mögen noch die Schätzungsergebnisse hinzugefügt werden, die be züglich des geschlossenen Siedlungsgebietes der Ladiner auf pri vatem wissenschaftlichen Wöge gewonnen worden sind, und die erst klarstellen, mit welchem geringen

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Law, Politics

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1937

¬Die¬ kleinen Staaten Europas und die Entstehung des Weltkrieges

Page 101 of 532

Subject heading: g.Europa ; s.Kleinstaat ; s.Weltkrieg <1914-1918> ; s.Vorgeschichte

§0 II, Dit iberischen Staaten. 2. Portugal zugute kam. Als sich von Deutsch-Ostafrika ein deutscher Einfluß nach dem Barotse-Gebiet geltend machte, verständigte sie sich mit der britischen Regierung über die bis dahin strittig gewesene Grenze im östlichen Angola, und kurz darauf bewilligte sie, anstatt den deut schen Bemühungen um die Erlaubnis zu einem Bahnbau von der Tigre-Bai nach Port Alexander zur Erschließung der Otavi-Minen Gehör zu schenken, einer englischen Gesellschaft den Bau der Ben

zwischen den Staatsoberhäuptern von Por tugal» Frankreich, Deutschland und England in den Jahren 1904-05 kam das Interesse zum Ausdruck, das die europäischen Großmächte ihrerseits an dem kleinen Lande nahmen. 8 Deutschland, dein die portugiesische Regierung so mißtrauisch gegenüberstand, war an dieser Umwerbung stark beteiligt. Nicht nur, daß es während der Niederwerfung des Herero-Aufstandes in Deutsch-Südwestafrika die portugiesischen Grenzen streng beachtete : der Besuch des Kaisers Ende März 1905

, bei dem dieser die Zusammen- 1 Rouvier an Delcassc. Lissabon, 12. Mär?. 1903. F.D.II 3 Nr. 136. In seiner Auf zeichnung vom 17. Dezember 1913 (D.D. XXXVII 1 Nr. »4691), die auf die Vorginge vom ersten deutsch-englischen Abkommen über die portugiesischen Kolonien bis zur Vorbereitung des zweiten Vertrags eingeht, nimmt Rosen auch stu der Frage Stellung, ob und wie weit die englische Regierung an diesen Maßnahmen Portugals beteiligt war. Er vermutet wohl mit Recht, daß das Foreign Office über Sovcral dahinter stand

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Law, Politics

Year:

1937

¬Die¬ kleinen Staaten Europas und die Entstehung des Weltkrieges

Page 108 of 532

Subject heading: g.Europa ; s.Kleinstaat ; s.Weltkrieg <1914-1918> ; s.Vorgeschichte

Beunruhigung über den deutsch-englischen Vertrag 97 mann Hollweg nicht unmittelbar auf die portugiesischen Kolonien Bezug, und er betonte auch, daß die Verständigung ohne Beeinträch- tigung dritter erfolgen werde. Aber nicht nur in Berlin, sondern auch m Lissabon zweifelte niemand daran, daß Portugiesisch-Siidafrika Gegenstand des neuen englisch-deutschen Vergleichs war, und eine gesteigerte Beunruhigung bemächtigte sich der portugiesischen Re gierung. 1 Demgegenüber griff England beruhigend

Übereinstimmung mit Portugal hatte es aber auch die großen Anstrengungen Deutsch lands vor Augen, wirtschaftlich in die ihm zugeteilten Interessen gebiete Südafrikas hineinzukommen. In der Tat waren sowohl in Angola wie in Mozambique deutsche Kommissionen tätig, die die Möglichkeiten der Erschließung untersuchten, und deutsche Unter nehmer wie Banken machten Angebote, denen sich die portugiesische Regierung aus finanziellen Gründen nicht ohne weiteres entziehen konnte. Es war ein großer Erfolg für Deutschland

, daß Ende Mai 1914 die Nyassa-Company, die in der an Deutsch-Ostafrika anstoßen den Nordhälfte von Mozambique fast souveräne Rechte ausübte, in deutsche Hände überging, 3 Der neue deutsche Gesandte in Lissabon 1 Rosen an das Auswärtige Amt. Lissabon, 13. Dezember 1913. D.D. XXXVII 1 Nr. 14687. % Dcrs. an dnss. Lissabon, 22, Dezember 1913. Hb. Nr. 14690. 3 Rosen II 165 ff., dazu Rosens Briefe an den Staatssekretär für die Kolonien Solf, Herre, Staaten 7

