Hundert Jahre in einer Tiroler Familie : Spiegelbilder aus dem Volksleben
heilige Commu- nion empfangen. Sie wurde ganz in Weiß gekleidet, und ein schöner Kranz von gemachten Blumen in ihr Haar ge flochten. Um halb acht Uhr ungefähr, als Alles ln Ord nung war, zog der Primiziant vom Gasthause auS, wo das Primizmahl gehalten werden sollte, in Prozession zur Kirche hinab. Voraus eröffneten die Fahnenträger den Zug, nach diesem kam viel Volk, hierauf folgten Sänger und Musikanten, hinter denselben kamen die Ministranten buben, darauf die Gastpriester in Chorröcken, und endlich
schritt unter dem Traghimmel, mit dem Pluviale umgethan, von den Leviten begleitet andächtig der Primiziant daher. Um ihn herum als Ehrengarde gingen Schützen mit auf gepflanztem Gewehre, in die Nationaltracht gekleidet. Die Verwandten und Festbekannten, die eingeladen waren, gingen beim Umgänge unmittelbar hinter ihm nach. So zieht nun die Prozession feierlich in die Kirche; der Primiziant tritt an die Altarstufen, die Gäste nehmen hinter dem Speisegitter vor dem Wehrbaum Platz
, der hinter ihnen niedergelaffen wird. Hinter dem Wehrbaum stellen sich die Schützen, die Ehrengarde aus. Die übrige Volksmenge füllt die Kirche. Die Musikanten besteigen die Emporkirche, richten die Instrumente zurecht und die Noten, der Organist setzt sich an die Orgel; es kitzelt ihn schon die Kunst an den Fingerspitzen. Als nun so Alles in Ordnung war, stimmte der Primiziant das Veni Creator Spiritus an; die Orgel und die Musik fallen drein und heben durch ihre vollstimmigen, rauschenden Akkorde nicht wenig die feierliche
