¬Die¬ Madonna als Gegenstand christlicher Kunstmalerei und Sculptur
, dem noch in seinem hohen Alter ein Sohn, nämlich Isaak, gewährt worden. Joachim ward immer trauriger; aber er wollte nicht, dass sein Weib ihn sähe, sondern wich ihr aus und ging hinab in die Weiden, wo die Hirten und die Schaafherden waren. Er baute sich eine Hütte und fastete vierzig Tage und vierzig Nächte; denn er sprach: „Bis Gott der Herr mich in Barmherzigkeit an blickt, soll das Gebet mein Essen und Trinken sein.' Aber sein Weib Anna verblieb allein in ihrem Hause und trauerte mit zweifachem Kummer : wegen
ihres Witwenstandes und wegen ihrer Unfruchtbarkeit. Da nahete der Tag des Festes des Herrn; und Judith, ihre Magd, sprach zu Anna: „Wie lange willst du so in deiner Seele betrübt sein? Sieh, das Fest des Herrn ist gekommen und es ist dir nach dem Gesetze nicht gestattet, in solcher Weise zu trauern. Nimm dieses seidene Netz, welches mir ein hoher Herr, welchem ich früher gedient, geschenkt hat; binde es um dein Haupt; denn es schickt sich nicht, dass ich, deine Magd es trage, wohl aber für dich, deren Stime
ist wie die Stirne einer gekrönten Königin.' Und Anna erwiederte> „Hinweg damit! solche Dinge sind nicht für mich; denn der Herr hat mich gedemiithigt; was dieses Netz betrifft, so hat es dir ein gottloser Mensch gegeben, und bist du gekommen, um mich zur Theilnehmeiiu an deinen Sünden zu machen!' Und Judith, ihre Magd antwortete: „Was soll ich dir Böses wünschen, da du meine Stimme nicht hören willst? denn Schlimmeres kann ich dir nicht wünschen, als das ist, womit, der Herr dich betrübt hat, da ich sehe, dass
er deinen Leib verschlossen hat, dass du nicht sollst Mutter sein in Israel.' Da Anna diese Worte hörte, ward sie sehr traurig. Sie legte ihre 'Trauerkleider ab und schmückte ihr Haupt und legte ihr Brautgewand an. Um die neunte Stunde ging sie in ihren Garten und setzte sich unter einem Lorbeerbaume nieder und betete mit Inbrunst. Und als sie gen Himmel empor blickte, sah sie auf dem Lorbeerbaume ein Sperlingsncst, und sprach, indem sie bei sich selbst traurig war: „Weh mir! Wer hat mich erzeugt? Wer