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Law, Politics

Year:

1937

¬Die¬ kleinen Staaten Europas und die Entstehung des Weltkrieges

Page 100 of 532

Subject heading: g.Europa ; s.Kleinstaat ; s.Weltkrieg <1914-1918> ; s.Vorgeschichte

Deutsch-tngìiscbts Abkommen und W'tndsorvtrtrag 89 Kriege nicht seine Neutralität zu erklären. Der Vertrag bedeutete zweifellos eine illoyale Entwertung des deutsch-englischen Abkom mens vom Vorjahr und ist auch von der englischen Diplomatie selbst als kompromittierend empfunden worden. Allerdings blieb er geheim, aber er befestigte von neuem die unsicher gewordene Herrschafts stellung Englands in Portugal, und die Reden, die im Dezember 1900 anläßlich des Besuchs der englischen Flotte

bringen. An der Haltung der portugiesischen Regierung änderten diese Vor gänge nichts. Inn Sinne der Neubefestigung des alten Freundschafts verhältnisses zum Inselreich leistete sie diesem bei der Niederwerfung der Burenstaaten die vertraglichen Hilfsdienste, und darüber hinaus tat sie geflissentlich alles, was die deutsch-englischen Abmachungen von 1898 weiter entwerten konnte, wenn das auch einseitig England 1 Die bisher dafür vorhandenen Beweisstücke bei Schwarze 71 ff.

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Year:

1928

Author: Reut-Nicolussi, Eduard / Eduard Reut-Nicolussi

Page 28 of 266

Subject heading: g.Südtirol ; z.Geschichte 1918-1928

! Mit ihnen haben wir und haben unsere Väter von jeher im engsten Zusammenschlüsse und im besten Ein- vernehmen gelebt. So soll es auch fürderhin bleiben! Tiroler find wir, und Tiroler wollen wir bleiben!' Und daß die Willensrichtung der Ostladiner auch die italienische Besetzung nicht ändern konnte, das bezeugen auch heute wieder aufs neue diese zwölf Gemeinden durch die Unterfertigung der Denkschrift Deutsch-Südtirols. Und nun soll unsere deutsche Heimat mit ihrer tausendjährigen Kultur und Geschichte, dieses Volk

mit seinem angestammten Frei- heitssinn italienisch werden? Ein einziger Aufschrei tiefsten Schmer- zes durchhallt bei diesem Gedanken das ganze Land. Es kann, es darf nicht sein, daß man den Namen Tirol nach einer tausendjährigen, glänzenden Vergangenheit aus der Geschichte löscht, die freien Söhne dieses Berglandes unter fremdes Joch zwingt und ihnen ihre Sprache, ihre Art und Kultur raubt. — In seiner höchsten Volksnot, das deutsche Leid im Herzen, eilt das ganze Volk von Deutsch-Südtirol zu Ihnen, Herr Präsident

, als Nachfolger Ihres Freiheitshelden George Washington, können es begreifen, daß Freiheit das höchste Volksgut ist und ein freies Volk seinen Untergang der Volksschande der Knechtung vorzieht. Für Italien ist Deutsch-Südtirol nur ein Landstrich, wie deren viele in dem von

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1927

¬Die¬ Südtiroler Frage : Entstehung und Entwicklung eines europäischen Problems der Kriegs- und Nachkriegszeit

Page 69 of 446

Subject heading: s.Südtirolfrage ; z.Geschichte 1900-1926

DEUTSCHER CHARAKTER DES LANDES 57 Wie die historische Betrachtung, so zeigt auch diese statistische, daß die deutsch-italienische Sprachgrenze, trotz der nach beiden Seiten .verstreuten Sprachinseln, klar zu ziehen ist. An deutschen Sprachinseln in Welschtirol bestanden vier Gemeinden am Nons- berge (St. Felix, Laurein, Unsere liebe Frau im Walde und Proveis), zwei Gemeinden im Bezirk Cavalese (Altrei und Truden), drei Ge meinden im Bezirk Persen (Floruz, Gereut und Palai) und die Gemeinde

