YON DEN UFERN DES LIRIS 567 schlaffen Gesicht, entnervt, blasiert, alle Verhältnisse durchschleichend und beherrschend, alles verachtend und verwirrend, doch begleitet von der feilen Metze Glück, hat Rom als typische Gestalten der Geschichte aufgestellt. Indes auf dem Platz in Arpinum weiß man nichtsvon jenen Römerzeiten — es ist heute, am 4. Ok tober, des Königs Franz II. und der Königin Geburts tag. In einer grell und kulissenhaft ausgeschmückten Loge des Stadthauses hängen die Porträts
des jungen Königspaars, hängt das Bild einer bayerischen Prin zessin, einer Enkelin jener Teutonen und Cimbern, welche der furchtbare Marius ehedem von Rom zu rückgeschlagen hat. Dort steht auf demselben Platz ein großes Gebäude, in dessen Fassade die Büsten des Marius, Cicero und Agrippa in Nischen aufgestellt sind, denn auch Agrippa soll nach dem Glauben der glücklichen Arpinaten ein Sohn ihrer Stadt sein. Die stolze Inschrift sagt : » Arpi num a Saturno conditum Romanorum Municipium, M.Tullii
Ciceronis, C.Marii, M.Vipsanii Agrippae Alma Patria.« Und dieses Gebäude heißt Collegium Tullianum; es ist das Jesuitenseminar. Die Weltge schichte hat sich seit Cicero ein wenig verändert. Alle Fenster jenes Hauses stehen offen, in allen liegen Je suiten in ihrer schwarzen Tracht, die allmächtigen Günstlinge und Garden der bigotten Dynastie Bour bon , und schauen dem Feste zu. Eine Bande in har lekinmäßigem Putz spielt auf dem Platz. Man ruft »Evviva il rè !« Die Bande geht, den Richter oder Giu dice
einzuholen, und dieses munizipale Haupt Arpi- nums erscheint hinter der Musik, nicht in einer pur purverbrämten Toga, sondern in schwarzem Frack und Glacehandschuhen, neben sich den Sindaco und den Primo Eletto, welche ebenfalls in schwarzen Rök- ken stolz einhergehen. Man ruftwieder: »Evviva il rè !« und man zieht in die Kathedrale. Abends Musik, oder vielmehr Gelärm der Bande auf dem Platz, welches »il concerto« genannt wird; Feuerwerk, oder viel mehr Raketen und Abbrennen von Böllern