in künstlicher Ansiedelung. Die italienische Minderheit betrug im gesamten Deutsch-Südtirol 2 3/4 0/0» in Bozen und dein Unterlande knapp 61/2o/ 0 der Bevölkerung; ein schließlich der deutschen Sprachinseln in Welsch tir ol zählten die Deutschen im gesamten Südtirol vom Brenner bis Ala ungefähr aSoooo Menschen. In dieses deutsche Land rückten nach dem 3. November die italie nischen Truppen ein. Noch am Tage des Waffenstillstandes wurde — neben Triest — Trient besetzt, und in jubelnder Begeisterung be grüßte

das italienische Volk die Erfüllung des eigentlichen irreden- tistischen Programms. Der weitere Vormarsch erfolgte jedoch nur sehr langsam, denn noch standen die bayerischen Truppen in Nord tirol, die — wie bemerkt — erst am 11. November nach Deutsch land zurückkehrten. Auch der Bitte der Stadt Bozen, die am /j. No vember beim italienischen Kommando auf der Mendel wegen einer

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Year:

1927

¬Die¬ Südtiroler Frage : Entstehung und Entwicklung eines europäischen Problems der Kriegs- und Nachkriegszeit

Page 163 of 446

Subject heading: s.Südtirolfrage ; z.Geschichte 1900-1926

NEUE VERHANDLUNGEN DEUTSCH-SÜDTIROLS MIT DER REGIERUNG 151 zwar wieder die Einbeziehung der deutschen Sprachinseln am Süd abhang der Sprachengrenze, begnügte sich jedoch bezüglich der Ladiner mit einer Abstimmung. Der Selbstverwaltungsentwurf, den man vorlegte, ging von einem autonomen „Deutsch-Südtirol' aus, forderte die Ortsnamen in der Bezeichnung, wie sie vor der italieni schen Besetzung bestand, die deutsche Amtssprache und die Be freiung von der Dienstpflicht, In den Verhandlungen

, die vom 16. bis 22. April stattfanden, überzeugte sich Nitti von der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit, das Gesamtgebiet auf zwei selbständige Provinzen zu verteilen, die gleichzeitig eigene Wahlkreise bildeten. Er dachte sogar daran, ohne jedoch davon zu sprechen, die verselbständigte Provinz Deutsch- Südtirol dem mehrfach genannten Präsidenten Karl v. Grabmayr zu übertragen, der sich in Meran niedergelassen hatte und in dessen politische Besonnenheit die demokratischen Staatsmänner Italiens ein großes Vertrauen

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Year:

1927

¬Die¬ Südtiroler Frage : Entstehung und Entwicklung eines europäischen Problems der Kriegs- und Nachkriegszeit

Page 183 of 446

Subject heading: s.Südtirolfrage ; z.Geschichte 1900-1926

dauernden Herrschaft der katholischen Volkspartei und der Sozial demokratie behielt die Öffentliche Meinung im ganzen ein deutsch freundliches Gesicht. Für Deutschland war er doch eine Wendung, und und seine Wirkung auf die deutsch-italienischen Beziehun gen konnte nicht ausbleiben. Dieser Eindruck verstärkte sich im Hinblick auf die Behandlung, die das deutsche Privateigentum seitens Italien erfuhr. Zwar hatte Generalkonsul v. Herff und nach seinem frühen, im April 1920 er folgten Tode, Botschaftsrat

: aber die Botschafterkonferenz hatte ihre Zustimmung zu dieser unmittel baren deutsch-italienischen Verständigung versagt, und so war die strittige Frage des beschlagnahmten deutschen Privateigentums in der Schwebe geblieben. Bei den weiteren Verhandlungen ergab sich insofern eine Komplikation, als die italienische Regierung das deut sche Privateigentum in den neuen Provinzen mit dem in Alt-Italien

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Year:

1927

¬Die¬ Südtiroler Frage : Entstehung und Entwicklung eines europäischen Problems der Kriegs- und Nachkriegszeit

Page 66 of 446

Subject heading: s.Südtirolfrage ; z.Geschichte 1900-1926

Drittes Kapitel SÜDTIROL UNTER MILITÄRISCHER VERWALTUNG Der österreichische Nationalitätenstaat gehörte der Geschichte an. Noch in den Tagen der militärischen Katastrophe hatte er sich in seine nationalen Bestandteile aufgelöst, und neben einem tschecho slowakischen und einem südslawischen Staate gab es eine deutsch österreichische Republik. In Deutsch-Österreichs Dasein schnitt die Entscheidung über das Schicksal Südtirols tief ein. Noch mehr aber galt das für Tirol, das innerhalb der neuen

zu machen. Die in den „Schriften des Instituts für Statistik der Min derheitsvölker an der Universität Wien, herausgegeben von Wilhelm Winkler' erschienenen beiden Hefte (4 und 5) über „Deutsch-Süd tirol' (Leipzig und Wien 1926) erschöpfen diesen Gegenstand nach allen Seiten, und es genügt, auf die dortigen Ausführungen und Ta bellen zu verweisen. Nur einige Angaben, die dem Leser dieser histo risch-politischen Darlegung die wichtigsten Unterlagen an die Hand geben, seien an dieser Stelle gemacht. Sie bauen

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Year:

1927

¬Die¬ Südtiroler Frage : Entstehung und Entwicklung eines europäischen Problems der Kriegs- und Nachkriegszeit

Page 127 of 446

Subject heading: s.Südtirolfrage ; z.Geschichte 1900-1926

spruchsvoll. Nicht nur die öffentliche Meinung in Österreich und Deutschland kam zu diesem Urteil. Ein amerikanisches Blatt wie die New Yorker Evening-Post bezeichnete am 11. September das Ergebnis als unvereinbar mit den Friedensbestrebungen. Es sei un gerecht, Italien Deutsch-Südtirol deshalb auszuliefern, weil das ita lienische Volk gelitten habe, als das alte Österreich die Vorposten zur Beherrschung der italienischen Ebene in seiner Hand hatte. Jetzt, wo Deutsch-Österreich sich nicht mit Deutschland

die Schonung Öster reichs noch die Zulassung des Anschlusses Österreichs an Deutsch land war mit dieser Politik verträglich. Ein enges Zusammengehen Ita liens und Frankreich zu gemeinsamer Wacht an Rhein und Brenner gegen den gef ährlichen Germanismus : das war das politische Ziel, dem er unbeirrbar zustrebte. Für den unbefangenen Beurteiler kann kein Zweifel sein, daß dieses Ziel dem italienischen Interesse durch- 8*

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1928

Author: Reut-Nicolussi, Eduard / Eduard Reut-Nicolussi

Page 58 of 266

Subject heading: g.Südtirol ; z.Geschichte 1918-1928

und bezwingen. Das ist Lüge, Verrat! Nein I nie werden wir die Grenze Welschlands überschreiten I wir wollen unsere Freiheit, aber zugleich die Freiheit aller Länder und vor allem die Freiheit Tirols! Trient ist welsch und soll welsch sein. Bozen ist deutsch und wird immer deutsch bleiben. Denn unser Wahlspruch ist: Selbständigkeit und Brüderlichkeit der Völker. Es lebe Deutschland! es leben die tapferen Tiroler, sie leben hoch '.' Seit einem halben Jahrtausend lagen schon Bozen und Trient in Fehde

. Wo die großen Märkte abgehalten werden sollten, über welche der deutsch-italienische Handel ging, war lange Zeit der Zankapfel. Zuletzt handelte es sich darum, ob die Fleimstalbahn nach Norden oder nach Süden geführt werden sollte. Daneben verschärfte sich der nationale Gegensatz. Eindrucksvoll spiegelt er sich in dem finsteren Erzdenkmal Dante Alighieris in Trient einerseits und dem lichten Marmor des Vogelweiders in Bozen andrerseits. Im Jahre 1848 führte diese auseinanderstrebende Sehnsucht der beiden

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Year:

1927

¬Die¬ Südtiroler Frage : Entstehung und Entwicklung eines europäischen Problems der Kriegs- und Nachkriegszeit

Page 237 of 446

Subject heading: s.Südtirolfrage ; z.Geschichte 1900-1926

NEVER SCHWEBEZUSTAND 225 rungen mit Deutschland, you denen wir noch nicht wissen, wie und welche sie sein werden, eine klare und kategorische Voraussetzung : die Deutschen befassen sich nicht mit Oberetsch. Wenn nicht, nicht !' Die tatsächlichen Verhältnisse redeten aber doch eine laute Sprache, und selbst aus Deutsch-Südtirol kamen Stimmen, die die Notwendigkeit des Umschwunges anerkannten. Ein derartiger Ar tikel stellte fest, daß Südtirol keine politische Hilfe von Deutsch land fordere

. Tatsächlich behielt die deutsche Regierung die Möglichkeit im Auge, daß Italien über den Vertrag von Versailles hinaus noch eine formelle Anerkennung der Brennergrenze begehren würde : das war der Punkt, der in den deutsch-italienischen Beziehungen nach wie vor offen blieb.

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1927

¬Die¬ Südtiroler Frage : Entstehung und Entwicklung eines europäischen Problems der Kriegs- und Nachkriegszeit

Page 439 of 446

Subject heading: s.Südtirolfrage ; z.Geschichte 1900-1926

Mu~ seumsbeainter 198. Raffi, Johann, Fürstbischof von Brixen 194. aoi. 228, Ram ek, Dr. Rudolf, österreichischer Bundeskanzler 37g. Rastignac, siehe Morelli. Reiner, Josef, deutscher Journalist 38a. Renner, Dr. Karl, österreichischer Bun deskanzler 89. 101. 115. i48—100. Reut-Nikolussi, Dr. Eduard, Deutsch südtiroler Abgeordneter n3. 127. i5o. i56. 178. 190. 198. 199. 216. a 19. a3i. a5a. a63. 3o3. Ricciardi, italienischer Generalkonsul 368. Riehl, Prof. Dr. Berthold, deutscher Kunsthistoriker 9. Rimbel

i4- Starace, Hauptmann, italienischer Fa schist 347. 33o. Stefani, italienischer Abgeordneter und Minister a5i. 358. Stefano, italienischer Abgeordneter 3ig. Stefenelli, Dr. Giuseppe, faschistischer Provinzialsekretär 274. 383. Steger, Rudolf, Deutschsüdtiroler Fa schist 3gi. 39a. S tei die, Dr., Tiroler Bundesratsmitglied a56. Stein, Wolfgang G. Ludwig, deutscher Journalist aa3. 383. Stephens, John S-, englischer Schrift steller 4o4. Sternbach, Baron Paul von, Deutsch südtiroler Abgeordneter 128. 3o4

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Law, Politics

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1937

¬Die¬ kleinen Staaten Europas und die Entstehung des Weltkrieges

Page 65 of 532

Subject heading: g.Europa ; s.Kleinstaat ; s.Weltkrieg <1914-1918> ; s.Vorgeschichte

nicht möglich war, solange die Pariser Regierung nicht wußte, welche Opfer sie Deutsch land zu bringen hatte. An sich war Garcia Prieto von den französischen V orschlägen nicht unbefriedigt ; er hatte sich nach dem selbstherrlichen Verhalten Frankreichs offenbar auf Schlimmeres gefaßt gemacht. Der Wucht der Tatsachen weichend, erkannte er das Prinzip der Kompen sationsverpflichtung an, freilich nur gegen die Zusicherung Frank reichs, daß sie lediglich gelten solle, wenn Deutschland

gar nicht gerechtfertigt würden. Selbst England kam zu denn Ein druck, daß die französisch-spanische Verständigung in dem damals gen Stadium der deutsch-französischen Verhandlungen nicht zu er reichen sei, 3 So wurden die Madrider Besprechungen zum zweitenmal unter brochen, und allen spanischen Vorstellungen zum Trotz lehnte die französische Regierung nunmehr ab, sie vor dem Abschluß ihrer Ver handlungen mit Deutschland wieder aufzunehmen. Die Zurückhal tung hatte in diesem Stadium

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Law, Politics

Year:

1937

¬Die¬ kleinen Staaten Europas und die Entstehung des Weltkrieges

Page 106 of 532

Subject heading: g.Europa ; s.Kleinstaat ; s.Weltkrieg <1914-1918> ; s.Vorgeschichte

Neue deutsch-tnglische Verhandlungen 96 . in ihrem Verhalten von den geheimen vertraglichen Abmachungen leiten lassen. 1 Eine solche Äußerung rückte die neuen Besprechungen, über die Grey dem Botschafter einige Mitteilungen machte, allerdings in ein verändertes Licht. Es ist hier nicht naher über den Verlauf und das Ergebnis der deutsch-englischen Verhandlungen von 1912-1914 hinsichtlich der portugiesischen Kolonien zu sprechen. 2 Der Vertrag, der den Ab schluß bilden sollte, erstrebte

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Law, Politics

Year:

1937

¬Die¬ kleinen Staaten Europas und die Entstehung des Weltkrieges

Page 52 of 532

Subject heading: g.Europa ; s.Kleinstaat ; s.Weltkrieg <1914-1918> ; s.Vorgeschichte